Streitig war u.a., ob sich die
Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht des Werkunternehmers salbst als Mangel
darstelle. Dies verneint der BGH ausdrücklich und verweist darauf, dass im Gegenteil
die Erfüllung dieser Pflicht den Unternehmer von einer Mängelhaftung befreien
könne.
Das Berufungsgericht hatte
demgegenüber angenommen, der beklagte Werkunternehmer habe die Pflicht gehabt einen
Hinweis zu geben, welches Reinigungsmittel bei den von ihm verlegten Fliesen zu
verwenden sei. Vor diesem Hintergrund hat es offen gelassen, ob die Fugen
ordnungsgemäß hergestellt wurden. Dies war verfehlt. Die (zudem
verschuldensunabhängige) Mängelhaftung wird durch einen Sach- oder Rechtsmangel
des vom Unternehmer hergestellten Werkes begründet. Die Verletzung einer Prüf-
oder Hinweispflicht gehörte nicht zum Tatbestand, der eine Mängelhaftung
begründen könne. Es ginge nur darum festzustellen, ob der Unternehmer so wie
beabsichtigt oder mit der vorgefundenen Situation kein mängelfreies Werk
herstellen kann; nur in und für diesen Fall kommt der Hinweispflicht eine
eigenständige Bedeutung zu, ohne dass allerdings das Unterlassen selbst ein
Mangel ist.
BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 210/13 -
Aus den Gründen:
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. August 2013 aufgehoben.
- Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen
Tatbestand
- Der Kläger macht Mängelansprüche, insbesondere Vorschussansprüche für Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln in zwei Studentenwohnheimen geltend.
- Er beauftragte im Jahr 2003 die Beklagte mit Fliesenarbeiten an den Bädern des C.-Hauses in M. sowie die R. KG mit Fliesenarbeiten im Ch.-Haus in M. Die R. KG beauftragte die Beklagte mit der Erbringung der Leistungen. Hinsichtlich des Bauvorhabens Ch.-Haus geht der Kläger aufgrund einer Vereinbarung vom 27. Mai 2008 mit der R. KG aus abgetretenem Recht vor.
- Nach Fertigstellung und Abnahme der Arbeiten im Jahr 2003 stellte der Kläger fest, dass die Fugen nicht die erforderliche Konsistenz aufwiesen. Es kam zu ersten Feuchteschäden insbesondere im Bereich der Nasszellen. Dort brachen Fugen teilweise in Gänze heraus. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2008, der Beklagten am 27. Juni 2008 zugestellt, beantragte der Kläger die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht gegen die Beklagte. Am 9. Februar 2012 hat er mit am 20. Januar 2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben.
- Der Kläger behauptet, die Beklagte habe die Fugen mangelhaft hergestellt. Zur Beseitigung sei es erforderlich, die Boden- und Wandflächen im Bereich der Duschen zu überfliesen. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und behauptet, der Zustand der Fugen beruhe auf einer unsachgemäßen Reinigung der Fliesen durch die vom Kläger beauftragte Streithelferin.
- Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Mangelbeseitigungsvorschusses in Höhe von 79.673 € verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte zum Ersatz etwaiger weiterer Mangelbeseitigungskosten und Schäden verpflichtet sei. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision weiterhin Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- I.
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, hat angenommen, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3, Abs. 1 BGB habe.
- Die unzureichende Beschaffenheit und Konsistenz der Fugen sei zwischen den Parteien unstreitig. Denn die Beklagte habe nicht in Abrede gestellt, dass die Fugen zerstört seien. Sie sei nur der Ansicht, für das eingetretene Schadensbild keine Verantwortung zu tragen. Das entlaste sie nicht. Zwar könne die Mängelhaftung des Unternehmers bei einer Unvollkommenheit des Werkes ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt sein, wenn diese in ihre Ursache im Verantwortungsbereich des Bestellers habe. So liege es hier jedoch nicht.
- Es kämen drei mögliche Gründe für den Zustand der Fugen in Betracht: Eine unzureichende Herstellung durch die Beklagte (was das Landgericht angenommen habe), eine nachträgliche Beschädigung durch eine unsachgemäße Reinigung (so die Beklagte) oder die Verwendung eines nicht geeigneten Fugenmaterials (so - wohl hilfsweise - der Kläger).
- Es könne letztlich offen bleiben, ob die Beklagte die Fugen unzureichend hergestellt habe. Für diese Möglichkeit spreche zwar viel. Abschließend lasse sich das jedoch ohne erneute Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht klären. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstelle, dass der Zustand der Fugen durch die Reinigung mit einem säurehaltigen Mittel bedingt worden sei, liege die Ursache des Mangels nicht im Verantwortungsbereich des Klägers, da die Beklagte ihre Hinweispflichten verletzt habe. Die Beklagte hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass eine Reinigung nur mit neutralen oder alkalischen Reinigungsmitteln möglich sei. Eine entsprechende Nebenpflicht finde ihre Grundlage insbesondere in dem größeren Fachwissen des Unternehmers, auf das der Besteller beim Abschluss eines Werkvertrags in der Regel setze und dessen Einsatz zu seinen Gunsten er nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben erwarten dürfe.
- Die Ansprüche des Klägers seien nicht verjährt. Seit dem 12. März 2007 habe es Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB gegeben, die zumindest bis zu dem Zeitpunkt geschwebt hätten, zu dem eine Hemmung durch die Einreichung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens eingetreten sei. Letzteres sei erst am 1. August 2011 im Sinne des § 204 Abs. 2 BGB beendet worden. Noch mit Schriftsatz vom 30. Juni 2011 habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten eine Stellungnahme innerhalb der nächsten Woche angekündigt. Nachdem diese ausgeblieben sei, sei das Verfahren mit der Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Landgericht am 1. August 2011 beendet gewesen. Die Einreichung der Klage am 20. Januar 2012 sei daher unter Berücksichtigung von § 167 ZPO noch rechtzeitig gewesen.
- II.
- Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte die Fugen unzureichend hergestellt hat. Für die Revisionsinstanz ist deshalb zugunsten der Beklagten davon auszugehen, dass die Fugen ordnungsgemäß hergestellt und in diesem Zustand abgenommen worden sind. Unter dieser Voraussetzung hat der Kläger keinen Anspruch auf Vorschuss für Kosten der Mängelbeseitigung gemäß § 637 Abs. 3 BGB.
- a) Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Fliesenarbeiten, hier die Verfugungen, mit einem Mangel behaftet sind. Diese Annahme wird durch seine Feststellungen nicht getragen.
- In dem unstreitigen jetzigen Zustand der Fugen, die Schadstellen aufweisen und jedenfalls teilweise zerstört sind, liegt noch kein Mangel des Werks der Beklagten. Das Berufungsgericht übersieht bei dieser Annahme, dass es für die Beurteilung, ob ein Werk mangelhaft ist, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme ankommt und dass die Beschädigungen der Fugen erst später vorlagen. Mit einem nach einer durchgeführten Abnahme eingetretenen Zustand kann die Mangelhaftigkeit eines Werks allein nicht begründet werden.
- b) Verfehlt sind auf dieser Grundlage auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer Hinweispflicht der Beklagten.
- Im Ansatz noch zutreffend nimmt es an, dass eine nicht vom Unternehmer zu verantwortende Ursache für die Unvollkommenheit, das heißt Mangelhaftigkeit eines Werks ihn dann nicht entlasten kann, wenn er einer ihn treffenden Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Denn insbesondere der Nacherfüllungsanspruch des § 635 BGB knüpft ausschließlich an die objektive Mangelhaftigkeit des Werks an. Diese verschuldensunabhängige Mängelhaftung wird durch einen Sach- oder Rechtsmangel des vom Unternehmer hergestellten Werks begründet; die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist demgegenüber ein Tatbestand, der den Unternehmer hiervon befreit (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 22). Da es bereits an einem Mangel des Werks fehlt, stellt sich diese Frage nicht.
- Aus diesen Gründen ist die Verletzung einer Prüfungs- und Hinweispflicht durch den Unternehmer kein Tatbestand, der eine Mängelhaftung begründen könnte (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, aaO).
- Die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der Beklagten, einen Hinweis zu geben, welches Reinigungsmittel zu verwenden sei, lässt sich im Übrigen auch inhaltlich nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Hinweispflichten, mit deren Erfüllung ein Unternehmer seine Mängelhaftung abwenden kann, stützen. Denn bei diesen geht es nicht darum, wie ein späterer Schaden abgewendet werden kann. Vielmehr geht es darum, darauf hinzuweisen, dass der Unternehmer so wie beabsichtigt oder mit der vorgefundenen Situation kein mangelfreies Werk erstellen kann. Nur hierauf beziehen sich auch die vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteile des Bundesgerichtshofs, wonach diese Hinweispflicht auch gegenüber einem fachkundigen Besteller bestehen kann, weil auch er auf ein größeres Fachwissen des Unternehmers vertrauen darf.
- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht Mängelansprüche des Klägers als nicht verjährt angesehen hat.
- a) Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellungen des Landgerichts, die ersichtlich auch das Berufungsgericht zu Grunde gelegt hat, nach denen die Abnahmen der Arbeiten am C.-Haus am 14. Oktober 2003 und am Ch.-Haus frühestens am 9. Mai 2003 stattgefunden haben. Davon ausgehend endete vorbehaltlich etwaiger Hemmungstatbestände die Verjährungsfrist frühestens am 8. Mai 2008.
- b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, am 12. März 2007 hätten Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB begonnen. Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
- Auf die weiteren Einwände der Revision gegen die Dauer der anschließenden Hemmung der Verjährung kommt es dann nicht mehr an. Selbst wenn sie berechtigt wären, wäre keine Verjährung eingetreten.
- aa) Es kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht aus dem Schreiben des Klägers vom 28. März 2008 hätte entnehmen müssen, dass ab diesem Zeitpunkt die Verhandlungen beendet gewesen seien. Selbst wenn Verhandlungen nur zwischen dem 12. März 2007 und dem 28. März 2008 geschwebt hätten, wäre eine Hemmung der Verjährung von über einem Jahr und zwei Wochen eingetreten. Damit hätte die Verjährungsfrist mindestens bis zum 24. Mai 2009 gedauert. Mit der Beantragung des selbständigen Beweisverfahrens am 18. Juni 2008 wäre dann die weitere Hemmung der Verjährung zu einem Zeitpunkt eingetreten, als noch elf Monate und sechs Tage der Verjährungsfrist nicht verstrichen waren.
- bb) Es kommt auf dieser Basis ebenfalls nicht darauf an, ob - wie die Revision meint - das Berufungsgericht die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens im Sinne von § 204 Abs. 2 BGB unzutreffend mit dem 1. August 2011 angenommen hat.
- Es trifft entgegen der Darstellung der Revision schon nicht zu, dass sich das Landgericht im selbständigen Beweisverfahren im Anschluss an die mündliche Erörterung des Gutachtens durch den Sachverständigen am 3. Mai 2010 nicht mehr mit den Ergänzungsfragen der Beklagten befasst hat. Im Gegenteil hat es nach den Feststellungen des Landgerichts im vorliegenden Rechtsstreit den Beweisbeschluss am 28. September 2010 ergänzt. Selbst wenn schon dies der Zeitpunkt der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts gewesen wäre, ist eine ausreichend lange Hemmung eingetreten. Denn dann hätte die Hemmung sechs Monate später, also am 28. März 2011 geendet, § 204 Abs. 2 BGB.
- Innerhalb der sodann noch mehr als elf Monate laufenden Restverjährungsfrist (siehe oben unter aa)) ist jedenfalls die Klage am 20. Januar 2012 bei Gericht eingereicht worden, was zur erneuten Hemmung, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO, geführt hat.
- III.
- Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr die notwendigen Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Fliesenarbeiten in den beiden Häusern mangelhaft waren. Das ist der Fall, wenn die Fugen unzureichend hergestellt wären. Ein Mangel käme unter Umständen ebenfalls in Betracht, wenn die nach dem Vertrag geschuldete Funktionalität auch umfassen würde, dass die Fliesen auf eine bestimmte Art oder mit bestimmten Mitteln gereinigt werden können, ohne Schaden zu nehmen, und diese nicht erreicht sein sollte.
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