Die Beklagte schloss mit der
Klägerin einen Vertrag über die Nutzung eines von der Klägerin betriebenen
Fitness-Studios. Der Vertrag vom 03.03.2014 sollte auf 24 Monate laufen. Mit
Schreiben vom 13.08.2014 kündigte die Beklagte den Vertrag fristlos. Sie
behauptete eine (dauerhafte) Sportunfähigkeit und legte ein Attest vor,
demzufolge die Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2016 bestehen soll. Die Klägerin
widersprach der Kündigung und klagte das vertraglich vereinbarte
Nutzungsentgelt bis zum Zeitpunkt des möglichen Vertragsendes ein. Die Klage
war erfolgreich.
Das Amtsgericht hat auf sich
beruhen lassen, ob die behauptete Erkrankung als solche eine fristlose
Kündigung des Vertrages mit dem Fitnessstudio rechtfertigen könne. Denn auch
wenn dies unterstellt würde, wäre die darauf gestützte Kündigung nicht
beachtlich. Entscheidend sei, dass nach § 314 Abs. 3 BGB der Berechtigte eine
fristlose Kündigung nur in angemessener Frist erklären kann, die hier nach §
626 Abs. 2 BGB zwei Wochen betrage und mit Kenntniserlangung der für die
Kündigung maßgeblichen Umstände beginne. Da in dem Attest vom 31.07.2014 die
angebliche Sportunfähigkeit der Beklagten ab dem 11.06.2014 bescheinigt wurde,
ist auch davon auszugehen, dass dies der Beklagten bekannt gewesen wäre. Damit
wäre die Kündigung erst zwei Monate nach Kenntniserlangung erfolgt und mithin
wegen Versäumung der Frist unwirksam. Die Beklagte wäre auch beweisfällig für
ihre Behauptung geblieben, erst seit dem 31.07.2014 die ausreichende Kenntnis
gehabt zu haben.
AG Langen, Urteil vom 30.05.2016 – 55 C 172/15 (11) -
Aus den Gründen:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
888,91 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jewei
ligen Basiszinssatz aus jewei
ls 11;83 € seit dem 30.09.2014, 07.10.2014, 14.10.2014 und 28.10.2014 sowie aus 841,59
€ seit dem 04.11.2014 sowie die Bankrücklastschriftkosten in Höhe von 33,28
€
nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jewei ligen
Basiszinssatz seit dem
24.05.2015, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 124 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jewei ligen Basiszinssatz seit dem 24.05.2015 und Mahnkosten in Höhe von 5 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszins satz seit dem 24.05.2015 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte
kann die Vollstreckung abwenden
durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des vollstreckbaren
Betrages wenn die Klägerin
nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des je
weils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird auf 1.069,75 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin
betreibt in Heusenstamm ein Fitnessstudio und macht gegen die Beklagte Nutzungsentgelt für das Fitnessstudio für die 40., 41., 42 . und
44 Kalenderwoche 2014 sowie für den Zeitraum 45. .Kalenderwoche
2014 bis Vertragsende (2.3.2016) geltend.
Die Beklagte
unterzeichnete am 03.03.2014 bei der Klägerin einen Nutzungsvertrag
mit Be ginn zum 03.03.2014 mit einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten
mit Verlängerung um jeweils 12 Monate wenn nicht mit einer Frist von 13 Wochen
vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.
Das wöchentliche Nutzungsentgelt in Höhe von 11,83 € ist im Voraus fällig . Der Beitrag erhöht sich jeweils zum 01.01. eines
Jahres um 29 Cent pro Woche. Der wöchentliche Beitrag be trägt somit im
Jahr 2015 12,12 € und im Jahr 2016 12,41
€.
Im Vertrag ist
vereinbart , dass für den Fall, dass der
Nutzer mit mehr als 4 Abbuchungen in Verzug kommt, der
komplett ausstehende Betrag bis zum Ende der Laufzeit auf einmal angefordert
und zur Zahlung fällig wird.
Wegen des
konkreten Inhalts des Vertrages wird auf den Nutzungsvertrag (BI. 12 d. A.) verwiesen.
Die Beklagte
erteilte der Klägerin bei Vertragsabschluss einen
Abbuchungsauftrag zum Einzug der Beiträge.
Mit
Schreiben vom 13.08.2014 erklärte die Beklagte fristlos kündigen
zu wollen wegen Sportunfähigkeit und legte ihrem Schreiben ein ärztliches
Attest vom 31.07.14 bei, in dem
der Beklagten eine seit 11.06.2016
bestehende Sportunfähigkeit attestiert wird. Wegen des
konkreten Inhalts des Attestes wird auf BI. 44 d. A. verwiesen .
Mit Schreiben vom 27.08 .14
bestätigte die Klägerin den Eingang des Kündigungsschreibens und widersprach
der Kündigung mit der Begründung,
dass das Attest keine Laufzeit
und keine Diagnose beinhalte.
Die Beklagte
teilte der Klägerin mit, dass ihrer Ansicht nach keine Angabe der Laufzeit
und der Diagnose erforderlich sei, übersandte
der Klägerin jedoch ein weiteres fachärztliches At test vom 14.10.2014, in welchem die Beklagte als dauerhaft sportunfähig wegen „cholinger
gen Urticaria" (Nesselfieber) beschrieben wird .
Die Beklagte ließ
das von der Klägerin eingezogene Nutzungsentgelt betreffend der 40. KW 2014,
der 41. KW 2014, der 42. KW 2014 und der Wochen 44. KW
bis einschließlich 1. KW 2015, mithin insgesamt 13x von ihrer Bank
zurückbuchen . Hierfür sind der Klägerin pro Rückbuchung
Rücklastschriftgebühren in Höhe von 2,60 € pro Rückbuchung,
mithin insgesamt 33,28
€ entstanden.
Mit Schreiben
vom 26.11.2014 und 28.01.2015 mahnte die Klägerin die Beklagte zur
Zahlung an.
Mit anwaltlichem
Schreiben vom 19.02.2015 forderte die Klägerin die Beklagte erneut
zur Zahlung der Beiträge für die 40., 41., 42. Und 44. KW 2014 sowie für den
Zeitraum 45. KW 2014 bis zum 02.03.2016 (Vertragsende) in
Höhe von insgesamt 888,91 €, sowie der Rücklastschriftkosten in Höhe von
33,28 €, Mahnkosten in Höhe von 5 € und
vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 124 € auf und setzte der Beklagten eine Frist bis
zum 05.03.2015.
Die Beklagte leistete keine Zahlung.
Die Klägerin Ist der Ansicht , die Kündigung der Beklagten sei unwirksam, da sie nicht innerhalb angemeener Frist gemäß
§
314 Abs.
3 BGB erklärt worden sei. Im Übrigen
sei die Kündigung treuwidrig, da die Beklagte von
ihrem Nesselfieber bereits bei Abschluss des Vertrages gewusst habe.
Die Klägerin behauptet, Nesselfieber stelle keine unheilbare Erkrankung dar, sondern
die Ursache könne, sobald sie
gefunden werde, ausgeschaltet
und die Krankheit geheilt werden
.
Durch
die Einnahme von entsprechenden Medikamenten vor dem Sport würden die Symptome
der Krankheit ausbleiben .
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu
verurteilen , an die Klägerin 888,91 € zzgl.
Zinsen in Höhe von 5 Prozent punkten über dem jeweiligen gesetzlichen
Basiszinssatz aus jeweils 11,83 € seit dem 30.09.2014 , 07.10.2014,
14.10.2014 und 28.10.2014 sowie
aus 841 ,59 €
seit dem
04.11.2014 sowie
162,28 € vorprozessuale Kosten zzgl. Zinsen in Höhe von 5
Prozent punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie macht
widerklagend ihre vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend und beantragt,
die Klägerin zu verurteilen , die
Beklagte von der außergerichtlichen Gebührenforderung ihres
Prozessbevollmächtigten in Höhe von 147,56 €
freizustellen.
Die Klägerin beantragt ,
die
Widerklage abzuweisen .
Die Beklagte
behauptet, sie habe von ihrer Sportunfähigkeit erst mit Überreichung des Attes
tes am 31.07.2014 erfahren. Die
Kündigung sei somit weder verfristet noch treuwidrig.
Die Kündigung sei
wirksam , da ihr ein außerordentliches Kündigungsrecht
aus wichtigem Grund zustehe, da sie unter Nesselfieber leide und deshalb auf
unbestimmte Zeit keinen Sport mehr
treiben könne.
Wegen des
weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist
zulässig und begründet. Die Widerklage ist zulässig aber unbegründet.
Die Klägerin hat
gegen die Beklagte aus dem Fitnessstudiovertrag vom 03.03 .2014
einen An spruch auf Zahlung der geltend gemachten
Beiträge für den Zeitraum 41., 42 . und
44. Kalen derwoche in 2014 sowie für den Zeitraum 45.
Kalenderwoche in 2014 bis zum
Vertragsende am 02.03 .2016 in Höhe von insgesamt 888,91
€.
Zwischen den Parteien bestand für
den streitgegenständlichen Zeitraum ein wirksames Ver- tragsverhältnis, das die
Beklagte zur Zahlung der vereinbarten Beiträge verpflichtet, denn der Vertrag
ist von der Beklagten nicht wirksam außerordentlich gekündigt worden .
Ob überhaupt ein
außerordentlicher Kündigungsgrund ,
mithin
Sportunfähigkeit auf unbestimmte Zeit wegen Nesselfieber, vorlag, konnte
dahingestellt bleiben, da die für
das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen
beweisbelastete Beklagte das Gericht bereits nicht davon überzeugen konnte, dass sie die Kündigung in angemessener Frist
erklärt hat.
Gemäß § 314 Abs. 3
BGB kann der Berechtigte eine fristlose Kündigung nur in angemessener Frist
erklären. Die angemessene Kündigungsfrist beträgt im
streitgegenständlichen Fall gemäß § 626 Abs. 2 BGB zwei Wochen und beginnt mit
Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgeblichen Umstände.
Das
Kündigungsschreiben der Beklagten datiert vom 13.08.2014 und verweist auf ein ärztli ches Attest vom 31.07.2014 , in
dem der Beklagten eine Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2014 attestiert wird. Das
Attest , das eine Sportunfähigkeit seit dem 11.06.2014 attestiert, ist ein Indiz
dafür, dass der Beklagten bereits seit dem 11.06.2014 ihre
Sportunfähigkeit - deren Vorliegen unterstellt - auch
bekannt war, zumindest dürfte die Sportunfähigkeit bereits am 11.06.2014
Thema zwischen ihr und ihrem Arzt gewesen sein. Aus welchen Gründen sollte sonst der Arzt in einem am 31.07.2014
ausgestellten Attest aufnehmen, dass eine Sportunfähigkeit bereits am 11.06.2014 bestand. Eine
Kündigung zwei Monate später am 13.08.2014 ist keine Kündigung in angemessener Frist.
Die Beklagte konnte auch nicht
beweisen, dass sie erst seit Übergabe des Attestes am
31.07.2014 von einer Sportunfähigkeit gewusst habe. Die
Beklagte ist beweisbelastet für das Vorliegen der Voraussetzungen einer
wirksamen Kündigung, mithin auch für die Kündigungserklärung innerhalb
angemessener Frist (Gaier in MüKo, BGB, 7. Aufl. 2016 , § 314 Rn.
27; Weidenkaff in Palandt, BGB, § 626 Rn. 6). Die Be klagte ist beweisfällig geblieben, da sie
keinen Beweis für
ihre
Kenntnis erst am 31.07.2014 angeboten hat.
Es war deshalb davon auszugehen , dass sie bereits seit dem 11.06.2014
von der von ihr behaupteten Sportunfähigkeit wusste -
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung
der Rücklastschriftgebühren in Höheon 33,28 €
folgt aus §§ 280
Abs . 1, 241 Abs. 2, BGB
i. V.
m. dem
Fitnessstudiovertrag ..
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung
von ·Veugszinsen, vorgerichtliche Rechtsanwalts kosten
sowie Mahnkosten folgt aus §§ 280 Abs. 1 .und
2, 286 (i. V. m. § 288 Abs.
1) BGB.
Die Widerklage war abzuweisen, da die
Beklagte keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten hat, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte berechtigterweise ihre Ansprüche auf Zahlung der
Beiträge geltend gemacht.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat
seine Rechtsgrundlage in §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert
entspricht der Summe der klageweise geltend gemachten Fitnessstudiobeiträge i. H. v.
888,91 € und der Rücklastschriftgebühren i. H.
v. 33,28 € sowie der
Widerklageforderung i. H. v. 147,56
€. Die Widerklageforderung wirkt streitwerterhöhend ,
da sie als Hauptforderung und nicht als
Nebenforderung geltend gemacht worden
ist.
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