Man könnte geneigt sein zu sagen,
das Gericht macht nie Fehler. Aber wenn es Fehler macht, muss ein Dritter der
Schuldige sein und das Nachsehen haben.
Da hatte das VG Augsburg zu einem
Verhandlungstermin geladen. Die Ladungsverfügung ging dem Antragssteller nicht
innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist vor dem Termin zu, weshalb er
nicht am Verhandlungstermin teilnahm. Das VG verhandelte gleichwohl (im
Verwaltungsgerichtsverfahren müssen die Beteiligten nicht notwendig anwesend
sein) und entschied daraufhin in der Sache zu Lasten des Antragstellers. Gegen
die Entscheidung wandte sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf Zulassung
der Berufung, den er mit der fehlenden Wahrung der Ladungsfrist und der dadurch
nach seiner Auffassung bedingten Verletzung rechtlichen Gehörs begründete. Der
Antrag wurde vom VGH zurückgewiesen.
Wird ein beteiligter ohne
ausreichende Ladungsfrist geladen dürfe er der Verhandlung nicht ohne weiteres
fern bleiben. Er dürfe sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht seinen
Fehler schon bemerken würde und von daher nicht ohne ihn verhandeln würde.
Bleibt dem Beteiligten genügend Zeit, das Gericht auf den Fehler bei der Ladung
hinzuweisen, hat dies zwingend zu erfolgen und ist bei Verhinderung der Antrag
einer Terminsänderung zu stellen. Da der Antragsteller dies vorliegend versäumt
habe, könne er die Verletzung rechtlichen Gehörs nicht geltend machen.
Bayerischer VGH, Beschluss vom 31.03.2016 – 9 ZB 16.30049 -
Aus den Gründen:
Tenor
- I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
- II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gründe
- Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
- 1. Der Vortrag, der Kläger habe die Ladung vom 18. Januar 2016 zur mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2016 erst nach dem Termin erhalten, weshalb er zur mündlichen Verhandlung wegen Nichtkenntnis vom Termin nicht habe erscheinen können, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels der Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).
- a) Soweit geltend gemacht wird, der Kläger habe die Ladung erst nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung erhalten, genügt das Zulassungsvorbringen nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Danach sind in dem Antrag auf Zulassung der Berufung die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Dies erfordert eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrunds. Daran fehlt es, weil der Vortrag des Klägers, er habe die Ladung vom 18. Januar 2016 zum Termin am 5. Februar 2016 erst nach dem Termin erhalten, nicht nachzuvollziehen ist. Zur Begründung seiner Behauptung führt der Kläger aus, in der Gemeinschaftsunterkunft werde die Post vom Hausmeister der Unterkunft an zwei Wochentagen und zwar am Montag und Mittwoch zwischen 8.30 Uhr und 10.00 Uhr verteilt. Dies zugrunde gelegt hätte die ausweislich der Postzustellungsurkunde (vgl. § 102 Abs. 1 Satz 1, § 56 Abs. 1 und 2 VwGO, § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 ZPO) am Donnerstag den 21. Januar 2016 zugegangene Ladung den Kläger spätestens am darauffolgenden Montag den 25. Januar 2016 erreichen müssen (vgl. § 189 ZPO). Weshalb dies erst nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2016 der Fall gewesen sein soll, erschließt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
- b) Die auf Grundlage dieses Vorbringens beanstandete Versagung des rechtlichen Gehörs „durch die prozessordnungswidrig verspätet zugegangene Ladung“ liegt nicht vor.
- Der Beteiligte, der ohne ausreichende Ladungsfrist geladen ist, darf der Verhandlung nicht einfach fernbleiben und sich, ohne etwas zu unternehmen, darauf verlassen, das Gericht werde den Fehler schon bemerken und nicht ohne ihn verhandeln (vgl. BVerwG, U.v. 6.2.1987 – 4 C 2.86 – NJW 1987, 2694 = juris Rn. 12 m.w.N.), wenn ausreichend Zeit bleibt, das Gericht von der Nichteinhaltung der Ladungsfrist in Kenntnis zu setzen und ggf. eine Terminsänderung zu beantragen (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO). So liegt es hier. Von der nach den Darlegungen des Klägers (vgl. vorstehend Buchst. a) mit Blick auf die Vorsorgepflicht des § 10 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG, zu der auch die Anwesenheit zu den üblichen Postverteilungszeiten bzw. die Nachfrage nach Post gehört, auszugehenden Kenntnisnahme der Ladung am Montag den 25. Januar 2016 bis zur mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2016 wären dem Kläger volle acht Werktage verblieben, um dem Verwaltungsgericht die Gründe seiner Verhinderung und die Notwendigkeit seiner Anwesenheit bei der mündlichen Verhandlung mitzuteilen. Vor diesem Hintergrund kann der Kläger keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend machen, weil er es selbst versäumt hat, sich vor Gericht durch die zumutbare Ausschöpfung der vom einschlägigen Prozessrecht eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten Gehör zu verschaffen (vgl. BVerfG, B.v. 18.8.2010 – 1 BvR 3268/07 – BVerfGK, 17, 479 = juris Rn. 28 ff.).
- 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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