Der Kläger machte
Strafverteidigerkosten als (nachträgliche) Werbungskosten bei seinen Einkünften
aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Diesen lag eine Strafanzeige des
X-Konzerns (in dessen Gesellschaften er Geschäftsführer bzw. Syndikusanwalt
war). seines ehemaligen Arbeitgebers) zugrunde. Zuletzt ermittelte die
Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Vorwurfs der (Beihilfe zur) Untreue gem.
§ 266 StGB und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB. Der
Kläger beauftragte zu seiner Verteidigung eines Anwaltskanzlei. Im Laufe der Ermittlungen
wurden auch noch weitere Vorwürfe geprüft. Das Ermittlungsverfahren gegen den
Kläger (sowie der weiteren Beschuldigten) wurde nach § 170 Abs. 2 stopp eingestellt.
Die Kostend er anwaltlichen Vertretung des Klägers beliefen sich auf € 67.176,00.
Das beklagte Finanzamt erkannte die Strafverteidigerkosten nicht als
Werbungskosten an und wies einen Einspruch gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid
zurück. Hiergegen richtete sich die Klage, mit der sich der Kläger auf die
berufliche Bezogenheit der Kosten berief, die auch nicht durch private
Interessen überlagert würden.
Der Klage wurde vom Finanzgericht
stattgegeben.
Werbungskosten iSv. § 9 Abs. 1 S.
1 EStG lägen vor, wenn die Kosten durch den Beruf veranlasst seien. Dies sei
der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestünde und die Aufwendungen
subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden (BFH, Beschluss vom 20.10.2016
- VI R 27/15 -). Die Aufwendungen müssten damit zu der betroffenen Einkunftsart
in einem steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Das
gelte auch bei nachträglichen Werbungskosten, die entstehen könnten, wenn der
Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im
Zusammenhang mit diesem erbringen müsse, wobei für den Zusammenhang auf den Zeitpunkt
abzustellen ist, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt worden sei.
Bei Strafverteidigerkosten seien
diese als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das
berufliche Verhalten veranlasst worden sei. Die dem Steuerpflichtigen zur Last
gelegte Tat müsse in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit der beruflichen
Tätigkeit begangen sein. Dabei sei für die steuerliche Beurteilung
gleichgültig, ob der Tatvorwurf zu Recht erhoben worden sei.
Eine Tat in Ausübung der
beruflichen Tätigkeit würde aber auch dann keinen Veranlassungszusammenhang
begründen können, wenn die Handlung nicht im Rahmen der beruflichen
Aufgabenerfüllung läge oder ein beruflicher Veranlassungszusammenhang durch
einen privaten Veranlassungszusammenhang überlagert würde. Eine private
Überlagerung läge insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber
bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch
die schädigende Handlung bereichert habe. Zum Ausschluss des
Werbungskostenabzugs genüge insoweit aber nicht alleine der Tatvorwurf der
Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue (BFH, Beschluss vom 17.08.2011 - VI R 75/10
-).
Nach diesen Grundsätzen seien
vorliegend die Strafverteidigerkosten als nachträgliche Werbungskosten bei den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen.
Der berufliche
Veranlassungszusammenhang bestünde, da dem Kläger ein strafrechtlich relevantes
Verhalten in Ausübung seiner früheren beruflichen Tätigkeit vorgeworfen worden
sei. Die Vorwürfe hätten unmittelbar am originären beruflichen Aufgabenspektrum
des Klägers angesetzt (z.B. Prüfung von Verträgen).
Außerhalb der Erwerbssphäre
liegende Veranlassungsgründe lägen nicht vor. Auslöser waren keine strafrechtlichen
Vorwürfe, die nicht im Rahmen beruflicher Aufgabenerfüllung gelegen hätten;
ebenso wenig sei ersichtlich, dass der Kläger seine Arbeitgeberin habe schädigen wollen oder sich oder Dritte habe
bereichern wollen; diesbezüglich von der Anzeigenerstatterin erhobene Vorwürfe
würden für eine private Mitveranlassung nicht ausreichen.
Im strafrechtlichen Verfahren sei
ein Nachweis für die von Konzern geltend gemachten taten nicht geführt worden,
vielmehr sei das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Zum Tatkomplex
„Gewerbemietverträge“ und Verlagerung der Geschäftsfelder Montagedienstleistung
und Arbeitnehmerüberlassung“ sei die Einstellung mangels hinreichenden
Tatverdachts erfolgt. Soweit die Staatsanwaltschaft überhaupt eine Einbindung
des Kläger festgestellt habe, habe jedenfalls kein hinreichender Tatverdacht
ermittelt werden können, dass der Kläger einen überhöhten Mietzins zulasten des
Konzerns zumindest billigend in Kauf genommen habe.
Zum komplex
Reinigungsdienstleistungen sei das Verfahren wegen Verjährung eingestellt
worden, bei Feststellung eines „in tatsächlicher Hinsicht fortbestehenden
gewichtigen Tatverdachts“ zum Vorwurf der (Beihilfe zur) Untreue. Auch wenn
hier nicht mangels eines hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden sei, sei
auch insoweit der Nachwies einer außerberuflich motivierten Tat des Klägers
nicht geführt worden. Auch die Staatsanwaltschaft habe ausgeführt, dass nach
Abschluss der Ermittlungen weder die tatsächlichen Beweggründe noch die
Initiative für den Übergang des Geschäftsfeldes abschließend hätten ermittelt
werden können. Lediglich eine Mitwirkung des Klägers an einem Vertragsentwurf
(nach Entscheidung über die Übertragung des Geschäftsfeldes) habe den gewichtigen
Tatverdacht der Staatsanwaltschaft begründet, woraus sich aber selbst
angenommener strafrechtlicher Relevanz noch nicht der Schädigungsvorsatz des
Klägers zu Lasten seiner Arbeitgeberin ergeben und/oder eine gewollte
Bereicherung eines Dritten.
Alleine der Vorwurf der Anzeigenerstatterin
eines Schädigungsvorsatzes bzw. einer Bereicherung des Klägers und eines
Dritten durch die vorgeworfenen Taten führe nicht zur Überlagerung des
beruflichen Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigerkosten durch
außerberufliche private Gründe. Eine Typisierung (wie vom Finanzamt angenommen)
auch hinsichtlich einer etwaigen Überlagerung der Strafverteidigerkosten durch
private Gründe alleine am Tatvorwurf orientiert, lehnte das Finanzgericht „jedenfalls in Fällen des strafrechtlichen Untreuevorwurfs“
ab, in denen das vorgeworfene Verhalten unmittelbar die Berufsausübung des
Steuerpflichtigen betreffe. Beziehe sich der Tatvorwurf der Untreue oder
Beihilfe zur Untreue wie hier auf (vermeintliche) Verhaltenswiesen, die ihrer
Art nach unmittelbar der konkreten Berufsausübung des Steuerpflichtigen
zuzuordnen sind, sei der Anlass für die Strafverteidigung gegen diesen Vorwurf
so eng mit der beruflichen Sphäre des Steuerpflichtigen verknüpft, dass alleine
der subjektiv erhobene Vorwurf einer mit diesem Verhalten gewollten Schädigung
des Arbeitgebers oder einer Eigen- oder Fremdbereicherung nicht geeignet sein könne.
Den wesentlichen objektiven Bezug der Strafverteidigung zur Berufssphäre zu
überlagern. Davon könne nur ausgegangen werden, wenn der Vorwurf zutreffe du sich
damit die vorgeworfene Verhaltensweise des Steuerpflichtigen tatsächlich als
maßgeblich von privaten Beweggründen getragen erweise. Nicht gefolgt würde der
Ansicht des FG Thüringen (Urteil vom 12.02.2014 - 3 K 926/13 -, welches die
Kosten der Strafverteidigung bei einem Untreuevorwurf alleine aufgrund dieses Vorwurfs
vom Werbungskostenabzug ausschließe.
FG Düsseldorf, Urteil vom
22.03.2024 - 3 K 2389/21 E -