Der Kläger machte Strafverteidigerkosten als (nachträgliche) Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Diesen lag eine Strafanzeige des X-Konzerns (in dessen Gesellschaften er Geschäftsführer bzw. Syndikusanwalt war). seines ehemaligen Arbeitgebers) zugrunde. Zuletzt ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Vorwurfs der (Beihilfe zur) Untreue gem. § 266 StGB und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB. Der Kläger beauftragte zu seiner Verteidigung eines Anwaltskanzlei. Im Laufe der Ermittlungen wurden auch noch weitere Vorwürfe geprüft. Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger (sowie der weiteren Beschuldigten) wurde nach § 170 Abs. 2 stopp eingestellt. Die Kostend er anwaltlichen Vertretung des Klägers beliefen sich auf € 67.176,00. Das beklagte Finanzamt erkannte die Strafverteidigerkosten nicht als Werbungskosten an und wies einen Einspruch gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid zurück. Hiergegen richtete sich die Klage, mit der sich der Kläger auf die berufliche Bezogenheit der Kosten berief, die auch nicht durch private Interessen überlagert würden.
Der Klage wurde vom Finanzgericht stattgegeben.
Werbungskosten iSv. § 9 Abs. 1 S. 1 EStG lägen vor, wenn die Kosten durch den Beruf veranlasst seien. Dies sei der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestünde und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden (BFH, Beschluss vom 20.10.2016 - VI R 27/15 -). Die Aufwendungen müssten damit zu der betroffenen Einkunftsart in einem steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Das gelte auch bei nachträglichen Werbungskosten, die entstehen könnten, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit diesem erbringen müsse, wobei für den Zusammenhang auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt worden sei.
Bei Strafverteidigerkosten seien diese als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten veranlasst worden sei. Die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat müsse in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit der beruflichen Tätigkeit begangen sein. Dabei sei für die steuerliche Beurteilung gleichgültig, ob der Tatvorwurf zu Recht erhoben worden sei.
Eine Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit würde aber auch dann keinen Veranlassungszusammenhang begründen können, wenn die Handlung nicht im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung läge oder ein beruflicher Veranlassungszusammenhang durch einen privaten Veranlassungszusammenhang überlagert würde. Eine private Überlagerung läge insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert habe. Zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs genüge insoweit aber nicht alleine der Tatvorwurf der Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue (BFH, Beschluss vom 17.08.2011 - VI R 75/10 -).
Nach diesen Grundsätzen seien vorliegend die Strafverteidigerkosten als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen.
Der berufliche Veranlassungszusammenhang bestünde, da dem Kläger ein strafrechtlich relevantes Verhalten in Ausübung seiner früheren beruflichen Tätigkeit vorgeworfen worden sei. Die Vorwürfe hätten unmittelbar am originären beruflichen Aufgabenspektrum des Klägers angesetzt (z.B. Prüfung von Verträgen).
Außerhalb der Erwerbssphäre liegende Veranlassungsgründe lägen nicht vor. Auslöser waren keine strafrechtlichen Vorwürfe, die nicht im Rahmen beruflicher Aufgabenerfüllung gelegen hätten; ebenso wenig sei ersichtlich, dass der Kläger seine Arbeitgeberin habe schädigen wollen oder sich oder Dritte habe bereichern wollen; diesbezüglich von der Anzeigenerstatterin erhobene Vorwürfe würden für eine private Mitveranlassung nicht ausreichen.
Im strafrechtlichen Verfahren sei ein Nachweis für die von Konzern geltend gemachten taten nicht geführt worden, vielmehr sei das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Zum Tatkomplex „Gewerbemietverträge“ und Verlagerung der Geschäftsfelder Montagedienstleistung und Arbeitnehmerüberlassung“ sei die Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts erfolgt. Soweit die Staatsanwaltschaft überhaupt eine Einbindung des Kläger festgestellt habe, habe jedenfalls kein hinreichender Tatverdacht ermittelt werden können, dass der Kläger einen überhöhten Mietzins zulasten des Konzerns zumindest billigend in Kauf genommen habe.
Zum komplex Reinigungsdienstleistungen sei das Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden, bei Feststellung eines „in tatsächlicher Hinsicht fortbestehenden gewichtigen Tatverdachts“ zum Vorwurf der (Beihilfe zur) Untreue. Auch wenn hier nicht mangels eines hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden sei, sei auch insoweit der Nachwies einer außerberuflich motivierten Tat des Klägers nicht geführt worden. Auch die Staatsanwaltschaft habe ausgeführt, dass nach Abschluss der Ermittlungen weder die tatsächlichen Beweggründe noch die Initiative für den Übergang des Geschäftsfeldes abschließend hätten ermittelt werden können. Lediglich eine Mitwirkung des Klägers an einem Vertragsentwurf (nach Entscheidung über die Übertragung des Geschäftsfeldes) habe den gewichtigen Tatverdacht der Staatsanwaltschaft begründet, woraus sich aber selbst angenommener strafrechtlicher Relevanz noch nicht der Schädigungsvorsatz des Klägers zu Lasten seiner Arbeitgeberin ergeben und/oder eine gewollte Bereicherung eines Dritten.
Alleine der Vorwurf der Anzeigenerstatterin eines Schädigungsvorsatzes bzw. einer Bereicherung des Klägers und eines Dritten durch die vorgeworfenen Taten führe nicht zur Überlagerung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigerkosten durch außerberufliche private Gründe. Eine Typisierung (wie vom Finanzamt angenommen) auch hinsichtlich einer etwaigen Überlagerung der Strafverteidigerkosten durch private Gründe alleine am Tatvorwurf orientiert, lehnte das Finanzgericht „jedenfalls in Fällen des strafrechtlichen Untreuevorwurfs“ ab, in denen das vorgeworfene Verhalten unmittelbar die Berufsausübung des Steuerpflichtigen betreffe. Beziehe sich der Tatvorwurf der Untreue oder Beihilfe zur Untreue wie hier auf (vermeintliche) Verhaltenswiesen, die ihrer Art nach unmittelbar der konkreten Berufsausübung des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind, sei der Anlass für die Strafverteidigung gegen diesen Vorwurf so eng mit der beruflichen Sphäre des Steuerpflichtigen verknüpft, dass alleine der subjektiv erhobene Vorwurf einer mit diesem Verhalten gewollten Schädigung des Arbeitgebers oder einer Eigen- oder Fremdbereicherung nicht geeignet sein könne. Den wesentlichen objektiven Bezug der Strafverteidigung zur Berufssphäre zu überlagern. Davon könne nur ausgegangen werden, wenn der Vorwurf zutreffe du sich damit die vorgeworfene Verhaltensweise des Steuerpflichtigen tatsächlich als maßgeblich von privaten Beweggründen getragen erweise. Nicht gefolgt würde der Ansicht des FG Thüringen (Urteil vom 12.02.2014 - 3 K 926/13 -, welches die Kosten der Strafverteidigung bei einem Untreuevorwurf alleine aufgrund dieses Vorwurfs vom Werbungskostenabzug ausschließe.
FG Düsseldorf, Urteil vom
22.03.2024 - 3 K 2389/21 E -
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 2019 vom
17.02.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2021 wird
dahingehend geändert, dass Strafverteidigungskosten i.H.v. 67.176 EUR als
Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
berücksichtigt werden, und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem
Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten
streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Strafverteidigungskosten als
(nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
des Klägers als ehemaligem Geschäftsführer bzw. Syndikusanwalt in
Gesellschaften des X.-Konzerns.
Die Kläger sind
Eheleute und werden für das Streitjahr 2019 zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt. Der Kläger ist Rechtsanwalt und erzielte im Streitjahr Einkünfte aus
selbständiger Arbeit.
Der Entstehung
der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Strafverteidigungskosten
liegt eine Strafanzeige der X. AG vom 04.04.2012 gegen den Kläger und weitere
leitende Personen des X.-Konzerns zugrunde (Ermittlungsakte der
Staatsanwaltschaft W. Az. N01 Bd. 1 Bl. 4 ff.).
Die X. AG
(heute X. SE) – eine globale Anbieterin von Lösungen ... – übt ihr operatives
Geschäft über eine Tochtergesellschaft, die X. E. GmbH (vormals X. M. GmbH),
und deren zahlreiche Tochtergesellschaften aus. Der Kläger war in drei dieser
Konzerngesellschaften in leitenden Funktionen angestellt. Von 2004 bis 2011 war
er Chefsyndikus der X. Q. GmbH (im Folgenden: X. Q.) und als solcher
verantwortlich für alle rechtlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Fragen
der Gesellschaft. In den Jahren 2006 bis 2010 war er zudem Geschäftsführer der
X. C. GmbH (im Folgenden: X. C.) sowie zwischen 2006 und 2011 Geschäftsführer
der N. GmbH (im Folgenden: N.). Weiterer und nach dem Vortrag des Klägers
allein für das operative Geschäft verantwortlicher Geschäftsführer der X. C.
und der N. war J. U., der bis zu einer außerordentlichen Kündigung im Jahr 2011
auch Mitgeschäftsführer der X. M. GmbH war. U. war zudem Anteilseigner und
Geschäftsführer weiterer, nicht mit dem X.-Konzern verbundener Gesellschaften.
Ausgangspunkt
der strafrechtlichen Vorwürfe gegen den Kläger (und weitere Personen) in der
Strafanzeige der X. AG waren Vorwürfe gegen U., der u.a. beschuldigt wurde,
seinen Gestaltungsspielraum im X.-Konzern kontinuierlich genutzt zu haben, um
seine persönlichen und außerhalb des Konzerns liegenden Geschäftsinteressen
unter Schädigung der X. AG und ihrer Konzerngesellschaften zu verfolgen. U.
habe insbesondere – unter Bestechung hochrangiger Mitglieder auf Vorstands- und
Geschäftsführerebene – namens der X.-Gruppe Transaktionen durchgeführt, die
allein seinem persönlichen Vorteil gedient hätten. So sollen zum einen für
Gesellschaften des X.-Konzerns nachteilige Mietverträge mit Gesellschaften des
U. geschlossen worden sein. Zum anderen sollen Tätigkeiten, die zuvor durch die
N. gegenüber einem Großkunden, der V. AG, erbracht worden waren
(Reinigungsleistungen) bzw. durch die X. C. hätten erbracht werden sollen
(Arbeitnehmerüberlassung, Montagedienstleistungen), auf Veranlassung des U.
sowie anderer Personen auf vom X.-Konzern unabhängige Gesellschaften des U.
verlagert worden sein.
Dem Kläger
wurde in der Strafanzeige vorgeworfen, als Geschäftsführer der zum X.-Konzern
gehörenden Gesellschaften am Abschluss mehrerer für die X.-Gruppe nachteiliger
Gewerbemietverträge mit Gesellschaften des U. beteiligt gewesen zu sein,
wodurch den Gesellschaften ein Schaden von insgesamt über ... € entstanden sei.
U. habe hierfür die Weichen gestellt, indem er dem Kläger verschiedene
Geschäftsführungs-, Vorstands- und Aufsichtsratspositionen in seinen
Unternehmen verschafft habe.
Infolge der
Anzeige ermittelte die Staatsanwaltschaft W. gegen den Kläger – nach diversen
verfahrensrechtlichen Abtrennungen zuletzt unter den Aktenzeichen N01 und N02 –
wegen des Vorwurfs der (Beihilfe zur) Untreue gemäß § 266 des
Strafgesetzbuchs (StGB) und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß
§ 299 StGB. Mit seiner anwaltlichen Vertretung in diesen Verfahren
beauftragte der Kläger im April 2012 die Rechtsanwaltskanzlei O..
Im Laufe der
Ermittlungen wurde neben dem ursprünglichen Vorwurf aus der Strafanzeige auch
eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Klägers im Hinblick auf die
Verlagerung von Geschäftsfeldern des X.-Konzerns auf Gesellschaften des U.
geprüft. Der Staatsanwaltschaft zufolge bestand der Verdacht, dass der Kläger
als zeitweiliger Mitgeschäftsführer der X. C. sowie Chefsyndikus der
X.-Unternehmensgruppe in das Vorhaben des U. eingeweiht war, dieses
unterstützte und auch für diese Kooperation Ämter in Unternehmen des U. erhielt
(Durchsuchungsbeschluss des AG W. vom 08.05.2015, vgl. Ermittlungsakte Az. N02,
Bd. 7 Bl. 1490 ff.).
Die o.g.
Ermittlungsverfahren gegen den Kläger (und auch gegen die übrigen
Beschuldigten) wurden am 18.10.2019 bzw. 23.07.2019 gemäß § 170
Abs. 2 der Strafprozessordnung – StPO – eingestellt. Nach Auffassung der
Staatsanwaltschaft konnte dem Kläger weder nachgewiesen werden, bei den
Mietvertragsabschlüssen, an denen er als Geschäftsführer beteiligt gewesen war,
die Vereinbarung überhöhter Mieten zumindest billigend in Kauf genommen zu
haben noch als Chefsyndikus am Abschluss der relevanten Mietverträge beteiligt
gewesen zu sein oder diese zur Prüfung vorgelegt bekommen zu haben. Das
Verfahren N01 wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Auch das
Ermittlungsverfahren N02 wurde hinsichtlich der vorgeworfenen Verlagerung der
Tätigkeitsfelder „Arbeitnehmerüberlassung“ und „Montagedienstleistungen“
mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die Staatsanwaltschaft konnte
eine Einbindung des Klägers in die jeweiligen Vorgänge nicht feststellen.
Hinsichtlich des Verdachts der Verlagerung des „Reinigungsgeschäfts“ von der N.
auf eine Gesellschaft des U. (G. GmbH & Co. KG) führte die
Staatsanwaltschaft aus, dass nach Abschluss der Ermittlungen weder die
tatsächlichen Beweggründe noch die Initiative für den Übergang des
Geschäftsfeldes abschließend hätten ermittelt werden können. Der Beschuldigte
[Anmerkung des Gerichts: der Kläger] habe sich dahingehend eingelassen, dass er
von der Mitteilung des gesondert Verfolgten Z., dass die X.-Unternehmensgruppe
nicht mehr mit Reinigungsdienstleistungen für die V. AG beauftragt werden
solle, vollkommen überrascht gewesen sei. Auch sei er nach eigener Aussage in
die Entscheidung der Übertragung des Geschäftsfeldes nicht eingebunden gewesen.
In der Folgezeit – so die Feststellung der Staatsanwaltschaft – habe der Kläger
mit einer Zeugin, die Führungspositionen unter anderem bei der Firma G.
innegehabt habe, einen Vertragsentwurf für das Reinigungsgeschäft zwischen den
Unternehmen G. und V. AG erstellt und diesen dem gesondert Verfolgten Z.
übermittelt. Der Fortführung des Verfahrens stand nach Auffassung der
Staatsanwaltschaft insoweit „– trotz des in tatsächlicher Hinsicht
fortbestehenden gewichtigen Tatverdachts gegen den Beschuldigten F. wegen des
Vorwurfs der Untreue –“ das Verfahrenshindernis der Verjährung entgegen.
Hinsichtlich des ebenfalls geprüften Vorwurfs der Bestechlichkeit im
geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) kam die Staatsanwaltschaft zu dem
Ergebnis, dass der Tatvorwurf schon nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen
der Norm erfülle.
Beschwerden
gegen die Einstellungen wurden durch die Generalstaatsanwaltschaft W. am
10.06.2020 verworfen.
Für seine
strafrechtliche anwaltliche Vertretung in den Ermittlungsverfahren wendete der
Kläger im Streitjahr 67.176 € auf.
Die im
Einkommensteuerbescheid 2019 vom 17.11.2020 zunächst unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
des Klägers erklärungsgemäß anerkannten Strafverteidigungskosten ließ der
Beklagte in dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten
Einkommensteuerbescheid 2019 vom 17.02.2021 steuerlich unberücksichtigt. Der
gegen den Bescheid eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom
21.09.2021 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen
wenden sich die Kläger mit der am 25.10.2021, einem Montag, erhobenen Klage.
Sie machen
geltend, die Strafverteidigungskosten seien als Werbungskosten zu
berücksichtigen. Der Kläger habe die Kosten aufgewendet, um sich vom Vorwurf
der Untreue zu entlasten, dem er sich als Geschäftsführer bzw. leitender
Angestellter der X. C., N. und X. Q. ausgesetzt gesehen habe. Die vorgeworfenen
Taten seien nur aus seiner Erwerbstätigkeit innerhalb des X.-Konzerns
erklärbar. Unabhängig von fehlenden Tathandlungen seien seine Handlungen im
Rahmen seiner Erwerbstätigkeit und daher bei Ausübung, nicht nur bei
Gelegenheit der beruflichen Tätigkeit vorgenommen worden. Wie in den
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren festgestellt worden sei, sei er
seiner Tätigkeit als nicht operativer Geschäftsführer bzw. leitender
Angestellter ohne schuldhaftes Verhalten nachgegangen. Insbesondere sei er
nicht in die Entscheidungen über die Ausgliederung von Geschäftsfeldern aus dem
X.-Konzern bzw. in die Verhandlungen über die Höhe des Mietzinses eingebunden
gewesen. Im Gegenteil sei er hinsichtlich des Geschäftszweigs der
Reinigungsdienstleistungen, von dessen Ausgliederung er als einziger vorab
erfahren habe, dahingehend tätig geworden, eine Möglichkeit der Ausführung der
Leistungen durch den X.-Konzern unter dem bisherigen Gesellschaftszweck der N.
zu finden. Auch er sei dann von den weiteren Beteiligten über die Notwendigkeit
der Ausgliederung getäuscht worden.
Der berufliche
Bezug der Kosten werde auch nicht durch private Interessen überlagert. Von
einer solchen Überlagerung sei insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer
seinen Arbeitgeber bewusst habe schädigen wollen. Er habe sich jedoch zu keinem
Zeitpunkt gegenüber seinem Arbeitgeber bewusst schädigend verhalten. Die ihm im
Rahmen der Anzeige vorgeworfenen Handlungen eines kollusiven Zusammenwirkens
hätten sich als unwahr herausgestellt. Allein der Vorwurf eines schädigenden
Verhaltens könne den Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit nicht überlagern.
Ansonsten würde bereits ein fiktives Verhalten zu einem Abzugsverbot führen.
Der Werbungskostenabzug würde in die Hand eines Dritten, des
Anzeigenerstatters, gelegt.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2019 vom 17.02.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.09.2021 dahingehend zu ändern, dass Strafverteidigungskosten i.H.v. 67.176 € als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung
führt er aus, Strafverteidigungskosten seien als Werbungskosten abzugsfähig,
wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten veranlasst
worden sei. Dies sei dann der Fall, wenn die zur Last gelegte Tat in Ausübung
der beruflichen Tätigkeit begangen worden sei. Des Weiteren werde
vorausgesetzt, dass die schuldhafte Handlung noch im Rahmen der beruflichen
Aufgabenerfüllung liege. Dies sei ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer seinen
Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich habe schädigen wollen oder einen Dritten
durch die schädigende Handlung bereichert habe. Dem Kläger sei vorgeworfen
worden, den ehemaligen Geschäftsführer unterstützt zu haben, um der Firma einen
erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Damit hätte er einen Dritten
durch sein Mitwirken bereichert. Diese Handlung habe ihren Ursprung nicht in
der beruflichen Tätigkeit gehabt, sondern der Beruf habe ihm lediglich die
Gelegenheit gegeben, eine solche Tat ausführen zu können. Die Einstellung des
Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO führe zu keiner anderen
Beurteilung. Der Frage, ob das Verfahren mit einer Verurteilung oder einem
Freispruch ende, komme nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine
Bedeutung zu, da ausschließlich die berufliche Veranlassung maßgeblich sei.
Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge sowie der
beigezogenen Akten der Ermittlungsverfahren N01 und N02 der Staatsanwaltschaft
W. u.a. gegen den Kläger Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die
Klage ist begründet.
Der
Einkommensteuerbescheid 2019 vom 17.02.2021 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 21.09.2021 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger
in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung
– FGO –). Der Beklagte hat die Strafverteidigungskosten i.H.v. 67.176 € zu
Unrecht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
I.
Werbungskosten, nämlich Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von
Einnahmen i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, liegen bei den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) vor, wenn sie durch
den Beruf veranlasst sind. Sie sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver
Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung
des Berufs getätigt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschlüsse vom
20.10.2016 VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223; vom 09.11.2015 VI R 36/13, BFH/NV
2016, 194).
1.
Werbungskosten setzen stets einen objektiven Zusammenhang mit der
Berufstätigkeit voraus, während die subjektive Absicht kein in jedem Fall
notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs ist (vgl. BFH, Urteile vom
25.10.1989 X R 69/88, BFH/NV 1990, 553; vom 09.12.2003 VI R 35/96,
BStBl II 2004, 641). Die Aufwendungen müssen zu einer Einkunftsart in
einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Ob
ein solcher besteht, richtet sich nach der – wertenden – Beurteilung des die
betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und der Zuweisung dieses
Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. BFH,
Beschluss vom 04.07.1990 GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817; Urteil vom
20.12.1994 IX R 122/92, BStBl II 1995, 534; Urteil vom 20.10.2016 VI R
27/15, BFH/NV 2017, 223 m.w.N.).
Diese
Grundsätze gelten auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen können,
wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im
Zusammenhang mit diesem erbringen muss. In diesem Fall muss bereits zu dem
Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der berufliche
Zusammenhang bestehen (vgl. BFH, Urteile vom 18.08.1992 VIII R 22/89, BFH/NV
1993, 465; vom 16.11.2011 VI R 97/10, BStBl II 2012, 343).
2.
Strafverteidigungskosten sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH dann
als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich
der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten
veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last
gelegte Tat in Ausübung – und nicht nur bei Gelegenheit – der beruflichen
Tätigkeit begangen worden ist (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 19.02.1982 VI R
31/78, BStBl II 1982, 467; vom 13.12.1994 VIII R 34/93, BStBl II 1995, 457; vom
18.10.2007 VI R 42/04, BStBl II 2008, 223; vom 16.04.2013 IX R 5/12,
BStBl II 2013, 806; vom 10.01.2024 VI R 16/21, juris). Ob der Tatvorwurf zu
Recht erhoben wurde, ist für die steuerliche Beurteilung nicht relevant (vgl.
BFH, Beschlüsse vom 30.06.2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639; vom 10.06.2015
VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247; Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV
2017, 569).
Auch eine „in
Ausübung der beruflichen Tätigkeit" begangene Tat kann allerdings keinen
Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten mit den Einkünften
begründen, wenn die Handlungen nicht im Rahmen der beruflichen
Aufgabenerfüllung liegen oder ein beruflicher Veranlassungszusammenhang durch
einen überlagernden privaten Veranlassungszusammenhang ausgeschlossen wird.
Letzteres liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber
bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch
die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des
Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde (vgl. BFH, Urteile vom
09.12.2003 VI R 35/96, BStBl II 2004, 641; vom 18.10.2007 VI R 42/04,
BStBl II 2008, 223; Beschlüsse vom 17.08.2011 VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040;
vom 13.12.2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; vom 31.03.2022 VI B 88/21,
BFH/NV 2022, 722). Allerdings genügt insoweit zum Ausschluss des
Werbungskostenabzugs der Tatvorwurf allein zumindest dann nicht, wenn dem
Steuerpflichtigen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird (vgl. BFH,
Beschluss vom 17.08.2011 VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040).
II. Die
dem Kläger im Streitjahr entstandenen Strafverteidigungskosten stellen hiernach
nachträgliche Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit dar. Die strafrechtlichen Vorwürfe, gegen die sich der Kläger zur Wehr
setzte, waren unmittelbar durch sein früheres berufliches Verhalten veranlasst
(hierzu unter 1.). Eine Überlagerung der beruflichen Veranlassung durch private
Veranlassungsgründe bestand nicht (hierzu unter 2.)
1. Ein
konkreter Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen zu den früheren Einkünften
des Klägers als Geschäftsführer und Syndikusanwalt im X.-Konzern besteht, weil
dem Kläger strafrechtlich relevantes Verhalten „in Ausübung“ seiner früheren
beruflichen Tätigkeiten vorgeworfen wurde. Die Strafverteidigung gegen diesen
Vorwurf hatte damit einen unmittelbaren beruflichen Anlass.
Kern der
strafrechtlichen Tatvorwürfe in der Strafanzeige des X.-Konzerns und der
weiteren Verdachtsmomente im Laufe der Ermittlungsverfahren waren –
vermeintliche – Verhaltensweisen des Klägers in unmittelbarem Zusammenhang mit
seinem beruflichen Aufgabenfeld als angestelltem Geschäftsführer bzw.
angestelltem Syndikusanwalt. Die Vorwürfe der Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue
gegen den Kläger bezogen sich auf die rechtliche Prüfung und den Abschluss von
Gewerbemietverträgen für die Gesellschaften des X.-Konzerns sowie auf
Entscheidungen, bestimmte Leistungen (Reinigung, Arbeitnehmerüberlassung,
Montage) nicht durch die Gesellschaften zu erbringen bzw. fortzuführen. Der
Vorwurf knüpfte damit unmittelbar am originären beruflichen Aufgabenspektrum
des Klägers an, der insbesondere für die rechtlichen, wirtschaftlichen und
finanziellen Fragen der jeweiligen Konzerngesellschaften und – als
Mitgeschäftsführer und damit gesetzlicher Vertreter – auch für den Abschluss
zivilrechtlicher Verträge für die von ihm vertretenen Gesellschaften zuständig
war.
2.
Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten wird
nicht durch außerhalb der Erwerbssphäre liegende Veranlassungsgründe
aufgehoben. Dass Auslöser der strafrechtlichen Vorwürfe vom Kläger begangene
Taten waren, die nicht im Rahmen seiner beruflichen Aufgabenerfüllung lagen
oder mit denen er – so der Vorwurf der Anzeigenerstatterin – seine
Arbeitgeberinnen schädigen und sich sowie U. bereichern wollte , kann nicht
festgestellt werden (hierzu unter a). Allein der diesbezüglich von der
Anzeigenerstatterin erhobene Vorwurf reicht für die Annahme einer privaten
Mitveranlassung der Strafverteidigungskosten nicht aus (hierzu unter b).
a) Im
strafrechtlichen Verfahren wurde ein Nachweis der dem Kläger durch den
X.-Konzern vorgeworfenen Taten nicht geführt. Die staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahren wurden im Gegenteil gemäß § 170 Abs. 2 StPO
eingestellt.
Die Einstellung
der Ermittlungsverfahren erfolgte hinsichtlich der vorgeworfenen Tatkomplexe
„Gewerbemietverträge“ und „Verlagerung der Geschäftsfelder
Montagedienstleistung und Arbeitnehmerüberlassung“ mangels hinreichenden
Tatverdachts. Soweit überhaupt eine Einbindung des Klägers in die Vorgänge
festgestellt werden konnte, namentlich in Bezug auf den Abschluss einzelner
Gewerbemietverträge, konnte die Staatsanwaltschaft jedenfalls keine
hinreichenden Anhaltspunkte dafür ermitteln, dass der Kläger einen überhöhten
Mietzins zulasten des X.-Konzerns zumindest billigend in Kauf genommen hätte.
Hinsichtlich
des Komplexes der Reinigungsdienstleistungen wurde das Ermittlungsverfahren
wegen Verjährung des Tatvorwurfs eingestellt trotz eines „in tatsächlicher
Hinsicht fortbestehenden gewichtigen Tatverdachts“ hinsichtlich des Vorwurfs
der (Beihilfe zur) Untreue. Wenngleich die Einstellung nicht mangels
hinreichenden Tatverdachts erfolgte, wurde auch insoweit der Nachweis einer
außerberuflich motivierten Tat des Klägers nicht geführt. Auch lassen die
diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft keine
Schlussfolgerungen zulasten des Klägers zu. So führt die Staatsanwaltschaft
insbesondere aus, dass nach Abschluss der Ermittlungen weder die tatsächlichen
Beweggründe noch die Initiative für den Übergang des Geschäftsfeldes
abschließend hätten ermittelt werden können. Auch aus den Ausführungen zu
etwaig strafrelevanten Handlungen des Klägers in diesem Zusammenhang ergeben
sich keine für die gerichtliche Feststellung einer die berufliche Veranlassung
überlagernden außerberuflichen Mitveranlassung der Strafverteidigungskosten
hinreichenden Anhaltspunkte. Der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft
„gewichtige Tatverdacht“ wird allein aus dem Umstand abgeleitet, dass der
Kläger, nachdem die Entscheidung zur Übertragung des Geschäftsfeldes getroffen
worden war, an der Erstellung eines Vertragsentwurfs für das Reinigungsgeschäft
zwischen den Unternehmen G. und V. AG beteiligt war. Selbst wenn dieser Beitrag
aus strafrechtlicher Perspektive geeignet wäre, eine objektive Beihilfehandlung
darzustellen, vermag der Senat allein aus diesem vermeintlichen Verhalten einen
Schädigungsvorsatz des Klägers zulasten der Arbeitgeberin N. oder eine gewollte
Bereicherung des U. nicht abzuleiten. Dies gilt umso mehr als sich die
Erstellung des Vertragsentwurfs nach dem Vorbringen der Strafverteidigung
darauf beschränkte, die Gesellschaftsnamen der Vertragspartner in den bereits
existenten Verträgen auszuwechseln (vgl. Ermittlungsakte Az. N02 Bd. 22, Bl.
5568). Ein solch geringfügiger Beitrag fiele im Übrigen mit Blick auf die gegen
den Kläger insgesamt erhobenen schwerwiegenden Vorwürfe bei der steuerlichen
Beurteilung des Anlasses für die Entstehung der erheblichen
Strafverteidigungskosten nicht ins Gewicht.
b)
Allein der durch die X. AG in der Strafanzeige erhobene Vorwurf eines
Schädigungsvorsatzes zulasten des Konzerns bzw. einer Bereicherung des Klägers
und des U. durch die vorgeworfenen Taten führt nicht zu einer Überlagerung des
beruflichen Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigungskosten durch
außerberufliche, private Gründe.
Dem vom
Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Argument, die steuerliche
Beurteilung von Strafverteidigungskosten bedürfe einer typisierenden, auch
hinsichtlich einer etwaigen Überlagerung der Strafverteidigungskosten durch
private Gründe allein am Tatvorwurf orientierten Prüfung, vermag sich der Senat
jedenfalls in Fällen des strafrechtlichen Untreuevorwurfs, in denen das
vorgeworfene Verhalten unmittelbar die Berufsausübung betrifft, nicht
anzuschließen. Eine derartige Typisierung lässt sich nach Auffassung des Senats
auch nicht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ableiten. Zwar kommt es
nach der Rechtsprechung des BFH – worauf der Beklagte im Ausgangspunkt zu Recht
hinweist – für die steuerliche Beurteilung von Strafverteidigungskosten nicht
darauf an, ob der Tatvorwurf zu Recht erhoben wurde (vgl. BFH, Beschlüsse vom
30.06.2004 VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639; vom 10.06.2015
VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247; Urteil vom 13.12.2016 VIII R 43/14,
BFH/NV 2017, 569). Diesen Rechtssatz hat der BFH jedoch in Bezug auf den
Vorwurf, der Arbeitnehmer habe seinen Arbeitgeber schädigen wollen oder sich
oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert, eingeschränkt.
Insoweit genüge zum Ausschluss des Werbungskostenabzugs der Tatvorwurf allein
zumindest dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen – wie auch im Streitfall –
Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird (vgl. BFH, Beschluss vom
17.08.2011 VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040).
Im Streitfall
trägt diese Einschränkung nach Auffassung des Senats der im Rahmen der
Veranlassungsprüfung gebotenen wertenden Beurteilung des die
Strafverteidigungskosten auslösenden Moments Rechnung. Bezieht sich der
Tatvorwurf der Untreue oder Beihilfe zur Untreue – wie im Streitfall – auf –
vermeintliche – Verhaltensweisen, die ihrer Art nach unmittelbar der konkreten
Berufsausübung des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind, ist der Anlass für die
Strafverteidigung gegen diesen Vorwurf so eng mit der beruflichen Sphäre des
Steuerpflichtigen verknüpft, dass allein der subjektiv erhobene Vorwurf einer
mit diesem Verhalten gewollten Schädigung des Arbeitgebers oder einer Eigen-
oder Fremdbereicherung nicht geeignet sein kann, den wesentlichen objektiven
Bezug der Strafverteidigung zur Berufssphäre zu überlagern. Von einer solchen
wesentlichen, die berufliche Veranlassung überlagernden privaten
(Mit-)Veranlassung
kann nur ausgegangen werden, wenn der Vorwurf zutrifft und sich die dem
Beschuldigten vorgeworfene Verhaltensweise damit tatsächlich als maßgeblich von
privaten Beweggründen getragen erweist. Die Tathandlung kann in diesem Fall
nicht als im Rahmen der beruflichen Zielvorstellungen des Arbeitnehmers liegend
angesehen werden (vgl. BFH, Urteil vom 18.09.1987 VI R 121/84, BFH/NV 1988,
353), so dass auch die Strafverteidigung gegen den entsprechenden Vorwurf bei
wertender Betrachtung keinen hinreichenden beruflichen Anknüpfungspunkt hat.
Kann eine solche Feststellung aber – wie auch im Streitfall – nicht getroffen
werden, führt die enge Anknüpfung des Tatvorwurfs an die berufliche Tätigkeit
des Steuerpflichtigen zur Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten als
Werbungskosten (ähnlich FG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.1988 7 K 291/83 E, EFG
1989, 227; FG Berlin, Urteil vom 11.05.1999 7044/96, juris).
Soweit das FG
Thüringen in seinem Urteil vom 12.02.2014 3 K 926/13, EFG 2014, 1662, eine
andere Auffassung vertreten und Kosten der Strafverteidigung gegen einen
Untreuevorwurf schon aufgrund des Vorwurfs einer Eigenbereicherung des
Steuerpflichtigen nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen hat, teilt der
erkennende Senat diese Rechtsauffassung nicht.
B. Die
Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO
i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
C. Die
Revision war zur Fortbildung des Rechts und – mit Blick auf das anderslautende
Urteil des FG Thüringen vom 12.02.2014 3 K 926/13, EFG 2014, 1662 – zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2
Nr. 2 FGO).
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