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Mittwoch, 9. Oktober 2024

Haftungsquote bei Kollision mit geöffneter Fahrzeugtür

Das Beklagtenfahrzeug parkte in einer am rechten Fahrbahnrand belegenen Parkbucht. Bei der Vorbeifahrt kollidierte das Klägerfahrzeug mit der hinteren linken (geöffneten) Tür des Beklagtenfahrzeugs. Das Landgericht wies die auf Schadensersatz gerichtete Klage ab. Das Berufungsgericht nahm eine Haftungsverteilung vor.

Das Berufungsgericht schloss sich der vom Erstgericht vertretenen Auffassung an, dass sowohl die Kläger- wie auch die Beklagtenseite für die Folgen des Unfalls gem. §§ 7, 17, 18 StVG iVm. 115 VVG einzustehen hätte, da die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden seien und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis iSv. § 17 Abs. 3 StVG darstelle.

Richtig habe auch das Erstgericht im Rahmen der danach nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmenden Haftungsverteilung einen Verstoß der Beklagten zu 2. Gegen § 14 S. 1 StPO angenommen habe, sei dies ebenfalls zutreffend. Wer ein- oder aussteigt müsse sich gem. § 14 S. 1 StPO so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Die Norm würde dem fließenden Verkehr schützen und verlange vom Aussteigenden ein Höchstmaß an Sorgfalt. Diese Sorgfaltsanforderung ende beim Einsteigen erst mit dem Schließen der Tür und beim Aussteigen erst mit dem Schließen der Tür du dem Verlassen der Fahrbahn. Situationen beim Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür würden davon auch umfasst, so auch ein beugen in das Fahrzeug, um Gegenstände auszuladen (BGH, Urteil vom 06.10.2009 - VI ZR 316/08 -). Ein Aussteigen zur Fahrbahnseite müsste so schnell wie möglich wegen der damit verbundenen besonderen Gefahrensituation durchgeführt werden und die Tür dürfe dabei nicht länger offengelassen werden als unbedingt notwendig (OLG Celle, Urteil vom 04.12.2019 - 14 U 127/19 -).  

Käme es im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Ein- oder Aussteigevorgang zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spreche der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- bzw. Aussteigenden (BGH aaO.).

Ein zu geringer Seitenabstand würde den Anscheinsbeweis nicht bereits erschüttern. Zwar habe der BGH aaO. offengelassen, ob in einem solchen Fall der Anscheinsbeweis erschüttert sei, wenn sich der Aus-/Einsteigende bei dem Vorgang vergewisserte, dass sich kein rückwärtiger Verkehr nähere und der Unfall einzig auf den geringen Seitenabstand zurückzuführen sei. Hier allerdings läge der Fall anders, da die Zweibeklagte kein herannahendes Fahrzeug gesehen haben will obwohl sie sich nach dem rückwärtigen Verkehr vergewissert habe, der Sachverständige allerdings feststellt habe, dass sie in diesem Fall das klägerische Fahrzeug zu sehen gewesen wäre. Zudem ließe sich der Einlassung der Zweitbeklagten nicht entnehmen, dass sie nicht nur bei Öffnen der Tür, sondern fortwährend auch danach über rückwärtigen Verkehr vergewisserte, um ggf. die Tür wieder zu schließen

Das Erstgericht hatte einen unfallursächlichen Verstoß auf Klägerseite gegen § 1 Abs. 2 StVO wegen eines unzureichenden Seitenabstandes beim Vorbeifahren angenommen, da die geöffnete Tür zu sehen gewesen sei.  Dies sah das Berufungsgericht als zweifelhaft an, da offen se, ob die Tür im Zeitraum der Vorbeifahrt weiter geöffnet wurde und ob der der Klägerseite zur Verfügung stehende Verkehrsraum überhaupt einen weiteren Seitenabstand zugelassen habe. Dies ließ das Berufungsgericht offen, da auch bei einem unzureichenden Seitenabstand im Rahmen der Haftungsabwägung der klägerische Haftungsanteil allenfalls – wie von der Berufung zugrunde gelegt – der klägerische Haftungsanteil 50% betrage. Ein höherer Haftungsanteil scheide aus, da nicht auszuschließen sei, dass die Tür unmittelbar vor der Kollision weiter geöffnet wurde und von daher nicht feststehen würde, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs die wesentliche Ursache für die Kollision gesetzt habe.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 05.07.2024 - 3 U 16/24 -

Samstag, 18. Mai 2024

Verkehrsunfall mit geschwindigkeitsüberschreitenden Krankenwagen im Einsatz

In einem Kreuzungsbereich kam es beim Linksabbiegen des klägerischen Fahrzeugs zu einem Zusammenstoß mit einem Krankenrettungswagen, der das klägerische Fahrzeug auf der linken Fahrspur überholte. Der Rettungswagen befand sich im Einsatz und hatte 7,11 Sekunden und 127,7 m vor der Kollision Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet; er fuhr mit 75 km/h. Die Klägerin machte Schadensersatz mit einer Quote von 75% geltend. Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen; das OLG wies die Klägerin mit Beschluss gem. § 522 ZPO darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen. In dem Beschluss setzte sich das OLG mit Sonder- und Wegerechten nach der StVO auseinander.

Anspruchsgrundlagen könnten § 839 BGB Art. 34 GG als auch § 7 StVG sein, die hier allerdings nach Auffassung des OLG einen Haftungsanspruch nicht begründen würden.   

Eine Amtspflichtverletzung schloss das OLG aus, da die Geschwindigkeitsüberschreitung von ca. 100% (erlaubt waren 30 km/h) trotz der durch Blinklicht angekündigten Absicht bei dem klägerischen Fahrzeug, nach links abzubiegen, nach § 35 Abs. 5a StVO gerechtfertigt gewesen sei. Fahrzeuge des Rettungsdienstes seien von den Vorschriften der StVO befreit, wenn höchste Eile geboten sei, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Die Beweislast für das Vorliegen einer Einsatzfahrt iSv. § 35 Abs. 5a StVO obliege zwar demjenigen, der sich auf eine Einsatzfahrt berufe (hier der Beklagten), doch sei der Beweis durch die Vorlage des Einsatzprotokolls und Angabe des Einsatzgrundes geführt worden. Diesem substantiierten Vortrag sei die Klägerin nicht entgegengetreten. 

Es läge auch kein Verstoß gegen § 38 Abs. 8 StVO vor. Danach dürften Sonderrechte (wie hier) nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden, also mit größtmöglicher Sorgfalt. Die zu beachtende Sorgfalt des Einsatzfahrers steigere sich, je mehr er sich über allgemeine Verkehrsregeln hinwegsetze und dadurch Unfallgefahren erhöhe (KG, Urteil vom 25.04.2005 - 12 U 123/04 -). Da es sich der Unfall im Bereich einer gut einsehbaren Hauptstraße ereignete, begründe die Geschwindigkeitsüberschreitung keinen Verstoß gegen § 35 Abs. 8 StVO, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass sich der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs beim Linksabbiegen durch die doppelte Rückschaupflicht (§ 9 Abs. 1 StVO) vor dem Abbiegen über den rückwärtigen Verkehr hätte versichern müssen. Selbst sollte der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs Martinshorn und Blaulicht nicht wahrgenommen haben, habe der Einsatzfahrer darauf vertrauen dürfen, dass der Überholvorgang auf der Gegenspur bei Beachtung des § 9 Abs. 1 S. 4 StVO nicht gefährdend sei, da unstreitig kein Gegenverkehr vorhanden gewesen sei.

Ebenso negierte das OLG einen Anspruch aus § 7 StVG. Bei einem Verkehrsunfall von zwei Kraftfahrzeugen sei eine Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen und dabei zu berücksichtigen, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden sei.

Der Beklagten sei in Ansehung von § 35 Abs. 5a StVO kein die vom Fahrzeug ausgehender, die Betriebsgefahr steigernder Verkehrsverstoß zur Last zu legen, demgegenüber dem Fahrer des klägerischen Fahrzeugs anzulasten sei, dass dieser gegen § 38 Abs. 1 StVO verstoßen habe, wonach die anderen Verkehrsteilnehmer und Martinshorn sofort „freie Bahn zu schaffen“ haben. Wie nun freie Bahn zu schaffen sei, hänge von den Umständen ab, wobei der Ausschluss einer Behinderung des Wegerechtsfahrzeugs alleinige Richtschnur für das Verhalten der übrigen Verkehrsteilnehmer sein müsse (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.1991 - 1 U 129/90 -). Eine freie Bahn habe der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs auch nicht durch Auffahren auf die linke Fahrspur machen können, da diese frei gewesen sei. Sollte für den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs nach rechts kein Platz mehr gewesen sein, hätte er stehen bleiben müssen.

Die Berufung wurde nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen.

Schleswig-Holsteinisches OLG, Hinweisbeschluss vom 04.01.2024 - 7 U 141/23 -

Montag, 15. Juni 2020

Haftung bei Unfall im Begegnungsverkehr in Kurve zwischen PKW und Traktorgespann


Der Verkehrsunfall ereignete sich auf einer schmalen Straße in einem Kurvenbereich. Die Kollision ereignete sich etwas über der (gedachten) Mittelinie auf der Fahrbahnseite der Klägerin. Das Landgericht wies die Klage ab. Im Rahmen der Berufung erfolgte ein Hinweisbeschluss durch das OLG Köln, dass dieses beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

Nach Auffassung des OLG sei eine Verpflichtung der Beklagten (Fahrer, Halter und Versicherer des Traktors mit Anhänger) zur Zahlung von Schadensersatz nach § 17 Abs. 3 StVG nicht gegeben. Es handele sich für die Beklagten um ein unabwendbares Ereignis. Unter unabwendbaren Ereignis sei nicht eine absolute Unvermeidbarkeit zu verstehen, sondern gemeint sei ein Schadensereignis, welches auch bei der äußersten Sorgfalt nicht abgewendet werden könne. Dazu sei ein sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln erheblich über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt iSv. § 276 BGB erforderlich. Der Schädiger sei nach dem Zweck des § 17 Abs. 3 StVG von Schäden freizustellen, die sich auch bei vorsichtigen Vorgehen nicht vermeiden ließen, ohne dass eine absolute Unvermeidbarkeit gefordert würde. Denn es müsse auch bei dem geforderten „Idealfahrer“ als Maßstab menschliches Vermögen den Erfordernissen des Straßenverkehrs angepasst sein.

Damit sei aber auf der Grundlage des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens der Unfall für den Fahrer des Traktors unabwendbar. Seine Reaktion und sein verhalten hätten demjenigen eines Idealfahrers entsprochen.

Nach der sachverständigen Feststellung habe sich das klägerische Fahrzeug vor dem Unfallereignis mit seiner linken Seite im Bereich der gedachten Fahrbahnmitte befunden. Auch wenn die Klägerin die Fahrbahnmitte nicht überfahren haben sollte, würde die Bremsreaktion des Fahrers des Traktors den Anforderungen an einen Idealfahrer gerecht werden, da sich nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien die Fahrzeuge im Kurvenbereich plötzlich gegenüber befunden hätten  und ein Ausweichen des Traktors nach rechts wegen eines Felsvorsprungs nicht möglich gewesen sei. Dies gilt auch, obwohl durch ABS und Anhängerbremse der Traktor durch das Abbremsen in Richtung Fahrbahnmitte geriet und so die Kollision verursacht worden sei.

Zwar wäre nach den sachverständigen Feststellungen der Verkehrsunfall ohne das Abbremsen des Traktors verhindert worden. Es könne auf sich beruhen, ob dem Fahrer eine falsche Reaktion im ersten Schreck zuzubilligen sei (so BGH, Urteil vom 23.09.1986 - VI ZR 136/85 -), da hier auch der Idealfahrer in der konkreten Gefahrensituation nicht hätte erkennen können, dass ohne sein Abbremsen eine Kollision vermeidbar wäre. Dies würde sich auch daraus ergeben, dass eine Vermeidung nicht nur von der eigenen Reaktion des Traktorführers abhing, sondern auch von der unbekannten Reaktion der Klägerin. In Ansehung auch von zu erwartenden erheblichen Schäden (einschl. Personenschäden) im Falle einer ungebremsten Kollision war damit dem Traktorfahrer auch bei dem größtmöglichen Sorgfaltsmaßstab nicht anzulasten, dass er das von ihm geführte Gespann bei Auftauchen des klägerischen PKW im Bereich der Fahrzeugmitte abbremste.  

Unbehelflich sei der Hinweis der Klägerin auf eine Überbreite des Traktorgespanns, da nach den Feststellungen des Sachverständigen und vorliegenden Fotos der Traktor mit Anhänger sowie der PKW der Klägerin im Kurvenbereich gefahrlos hätten aneinander vorbeifahren können.

Dabei sei ferner zu berücksichtigen, dass das Gespann äußerst rechts geführt wurde und mit einer Geschwindigkeit, mit der die Kurve auch gefahrlos zu passieren war. Die Ausgangsgeschwindigkeit hätte nach dem Sachverständigen in einer Größenordnung von 25km/h gelegen, die Kollisionsgeschwindigkeit im Bereich zwischen 10 und 15 km/h. Eine weitere Geschwindigkeitsreduzierung (unter 25km/h) sei auch für den Idealfahrer hier nicht notwendig gewesen, zumal eine noch langsamere Geschwindigkeit die Gefahren für einen den Traktor nachfolgenden Verkehr sich gerade in dem unübersichtlichen Kurvenbereich erhöht hätten. Der Traktorfahrer, der äußerst vorsichtig und am rechten Fahrbahnrand unter Wahrung der gebotenen Kurven- und Höchstgeschwindigkeit fuhr, hätte mangels erkennbarer vertrauenserschütternder Gründe nicht noch zusätzlich darauf achten müssen, dass ihm in der Kurve plötzlich ein PKW in Fahrbahnmitte entgegen kommt.

Allerdings habe die Klägerin gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, da der Sachverständige festgestellt habe, dass sich die Klägerin jedenfalls mit der linken Seite des PKW im Bereich der Fahrbahnmitte befand. Dass ein Überschreiten der Fahrbahnmitte nicht habe festgestellt werden können, sei für die rechtliche Bewertung des Fehlverhaltens der Klägerin als Verstoß gegen § 2 Abs. 2 StVO unbeachtlich.  

Anmerkung: Da die Berufung nicht zurückgenommen wurde, wies das OLG in der Folge die Berufung mit Beschluss vom 03.06.2020 nach § 522 ZPO zurück.

OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 20.04.2020 - I-12 U 190/19 -

Freitag, 24. Februar 2017

Haftungsvoraussetzungen für Radfahrer bei fahren auf falscher Seite auf Radweg und Kollision mit Fußgänger

Der Beklagte war als Radfahrer unterwegs und wechselte von dem rechts neben der Straße (in seiner Fahrtrichtung gesehen) auf  den Radweg auf der linken Seite der Straße. Im Anschluss an den Radweg befand sich (links in Fahrtrichtung) ein Fu0weg.  Auf diesem stand die Geschädigte, die Mitglied bei der auf Aufwendungsersatz klagenden Krankenversicherung war.  Sie stand zum Radweg hin gewendet und schaute von ihr aus nach links, da sie beabsichtigte, im Bereich einer Fußgängerfurt die Straße zu überqueren. Der Beklagte sah das Mitglied der Klägerin bei seiner Annäherung, die unbeweglich war. Als er , nach seiner Angabe, mit dem Fahrrad fast den Bereich erreicht hatte, an dem sich das Mitglied der Klägerin befand, ging diese (unstreitig ohne noch einmal nach rechts zu sehen) los und direkt auf den Radweg (nach ihren Angaben), da ein PKW stoppte um ihr den Übergang über die Straße zu ermöglichen. Der Beklagte gab an, nicht mehr hätte reagieren zu können. Es kam zur Kollision, bei der sich das Mitglied der Klägerin verletzte.

Eine Haftung des Beklagten käme hier unter den Voraussetzungen des § 823 BGB in Betracht. Die Darlegungs- und Beweislast lag bei der Klägerin.

Diese hatte wesentlich darauf abgestellt, dass der Beklagte den linksseitigen Radweg benutzte und damit gegen § 2 Abs. 4 S. 4 StVO verstoßen habe. Dem folgte das Landgericht nicht. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Saarbrücken (NJW-RR 2015, 798) wies es darauf hin, dass diese Vorschrift nur dem Schutz des Gegen- und Überholverkehrs auf Radwegen dient und nicht dem Schutz der Fußgänger.  Dies hatte im übrigen auch bereits der BGH (in Strafsachen) in einem Beschluss vom 15.07.1986 (BGHSt 34, 127ff) ausgeführt.

Es müsste damit ein anderes schuldhaftes Verhalten des Beklagten nachgewiesen werden, welches unfallursächlich geworden wäre. Ein solche könne nach dem Landgericht darin liegen, dass der Beklagte die Gefahrensituation vorausgesehen habe oder in Ansehung der nach seinen Angaben nur in einer Entfernung von 1m zum Radweg stehenden Geschädigten zu schnell gefahren wäre. Beides hätte hier die Klägerin zu beweisen.

Der Beklagte hatte in seiner persönlichen Anhörung ausgeführt, er habe beabsichtigt, nach der Telefonzelle, vor der die Geschädigte stand, nach links auf einen Schotterweg abbiegen wollen. Deshalb habe er abgebremst und die Bremse schon wieder gelockert gehabt. Gegenteiliges hätten die klägerseits benannten Zeugen auch nicht bekundet. Der eine Zeuge habe den Vorfall selbst nicht mitbekommen (er sprach lediglich davon, dass zuvor der Beklagte eine rote Fußgängerampel „zügig“ überquert habe; diese befand sich aber 50 – 80m vor der Unfallstelle. Die Geschädigte selbst, die zwar in der schriftlichen Aussage bei der Polizei ausführte, der Beklagte sei „wohl auch zu schnell gefahren“, hatte den Beklagten aber gar nicht gesehen, da sie nicht in seine Richtung sah. Sie ging – ohne vorher sich nachrechts auf dem Radweg zu vergewissern, auf diesen. Damit sei die Einlassung des Beklagten, er habe nicht mehr reagieren können, nicht ausgeschlossen worden. Damit sei ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten nicht festzustellen.

Obwohl es auf die Schadenshöhe nicht ankam, hat das Landgericht allerdings die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie ihre Aufwendungen, trotz Hinweises auf Beklagtenseite, nicht substantiiert hätte. Die einzelnen Positionen wären nicht dargelegt worden. Auch auf eine Aufforderung durch das Landgericht sei lediglich ein umfangreiches Anlagenkonvolut überlassen worden, der aber der Aufforderung zum Vortrag nicht gerecht würde.


LG Bielefeld, Urteil vom 14.02.2017 – 2 O 98/16 -