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Samstag, 11. Mai 2024

Öffentliche Zustellung und Folge der Verletzung an die Anforderungen

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) machte gegen den beklagten Wohnungseigentümer Zahlungsansprüche geltend. Sie hatte unter Vorlage einer negativen Einwohnermeldeamtsanfrage die öffentliche Zustellung beantragt, die auch erfolgte. Ebenso wurde das der Klage stattgebende Versäumnisurteil öffentlich (am 09.12.2021) zugestellt.  Den Einspruch vom 10.03.2022 wies das Amtsgericht (da verspätet) als unzulässig zurück. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Landgericht durch Beschluss nach § 522 ZPO zurückgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde wurde der Beschluss des Landgerichts vom BGH aufgeheben und der Rechtsstreit an dieses zurückverwiesen (§ 544 Abs. 9 ZPO).

Die Verletzung rechtlichen Gehörs lag nach den Ausführungen des BGH darin, dass ein Versäumnisurteil nicht hätte ergehen dürfen, da die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nicht vorgelegen hätten. die öffentliche Zustellung nicht hätte bewilligt werden dürfen, weshalb auch die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils nicht hätte erfolgen dürfen. Durch die Verwerfung des Einspruchs durch das Erstgericht und der Zurückweisung der Berufung gegen dieses Urteil des Erstgerichts sei die Verletzung des rechtlichen Gehörs des beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs fortgesetzt worden.

Für die öffentliche Zustellung nach § 185 Nr. 1 ZPO müsse nicht nur für das Gericht der Aufenthalt einer Person unbekannt sein, sondern auch für die Allgemeinheit. Die durch die öffentliche Zustellung begünstigte Partei müsse alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen anstellen, um den Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln und ihre ergebnislosen Bemühungen dem Gericht darlegen; eine ergebnislose Anfrage beim Einwohnermeldeamt reiche in der Regel nicht aus.

Das Amtsgericht und das Berufungsgericht hätten nicht davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin alle geeigneten und zumutbaren Nachforschungen angestellt habe. Ein dargelegter einmaliger Fehlschlag einer Zustellung (hier eines Protokolls einer Eigentümerversammlung), für die es verschiedene Gründe geben können ließe die Schlussfolgerung eines unbekannten Aufenthalts nicht zu. Zumal vorliegend der frühere Rechtsanwalt des Beklagten daraufhin die Meldedaten des Beklagten in Tschechien bestätigt und nur auf berufsbedingte Auslandsaufenthalte verweisen habe.  Zudem hätte die Klägerin den Beklagten über die ihr bekannte E-Mail-Adresse den Beklagten kontaktieren können und ihn im Hinblick auf die vorgesehene Klageerhebung um Mitteilung einer eventuell von der Meldeadresse in Tschechien abweichenden Zustellanschrift ersuchen können bzw. auffordern können, einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland zu benennen (z.B. OLG Frankfurt, Urteil vom 03.12.2008 - 19 U 120/08 -; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 08.12.2017 - 4 W 64/17 -). Eine hier erfolgte Information des früheren Rechtsanwalts des Beklagten über die öffentliche Zustellung reiche nicht aus.

Die damit vorliegende Verletzung rechtlichen Gehörs sei auch entscheidungserheblich gewesen. Ein Verstoß gegen § 185 ZPO löse die Zustellungsfiktion nicht aus und setze damit auch keine Frist in Lauf. Nach Feststellung des Fehlers wäre das Verfahren fortzusetzen (BGH, Urteil vom 06.10.2006 - V ZR 282/05 -). Es sei auch nicht auszuschließen, dass das Versäumnisurteil bei Fortsetzung des Verfahrens ganz oder teilwiese nicht aufrechterhalten bleiben könne.

BGH, Beschluss vom 22.02.2023 - V ZR 117/23 -