Nach einem Verkehrsunfall (bei
einer Haftung der Beklagten zu 100%) ließ die Geschädigte das Fahrzeug zu
angemessenen und ortsüblichen € 13.302,02 von der Klägerin reparieren. Die
Reparaturkosten verlangte Geschädigte von der Beklagten ersetzt. Der Ausgleich
verzögerte sich, so dass die Geschädigte ihren Kaskoversicherer in Anspruch
nahm, deren Select-Partner die Klägerin war, die nunmehr der Geschädigten eine
neue Rechnung für die Reparatur über € 8.152,04 berechnete, der von der
Kaskoversicherung an die Klägerin gezahlt wurde. Die Beklagte erstattete der
Kaskoversicherung den Betrag von € 8.152,04 (weshalb eine Höherstufung des
Schadensfreiheitsrabattes bei der Geschädigten nicht erfolgte). Nunmehr machte die Klägerin die Differenz
zwischen dem zwei Rechnungen aus abgetretenen Recht gegenüber der Beklagten
geltend. Die Klage wurde abgewiesen. Die Berufung wurde vom OLG im Beschlussweg
nach § 522 ZPO zurückgewiesen.
Die Klägerin machte geltend,
weder der Abschluss der Kaskoversicherung durch die Geschädigte noch deren Inanspruchnahme
hätten dem Schutz der Beklagten bezweckt. Der ursprüngliche Rechnungsbetrag stelle
die effektiven Kosten dar und könne von daher auch begehrt werden. Das OLG
konzediert der Klägerin, dass die Besserstellung des Unfallgegners nicht Sinn und
Zweck des Abschlusses der Kaskoversicherung sei und die Geschädigte auch bei
Erstattung sämtlicher ihr dadurch entstehender Nachteile grundsätzlich nicht
zur Inanspruchnahme der Kaskoversicherung hätte gezwungen werden können. Allerdings
ließ das OLG ausdrücklich offen, ob hier aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderung
im Hinblick auf die wesentlich niedrigeren Abrechnungssätze des
Select-Programms etwas anderes geltend könnte; da sich die Geschädigte aus
unbekannten Gründen nur zur vorübergehenden Inanspruchnahme der Kaskoversicherung
entschied (durch die Rückzahlung an die Kaskoversicherung wurde die Geschädigte
auch nicht im Schadensfreiheitsrabatt höhergestuft), seien für das Verhältnis
der Geschädigten zur Beklagten auch die Schadensbeträge maßgeblich, die ihr auf
diesem von ihr gewählten Weg des Schadensersatzes entstanden seien. Nur diesen (geringeren)
betrag könne sie als Schadensersatz verlangen und damit auch nur diesen Schaden
an die Klägerin abtreten. Die Kaskoversicherung habe diesen Schaden der Geschädigten
ausgeglichen und von der Beklagten erhalten. Ein abtretungsfähiger Restbetrag
sei nicht verblieben.
Zudem habe die Klägerin ihre Reparaturleistungen
nur einmal gegenüber der Klägerin in Rechnung stellen können. Mit der letzten Rechnung
habe die Klägerin im Verhältnis zur Geschädigten - konkludent oder ausdrücklich
- die ursprüngliche Rechnung (mit gleicher Kundennummer aber anderer Rechnungsnummer)
aufgehoben und die geschuldeten Reparaturkosten auf den Betrag der neuen Rechnung
beschränkt. Damit schuldete die Geschädigte
auch der Klägerin keinen höheren Betrag und konnte mithin auch keine Abtretung
mehr vornehmen.
Anmerkung:
Letztlich sparte die Beklagte durch die Zahlungsverzögerung auf die erste
Rechnung einen Betrag von rund € 5.000,00. Hintergrund war, dass die Geschädigte
ihr Fahrzeug in einer Werkstatt reparieren ließ, die mit dem Kaskoversicherer
einem Vertragsverhältnis stand, bei dem Verrechnungssätze vereinbart waren, die
unter den marktüblichen Sätzen lagen. Da beide Rechnungen an die Geschädigte
ausgestellt wurden, konnte die ursprüngliche Rechnung nur als zurückgenommen
angesehen werden, jedenfalls für den (hier vorliegenden Fall), dass die zweite
Rechnung (wie geschehen) ausgeglichen wurde. Da auch die Beklagte diesen Betrag
an den Kaskoversicherer, der hier die Rechnung für die Geschädigte ausgeglichen
hatte (und auf dem damit die Forderung übergegangen war, § 86 VVG), konnte die Werkstatt
ihre ursprüngliche, der Höhe nach an sich nicht zu beanstandende Rechnung nicht
mehr in Höhe des Differenzbetrages geltend machen, da weder der
Kaskoversicherer (nach § 86 VVG aus übergegangenen Recht) noch die Geschädigte
einen weitergehenden Schaden hatte.
Interessant wäre nun, ob ein
Ausgleichsanspruch auf den ursprünglichen Rechnungsbetrag bestanden hätte, wenn
die Geschädigte zwar bei Inanspruchnahme des Kaskoversicherers in den Vorteil
der Select-Partnerschaft des Reparaturbetriebs mit dem Kaskoversicherer
gekommen wäre, allerdings die Kaskoversicherung nicht in Anspruch genommen
hätte: Wäre sie dann zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB) verpflichtet
gewesen, diese in Anspruch zu nehmen (offen gelassen vom OLG) ? Dabei wird
insbesondere zu berücksichtigen sein, dass der „erforderliche Geldbetrag“, der
nach § 249 Abs. 2 BGB vom Schädiger für die Herstellung des vorherigen
Zustandes zu zahlen ist, niedriger ist als der hier als angemessen und ortsüblich
angesehene Betrag, wenn sichergestellt ist, dass dieser Betrag gezahlt wird und
damit eine Höherstufung in der Kaskoversicherung ausgeschlossen wird. In einem
solchen Fall wird man wohl aus dem Gedanken der Schadensminderungspflicht
heraus von dem Geschädigten verlangen können, seine Kaskoversicherung in
Anspruch zu nehmen. Der Schadensersatzanspruch stellt sich nicht als Bestrafung
des Schädigers dar, sondern als Ausgleichsanspruch des Geschädigten für
erforderliche Aufwendungen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Wenn
dieser günstiger erreicht werden kann, so ist der Geschädigte gehalten, davon Gebrauch
zu machen. Dies lässt sich auch aus der Rechtsprechung zur Frage ableiten, ob
der Geschädigte auf eine gegenüber markengebundenen Werkstäten günstigere freie
Kfz-Werkstatt verwiesen werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 23.02.2010 - VI ZR
91/09 - und vom 28.04.2015 - VI ZR 267/14 -).
OLG Koblenz, Beschluss vom
22.07.2022 - 12 U 454/22 -