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Montag, 19. Februar 2024

Vormerkung im Grundbuch für insolvenzrechtliche Rückforderung des Erbanteils ?

Sachverhalt: Der Insolvenzschuldner übertrug seinen Erbanteil auf seine Kinder, die diesen sodann ihrer Mutter schenkten. Der Insolvenzverwalter beantragte im Wege der einstweiligen Verfügung eine Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch, die das Landgericht bewilligte. Diese einstweilige Verfügung wurde auf die Berufung des Insolvenzschuldners aufgehoben und der Antrag darauf zurückgewiesen.  

Den vom Landgericht angenommenen Verfügungsanspruch negierte das OLG im Berufungsverfahren. Voraussetzung wäre hier, dass es sich bei dem schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr, der durch einstweilige Verfügung (§§ 935 ff ZPO) gesichert werden könnte, um einen potentiellen Massebestandteil iSv. §§ 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 InsO handeln würde. Die Eintragung einer Vormerkung (§§ 883 Abs. 1, 885 BGB) im Grundbuch ließe sich damit nur erreichen, wenn die Rückübertragung eines Grundstücks / dinglichen Rechts Anspruchsgegenstand wäre. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Die Erben seien infolge von § 47 Abs. 1 2. Alt. GBO im Grundbuch als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen worden. Ein grundbuchlicher Berichtigungsantrag (§ 22 GBO) beträfe nur die Inhaberschaft des jeweiligen Erbanteils und sei nur Annex zum anfechtungsrechtlichen Rückgewährsanspruch. Der Berichtigungsanspruch sei nicht auf Einräumung eines Rechts iSv. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB gerichtet, weshalb er auch nicht durch eine Vormerkung gesichert werde könne. Gesichert werden könnten nur dingliche Rechte. Der über seinen Erbanteil verfügende Miterbe würde selbst dann nicht über ein Grundstücks verfügen, wenn dieses der einzige Nachlassgegenstand wäre.

Eine Vergleichbarkeit mit der vom Insolvenzverwalter benannten Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 26,06,2017 - 34 Wx 173/17 -) läge nicht vor. Dort sei es um einen Anspruch (und dessen Sicherung durch Vermerkung) eines Erben aus einem Vorausvermächtnis, den Antrag eines Miterben gegen die weiteren Miterben auf Übereignung des Grundstücks zum Alleineigentum.

Entscheidend ist mithin nicht, ob zum Nachlass auch Grundstücksrechte gehören, sondern für die Wahrung einer dinglichen Sicherung durch Vormerkung, ob es sich um einen schuldrechtlichen oder dinglichen Anspruch handelt.   

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2023 – I-12 U 43/23 -

Mittwoch, 30. August 2023

Rückzahlung nicht verdienter Vorschüsse auf Verwaltervergütung durch (entlassenen) Insolvenzverwalter

Der Kläger, der aktuelle Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Schuldnerin, klagte die Rückzahlung eines von dem vormaligen Insolvenzverwalters (Beklagter) aus der Masse entnommenen Vergütungsvorschusses ein. Dem Vorschuss lag ein Beschluss des Insolvenzgerichts zugrunde, demzufolge dieses für die Tätigkeit des Beklagten einen Vorschuss auf dessen Vergütung von € 60.977,81 festsetzte und dessen Entnahme aus der Insolvenzmasse gestattete. Der Beklagte entnahm den Betrag in 2009. In 2010 entließ des Insolvenzgericht den Beklagten als Insolvenzverwalter. Dieser stellte in 2013 einen Antrag auf Festsetzung seiner endgültigen Vergütung im Insolvenzverfahren. Der Antrag wurde 2017 zurückgewiesen, da der Beklagte seinen Vergütungsanspruch (wegen auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangener Straftaten) verwirkt habe.

Das Landgericht wies die Rückzahlungsklage auf Grund der vom Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht das Urteil ab und gab der Klage statt. Die (zugelassene) Revision des Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil bleib ohne Erfolg.

Der Rückforderungsanspruch richte sich, so der BGH, nicht nach der bereicherungsrechtlichen Norm des § 812 BGB. Die Anspruchsgrund für die Rückforderung ergäbe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 667  BGB (BGH, Urteil vom 07.03.2019 - IX ZR 143/18 - zur Rückgewähr von nicht verbrauchten Vorschüssen auf die Rechtsanwaltsvergütung). Mit der Bestellung des Insolvenzverwalters würde hinsichtlich des Vergütungsanspruchs ein Schuldverhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und der Insolvenzmasse begründet und der neue Insolvenzverwalter sei berechtigt eine Überzahlung auf die gewährten Vorschüsse auf die Vergütung zurückzufordern:

Der Insolvenzverwalter könne aus der Insolvenzmasse einen Vorschuss u.a. auf seine Vergütung entnehmen, wenn das Insolvenzgericht zustimme, § 9 S. 1 InsVV.  Habe der Insolvenzverwalter mehr aus der Insolvenzmasse entnommen, als ihm nach der maßgeblichen abschließenden und rechtskräftigen Festsetzungsentscheidung des Insolvenzgerichts zusteht, habe er den zuviel entnommenen Anteil an die Masse zu zurückzuzahlen. Erfolge die Entnahme aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Vergütungsbeschlusses, sei er mit Aufhebung oder Änderung zu seinem Nachteil zur Rückerstattung verpflichtet (BGH, Urteil vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12 -); in diesem Fall ergäbe sich der Rückforderungsanspruch aus der entsprechenden Anwendung des § 717 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12 -).  Handelt es sich um einen Vorschuss folge der Rückforderungsanspruch auf Grund des rechtskräftigen Bescheides über die Vergütungsfestsetzung aus der entsprechenden Anwendung des § 667 BGB. Es handele sich um eine „Lückenergänzung“. § 65 InsO iVm. § 9 InsVV eröffne die Möglichkeit, in einer §§ 675, 669 BGB vergleichbaren Weise Vorschüsse auf die Vergütung und Auslagen zu erhalten. Weder die Insolvenzordnung noch die dazu ergangene Vergütungsordnung regele aber die die Rückgewähr eines zu viel gezahlten Vorschusses; § 717 Abs. 2 BGB sei nicht anzuwenden, da die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses keine einem Vollstreckungstitel vergleichbare Wirkung habe.  

Voraussetzung des § 677 BGB sei, dass der vereinnahmte Vorschuss tatsächlich nicht verdient worden sei (BGH, Urteil vom 07.03.2019 - IX ZR 143/18 - zur Rechtsanwaltsvergütung). Zu unterscheiden sei zwischen Entstehung der Vergütung, deren Fälligkeit und deren Festsetzung. Der Anspruch auf Vergütung entstehe mit der Arbeitsleistung und dem Anfallen der Auslagen (BGH, Urteil vom 05.12.1991 - IX ZB 19/20 -), die Festsetzung der Vergütung mit einem Beschluss des Insolvenzgerichts, § 64 Abs. 1 InsO. Die Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses (§ 9 InsVV) entfalte keine bindende Wirkung über die gem. § § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV festzusetzende Vergütung (BGH, Beschluss vom 22.11.2918 - IX ZB 14/18 -). Die Bewilligung eines Vorschusses habe nur vorläufige Bedeutung und mit ihr würde ein Vergütungsanspruch nicht bereits anerkannt.

Führe die Entnahme dazu, dass ein mit der Entfaltung der Tätigkeit bereits entstandene aber noch nicht endgültig festgestellte Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters teilweise nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt wird, stünde dies einer Rückforderung auch nicht entgegen, da die Erfüllungswirkung nur eintrete, sofern ihm ein Vergütungsanspruch zustünde, was erst mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV verbindlich festgestellt würde (BGH, Urteil vom 17.11.2005 - IX ZR 179/04 -).

Das Insolvenzgericht habe den Antrag auf Festsetzung der Vergütung rechtskräftig zurückgewiesen, da der Beklagte seinen Anspruch auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangener Straftaten verwirkt habe. Die Entscheidung habe auch für die Frage, ob Vorschüsse zurückzuzahlen sind, präjudizielle Wirkung.  Daher könne er auch für Tätigkeiten vor dem inkriminierten Zeitraum 2005 bis 2008 keine Vergütung oder Auslagen verlangen (BGH, Beschluss vom 22.11.2018 - IX ZB 14/18 -).

Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt. Ein Anspruch auf Rückzahlung eines gem. § 9 InsVV gewährten Vorschusses beginne erst mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Insolvenzgerichts zu laufen: Es gelte wie bei § 667 BGB die Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB.  Die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von dem anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlange oder ohne Fahrlässigkeit erlangen müsste. Entstanden sei nach § 1991 Abs. 1 BGB der Anspruch, sobald er klageweise geltend gemacht werden könnte, was die Fälligkeit des Anspruchs voraussetze, die dem Gläubiger die Möglichkeit der (Leistungs-) Klage verschaffe. Damit setze § 667 BGB in der Regel die Beendigung des Auftrags voraus; im Allgemeinen würde der Anspruch des Insolvenzverwalters erst nach Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig. Zusätzlich sei den Rückzahlungsanspruch eines Vorschusses nach § 9 InsVV erforderlich, dass das Insolvenzgericht verbindlich über die Höhe der Vergütung nach § 64 InsO, § 8 InsVV entschieden habe; die Entscheidung habe im Streit um die Rückforderung von angeblichen Überzahlungen präjudizielle Wirkung, weshalb in der Regel erst diese Entscheidung  zur Klärung der Vergütung  die Möglichkeit eröffne eine Überzahlung im Wege der Klage geltend zu machen. Der Beschluss des Insolvenzgereichts dazu erging im März 2017, die Klage wurde 2019 (in nicht verjährter Zeit) zugestellt.

Offen ließ der BGH, ob in Fällen, in denen der entlassene Insolvenzverwalter keinen Festsetzungsantrag stelle, eine Rückzahlungsklage zulässig wäre, das Insolvenzgericht durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen den (entlassenen) Insolvenzverwalter zu einem Vergütungsantrag anhalten könne oder auf Antrag des neuen Insolvenzverwalters die Vergütung des entlassenen Verwalters festgesetzt werden könne. Ebenso ließ der BGH offen, wie in einem solchen Fall die Verjährungsfrage zu entscheiden wäre.

BGH, Urteil vom 29.06.2023 - IX ZR 152/22 -

Montag, 26. Dezember 2022

Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen und Auswirkung auf Mietenbegrenzung (§§ 556d ff BGB)

Ein registriertes Inkassounternehmen (§ 10 RDG) machte aus abgetretenen Recht des Mieters Ansprüche gegen die beklagte Vermieterin wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Begrenzung der Miethöhe (§556d BGB) in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 geltend. Die Wohnung befand sich in einem nach der Verordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt benannten Bereich. Der Nettokaltmietzins betrug zunächst für die 77,66 qm große Wohnung € 610,65 (€ 7,86 / qm). Mit Schreiben vom 20.07.2017 verlangte die Beklagte die Zustimmung zur Erhöhung der benannten Miete auf € 674,08 (€ 8,68 / qm), dem der Mieter zustimmte. Die Klägerin rügte einen Verstoß gegen die Begrenzung der Miethöhe (nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung des § 556g Abs. 2 BGB) bei Mietvertragsabschluss und begehrte Auskunft und die Rückzahlung des danach zu viel gezahlten Mietzinses. Die Klage hatte weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren Anspruch weiter; der BGH wies die Revision als unbegründet zurück.

Zutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff BGB) nicht vorlägen, da die beanstandete Miete nicht auf der bei Mietbeginn geschlossenen Vereinbarung, sondern auf einer nachträglichen, einvernehmlich vereinbarten Mieterhöhung beruhen würde, für die die Regelungen der §§ 556d ff BGB nicht geltend würden.

Dem Mieterhöhungsbegehren der Beklagten sei ein Entwurf der Zustimmungserklärung beigefügt gewesen mit der Bitte um Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung durch Unterzeichnung und Rücksendung der Erklärung. Die gewählte Formulierung spräche dafür, dass Gegenstand der Vereinbarung die Erhöhung der Miete auf den neuen Gesamtbetrag gewesen sei und nicht lediglich die Höhe der Veränderung. Denn dort sei ausdrücklich von der „bisher vereinbarten“ Nettokaltmiete, von deren „Veränderung“ um € 63,43 und von der „neuen Vereinbarung“ von monatlich € 674,08 die Rede. Diese Auslegung durch das Berufungsgericht entspräche auch dem Sinn und Zweck der Mieterhöhungsvereinbarung sowie der Interessenslage beider Parteien bei der Erhöhung der Miete: Diese sei darauf gerichtet gewesen, die Miethöhe für die Zukunft einvernehmlich zu ändern. Entscheidend sei daher für die weitere vertragliche Beziehung nicht, um welchen Betrag die ursprüngliche erhöht worden sei, sondern wie hoch die künftig zu bezahlende Miete ist. Die Parteien hätten mithin ab dem vereinbarten Termin die bisherige Miete ändern und einen neuen Betrag festsetzen wollen. Daher umfasse der Bindungswille nicht nur den Erhöhungsbetrag, sondern die insgesamt den neuen Gesamtbetrag. Ein Aufsplitten der zu zahlenden Miete in zwei Teile, nämlich die bisherige Miete und den Erhöhungsbetrag, würde sich als eine künstliche und lebensfremde Zersplitterung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes darstellen, die dem Sinn und Zweck der Mieterhöhung und der beiderseitigen Interessenslage zuwider laufen würde.

Der Annahme der Klägerin, der Mieter habe mit der Zustimmung zur Mieterhöhung nicht auf seine Rechte aus einem etwaigen Verstoß der bisherigen Miete gegen Regelungen über die Mietpreisbremse verzichten wollen, folgte der BGH nicht. Abzustellen sei auf das Verständnis des objektiven Erklärungsempfängers. Der Mieter würde das Mieterhöhungsbegehren des Vermieters regelmäßig so verstehen, dass mit der angestrebten Erhöhung der erhöhte Betrag als künftig zu zahlende Miete festgelegt werden soll. Deshalb könne der vorbehaltslosen Zustimmung des Mieters regelmäßig nicht entnommen werden, dass er sich eventuelle Rechte wegen einer eventuellen Unzulässigkeit der bisherigen Miete habe vorbehalten wollen und deshalb nicht der gesamtmiete, sondern nur dem Erhöhungsbetrag habe zustimmen wollen. Dies gelte im Streitfall auch deshalb, da (unabhängig davon, ob ein Verstoß gegen § 556d BGB bei Mietvertragsabschluss vorlag) zum Zeitpunkt der Mieterhöhungsvereinbarung ein etwaiger Rückzahlungsanspruch aus § 556g Abs. 1 S. 3 BGB wegen zu viel gezahlter Miete mangels Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB a.F. ((für Mietverträge, die bis zum 31.03.2020 abgeschlossen wurden; für Mietverträge, die ab dem 01.04.2020 abgeschlossen wurden, siehe unten zu „Anmerkung“)) nicht bestanden habe und auch Anhaltspunkte dafür, dass der Mieter Bedenken gegen die Zulässigkeit der bisherigen Miete vorgebracht habe, nicht aufgezeigt wurden. Das aber würde sei dahingehend zu deuten, dass auch nach dem Willen des Mieters künftig und unabhängig von der Zulässigkeit der bisherigen Miethöhe die erhöhte Miete als vertraglich vereinbart gelten sollte.

Die Regelungen über die Begrenzung der Miethöhe nach §§ 556d ff BGB seien auch nicht unmittelbar oder analog auf nachträgliche Mietvereinbarungen anzuwenden. Sie würden nach dem Wortlaut als auch dem Willen des Gesetzgebers nur für Vereinbarungen der Miete zu Beginn des Mietverhältnisses gelten. Diese Zielsetzung ergäbe sich auch aus der Gesetzesbegründung, wonach die Begrenzung der zulässigen Miete auf 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete „nur für den Zeitpunkt der Wiedervermietung“ gelte und spätere Mieterhöhungen weiterhin möglich seien (BT-Drucks. 18/3121, S. 16 f). Für eine analoge Anwendung würde es daher an einer erforderlichen planwidrigen Regelungslücke ermangeln. Zudem habe das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis - anders als bei Neuabschluss - die begeharte Mieterhöhung sorgfältig prüfen und die Zustimmung ohne Gefahr des Verlustes seiner Mietwohnung ablehnen könne.

Anmerkung:

Mit der wirksamen Vereinbarung der neuen Miethöhe kann eine Rückforderung der Miete ab diesem Zeitpunkt aus den Gründen der §§ 556d ff BGB nicht erfolgen.

Für Mietverträge, die bis zum 31.03.2020 abgeschlossen wurden, scheiden Rückzahlungsansprüche gem. § 556g BGB aus, wenn die Rüge zum Verstoß gegen die Begrenzung der Miethöhe erst nach der Zustimmung zur Mieterhöhung erfolgt (so in dem hier entschiedenen Fall des BGH). Für Mietverträge, die ab dem 01.04.2020 abgeschlossen wurden, kann der Rückzahlungsanspruch - unabhängig davon, ob eine Rüge erhoben wurde - nur für die Zeit ab Vertragsabschluss bis zur Zustimmung zur Mieterhöhung gelten gemacht werden, muss aber binnen 30 Monaten nach Mietvertragsabschluss erfolgen.

BGH, Urteil vom 28.09.2022 - VIII ZR 300/21 -

Sonntag, 30. Oktober 2022

Jagdpacht: Folge der Nichtigkeit des Vertrages (hier: Wildschadenzahlungen)

Der Kläger hatte aufgrund eines mit der Streithelferin auf dem Grundstück des Beklagten die Jagd ausgeübt und nach dem Vertrag die Pflicht Schadensersatzleistungen für Wildschäden zu leisten. Der Kläger zahlte an den Beklagten an Schadensersatz insgesamt € 13.412,85. Diesen Betrag forderte er vom Beklagten wegen (unstreitiger) Formunwirksamkeit des Jagdpachtvertrages (fehlende Schriftform) zurück. Das Landgericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Auf die Berufung des Beklagten wurde die Klage insgesamt abgewiesen.

Das OLG führte aus, dass zwar der Kläger an den Beklagten den streitbefangenen Betrag gezahlt habe. Auf der Grundlage des normativen Leistungsbegriffs habe aber darin keine Leistung an den Beklagten, sondern an die Streithelferin gelegen. Mit der Leistung habe der Kläger seiner vermeintlichen Freistellungs-Verpflichtung gegenüber der Streithelferin zu 1. Aus dem (nichtigen) Jagdpachtvertrag erfüllt, indem er die (berechtigten) Wildschadensforderungen des Beklagten beglich. Damit habe die Streithelferin auf Kosten des Klägers eine Befreiung von ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Erstattung der beim Beklagten eingetretenen Wildschäden erlangt.

Für eine Leistung gem. § 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1 BGB käme es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung an. Würden die Vorstellungen der Parteien nicht übereinstimmen, sei eine objektive Betrachtungsweise aus Sicht des Zahlungsempfängers geboten. Die nach Jagdpachtvertrag bestehende Zahlungspflicht der Jagdpacht würde in einem synallagmatischen Verhältnis zu dem eingeräumten Jagdrecht stehen, wie auch die im Vertrag geregelte Pflicht zur Übernahme des Wildschadens. Es handele sich mithin in beiden Fällen um Gegenleistungen zu eingeräumten Jagdausübungsrechts.

Die Gegenleistung des Klägers sei bei der Rückabwicklung des nichtigen Vertrages als Einheit zu betrachten und könne nicht wegen der rein tatsächlichen Zahlungen an den Beklagten - in Ansehung der übernommenen Freistellungsverpflichtung - in eine Leistung an die Streithelferin als Vertragspartnerin und eine Leistung an den nicht am Vertrag beteiligten Beklagten aufgespalten werden. Nach der Zweckbestimmung habe der Kläger in beiden Fällen zur Tilgung seiner vertraglichen Verpflichtungen die Zahlungen an die Streithelferin vorgenommen, jedenfalls aus Sicht des Beklagten als eines objektiver Zuwendungsempfängers.  

Der Bereicherungsausgleich habe mithin im Verhältnis Kläger/Streithelferin zu erfolgen. Dabei sei der Wert der gegenseitigen Leistungen zu saldieren. Vertragliche Beziehungen bestünden nur zwischen dem Kläger/Streitverkündeter (Jagdpacht) und Streitverkündeter/Beklagter (Wildschaden), nicht zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Es wäre unbillig, den Beklagten als schutzwürdigen Unbeteiligten den Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis Kläger/Streithelferin auszusetzen und/oder ihm das Durchsetzungsrisiko bezüglich des Wildschadens aufzubürden.

OLG Köln, Urteil vom 29.054.2022 - 66 S 200/21 -

Mittwoch, 9. Januar 2019

Bereicherungsrechtliche Rückforderung gezahlter Miete trotz Vorliegens eines die Mietminderung begründenden Mangels


Die Beklagten waren bis Ende März 2016 einer Wohnung der Klägerin und hatten in den Monaten November 2015 und Januar und März 2016 die Miete von € 820,00/Monat nicht gezahlt. Diese machte die Klägerin mit ihrer Klage geltend.  

Im März 2015 hatten die Beklagten einen regelmäßig wiederkehrenden fauligen Geruch in der Wohnung angezeigt. Dieser Mangel wurde erst im Dezember 2015 behoben. In mehreren Mails hatten die Beklagten im Oktober/November 2015 die Frage der Mietminderung angesprochen, und so auch am 15.10.2015 angefragt, ob für die Klägerin eine Vereinbarung einer Mietminderung von 15% ab dem Termin der Meldung der Geruchsbelästigung in Betracht käme. Die Klägerin lehnte ab, da eine Minderung für sie nicht in Betracht käme, nachdem sie sich jeweils zeitnah bemüht habe, die Mängel zu beseitigen. Daraufhin teilte die Beklagten mit Mail vom 05.11.2015 mit, die Beseitigung der Mängel sei seit 2013 fruchtlos verlaufen. Sie könnten notwendigen Maßnahmen nicht einschätzen und die Klägerin möge ihnen doch einen Vorschlag unterbreiten. Außerdem würden die sporadisch bisher nicht gezahlten Mieten ausgeglichen, was dann auch erfolgte.

Gegen die Klageforderung rechneten die Beklagten mit einem Minderungsanspruch von 15%/Monat  seit der Meldung des Mangels gegenüber der Klägerin auf. Das Amtsgericht gab der Klage bis auf eine angenommene 10%ige Minderung für November 2015 statt. Auf die Berufung der Beklagten bejahte das Landgericht einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch der Beklagten für die Monate Januar bis Oktober 2015 in Höhe von 10% der jeweiligen Monatsmiete wegen des Mangels. Anders als das Amtsgericht sah es diesen bereicherungsrechtlichen Anspruch als nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen an.

Die auf Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung gerichtete zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Der BGH verweist darauf, dass die Darlegungs- und Beweislast des § 814 BGB bei dem Leistungsempfänger läge. Dieser müsste mithin den Nachweis erbringen, dass vorliegend den Mietern ihr Recht zur Minderung der Miete bekannt gewesen sei. Anderes ergäbe sich auch nicht aus dem Urteil des Senats vom 16.07.2013 - VIII ZR 274/02 -, BGHZ 155, 380, 389). Dort habe der Mieter trotz eines nach Abschluss des Mietvertrages bekannt gewordenen Mangels die Miete über einen längeren Zeitraum ohne Kürzung oder Vorbehalt weiterbezahlt, obwohl, wovon nach dem allgemeinen Kenntnisstand der beteiligten Verkehrskreise auszugehen sei, das recht zur Herabsetzung der Miete bekannt sei. Damit sei gemäß § 814 BGB eine Rückforderung ausgeschlossen.

Der Kondiktionsausschluss des § 814 BGB greife nur, wenn der Leistende sowohl die Tatumstände kenne, aus denen sich die fehlende Leistungsverpflichtung ergäbe, sondern auch, dass er nach der Rechtslage nichts schulde. Der Leistende müsse also aus der maßgeblichen Parallelwertung der Laiensphäre eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben. Vorliegend sei das Landgericht zu der nicht zu beanstandenden Überzeugung gelangt, dass die Beklagte keine Kenntnis davon gehabt hätten, dass sie die Bruttomiete für die in Rede stehenden Monate nicht in voller Höhe zu zahlen hätten. Zwar sei nicht die Kenntnis aller Elemente des Minderungsrechts nach § 536 BGB erforderlich; da die Minderungsquote in aller Regel von Bemessungsunwägbarkeiten (Art, Dauer, Erheblichkeit des Mangels) von einem Laien (häufig auch von seinem rechtlichen Beistand) nur überschlägig angesetzt werden könne, steht dem Kondiktionsausschluss des § 814 BGB nicht entgegen, dass sich der Mieter nur zu einer ungefähren Bestimmung der Minderungsquote in der Lage sehe. Auch wenn dies vom  Landgericht verkannt worden sei, habe die Entscheidung Bestand: Nicht zu beanstanden sei die Würdigung des Landgerichts, dass den Beklagten ausweislich der Mails nicht bewusst war, dass die Mietminderung kraft Gesetz eintritt, wenn ein Mangel vorliegt, der die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aufhebt oder mindert und dem Vermieter angezeigt würde (§§ 536, 536c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB). Den Mails läge die fehlerhafte Vorstellung zugrunde, eine Mietminderung könne nur bei Einverständnis des Vermieters vorgenommen werden.

Nach dem Hinweisbeschluss wurde die Revision zurückgenommen.

BGH, Hinweisbeschluss vom 04.09.2018 - VIII ZR 100/18 -

Freitag, 19. Oktober 2018

Umfang des Rückforderungsanspruchs nach Verarmung des Schenkers


Der Landkreis machte Ansprüche des Schenkers aus übergegangenem Recht gegen die Beschenkte geltend. Die Eltern der Beklagten hatten dieser 1995 ihr Hausgrundstück schenkweise übertragen und sich ein unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht gewahrt. 2003 verzichteten die Eltern auf das Wohnrecht und es kam zur Löschung desselben im Grundbuch. Die Beklagte vermietete nunmehr die Wohnung zu einer Nettomiete von € 340,00/Monat an ihre Mutter. 2010 verstarb ihr Vater. Ab August 2012 lebte die zwischenzeitlich pflegebedürftig gewordene Mutter in einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Nach anfänglichen Leerstand ihrer Wohnung vermietete die Beklagte diese ab September 2013 zu einer Nettomiete von € 360,00/Monat. Im Zeitraum von August 2012 bis zum Tod der Mutter am 30.03.2015 leistete der klagende Landkreis Hilfe zur Pflege in Höhe von € 22.248,37.

Der Landkreis hatte den Rückforderungsanspruch der Mutter gemäß § 528 BGB auf sich übergeleitet und verlangte gemäß § 818 Abs. 2 BGB Ersatz des Wertes der durch die Löschung des dinglichen Wohnrechts erlangten Bereicherung. Die unentgeltliche Aufgabe des Wohnrechts stelle sich, so der Landkreis, als eine Schenkung dar. Die Mutter sei an August 2012 nicht mehr in der Lage gewesen, ihren Unterhalt zu bestreiten, weshalb sie einen Rückforderungsanspruch gehabt habe. Das Berufungsgericht hatte den Wertanspruch des Landkreises auf die im fraglichen Zeitraum von der Beklagten erwirtschafteten Mieteinnahmen von € 5.700,00 beschränkt. Auf die Revision hob der BGH die Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück.

Zutreffend im Ausgangspunkt habe das Berufungsgericht erkannt, dass der übergegangene Anspruch der Schenkerin von Anbeginn an auf monatliche  Zahlungen in Höhe des ungedeckten Unterhaltsbedarfs gerichtet gewesen sei, da nur in dieser Höhe die Schenkerin jeweils einen Rückforderungsanspruch erworben hätte und das Geschenk nicht in natura teilbar gewesen sei mit der Folge, dass die Beklagte bis zur Erschöpfung des Wertes des Geschenks Ersatz in entsprechender Höhe zu leisten gehabt habe. Richtig sei auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass für die Wertbemessung maßgeblich der Zeitpunkt des Entstehens des Rückforderungsanspruchs (hier August 2012) sei.

Nicht gefolgt ist der BGH allerdings der Auffassung des Berufungsgerichts, wonach sich die Höhe in den jeweils erwirtschafteten Mieteinnahmen wiederspiegele. Der Wert der Schenkung sei vielmehr nach dem Wertzuwachs des Grundstücks zu bemessen, der im August 2012 nach aus dem im Jahr 2003 eingetretenen Wegfall der dinglichen Belastung mit dem Wohnrecht fortbestanden habe. Weiterhin habe die die Beklagte auch die Nutzungen herauszugeben, die sie bereits seit der Schenkung aus dem Geschenk gezogen habe.

§ 528 BGB bezwecke, den Schenker vor einer wirtschaftlichen Notlage zu bewahren. Dem liege wie bei § 519 BGB der Gedanke zugrunde, eine solche Notlage nicht entstehen bzw. fortbestehen zu lassen , während der Beschenkte durch das Geschenk weiterhin bereichert sei. Mit dem Rückforderungsanspruch solle eine Vermögenslage hergestellt werden, als habe es die Schenkung nicht gegeben, was eine wirtschaftliche Betrachtungsweise fordere. Von daher sei bei einem wirtschaftlich nutzbaren Gegenstand auch die gezogene Nutzung durch den Beschenkten zu berücksichtigen.

Soweit, wie hier, die Herausgabe des geschenkten Gegenstandes nicht möglich sei, sei gem. § 818 Abs. 2 BGB dessen Wert zu ersetzen. Für die Wertermittlung bilde im Zweifel der Verkehrswert den besten Anhaltspunkt (der ggf. durch einen Sachverständigen zu ermitteln sei).  Bei dem Verzicht auf ein Wohnrecht sei deshalb die Erhöhung des Verkehrswertes auszugleichen (BGHZ 196, 285).  Nicht zu berücksichtigen sei, dass das Wohnrecht mit dem Tod der Mutter ohnehin der Beklagten zugefallen wäre; dieser Gedanke würde vernachlässigen, dass  sich der Wert aus der Nutzbarkeit über die Zeit ergäbe. Auch käme es nicht darauf an, ob bzw. in welcher Weise der Grundstückseigentümer die zugeflossene Werterhöhung realisiere (Verkauf, Eigennutzung, Vermietung oder Leerstand), sondern nur auf den objektiven Wert.

Auf die Übertragung des Grundstücks von den Eltern der Beklagten auf die Beklagte im Jahre 1995 konnte nicht abgestellt werden, da dies bereits zum Eintritt der Bedürftigkeit mehr als zehn Jahre zurück lag, § 529 Abs. 1 letzte. Alt. BGB.

BGH, Urteil vom 17.04.2018 - X ZR 65/17 -

Mittwoch, 8. November 2017

Keine Aufhebung des rechtskräftigen Zwangsgeldbeschlusses nach Erfüllung

Im Scheidungsverbundverfahren war ein Verfahren über den Versorgungsausgleich anhängig. Die Antragsgegnerin kam der gerichtlichen Aufforderung, ein Formular auszufüllen und unterschrieben einzureichen, nicht nach. Nach Erinnerung und Hinweis auf die Möglichkeit der Verhängung eines Zwangsgeldes, setzte das Amtsgericht (AG)  gegen die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 29.01.2015 ein Zwangsgeld in Höhe von € 500,00 fest. Nachdem das Formular weiterhin nicht eingereicht wurde, erteilte das AG am 12.05.2015 Vollstreckungsauftrag. Daraufhin zahlte die Antragsgegnerin am 22.06.2015 das Zwangsgeld sowie die Gerichts- und Vollstreckungskosten und reichte am 19.08.2015 das ausgefüllte Formular nebst Anlagen (dies am 10.10.2015) beim Amtsgericht ein.

Nach Scheidung und Durchführung des Versorgungsausgleichs mit Beschluss vom 28.04.2016 (rechtskräftig seit dem 21.06.2016) beantragte die Antragsgegnerin am 12.05.2016 die Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung und dessen Erstattung. Der Antrag wurde zurückgewiesen; die Beschwerde blieb erfolglos. Auch die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der die Aufhebung versagende Beschluss stelle ebenso wie der ursprüngliche Zwangsmittelfestsetzungsbeschluss nach § 35 FamFG eine Entscheidung nach § 38 Abs. 1 S. 1, 58 FamFG dar, was dazu führe (da es sich nicht um Endentscheidungen handele), dass keine Beschwerdemöglichkeit gegeben sei; mit dem begehren auf Aufhebung des Zwangsmittelbeschlusses verfolge die Antragsgegnerin dasselbe Ziel wie sie es mit einer Anfechtung des Zwangsmittelbeschlusses ursprünglich hätte verfolgen können. Für letzteres habe der Gesetzgeber das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vorgesehen, § 35 Abs. 5 FamFG, weshalb folgerichtig dies auch das Rechtmittel im vorliegenden Verfahrens sei, wobei der BGH darauf hinweist, dass für ein Vorgehen entsprechend §§ 776, 775 Nr. 1 ZPO sich gleiches aus § 793 ZPO ergäbe.

In der Sache könne die sofortige Beschwerde aber keinen Erfolg haben. Die Erfüllung der gerichtlichen Auflage, derentwegen das Zwangsgeld festgesetzt wurde, nach Beitreibung des Zwangsgeldes ließe keinen Erstattungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. BGB begründen. Zwar habe das Zwangsgeld anders als das Ordnungsgeld keinen Sanktionscharakter. Daraus würde aber nur folgern, dass die weitere Beitreibung desselben zu unterbleiben habe, sobald es der Beugewirkung nicht mehr bedürfe. Sei zu diesem Zeitpunkt der Zwangsgeldbeschluss noch nicht rechtskräftig, können gegen ihn erfolgreich sofortige Beschwerde eingelegt werden und darauf aufzuheben. Offen ließ der BGH, ob eine Aufhebung entsprechend § 48 Ans. 1 FamFG erfolgen müsse, wenn der Zwangsgeldbeschluss schon rechtskräftig aber noch nicht vollzogen sei.  Denn vorliegend wurde auf den rechtskräftigen Zwangsgeldbeschluss erfolgreich vollstreckt und danach  der Abforderung genügt, um derentwillen der Beschluss erging.

Es könne nicht argumentiert werden, mit Durchführung der Handlung sei der Anlass zur Willensbeugung und damit Erzwingung derselben weggefallen. Habe es dieser Zwangsmaßnahme bedurft, entfalle die Rechtfertigung nicht nachträglich. Zu beachten sei, dass der Schuldner nicht in Ansehung der drohenden Maßnahme seiner Verpflichtung nachkam, sondern erst nach deren Vollzug. Im übrigen sei mit einem Zwangsgeld, von dessen Rückerstattung der Schuldner nach Erfüllung ausgehen könne, kein entsprechender Druck auszuüben.


BGH, Beschluss vom 06.09.2017 - XII ZB 42/17 -

Mittwoch, 25. November 2015

Betriebskostenabrechnung: Fall des Anspruchs auf Rückforderung der Vorauszahlungen nach Ablauf der Jahresfrist

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Die Kläger hatten von dem beklagten eine Wohnung angemietet. Nach Beendigung des Mietverhältnisses im Oktober 2014 begehrten sie die Überlassung der Abrechnung der Betriebskosten für 2013. Nachdem die Abrechnung bis zum 31.12.2014 nicht überlassen wurde, erhoben sie Klage auf Rückzahlung der Vorauszahlungen, die sie in 2013 auf die Betriebskosten geleistet hatten. Nunmehr überließ der Beklagte die Abrechnung und die Kläger erklärten die Hauptsache für erledigt. Der Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung an. Das Amtsgericht erlegte die Kosten dem beklagten auf. Gegen diese Kostenentscheidung nach § 91a ZPO legte der beklagte Beschwerde ein, die vom Landgericht zurückgewiesen wurde.

Das Landgericht wies darauf hin, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses, wenn nicht über die Betriebskosten fristgerecht gem. § 556 Abs. 3 BGB abgerechnet wird, wie geschehen Zahlungsklage erheben kann. Das Landgericht wies auch darauf hin, dass die Abrechnung binnen der Frist dem Mieter zugehen muss, wobei der Vermieter für den erfolgten Zugang darlegungs- und beweisbelastet ist. Da diese Frist vom Beklagten nicht eingehalten wurde und er verspätet, mit der Klageerwiderung die Abrechnung erstmals überließ, hatte er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.


LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20.11.2015 – 2-11 T 138/15 -

Donnerstag, 19. März 2015

Steuern: Eine strafbefreiende Erklärung ist bei fehlender Steuerhinterziehung unwirksam

Der Kläger hatte Vermögen auf eine liechtensteinische Stiftung übertragen und, wohl um einem möglichen Steuerstrafverfahren zu entgehen, dieses dann als Schenkungssteuer deklariert.  Nachdem der BFH festgestellt hat, dass Schenkungssteuer nicht anfallen könne, wenn die Stiftung nach den getroffenen Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht frei über das Vermögen verfügen könne, beantragte er  die Änderung der strafbefreienden Erklärung gem. §§ 173 AO bzw. 10 Abs. 3 StraBEG. Das Finanzamt lehnte ab. Die Klage vor dem Finanzgericht war teilweise erfolgreich. Beide Parteien, der steuerpflichtige Kläger und das Finanzamt legten Revision ein. Nur die Revision des Klägers war erfolgreich. Der BFH hielt fest, dass eine strafbefreiende Erklärung bei fehlender Steuerhinterziehung bzw. Steuerordnungswidrigkeit unwirksam sei und von daher vom Steuerpflichtigen insoweit erfolgte Steuerzahlungen zu erstatten sind. 

BFH, Urteil vom 01.10.2014 - II R 6/13 -