Der Kläger, der aktuelle Insolvenzverwalter
über das Vermögen einer Schuldnerin, klagte die Rückzahlung eines von dem vormaligen
Insolvenzverwalters (Beklagter) aus der Masse entnommenen Vergütungsvorschusses
ein. Dem Vorschuss lag ein Beschluss des Insolvenzgerichts zugrunde, demzufolge
dieses für die Tätigkeit des Beklagten einen Vorschuss auf dessen Vergütung von
€ 60.977,81 festsetzte und dessen Entnahme aus der Insolvenzmasse gestattete. Der
Beklagte entnahm den Betrag in 2009. In 2010 entließ des Insolvenzgericht den
Beklagten als Insolvenzverwalter. Dieser stellte in 2013 einen Antrag auf Festsetzung
seiner endgültigen Vergütung im Insolvenzverfahren. Der Antrag wurde 2017 zurückgewiesen,
da der Beklagte seinen Vergütungsanspruch (wegen auch zum Nachteil der verwalteten
Vermögensmasse begangener Straftaten) verwirkt habe.
Das Landgericht wies die Rückzahlungsklage
auf Grund der vom Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung ab. Auf die
Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht das Urteil ab und gab der
Klage statt. Die (zugelassene) Revision des Beklagten gegen das klagestattgebende
Urteil bleib ohne Erfolg.
Der Rückforderungsanspruch richte
sich, so der BGH, nicht nach der bereicherungsrechtlichen Norm des § 812 BGB. Die
Anspruchsgrund für die Rückforderung ergäbe sich aus einer entsprechenden Anwendung
des § 667 BGB (BGH, Urteil vom 07.03.2019
- IX ZR 143/18 - zur Rückgewähr von nicht verbrauchten Vorschüssen auf die Rechtsanwaltsvergütung).
Mit der Bestellung des Insolvenzverwalters würde hinsichtlich des
Vergütungsanspruchs ein Schuldverhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und
der Insolvenzmasse begründet und der neue Insolvenzverwalter sei berechtigt
eine Überzahlung auf die gewährten Vorschüsse auf die Vergütung zurückzufordern:
Der Insolvenzverwalter könne aus
der Insolvenzmasse einen Vorschuss u.a. auf seine Vergütung entnehmen, wenn das
Insolvenzgericht zustimme, § 9 S. 1 InsVV. Habe der Insolvenzverwalter mehr aus der
Insolvenzmasse entnommen, als ihm nach der maßgeblichen abschließenden und
rechtskräftigen Festsetzungsentscheidung des Insolvenzgerichts zusteht, habe er
den zuviel entnommenen Anteil an die Masse zu zurückzuzahlen. Erfolge die
Entnahme aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Vergütungsbeschlusses, sei
er mit Aufhebung oder Änderung zu seinem Nachteil zur Rückerstattung
verpflichtet (BGH, Urteil vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12 -); in diesem Fall
ergäbe sich der Rückforderungsanspruch aus der entsprechenden Anwendung des §
717 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12 -). Handelt es sich um einen Vorschuss folge der
Rückforderungsanspruch auf Grund des rechtskräftigen Bescheides über die
Vergütungsfestsetzung aus der entsprechenden Anwendung des § 667 BGB. Es
handele sich um eine „Lückenergänzung“. § 65 InsO iVm. § 9 InsVV eröffne die Möglichkeit,
in einer §§ 675, 669 BGB vergleichbaren Weise Vorschüsse auf die Vergütung und
Auslagen zu erhalten. Weder die Insolvenzordnung noch die dazu ergangene
Vergütungsordnung regele aber die die Rückgewähr eines zu viel gezahlten Vorschusses;
§ 717 Abs. 2 BGB sei nicht anzuwenden, da die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses
keine einem Vollstreckungstitel vergleichbare Wirkung habe.
Voraussetzung des § 677 BGB sei,
dass der vereinnahmte Vorschuss tatsächlich nicht verdient worden sei (BGH,
Urteil vom 07.03.2019 - IX ZR 143/18 - zur Rechtsanwaltsvergütung). Zu
unterscheiden sei zwischen Entstehung der Vergütung, deren Fälligkeit und deren
Festsetzung. Der Anspruch auf Vergütung entstehe mit der Arbeitsleistung und
dem Anfallen der Auslagen (BGH, Urteil vom 05.12.1991 - IX ZB 19/20 -), die Festsetzung
der Vergütung mit einem Beschluss des Insolvenzgerichts, § 64 Abs. 1 InsO. Die
Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses (§ 9 InsVV)
entfalte keine bindende Wirkung über die gem. § § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1
InsVV festzusetzende Vergütung (BGH, Beschluss vom 22.11.2918 - IX ZB 14/18 -).
Die Bewilligung eines Vorschusses habe nur vorläufige Bedeutung und mit ihr
würde ein Vergütungsanspruch nicht bereits anerkannt.
Führe die Entnahme dazu, dass ein
mit der Entfaltung der Tätigkeit bereits entstandene aber noch nicht endgültig festgestellte
Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters teilweise nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt
wird, stünde dies einer Rückforderung auch nicht entgegen, da die Erfüllungswirkung
nur eintrete, sofern ihm ein Vergütungsanspruch zustünde, was erst mit dem
Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV
verbindlich festgestellt würde (BGH, Urteil vom 17.11.2005 - IX ZR 179/04 -).
Das Insolvenzgericht habe den Antrag
auf Festsetzung der Vergütung rechtskräftig zurückgewiesen, da der Beklagte
seinen Anspruch auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangener
Straftaten verwirkt habe. Die Entscheidung habe auch für die Frage, ob Vorschüsse
zurückzuzahlen sind, präjudizielle Wirkung. Daher könne er auch für Tätigkeiten vor dem
inkriminierten Zeitraum 2005 bis 2008 keine Vergütung oder Auslagen verlangen
(BGH, Beschluss vom 22.11.2018 - IX ZB 14/18 -).
Der Rückforderungsanspruch sei
auch nicht verjährt. Ein Anspruch auf Rückzahlung eines gem. § 9 InsVV
gewährten Vorschusses beginne erst mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des
Insolvenzgerichts zu laufen: Es gelte wie bei § 667 BGB die Regelverjährung
nach §§ 195, 199 BGB. Die
Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch
entstanden sei und der Gläubiger von dem anspruchsbegründenden Umständen und
der Person des Schuldners Kenntnis erlange oder ohne Fahrlässigkeit erlangen
müsste. Entstanden sei nach § 1991 Abs. 1 BGB der Anspruch, sobald er klageweise
geltend gemacht werden könnte, was die Fälligkeit des Anspruchs voraussetze,
die dem Gläubiger die Möglichkeit der (Leistungs-) Klage verschaffe. Damit
setze § 667 BGB in der Regel die Beendigung des Auftrags voraus; im Allgemeinen
würde der Anspruch des Insolvenzverwalters erst nach Erledigung der zu
vergütenden Tätigkeit fällig. Zusätzlich sei den Rückzahlungsanspruch eines
Vorschusses nach § 9 InsVV erforderlich, dass das Insolvenzgericht verbindlich
über die Höhe der Vergütung nach § 64 InsO, § 8 InsVV entschieden habe; die
Entscheidung habe im Streit um die Rückforderung von angeblichen Überzahlungen
präjudizielle Wirkung, weshalb in der Regel erst diese Entscheidung zur Klärung der Vergütung die Möglichkeit eröffne eine Überzahlung im
Wege der Klage geltend zu machen. Der Beschluss des Insolvenzgereichts dazu
erging im März 2017, die Klage wurde 2019 (in nicht verjährter Zeit)
zugestellt.
Offen ließ der BGH, ob in Fällen,
in denen der entlassene Insolvenzverwalter keinen Festsetzungsantrag stelle, eine
Rückzahlungsklage zulässig wäre, das Insolvenzgericht durch aufsichtsrechtliche
Maßnahmen den (entlassenen) Insolvenzverwalter zu einem Vergütungsantrag
anhalten könne oder auf Antrag des neuen Insolvenzverwalters die Vergütung des
entlassenen Verwalters festgesetzt werden könne. Ebenso ließ der BGH offen, wie
in einem solchen Fall die Verjährungsfrage zu entscheiden wäre.
BGH, Urteil vom 29.06.2023
- IX ZR 152/22 -