Sonntag, 7. August 2016

Einkommensteuer: Aufwendungen für Dienstjubiläum können abzugsfähige Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit sein

Der Kläger, Beamter, feierte sein 40-jähriges Dienstjubiläum. Die Kosten machte er im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Dies lehnte das Finanzamt und ihm folgen d das Niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 03.12.2014 – 4 K 28/14 -) ab. Der BFH gab der Revision des Klägers statt.

Entscheidend wäre, ob die Feier als berufliche oder private Feier zu klassifizieren ist. Dabei käme es zunächst auf den Anlass an. Der Anlass sei aber nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das alleinentscheidende Kriterium.  Auch bei einem herausgehobenen persönlichen Anlass könne sich aus den Umständen des Einzelfalls die berufliche Veranlassung ergeben, wie auch umgekehrt ein Ereignis aus der beruflichen Sphäre alleine nicht die Annahme der beruflichen Veranlassung begründe. Damit sind weitere Kriterien erforderlich, um die Zuordnung vorzunehmen. Entscheidend sind dabei nach Auffassung des BFH
  1. wer ist der Gastgeber
  2. wer bestimmt die Gästeliste
  3. um wen handelt es sich bei den Gästen (Kollegen, Geschäftsfreunde, Mitarbeiter des Steuerpflichtigen oder seines Arbeitgebers), Angehörige des öffentlichen Lebens, Presse, Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen
  4. wo findet die Veranstaltung statt
  5. halten sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen.
Da im Rahmen der Zusammenarbeit häufig berufliche und private Kontakte häufig verwischen, wäre entscheidend, ob nur bestimmte Personen eingeladen werden, oder aber die Einladung nach allgemeinen Kriterien ausgesprochen wird. Werden Arbeitskollegen nach der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Einheit oder nach ihrer Funktion ausgesucht, spräche dies für die betriebliche Veranlassung, während die Einladung lediglich einzelner Arbeitskollegen eher für eine maßgebliche private Mitveranlassung der Aufwendungen spräche.

Ein Dienstjubiläum, wie es hier Anlass war, spräche für eine dienstliche Veranlassung. Dem, so der BFH, stünde nicht seine Entscheidung zur Priesterweihe entgegen (Beschluss vom 24.ö09.2013 – VI R 35/11 -), da es bei der Priesterweihe nicht um die berufliche Tätigkeit ginge, sondern der Geweihte beauftragt würde, in besonderer Weise dem kirchlichen Leben zu dienen. Auch die Entscheidung vom 08.03.1990 – IV R 108/99 –würde dem nicht entgegenstehen, da dort die Abzugsfähigkeit nicht wegen des Anlasses (Dienstjubiläum eine Beamten) sondern aus anderen Gründen versagt worden sei (der Steuerpflichtige habe als Person des öffentlichen Lebens nur andere Personen des öffentlichen Lebens eingeladen).   

Eine Beschränkung der Kosten nach §§ 9 Abs. 5 iVm. 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG kommt hier nicht in Betracht.


BFH, Urteil vom 20.01.2016 – VI R 24/15 -

Samstag, 6. August 2016

Prozessrecht: Berücksichtigung eines Privatgutachtens und Verbot des Bestreitens mit Nichtwissen von behaupteten Angaben des beauftragten Untervermittlers

Das Gericht hat auch ein privates Sachverständigengutachten zu berücksichtigen, welches im Widerspruch zu dem gerichtlich eingeholten Gutachten steht. Und es hat Beratungsleistungen eines vom Verkäufer eingeschalteten Untervermittlers zu Lasten des Verkäufers zu berücksichtigen.


Nachdem der vom Verkäufer (Beklagten) eingeschaltete Untervermittler dem Kläger als potentiellen Käufer nach dessen Angaben ein Steuersparmodell mit Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgestellt hatte und einen bestimmten gewinn bei Veräußerung der Wohnung nach zehn Jahren versprach, erwarb der Kläger die Wohnung.  

Der BGH ging auf Grund der vorinstanzlichen Feststellungen davon aus, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kaufvertrag sittenwidrig sei und der Kläger einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung haben kann.

Die Sittenwidrigkeit des Vertrages leitet der BGH aus der Überhöhung des Kaufpreises um knapp 100% gegenüber dem Verkehrswert gem. dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten. Mit diesem hatte sich die Vorinstanz nicht auseinandergesetzt. Dies wäre aber nach Auffassung des BGH notwendig gewesen. Gegebenenfalls hätte es den von ihm bestellten Sachverständigen anhören müssen, ohne dass es dazu eines Antrages des Klägers bedurft habe. Auch hätte es eventuell, wenn die Anhörung noch keine endgültige Klärung bringt, einen weiteren Sachverständigen bestellen müssen.

Damit konnte entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht davon ausgegangen werden, dass keine Sittenwidrigkeit vorliegt. Die fehlende Berücksichtigung des Privatgutachtens stellt sich als Verletzung rechtlichen Gehörs dar.

Ferner hätte die Vorinstanz auch den klägerischen Vortrag zu dem Untervermittler beachten müssen. Zwar habe der Kläger für seine Behauptung keinen Beweis angeboten. Allerdings habe der Beklagte diesen Vortrag lediglich mit Nichtwissen bestritten. Da aber der Untervermittler von ihm eingeschaltet wurde und die Beratung für ihn übernahm, kam zum einen zwischen den Vertragsparteien ein Beratungsvertrag zustande. Liegt hier durch den Untervermittler ein Beratungsfehler vor (wie vom Kläger nach Auffassung des BBG schlüssig dargelegt wurde), geht dies zu Lasten des Beklagten. Dieser durfte die Angaben des Klägers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten, § 138 Abs. 4 ZPO. Da er den Untervermittler eingeschaltet hatte, hätte er sich bei diesem auch kundig machen können und müssen.


BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 256/14 -

Werkvertrag: Kostenvorschussbegehren zur Mängelbeseitigung führ zum Abrechnungsverhältnis und erfordert keine Abnahme


Der Beklagte hatte Arbeiten für ein Wärmeverbundsystem durchgeführt, in deren Verlauf es bereits zu Streit zwischen den Vertragspartnern kam . Der Auftraggeber (Kläger) holte ein Gutachten ein, welches bestätigte, dass die bisher vom Kläger erbrachten Leistungen mangelhaft seien. Die Arbeiten wurden durch den Beklagten dann abgebrochen.

Der Kläger verlangte nunmehr vom Beklagten Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung und Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht des Beklagten.

Das OLG führte aus, eine Abnahme nach § 640 BGB ließe sich nicht feststellen. Dies würde aber dem Kostenvorschussbegehren des Klägers nach § 637 BGB nicht entgegenstehen. Die Abnahme sei deshalb nicht entscheidungserheblich, da sich das Vertragsverhältnis im Abrechnungsstadium befände. Dies würde von der Rechtsprechung für solche Fälle anerkannt, in denen der Besteller nur noch auf Geld gerichtete Gegenansprüche (Schadensersatz und/oder Minderung) erhebt; in diesme Fall würde der Werklohn trotz auch berechtigter Abnahmeverweigerung fällig (BGH vom 10.10.2002 – VII ZR 315/01 -).

Auch wenn hier der Kläger nicht Schadensersatz oder Minderung begehrt sondern Kostenvorschuss, wären diese Grundsätze anzuwenden. Denn der Kläger würde mit dem Kostenvorschuss zur Selbstvornahme einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch verfolgen (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.06.2012 – 12 U 234/11 -). Hinzu käme vorliegend, dass eine weitere Erfüllung ohnehin ausscheide, da der Werkvertrag vor endgültiger Fertigstellung abgebrochen worden sei und der Beklagte seine erbrachten Leistungen mit dem Hinweis abgerechnet hat, die Arbeiten seien im Oktober ordnungsgemäß gemäß Angebot abgeschlossen worden.

Der Vorschussanspruch sei auch in der Sache begründet, da der Kläger zuvor den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe. Der Klage könnte allenfalls der vom Beklagten geltend gemachte Werklohnanspruch entgegenstehen, mit dem der beklagte Aufrechnung erklärte. Die Aufrechnung würde nur dann nicht durchgreifen, wenn der Kläger einen darüberhinausgehenden Anspruch haben könnte und sich in Bezug auf den Werklohnanspruch erfolgreich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen könnte. Um festzustellen, ob hier weitergehende Ansprüche des Klägers bestehen könnten, die von dem Vorschuss nicht gedeckt sind, sah sich das OLG zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht veranlasst.


OLG Celle, Urteil vom 03.03.2016 – 16 U 129/15 -

Samstag, 16. Juli 2016

Kfz-Haftpflichtversicherung: Verkehrsunfallflucht und arglistige Verletzung der Aufklärungspflicht mit Folge des Verlustes des Versicherungsschutzes

Der Beklagte hatte mit dem bei der Klägerin haftpflichtversicherten Fahrzeug einen Verkehrsunfall. Ein Strafverfahren gegen ihn wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort wurde gem. § 153a stopp gegen Auflagen eingestellt. Die Klägerin, die an den Unfallgegner Schadensersatz leisten musste, verlangte diese Zahlung von € 2.068,13 von dem beklagten zurück und beruft sich dabei darauf, der Beklagte habe durch das Entfernen vom Unfallort arglistig eine Obliegenheit nach dem Versicherungsvertrag verletzt und sie habe daher einen Anspruch auf Erstattung des regulierten Betrages.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung war erfolgreich. Das Amtsgericht schloss sich der herrschenden Rechtsprechung an, dass die Verkehrsunfallflucht eine arglistige Obliegenheitspflichtverletzung darstellt (BGH vom 01.12.1999 – IV UR 71/00 -). Damit käme es auch nicht darauf an, ob der Beklagte überhaupt den kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 2 VVG geführt hätte; wird dieser nicht geführt, ist ohnehin von der arglistigen Obliegenheitspflichtverletzung auszugehen, die hier aber bereits tatbestandlich anzunehmen wäre.

Das Landgericht weist darauf hin, dass damit noch nicht der Regressanspruch begründet wäre. Der Versicherer hat darzulegen, welche Maßnahmen er bei Erfüllung der Obliegenheiten getroffen hätte. Insoweit hatte vorliegend die Klägerin vorgetragen, dass, wäre der Beklagte am Unfallort verblieben, die Polizei Feststellungen zu Personen und Zustand von Fahrzeugen hätte treffen können; diese Sachverhaltsaufklärung sei nicht mehr möglich. Soweit der beklagte sich hier zu diesen Feststellungen auf das Zeugnis seiner Freundin, die Beifahrerin war, beruft, handelt es sich nach Auffassung des Landgerichts nicht um eine gleichwertige Beweislage gegenüber verhinderten polizeilichen Feststellungen.


LG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2015 – 9 S 27/14 -

Keine Ausfalldeckung durch eigenen Haftpflichtversicherer trotz titulierter Ersatzansprüche bei Schäden durch den Hund eines Dritten

Kann der Versicherungsnehmer (VN) von seiner eigenen Haftpflichtversicherung den Schadens ersetzt verlangen, der ihm durch den Hund eines Dritten zugefügt wurde, wenn er ein Urteil gegen den Tierhalter (rechtskräftig) erwirkt, er aber in der Vollstreckung ausfällt ?

Dieses rechtskräftige Urteil lag dem VN vor, der auch /erfolglos) versuchte zu vollstrecken. So wandte er sich an die eigene Haftpflichtversicherung, da in dem Haftpflichtvertrag die Klausel enthalten war, dass der „Ausfall von rechtskräftig ausgeurteilten und vollstreckbaren Forderungen gegenüber Dritten, sofern diese Forderungen durch eine bestehende Privathaftpflichtversicherung gedeckt gewesen wären“, mitversichert ist. Allerdings verkannte der Kläger hier ersichtlich den Umfang dieser Klausel. So hatte er nicht bedacht, dass zwar in der privaten Haftpflichtversicherung nach der Klausel 1.7 der Besonderen Bedingungen regelmäßig die gesetzliche Haftpflicht als Halter oder Hüter von zahmen Haustieren mitumfasst ist, ausdrücklich aber nicht jene von Hunden. Hier bedürfte es einer gesonderten Tierhalterversicherung. Da mithin die Privathaftpflichtversicherung als solche das Risiko der Tiergefahr eines Hundes nicht mit abdeckt, greift die vorgenannte Klausel nicht.

Das KG wies den Kläger (VN) in seinem Beschluss nach § 522 ZPO auch darauf hin, dass der Umstand einer strafrechtlichen Verurteilung des Hundehalters wegen fahrlässiger Körperverletzung nicht weiterführend ist. Auch wenn dabei nicht auf die Tiergefahr nach § 833 BGB sondern auf die Person des Hundehalters selbst abgestellt wurde, stand es doch im Zusammenhang mit dem Hund. Gerade dieser Zusammenhang ist aber in Ansehung der Klausel bedeutsam, da die Privathaftpflichtversicherung nie greift, wenn. Wie hier, Schäden vom Hund oder vom Versicherten als Tierhalter eines Hundes verursacht wurden. Der Zusammenhang mit dem Hund ist entscheidend für den mangelnden Versicherungsschutz mit der Folge, dass vorliegend der Kläger auf Grund der benannten Klausel auch nicht Leistung von seiner eigenen Haftpflichtversicherung für seinen Schaden begehren kann.


KG, Beschluss vom 08.03.2016 – 6 U 88/15 -

Sonntag, 10. Juli 2016

Mietrecht: Kündigungsgrund erhebliche und schuldhafte Verletzung einer (Neben-) Pflicht

Der Miete rügte auftretende Schimmelbildung als Mangel und minderte die Miete. Gestützt auf  ein von ihm eingeholtes Gutachten  wandte der Kläger ein, dass die Schimmelbildung durch falsches Lüftungs- und Heizverhalten verursacht wurde und machte die Kosten des Gutachtens und diejenigen der Schadensbeseitigung (Schimmelbeseitigung) geltend.  Das Amtsgericht verurteilte den beklagten antragsgemäß, wobei es sich auf das Privatgutachten des Vermieters stützte. Gegen das Urteil wurde ein Rechtsmittel nicht eingelegt.

Der Beklagte kam seiner Zahlungspflicht aus dem Urteil nicht nach; er bezog zwischenzeitlich vom Jobcenter Arbeitslosengeld II. Nachdem der Beklagte die Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO abgegeben hatte, kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos, vorsorglich fristgerecht, und berief sich zum einen auf die Nichtzahlung des Urteilsbetrages, ferner darauf, dass der Beklagte weiterhin eine Schimmelbildung wie zuvor als Mangel behaupte und seinen Heiz- und Lüftungspflichten nicht nachkommen würde. Im Verfahren stützte sich der Vermieter sodann nur noch auf die ordentliche Kündigung und das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt. Auf die Berufung des Beklagten wies das Landgericht die Klage ab. Die (zugelassene) Revision des Vermieters führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht.

Der BGH lies offen, ob die Nichtzahlung der titulierten Schadensersatzforderung als solches die ausgesprochene Kündigung und damit den Räumungsanspruch rechtfertigen könnte. Im Hinblick auf die Zahlungsunfähigkeit, ausgehend von der nicht in Frage gestellten Richtigkeit der Vermögensauskunft, läge wohl ein Verschulden nicht vor. Es müsse allerdings nicht entschieden werden, ob dies hier den Tatbestand des § 573Abs. 2 Nr. 1 BGB (schuldhafte Verletzung von Pflichten durch den Mieter) erfülle. Denn aus einem anderen, vom Landgericht nicht berücksichtigten Rechtsgrund, wäre die Klage erfolgreich.

Auf Grund des Verhaltens des Beklagten nach der Rechtskraft des die Schadensersatzpflicht des beklagten begründenden Urteils wäre hier der Vermieter zu (ordentlichen) Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Dies gilt in Bezug auf die weitere Geltendmachung von vom Vermieter zu vertretener Schimmelbildung als auch im Hinblick auf die pflichtwidrige und schuldhafte Vernachlässigung von Mieterpflichten in Bezug auf Heizen und Lüften. Indem der Beklagte wegen Mängeln, die nach dem rechtskräftigen Urteil im Schadensersatzprozess in der Sphäre des Mieters liegen, unberechtigt mindert und seine Verantwortlichkeit weiterhin trotz der rechtskräftigen Entscheidung leugne, liegt eine schwerwiegende und auch schuldhafte Vertragsverletzung vor, die Anlass für den Vermieter gibt anzunehmen, der Mieter werde seinen vertraglichen Pflichten zur Obhut der Wohnung und zur vollständigen Mietzahlung nicht nachkommen. Dieser Umstand würde die Kündigung rechtfertigen.


BGH, Urteil vom 06.04.2016 – VIII ZR 78/15 -

Dashcam - ist die Aufzeichnung als Beweismittel im Zivilprozess (Haftpflichtprozess) verwertbar?

Die kleine Videokamera, die regelmäßig auf dem Armaturenbrett angebracht ist, ist bereits vielfach zum Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden. Regelmäßig geht es dabei auch um die Frage, ob die Aufzeichnungen (z.B. in einem Verkehrsunfallprozess) gerichtsverwertbar sind.

Fall des LG Landshut: Die Kamera zeichnete die Rückwärtsfahrt des Beklagten auf, der so mit dem Fahrzeug des Klägers kollidierte. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen und die Aufzeichnung der Dashcam im Hinblick auf ein angenommenes Beweisverwertungsverbot nicht als Beweismittel anerkannt. Im Berufungsverfahren erließ das Landgericht den Beschluss, mit dem es die Verwertbarkeit bejahte und dabei darauf abstellte, dass zum einend er Fahrer des rückwärtsfahrenden Fahrzeuges nicht zu sehen wäre, zum anderen der Kläger ansonsten keine Beweismittel habe. Dem würde auch die Entscheidung des BGH vom 25.04.1995 – VI ZR 272/94 – nicht entgegenstehen, derzufolge die permanente Überwachung des Hauszugangs des Nachbarn unzulässig wäre, der sich nicht gefallen lassen müsse, regelmäßig rund um die Uhr gefilmt und erfasst zu werden. Vorliegend erfolge das Filmen von Fahrzeugen wahllos und es fände keine systematische Erfassung von Bewegungsprofilen statt. Soweit das AG München (Urteil 06.06.2013 – 343 C 4445/13 – und das LG Heilbronn (Urteil vom 03.02.2015 – 3 S 19/14 -) die Befürchtung einer privat organisierten dauerhaften und flächendeckenden Überwachung sämtlicher am öffentlichen Verkehr teilnehmenden Personen habe, mögen nach Auffassung der Kammer zwar die Gründe gerechtfertigt sein, würden aber eine Abwägung der Interessen im konkreten Einzelfall nicht hindern können. Vorliegend wären die Interessen nur insoweit betroffen, als man zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Fahrzeug in einem bestimmten Bereich rückwärtsfahrend sähe, wobei der beklagte selbst nicht zu erkennen wäre. Von daher sei nicht von einem gravierenden Grundrechtseingriff auszugehen. Auf der anderen Seite wäre der Kläger ohne die Aufzeichnung beweislos bei einer ohne die Aufnahme erfolgten Negation des Rückwärtsfahrens. Damit wog nach Auffassung des Gerichts das Interesse an der Verwertung höher.

Fall des LG Frankenthal: Der Unfallhergang war auch hier zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht ging nach Beweisaufnahme von einem pflichtwidrigen Spurwechsel der Klägerin auf der Autobahn aus. Dies schließt die Kammer aus Zeugenaussagen und aus der Auswertung der Aufzeichnung der Dashcam (im Fahrzeug der Beklagten). Dabei stellte es darauf ab, dass bei der verwandten Kamera die alten Aufzeichnungen überspielt würden. Zudem wäre nicht der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betroffen. Bereits das KG habe mit Urteil vom 05.07.1979 – 12 U 1277/79 - das Foto eines spielenden Kindes zu Beweiszwecken vor diesem Hintergrund zugelassen; hier wäre nur auf öffentlicher Straße eine Aufnahme gemacht worden, was zwar den Individualbereich beträfe, dieser aber nur der äußerste Kreis des Persönlichkeitsrechts sei. Im übrigen würde die Kammer dem LG Heilbronn (Urteil vom 03.02.2015 – 3 S 19/14 -), welches ein Beweisverwertungsverbot annahm, folgen, soweit dort darauf abgestellt wurde, dass eine permanente Aufnahme erfolge. Hier aber habe der Kläger glaubhaft dargelegt, dass die Kamera nur bei laufenden Motor arbeitet und zudem aktiv mit dem Stromkreis verbunden werden, was er aber nur tue, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer „komisch“ fahre. Es läge also eine anlassbezogene Aufzeichnung vor. Diese sei als Beweismittel auch in Ansehung der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 EMRK zuzulassen (Urteil vom 27.05.2014 – Nr. 10764/09 -, wonach die verdeckte Videoaufzeichnung eines Detektiven zur Gewinnung von Beweismitteln Art. 8 EMRK nicht verletzt). Die Berufung gegen die Entscheidung zum OLG Zweibrücken – 1 U 23/16 – wurde zurückgenommen.

Anmerkung: Beide Entscheidungen verdeutlichen, dass ihr jeweiliges Ergebnis der Verwertbarkeit gekünstelt ist. Es wird letztlich vom Ergebnis her argumentiert. Mit den gleichen Argumenten ließe sich auch die Verwertbarkeit wegen eines Beweisverwertungsverbotes ablehnen. Es bleibt abzuwarten, wie letztlich die obergerichtliche Rechtsprechung, insbesondere der BGH hier in Zukunft urteilen wird.

LG Landshut, Beschluss vom 01.12.2015 – 12 S 2603/15 -

LG Frankenthal, Urteil vom 30.12.2015 – 4 O 358/15 -