Samstag, 19. November 2016

Arbeitsrecht: Abfindungsvereinbarung und Zahlung vor Fälligkeit

Es stellt sich nicht als Ausnahme dar, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses die Parteien eine Vereinbarung über eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung vereinbaren und damit den Rechtsstreit eischließlich das Arbeitsverhältnis beenden. Doch auch hier sind Fallstricke zu beachten.


In dem Ausgangsverfahren hatten die Parteien am 19.04.2011 einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2011 enden solle, bis zu diesem Zeitpunkt das Gehalt weiter gezahlt werden sollte, aber der Kläger als Arbeitnehmer das Recht haben sollte, vorzeitig das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Weiter wurde eine Abfindung in Höhe von € 47.500,00 vereinbart, die „mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonats folgenden Kalendermonats ausbezahlt“ werden sollte. Der Kläger schied zum 31.12.2011 aus; die Beklagte zahlte die Abfindung zusammen mit dem Dezembergehalt aus, so dass es zur Gutschrift bei dem Kläger am 30.12.2011 kam.

Der Kläger begehrte nunmehr im Folgeverfahren von der Beklagten die Zahlung von € 4.655,72 zuzüglich Steuerberaterkosten mit der Begründung, die Zahlung im Dezember 20911 sei nach dem Vergleich verfrüht gewesen und habe durch die zu frühe Ausgleichung zu dem benannten Steuerschaden bei ihm geführt. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das BAG wies auch die Revision zurück.

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts, der das BAG folgt, haben die Parteien in dem Vergleich eine Fälligkeitsvereinbarung getroffen und keinen fixen Auszahlungstermin bestimmt. Damit aber greift die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB, wonach zwar der Kläger die Zahlung der Abfindung nicht vor dem 31.12.2011 fordern konnte, die Beklagte sie aber gleichwohl vorher bewirken durfte. Für die Auslegung ist auf §§ 133, 157 BGB zurückzugreifen. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut, der hier nicht für die Auffassung des Klägers spricht, dass die beklagte erst mit Ablauf des 31.12. hätte zahlen dürfen. Weiterhin sind außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände wie auch die Interessenslage zu berücksichtigen. Aus der Natur des Prozessvergleichs ergäbe sich nicht, dass der Kläger ein Interesse daran haben könnte, die Abfindung erst im Monat nach dem Vertragsende entgegen nehmen zu müssen. Auch wenn mit dem Vergleich ein gewisser Ausgleich geschaffen werden sollte, ergäbe sich daraus nur, dass zwischen der Abfindung und der Beendigung ein gewisser Zusammenhang bestand, nicht aber, dass eine vorzeitige Zahlung ausgeschlossen werden sollte. Auch gäbe es keine Verkehrssitte, wonach Abfindungen aus steuerlichen Gründen erst im Folgejahr gezahlt würden. Das BAG weist darauf hin, dass sich der steuerlich günstigste Zuflusszeitpunkt in der Regel auch nicht im Vorhinein bestimmen lasse, da dies von den individuellen Verhältnissen und Einkünften in den Jahren abhänge.

Anmerkung: Der Arbeitnehmer wird am ehesten prüfen und feststellen können, wann eventuell eine Zahlung der Abfindung für ihn am Günstigsten ist. Dies sollte er berücksichtigen und die entsprechenden Zahlungen im Rahmen des Vergleichs terminlich bindend unter Ausschluß einer Vorauszahlungsmöglichkeit fixieren.


BAG, Urteil vom 23.06.2016 – 8 AZR 757/14 -

Betriebskosten: Notwendiger Inhalt im Vertrag und Auslegung

In dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Formularmietvertrag war bei Betriebskosten sowohl die Variante „Vorauszahlung“ als auch „Abrechnung“ angekreuzt; welche Betriebskosten im Einzelnen umgelegt werden sollte, ergab sich aus dem Vertrag nicht.

Der BGH bekräftigte, dass sich aus dem ersichtlichen versehen des doppelten Ankreuzens nicht ergeben würde, dass keinerlei Betriebskosten zu zahlen sind. Vielmehr ist nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, was die Parteien wollten.  

Auch der Umstand, dass die umlegungsfähigen bzw. von der Pauschale umfassten Betriebskosten nicht benannt wurden, sei unschädlich. Ihrer Aufnahme bedürfe es auch im Rahmen der Wohnraummiete nicht, da sich die umlegungsfähigen Kosten aus der Betriebskostenordnung gem. § 556 Abs. 1 BGB ergäben.


BGH, Hinweisbeschluss vom 07.06.2016 – VIII ZR 274/15 -

Sonntag, 13. November 2016

Haftung des Versicherungsmakler: Zum Inhalt und Umfang der Beratungs- und Aufklärungspflicht

Der Versicherungsmakler ist Vertreter des Versicherungsnehmers; mit seiner Hilfe will der (künftige) Versicherungsnehmers eine auf seine Bedürfnisse geschnittene Versicherung abschließen. So zumindest die Idealvorstellung.

Die Klägerin machte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend, nachdem es bei ihr infolge eines Fehlalarms zur Auslösung der Sprinkleranlage kam und dadurch die Halle mit Löschschaum gefüllt wurde. Dadurch seien von der Betriebsunterbrechungsversicherung nicht gedeckte Schäden von mehr als € 10 Mio. entstanden. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Auf die Revision erfolgte die Zurückverweisung an das OLG.

Grundlage eines möglichen Anspruchs gegen den Versicherungsmakler ist § 280 Abs. 1 BGB (heute als lex specialis §§ 59ff VVG, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Maklervertrages noch nicht galten). Zu den Pflichten des Versicherungsmakler führte der BGH aus, dieser sei Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers; er müssen für diesen individuellen, auf das entsprechende Objekt passenden Versicherungsschutz besorgen, oft kurzfrostig. Von daher würde er über einen Geschäftsbesorgungsvertrag meist zur Tätigkeit für den Versicherungsnehmers, auch zum Abschluss des Vertrages,  verpflichtet. Der Versicherungsmakler würde von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt prüfen und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber stets unterrichtet halten. Vor diesem Hintergrund könne der Versicherungsmakler als treuhändlerähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers bezeichnet werden und mit einem sonstigen Berater verglichen werden. Dies unabhängig davon, ob die Provision des Versicherungsmaklers von dem Versicherer getragen würde.

Es sei vorliegend nicht erwiesen, dass die Klägerin von der Beklagten die Vermittlung eines umfassenden, alle Risiken abdeckenden Versicherungsschutzes bei der Betriebsunterbrechungsversicherung verlangt habe. Entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts würde dies aber einem Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht entgegenstehen. Zwar sei von der beklagte darauf hingewiesen worden, dass gegenüber der Klägerin Versicherungslücken aufgezeigt worden wären. Allerdings erfülle der Versicherungsmakler seine Pflicht nicht alleine dadurch, dass er auf alle Risiken hinweist und anrät, gegen alle diese Risiken zu versichern. Vielmehr bestünde die pflichtgemäße Beratung in einem am konkreten Bedarf des Versicherungsnehmers orientierten Hinweis auf eine sach- und interessengerechte Versicherung und darüber hinaus in einer Information über die dafür erforderlichen Kosten. Entsprechendes sei von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Da in der Betriebsunterbrechungsversicherung eine Vielzahl von Risiken einzeln wie auch zusammen versicherbar wären, wäre die Empfehlung, alle Unternehmen der Gruppe gegen alle Risiken zu versichern, verfehlt und ersichtlich nicht sachgerecht.

Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherungsnehmer unmissverständlich klar macht, dass er keine weitere Beratung wolle und darauf verzichte.

Dem Versicherungsmakler trifft für die Erfüllung der Aufklärungs- und Beratungspflicht die sekundäre Beweislast, für einen Verzicht des Versicherungsnehmers die Darlegungs- und Beweislast.


BGH, Urteil vom 10.03.2016 – I ZR 147/14 -

Samstag, 12. November 2016

Gewerberaum: Klauseln zur Instandhaltung und Verwaltungskosten und § 307 BGB

Die Parteien sind Vermieter und Mieter von Büroräumen. Mit seiner Klage fordert der Kläger als Mieter Betriebskostenzahlungen vom Beklagten zurück, die er nach seiner Ansicht zu Unrecht entrichtet habe. Streitig sind dabei die abgerechneten Positionen Instandhaltungskosten und Verwaltungskosten. Bei den Instandhaltungskosten war im Formularvertrag vorgesehen, dass der Mieter an Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten bis zu € 1,50/m²/Monat zu zahlen habe. Weiterhin war im Mietvertrag vorgesehen, dass die Kosten für die Betreuung/Verwaltung des Einkaufszentrums auf die Mieter umgelegt werden können.

Das Landgericht gab der Klage statt. Die Formularklauseln würden den Kläger benachteiligen und gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB verstoßen.

Zur Instandhaltungs- und Instandsetzungsklausel führte das Landgericht aus, dass diese grundsätzlich in einem Gewerberaummietvertrag zulässig wären. Allerdings müssten sie inhaltlich beschränkt sein. Zum einem beträfe dies die Beschränkung auf einen dem gebrauch oder jedenfalls der Risikosphäre des Mieters zuortenbare Bereiche. Wenn dem Mieter wie hier (auch)  nicht beherrschbare Risiken und damit verbundene Kosten zugewiesen würden, wäre jedenfalls eine Beschränkung der Höhe nach notwendig. Diese Höhe nimmt das Landgericht mit 10% der Jahresmiete an. Dies sei erforderlich, damit der Mieter kalkulieren könne, was auch im Rahmen des § 307 BGB zu berücksichtigen sei. Vorliegend ginge die formularmäßige Beschränkung von € 1,50/m²/Monat über die zehn Prozent hinaus, weshalb die Klausel nach § 307 BGB unwirksam sei und ein Kostenerstattungsanspruch  nicht besteht.

Auch erkannte das Landgericht an, dass in Gewerberaummietverträgen grundsätzlich Verwaltungskosten auf den Mieter umgelegt werden können. Allerdings entspräche hier die Klausel nicht dem Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Intransparenz ergäbe sich daraus, dass nicht ersichtlich sei, worin der Unterschied zwischen Verwaltung und Betreuung liegen soll, weshalb nicht ersichtlich sei, welche Leistungen und welche Kosten von den Begriffen umfasst würden.


LG Essen, Urteil vom 24.11.2015  - 8 O 82/15 -

Dienstag, 8. November 2016

Handelsvertreterausgleichsanspruch und Neukundenbegriff

Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten Handelsvertreterausgleichsansprüche geltend. Zwischen den Parteien war streitig, ob insoweit auch Kunden zu berücksichtigen sind, die zwar schon Kunden der Beklagten waren, aber erst von der Klägerin für die zu ihrem Vertriebsbereich gehörigen Brillenkollektionen zum Kauf veranlasst wurden.

Das Berufungsgericht hatte dies  bejaht. Neukunden seien grundsätzlich nur solche, die bisher noch keine Geschäfte mit dem Unternehmer getätigt hätten. Grundsätzlich sei der Begriff Neukunde branchenspezifisch zu verstehen. Dies käme allerdings vorliegend nicht in Betracht, da die Klägerin nicht die gesamte Produktpalette zum Vertrieb anvertraut wurde, sondern lediglich bestimmte Kollektionen. Damit habe die Klägerin die Optiker davon überzeugen müssen, als Neukunde für diese Kollektionen mit dem Unternehmer (Beklagte) Geschäfte zu tätigen. Damit sei die Klägerin in Konkurrenz zu anderen Handelsvertretern der Beklagten getreten. Dem Umstand, dass die Klägerin Kundenlisten von der Beklagten erhalten habe, sei durch einen Billigkeitsabschlag Rechnung zu tragen.

Dem folgt der BGH (so) nicht.

Er verweist darauf, dass nach § 89b HGB Neukunden diejenigen wären, mit denen der Unternehmer noch keine Geschäfte getätigt habe, sondern erstmals durch Vermittlung des Handelsvertreters solche tätige. So sei auch anerkannt, dass bei einer Produkterweiterung kein Neukundengeschäft vorläge, wenn der das gesamte Warensortiment bewerbende Handelsvertreter mit Bestandskunden Geschäfte über die neuen Produkte zum Abschluss bringe. Neben dem Neukunden käme als ausgleichspflichtiger Gesichtspunkt auch die wesentliche Erweiterung der Geschäftsverbindung mit einem vorhandenen Kunden in Betracht.

Nach der auf Vorlagebeschluss durch den BGH in diesem Rechtsstreit ergangenen Entscheidung des EuGH vom 07.04.2016 – C.315/14 - zur Auslegung von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG ist als Neukunde auch derjenige anzusehen, der zwar wegen anderer Waren bereits Geschäftsverbindungen zum Unternehmer unterhielt, wenn der Verkauf durch den Handelsvertreter eine spezielle Geschäftsverbindung erfordert habe. Damit, so der BGH, habe die Beurteilung, ob es sich um einen Neukunden handele, an den Waren zu orientieren, mit deren Vertrieb der Handelsvertreter beauftragt wurde. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass der Handelsvertreter in Bezug auf das ihm zugeteilte Warensortiment mit einem Bestandskunden durch seine Vermittlungsbemühungen und Verkaufsstrategie im Hinblick auf diese Waren eine spezielle Geschäftsverbindung begründet, weshalb dieser Kunde als Neukunde zu bewerten sei.

Entscheidend sei mithin, was vom Berufungsgericht bisher nicht geprüft wurde, ob  der Vertrieb der der Klägerin zugewiesenen Brillenmarken eine besondere Verkaufsstrategie im Hinblick auf die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung zu diesen Kunden erfordert. Vor diesem Hintergrund hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung an dieses zurückverwiesen.

Anmerkung: Hier hat der BGH den Parteien Steine statt Brot gegeben. Was soll eine „besondere Verkaufsstrategie“ sein und was versteht er unter einer „speziellen Geschäftsverbindung“ ?  Im vorliegenden Fall wurden vom Unternehmer Brillen vertrieben. Jeder Handelsvertreter erhielt bestimmte Marken zum Vertrieb. Geht nun der Handelsvertreter A zum Bestandkunden B um ihm vom Kauf „seiner“ Marke zu überzeugen, kann dies zur Konsequenz haben, dass der Bestandskunde B zwar über A die von diesem beworbene Marke kauft, dafür aber eine andere Marke des Unternehmers nicht mehr. Der Unternehmer hat dann durch diesen Verkauf keinen zusätzlichen Mehrwert. Das Kriterium der „wesentlichen Erweiterung der Geschäftsverbindung“, bisher für den Ausgleichsanspruch auch bei Bestandskunden anerkannt, würde entfallen.

BGH, Urteil vom 06.10.2016 – VII ZR 328/12 -

Löschung einer ausländischen Gesellschaft im Register und Folgen für deren inländisches Vermögen (Spalt-/Restgesellschaft)

Im Streitfall machte die Klägerin Ansprüche gegen eine Ltd. &  Co. KG geltend. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage beantragte sie zunächst festzustellen, dass die Beklagte noch parteifähig sei. Gegen das dies bejahende Zwischenurteil legte die Beklage Berufung ein, auf die die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen wurde. Das OLG hielt fest, dass die KG nicht parteifähig fortbestanden habe, sondern nicht mehr existiere, weshalb eine gegen sie gerichtete Klage von Anbeginn an unzulässig gewesen sei.

Die Berufung der Beklagten sei allerdings zulässig, da im Streit um die subjektive Prozessvoraussetzung die KG als parteifähig anzusehen ist. Andernfalls könnte sie sich (wie hier) nicht notwendig gegen eine Klage oder fehlerhafte Entscheidung verteidigen.

Allerdings habe das Landgericht das Erlöschen der KG verkannt, welches im Handelsregister gewahrt wurde. Die Gesellschaft wurde durch Ausscheiden ihres einzigen Gesellschafters, der KMD Ltd., aufgelöst. Eine Liquidation fand nicht statt und das Handelsgeschäft wäre von der einzigen Gesellschafterin, der KPL Ltd. Übernommen worden.  Durch den Austritt der einzigen Kommanditistin sei die Gesellschaft qua Gesetz in ein einzelkaufmännisches Unternehmen umgewandelt und das Vermögen der KG sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die einzig übrig gebliebene Gesellschafterin (KPL Ltd.) übergegangen, §§ 105, 131 HGB.

Damit erweist sich das Zwischenurteil des Landgerichts bereits als falsch. Für das weitere Verfahren vor dem Landgericht hielt das Oberlandesgericht in seinem Urteil fest:

Die im englischen Register gelöschte KPL Ltd. würde insoweit weiter als passiv fortbestehend gelten bzw. ihre Parteifähigkeit fingiert werden, soweit bei ihr als Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin noch Vermögen vorhanden sei.

Mit dem erlöschend er englischen Limited würde das sich in Deutschland befindliche Vermögen derselben nicht automatisch der britischen Krone zufallen. Vielmehr würde die Limited zum Zwecke der Liquidation als Rest- oder Spaltgesellschaft fortbestehen, solange sie Vermögen besitzt, welches einem anderen Rechtsträger nicht zugeordnet werden könne. Daraus folge eine aktive wie auch passive Parteifähigkeit. Auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 06.10.1960 – VII ZR 136/59 – (ergangen nach ausländischer Konfiskation von Mitgliedschaftsrechten), geht das OLG zutreffend davon aus, dass diese Rest- bzw. Spaltgesellschaft als juristische Person fortbesteht, nicht als GbR oder oHG. Durch die Löschung der Limited in England würde es zwar zum Heimfall deren Vermögen auf die britische Krone kommen; allerdings gälte das sogen. Territorialprinzip mit der  Folge, dass vom Heimfall im Ausland (hier: Deutschland) belegendes vermögen ausgenommen ist.

Stellungnahme: Der Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Die Rechtsproblematik trat in Deutschland nach Bildung der BRD auf der einen und der DDR auf der anderen Seite auf. Gesellschaften, deren Sitz in der DDR war, hatten häufig im Bereich der BRD Vermögenswerte. Diese Vermögenswerte wurden auf der Grundlage der Konstruktion der Spaltgesellschaft als selbständige juristische Personen anerkannt.

Ob nun, wie damals in Deutschland, der eigentliche Rechtsträger in einem anderen Staat umgewandelt wird, ein staatseigener Betrieb wird oder gelöscht wird, ist für die Fragestellung zum verbliebenen Vermögen im „Inland“ nicht von Bedeutung. Da eine Liquidation einer Gesellschaft stets die Gesamtabwicklung erfordert, ist die Behandlung der im ausländischen Register gelöschten Gesellschaft als parteifähige juristische Person in Form der Rest-/Spaltgesellschaft nur konsequent.



OLG Brandenburg, Urteil vom 27.07.2016 – 7 U 52/15 -

Montag, 7. November 2016

Werkvertrag: Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages

Der Beklagte hatte die Schuldnerin mit der Erstellung eines Mehrfamilienhauses zu  einem Pauschalpreis von €  1.985.000,00 beauftragt. 

Von Juni 2006 bis April 2007 erbrachte die Schuldnerin einen Großteil der vereinbarten Leistungen.  Im 03.04.2007 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag; das Verfahren wurde mit Beschluss vom 01.06.2007 eröffnet.

Bereits am 03.05.2007 hatten die Parteien eine mit „Bautenstandsbericht“ überschriebene Liste verfasst, bezüglich der die Parteien darüber streiten, ob die Liste den Bautenstand enthält oder eine Mängelliste darstellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin und hat am 21.06.2007 eine Schlussrechnung, am 17.09.2010 eine korrigierte Schlussrechnung erstellt, in der er die behaupteten Leistungen der Schuldnerin unter Abzug näher bezeichneten Mängel und einer von der Beklagten erbrachten Zahlung aufnahm und, wie auch mit der Klage, € 213.781,24 fordert. Der Klage wurde statt gegeben und die von dem Beklagten dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung an das OLG zurück.

Der BGH hielt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz fest, dass der Beklagte in Ansehung der Insolvenz der Schuldnerin zur Kündigung des Werkvertrages berechtigt war, § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B. Festgehalten wird ferner, dass das OLG, ohne dass dies von der Revision angegriffen worden wäre, festgehalten habe, dass die Schlussrechnungsforderung schlüssig dargelegt sei. Allerdings sei das Bestreiten des Beklagten in Bezug auf die vom Kläger zur Abrechnungsgrundlage gemachte Kalkulation nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der BGH hält fest, dass im Falle einer prüfbaren Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages nach Kündigung durch den Auftragnehmer das Gericht in die Sachprüfung eintreten müsse, ob und in welcher Höhe der geltend gemachte Werklohnanspruch berechtigt ist. Bestreitet der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert, muss das Gericht darüber Beweis erheben. Für eine substantiiertes Bestreiten sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine vollständige Gegenrechnung erforderlich.

Hier hatte der Beklagte für einzelne Leistungen aus dem erteilten Auftrag Angebote einzelner Handwerksunternehmer vorgelegt und damit die Überhöhung der vom Kläger in Ansatz gebrachten Einheitspreise behauptet. Mit diesem Vortrag habe der beklagte den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten genügt.


BGH, Urteil vom 25.08.2016 – VII ZR 193/13 –