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Sonntag, 5. Juni 2022

Verzicht auf Anrecht in Altersversorgung im Versorgungsausgleich bei Scheidung

Im Rahmen der Scheidung der Parteien (Antrag vom 08.08.2013) musste das Familiengericht auch über den Versorgungsausgleich entscheiden. Es hat dabei ein Anrecht des Antragstellers, welches dieser als Vorstand einer Sparkasse erlangt hatte, nicht berücksichtigt, da dieser mit einem Änderungsvertrag vom 12.09.2012 auf diese Altersversorgung verzichtete. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Oberlandesgericht zurück. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde die vom BGH zurückgewiesen wurde.

Im ursprünglichen Dienstvertrag des Antragsgegners vom 07.03.2007 waren Anrechte in Form einer Ruhegeldreglung (auch auf den Invaliditätsfall) und Abfindungszusage enthalten gewesen. enthalten gewesen.  Beide Anrechte waren aber, nach der vom BGH bestätigten Auffassung des Oberlandesgerichts, nicht ausgleichsreif, da sie zum Zeitpunkt des Ehezeitendes nicht ausreichend verfestigt gewesen wären.  Der Ruhegehaltanspruch habe erst ab dem Eintritt in den Vorstand am dem 01.10.207 bestanden, weshalb eine Unverfallbarkeit erst nach fünf Jahren (§ 1b BetrAVG a.F.) am 30.09.2012 hätte eintreten können, der Antragsteller aber darauf (zulässig nach § 3 BetrAVG) vorher auf das Anrecht verzichtet habe. Der Invaliditätsfall sei nicht eingetreten gewesen, und zudem auch untergegangen, nachdem das Dienstverhältnis mit Auflösungsvertrag vom 24.03.2015 zum 30.04.2015 beendet worden sei.

Soweit von der Antragstellerin in der Rechtsbeschwerde geltend gemacht worden sei, das Oberlandesgericht habe die Vereinbarung vom 13.09.2012 fehlerhaft dahingehend ausgelegt, dass die Ruhegeldzusage im Rahmen der Vereinbarungen über die Weiterbeschäftigung über den 30.09.2012 hinaus abbedungen worden sei, folgte dem der BGH nicht. Die Auslegung der Individualvereinbarung nach §§ 133, 157 BGB sei Sache des Tatrichters. Sie sei für das Revisionsgericht bindend, wenn sie rechtsfehlerfrei vorgenommen wurde und zu vertretbaren Ergebnissen führe, auch wenn ein anders Auslegungsergebnis möglich erscheine. Rechtsfehler bei der Auslegung seien hier nicht ersichtlich. Zutreffend sei auf das gemeinsame Motiv der Vertragsparteien für die Abbedingung angestellt worden. Ohne den Verzicht wäre eine Weiterbeschäftigung des Antragsgegners über den 30.09.2012 hinaus in Ansehung einer zum 01.01.2013 vorgesehenen Fusion mit einer anderen Sparkasse nicht möglich gewesen. Von der Antragstellerin geäußerten Zweifeln an der wirtschaftlichen Plausibilität dieses Vorgehens habe das Berufungsgericht nicht zu weiterer Sachverhaltsaufklärung nach § 26 FamFG veranlassen müssen, da zum Einen diese Auslegung sich aus der Vereinbarung vom 13.09.2012 entnehmen ließe, zum Anderen auch in der Jahresbilanz der Sparkasse zum 31.12.2012 die noch in der Bilanz zum 31.12.2011 enthaltene Rückstellung nicht mehr enthalten war.

Da die Antragstellerin ihren Verdacht, die ursprüngliche Ruhegeldzusage sei nur ausgelagert oder abgefunden worden, nicht näher darlegte, der Antragsgegner in seiner Anhörung auch Anrechte ausdrücklich (wie auch in der Versorgungsauskunft) verneinte, habe keine Veranlassung bestanden, weitere Jahresabschlüsse, Prüfungsberichte und Gehaltsabrechnungen und Steuerbescheide des Antragsgegners beizuziehen. Zudem würde es sich bei einer Abfindung für den Ruhegeldanspruch nach § 2 VersAusglG nicht um ein ausgleichsfähiges Recht handeln.

Auch die in der Vereinbarung vom 07.03.2007 enthaltene Abfindung sei nicht auszugleichen. Ausgleichsfähig seien nach § 2 VersAusglG nur Anrechte, die der Absicherung im Alter oder bei Invalidität dienen würden, demgegenüber Ansprüche oder Aussichten auf Leistungen mit anderweitiger Zweckbestimmung (wie Abfindungen und Überbrückungszahlungen) nicht auszugleichen seien. Da sich die Abfindungszusage auf die Beendigung des Dienstverhältnisses bezog und nach dessen Ablauf der (befristeten) Vertragslaufzeit gezahlt werden sollte, handelte es sich nach der Zielsetzung nicht um ein spezifisch der Alters- oder Invaliditätsabsicherung dienendes Anrecht.

BGH, Beschluss vom 30.03.2022 - XII ZB 421/21  -

Montag, 12. November 2018

Abfindungszahlung bei Aufhebungsvertrag und ermäßigter Steuersatz


Der Eheleute wenden sich gegen einen Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes (FA) für 2013. In diesem Jahr hatte der klagende Ehemann zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis eine Abfindung in Höhe von € 36.250,00 erhalten. Im Vertrag über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses war u.a. geregelt,  dass mit dem Ausscheiden am 31.03.2013 alle gegenseitigen Ansprüche erlöschen und der Kläger keine rechtlichen Schritte in Bezug auf Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren unternehmen werde. Im Rahmen der gemeinsamen Steuererklärung der klagenden Eheleute beantragte der Kläger den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1, Abs 2 EStG zu unterwerfen. Dem folgte das beklagte FA nicht. Der Einspruch der Kläger wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht (FG) unterwarf die Abfindung antragsgemäß dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm 24 Nr. 1a EStG. Die gegen das Urteil eingelegte Revision wurde betreffend dem Kläger zurückgewiesen und führte hinsichtlich der Klägerin (kostenmäßig) zu einer Abänderung zu deren Lasten.

Der BFH folgt der Annahme des FG, dass die Abfindung eine außerordentliche Einkunft des Klägers nach § 24 Abs. 1a EStG darstelle, die nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu besteuern sie. Entscheidend sei, dass es sich um eine Leistung handele, die als Ersatz für entgangenen oder entgehende Einnahmen gewährt würde und mithin unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sei und dazu bestimmt sei, diesen Schaden auszugleichen. Ferner sei Voraussetzung, dass dieser Ausfall von dritter Seite veranlasst sei oder aber der Steuerpflichtige unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck steht und deshalb zustimmt; der Steuerpflichtige dürfe jedenfalls das Ereignis selbst nicht aus eigenen Antrieb herbeiführen. Diese Entschädigung gehöre dann zu den tarifbegünstigten Einkünften, wenn eine Zusammenballung von Einkünften bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dazu führe, dass der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum mehr erhalte als bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

Die Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. So sollte nach nicht zu beanstandender Würdigung durch das FG der Kläger einen Ausgleichsanspruch für den durch den Verdienstausfall entstehenden Schaden erhalten, und dafür mit dem Vertrag eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden. Im Übrigen habe der Kläger bei Abschluss des Vertrages auch unter Druck gestanden, wobei der BFH offen lässt, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Drucksituation festhalten werde. Wenn, wie hier, der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer im Zuge einer (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses  eine Abfindung zahle, sei regelmäßig davon auszugehen,  dass der Arbeitnehmer die Auflösung nicht alleine aus eigenem Antrieb herbeigeführt habe, da dann der Arbeitgeber keinen Anlass habe, eine Abfindung zu zahlen.

Die Revision des FA hatte betreffend der Klägerin Erfolg. Der Einspruch wurde nur von dem klagenden Ehemann eingelegt, der nicht deutlich gemacht habe, dass er auch für seine Ehefrau den Einspruch erhebe.

BFH, Urteil vom 13.03.2018 - IX R 16/17 -

Samstag, 19. November 2016

Arbeitsrecht: Abfindungsvereinbarung und Zahlung vor Fälligkeit

Es stellt sich nicht als Ausnahme dar, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses die Parteien eine Vereinbarung über eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung vereinbaren und damit den Rechtsstreit eischließlich das Arbeitsverhältnis beenden. Doch auch hier sind Fallstricke zu beachten.


In dem Ausgangsverfahren hatten die Parteien am 19.04.2011 einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2011 enden solle, bis zu diesem Zeitpunkt das Gehalt weiter gezahlt werden sollte, aber der Kläger als Arbeitnehmer das Recht haben sollte, vorzeitig das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Weiter wurde eine Abfindung in Höhe von € 47.500,00 vereinbart, die „mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonats folgenden Kalendermonats ausbezahlt“ werden sollte. Der Kläger schied zum 31.12.2011 aus; die Beklagte zahlte die Abfindung zusammen mit dem Dezembergehalt aus, so dass es zur Gutschrift bei dem Kläger am 30.12.2011 kam.

Der Kläger begehrte nunmehr im Folgeverfahren von der Beklagten die Zahlung von € 4.655,72 zuzüglich Steuerberaterkosten mit der Begründung, die Zahlung im Dezember 20911 sei nach dem Vergleich verfrüht gewesen und habe durch die zu frühe Ausgleichung zu dem benannten Steuerschaden bei ihm geführt. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das BAG wies auch die Revision zurück.

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts, der das BAG folgt, haben die Parteien in dem Vergleich eine Fälligkeitsvereinbarung getroffen und keinen fixen Auszahlungstermin bestimmt. Damit aber greift die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB, wonach zwar der Kläger die Zahlung der Abfindung nicht vor dem 31.12.2011 fordern konnte, die Beklagte sie aber gleichwohl vorher bewirken durfte. Für die Auslegung ist auf §§ 133, 157 BGB zurückzugreifen. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut, der hier nicht für die Auffassung des Klägers spricht, dass die beklagte erst mit Ablauf des 31.12. hätte zahlen dürfen. Weiterhin sind außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände wie auch die Interessenslage zu berücksichtigen. Aus der Natur des Prozessvergleichs ergäbe sich nicht, dass der Kläger ein Interesse daran haben könnte, die Abfindung erst im Monat nach dem Vertragsende entgegen nehmen zu müssen. Auch wenn mit dem Vergleich ein gewisser Ausgleich geschaffen werden sollte, ergäbe sich daraus nur, dass zwischen der Abfindung und der Beendigung ein gewisser Zusammenhang bestand, nicht aber, dass eine vorzeitige Zahlung ausgeschlossen werden sollte. Auch gäbe es keine Verkehrssitte, wonach Abfindungen aus steuerlichen Gründen erst im Folgejahr gezahlt würden. Das BAG weist darauf hin, dass sich der steuerlich günstigste Zuflusszeitpunkt in der Regel auch nicht im Vorhinein bestimmen lasse, da dies von den individuellen Verhältnissen und Einkünften in den Jahren abhänge.

Anmerkung: Der Arbeitnehmer wird am ehesten prüfen und feststellen können, wann eventuell eine Zahlung der Abfindung für ihn am Günstigsten ist. Dies sollte er berücksichtigen und die entsprechenden Zahlungen im Rahmen des Vergleichs terminlich bindend unter Ausschluß einer Vorauszahlungsmöglichkeit fixieren.


BAG, Urteil vom 23.06.2016 – 8 AZR 757/14 -