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Dienstag, 22. März 2022

Britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland und Folgen des Brexit

Die Klägerin war eine Kapitalgesellschaft in Form der Rechtsform einer Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland (in der Wohnung des alleinigen Anteilseigners und „manager director“. Mit Körperschaftssteuerbescheid für 2018 setze das beklagte Finanzamt (FA) eine verdeckte Gewinnausschüttung an erhöhte so das Einkommen der Gesellschaft. Der Einspruch und die Klage dagegen wurden abgewiesen. Die Klägerin wandte sich gegen die Nichtzulassung der Revision. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem BFH wies das FA darauf hin, dass die Klägerin als britische Limited mittlerweile als Drittstaatengesellschaft zu qualifizieren sei.

Der BFH bestätigte die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin im Beschwerdeverfahren.

Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (UK) aus der Europäischen Union („Brexit“) habe sich der zivilrechtliche Status einer nach dem Recht des UK gegründeten Kapitalgesellschaft in Form der Limited geändert. Als Gesellschaft eines Drittstaates mit inländischen Verwaltungssitz könne sie sich nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union berufen, weshalb die sogen. Sitztheorie für die Bestimmung der Rechtsfähigkeit greife (BGH, Urteil vom 27.10.2008 - II ZR 158/06 -). Dies führe zum Verlust der Rechtsfähigkeit (BGH aaO.).  

Anmerkung: In einem Verfahren vor dem Kartellsenat des OLG München (Urteil vom 05.08.2021 -29 U 2411/21 Kart -) und die Rechts- und damit Parteifähigkeit der Limited nach § 50 Abs. 1 ZPO als Prozessvoraussetzung negiert. In den Leitsätzen der Entscheidung dazu heißt es:

„1. Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, nach der sogenannten milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder - bei nur einer Gesellschafterin - als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln.

2. Eine Fortgeltung der Gründungstheorie mit der Konsequenz der fortbestehenden Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited trotz tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland wie unter der Geltung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49, 54 AEUV folgt nicht aus dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vom 24. Dezember 2020 (ABl. L 444/2020 vom 31. Dezember 2020), weil es keine Vorschriften enthält, die ausdrücklich und unmittelbar die Niederlassungsfreiheit gewähren, sondern sich aus seinem Anhang SERVIN-1 Nr. 10 vielmehr ergibt, dass die Parteien des Abkommens die Niederlassungsfreiheit gerade nicht in Bezug nehmen oder vereinbaren wollten.“

Für die Beteiligungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des UK mit Verwaltungssitz in Deutschland sah dies der BFH etwas differenzierter. Zwar läge ein Verlust der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft vor, doch ließe dies ihre Qualifikation als Körperschaftsteuersubjekt iSv. §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 KStG unberührt, was auch von § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairen Steuerwettbewerb (StAbwG) in allen offenen Fällen nach § 34 Abs. 3c KStG für ertragssteuerliche Zwecke nachmals klargestellt sei. Für die körperschaftsteuerliche Behandlung einer ausländischen Gesellschaft käme es nicht auf die Rechtsfähigkeit derselben an, sondern auf den Typenvergleich. Aus diesem Vergleich folge aber, dass die britische Limited als Körperschaftsteuersubjekt zu behandeln sei.

Aus dieser Behandlung sei verfahrensrechtlich auch deren Fähigkeit, Beteiligte in einem finanzgerichtlichen Verfahren zu sein, zu bejahen. Im finanzgerichtlichen Verfahren richte sich die Beteiligtenfähigkeit nicht nach der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit, sondern nach der Steuerrechtsfähigkeit. Es entspräche der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass - selbst bei zivilrechtlicher Vollbeendigung einer Gesellschaft - die Beteiligtenfähigkeit bis zur Abwicklung der steuerrechtlichen Rechtsbeziehung andauere, weshalb hier die Klägerin als britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland auch die Beschwerde hätte einlegen können.

In der Sache wurde allerdings die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die rechtsgrundsätzliche Bedeutung sei nicht in einer den Anforderungen des § 117 Abs. 3 S. 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden.

BFH, Beschluss vom 13.10.2021 - 1 B 31/21 -

Dienstag, 8. November 2016

Löschung einer ausländischen Gesellschaft im Register und Folgen für deren inländisches Vermögen (Spalt-/Restgesellschaft)

Im Streitfall machte die Klägerin Ansprüche gegen eine Ltd. &  Co. KG geltend. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage beantragte sie zunächst festzustellen, dass die Beklagte noch parteifähig sei. Gegen das dies bejahende Zwischenurteil legte die Beklage Berufung ein, auf die die landgerichtliche Entscheidung aufgehoben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen wurde. Das OLG hielt fest, dass die KG nicht parteifähig fortbestanden habe, sondern nicht mehr existiere, weshalb eine gegen sie gerichtete Klage von Anbeginn an unzulässig gewesen sei.

Die Berufung der Beklagten sei allerdings zulässig, da im Streit um die subjektive Prozessvoraussetzung die KG als parteifähig anzusehen ist. Andernfalls könnte sie sich (wie hier) nicht notwendig gegen eine Klage oder fehlerhafte Entscheidung verteidigen.

Allerdings habe das Landgericht das Erlöschen der KG verkannt, welches im Handelsregister gewahrt wurde. Die Gesellschaft wurde durch Ausscheiden ihres einzigen Gesellschafters, der KMD Ltd., aufgelöst. Eine Liquidation fand nicht statt und das Handelsgeschäft wäre von der einzigen Gesellschafterin, der KPL Ltd. Übernommen worden.  Durch den Austritt der einzigen Kommanditistin sei die Gesellschaft qua Gesetz in ein einzelkaufmännisches Unternehmen umgewandelt und das Vermögen der KG sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die einzig übrig gebliebene Gesellschafterin (KPL Ltd.) übergegangen, §§ 105, 131 HGB.

Damit erweist sich das Zwischenurteil des Landgerichts bereits als falsch. Für das weitere Verfahren vor dem Landgericht hielt das Oberlandesgericht in seinem Urteil fest:

Die im englischen Register gelöschte KPL Ltd. würde insoweit weiter als passiv fortbestehend gelten bzw. ihre Parteifähigkeit fingiert werden, soweit bei ihr als Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin noch Vermögen vorhanden sei.

Mit dem erlöschend er englischen Limited würde das sich in Deutschland befindliche Vermögen derselben nicht automatisch der britischen Krone zufallen. Vielmehr würde die Limited zum Zwecke der Liquidation als Rest- oder Spaltgesellschaft fortbestehen, solange sie Vermögen besitzt, welches einem anderen Rechtsträger nicht zugeordnet werden könne. Daraus folge eine aktive wie auch passive Parteifähigkeit. Auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 06.10.1960 – VII ZR 136/59 – (ergangen nach ausländischer Konfiskation von Mitgliedschaftsrechten), geht das OLG zutreffend davon aus, dass diese Rest- bzw. Spaltgesellschaft als juristische Person fortbesteht, nicht als GbR oder oHG. Durch die Löschung der Limited in England würde es zwar zum Heimfall deren Vermögen auf die britische Krone kommen; allerdings gälte das sogen. Territorialprinzip mit der  Folge, dass vom Heimfall im Ausland (hier: Deutschland) belegendes vermögen ausgenommen ist.

Stellungnahme: Der Entscheidung ist vollumfänglich zuzustimmen. Die Rechtsproblematik trat in Deutschland nach Bildung der BRD auf der einen und der DDR auf der anderen Seite auf. Gesellschaften, deren Sitz in der DDR war, hatten häufig im Bereich der BRD Vermögenswerte. Diese Vermögenswerte wurden auf der Grundlage der Konstruktion der Spaltgesellschaft als selbständige juristische Personen anerkannt.

Ob nun, wie damals in Deutschland, der eigentliche Rechtsträger in einem anderen Staat umgewandelt wird, ein staatseigener Betrieb wird oder gelöscht wird, ist für die Fragestellung zum verbliebenen Vermögen im „Inland“ nicht von Bedeutung. Da eine Liquidation einer Gesellschaft stets die Gesamtabwicklung erfordert, ist die Behandlung der im ausländischen Register gelöschten Gesellschaft als parteifähige juristische Person in Form der Rest-/Spaltgesellschaft nur konsequent.



OLG Brandenburg, Urteil vom 27.07.2016 – 7 U 52/15 -