Dienstag, 6. Dezember 2016

Einwurf-Einschreiben – rechtliche Gleichstellung mit dem Einschreiben-Rückschein ?

Ausgangsfall: Die Beklagte wurde mittels Einwurf-Einschreiben von der Klägerin, einer GmbH, aufgefordert, einen angeblich noch offenen Betrag von € 15.000,00 auf deren Stammkapital zu zahlen und für den Fall der Nichteinhaltung der Frist gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GmbHG den Ausschluss aus der Gesellschaft angedroht. Da Zahlung nicht erfolgte, wurde der Anteil der Beklagten kaduziert. Das Landgericht hat auf die Widerklage der Beklagten die Kaduzierung für Unwirksam erklärt. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin war erfolgreich. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Widerklageantrag weiter.

Streitpunkt war, ob die Kaduzierung nach § 21 Abs. 2 und 3 GmbHG deshalb unwirksam ist, da das Schreiben der Beklagten nur als Einwurf-Einschreiben überlassen wurde, da sich die Beklagte auf den Standpunkt stellte, dies genüge nicht den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG. Danach hat die Mitteilung durch „eingeschriebenen Brief“ erfolgen. Hintergrund der Fragestellung war hier nicht, ob es sich bei dem Einwurf-Einschreiben an sich um einen „eingeschriebenen Brief“ handelt, sondern, ob dies mit der Wortwahl in der aus dem Jahre 1892 gab es nur das Übergabe-Einschreiben; das Einwurf-Einschreiben wurde 1997 eingeführt.

Vor diesem Hintergrund schließt der BGH zutreffend aus, dass sich der historische Gesetzgeber Gedanken über eine andere Form des Zugangs des Einschreibens als qua Übergabe gemacht habe. Allerdings lasse sich daraus nicht der Ausschluss des Einwurf-Einschreibens als Form des § 21 Abs. 1 S. 2 GmbHG herleiten. Zwar habe das BVerwG mit einem Urteil vom 19.09.2000 – 9 C 7/00 – zu § 2 Abs. 1 VwZG entschieden, ein Einwurf-Einschreiben sie nicht ausreichend; dies habe aber zum Hintergrund gehabt, dass in der Norm ausdrücklich die Übergabe benannt sei. So läge es hier nicht. Zu beachten sei auch, dass es auf die Zugangssicherung ankäme. Hier wäre auf § 130 BGB abzustellen.

Diese Zugangssicherung sei aber mit dem Einwurf-Einschreiben gewahrt. Die Sicherung des Zugangs sei so höher als bei dem Übergabe-Einschreiben (Einschreiben-Rückschein), da bei diesem lediglich eine Benachrichtigung über die Hinterlegung auf dem Postamt erfolgt, wenn der Empfänger nicht angetroffen wird.  Und es gäbe auch – auf Wunsch des Kunden – eine Reproduktion des elektronisch archivierten Auslieferungsbelegs: Unmittelbar vor dem Einwurf zieht der Postbote  das „Peel-off-Label“ ab, das zur Identifizierung der Sendung dient und klebt es auf einen vorbereiteten Auslieferungsbeleg. Auf diesem bestätigt er durch Datumsangabe und seine Unterschrift die Zustellung. Bei Einhaltung des Verfahrens wäre der Schluss gerechtfertigt, dass die Sendung tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangte. Für den Absender spräche damit bei Vorlage von Einlieferungsschein und Reproduktion des Auslieferungsbelegs der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Brief durch Einlegen in den Briefkasten dem Empfänger zugegangen ist.

Anmerkung: Der Entscheidung kommt auch außerhalb der Regelung des § 21 Abs. 1 S. 2 GmbHG grundsätzliche Bedeutung zu. Wurde bisher meist der Zugangsnachweis negiert, wird er jetzt grundsätzlich anzunehmen sein, es sei denn, der Empfänger widerlegt dies.

Die Negativbeweisführung dürfte dem Empfänger schwer fallen. Im Hinblick aber auf die sich häufende Fehlzustellung von Post, wie sie auch der Verfasser nahezu täglich bei der dem eigenen Posteingang feststellt, erscheint ohnehin die Vereinfachung der Zustellung mittels des Einwurfs in den Briefkasten mehr als fraglich, da teilweise die Formulare dafür bereits vorbereitet mitgebracht werden, beim Einwurf der Briefkasten, teilweise gar das Haus und der Empfänger, nicht korrekt beachtet werden. Hier wird derjenige, der von solchen Vorgängen bei der Postzustellung betroffen ist, dafür Sorge tragen müssen, dies künftighin genau zu dokumentieren, um über die Unzuverlässigkeit der Zustellung den Anscheinsbeweis eventuell erschüttern zu können. Ein probates Mittel der Dokumentation der Fehlzustellung ist die Beschwerde bei der Bundesnetzagentur (Tulpenfeld 4, 53113 Bonn, info@bentza.de).


BGH, Urteil vom 27.09.2016 – II ZR 299/15 -

Montag, 5. Dezember 2016

Mietrecht: Zeitpunkt der Kenntnis von einem Dritten für eine Räumungsverfügung gem. § 240a Abs. 2 ZPO

Der Verfügungskläger hatte ein Räumungsurteil gegen den Sohn des Verfügungsbeklagten erwirkt. In dem Räumungsprozess wurde im Berufungsverfahren von dem beklagten Sohn und seine Frau vortragen, dass der Verfügungsbeklagte auch auf dem Grundstück aufgenommen worden wäre. Er ist dort seit dem 20.06.2015 gemeldet, wovon der Verfügungskläger am 10.07.2015 erfuhr. Mit Urteil des Landgerichts vom 19.10.2015 wurde die Berufung gegen das Räumungsurteil zurückgewiesen.
Das Amtsgericht hat bereits mit einem Urteil vom 05.10.2015 auf Antrag des Verfügungsklägers den Verfügungsbeklagten auf Räumung und Herausgabe verurteilt. Es bejahte die Zulässigkeit einer Entscheidung durch einstweilige Verfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO mit der Begründung, der Verfügungskläger habe erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom Besitz des Verfügungsbeklagten erfahren.

Die vom Berufungsbeklagten gegen die Entscheidung des Amtsgerichts eingelegte Berufung wurde vom Landgericht zurückgewiesen.

Insbesondere sei der Verfügungsbeklagte Dritter iSv. § 940a Abs. 2 ZPO. Dritter sei jeder, der nicht mit dem Mieter identisch ist und mit dessen Willen oder dessen Duldung Besitz oder Mitbesitz habe. Dies gelte auch für Ehe- und Lebenspartner sowie andere Familienangehörige, soweit es sich nicht, wie bei minderjährigen Kindern, um Besitzdiener handele. Ein Indiz für den Besitz sei hier die Anmeldung des Verfügungsbeklagten.

Nach Auffassung des Landgerichts musste der Verfügungskläger auch nicht im Berufungsrechtszug betreffend der Räumungsklage eine Klageerweiterung gegen den Verfügungsbeklagten vornehmen, da es für die Kenntnis nach § 940a Abs. 2 ZPO nach seiner Ansicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren ankommt. Die Kommentierung würde bei dem Begriff „Schluss der mündlichen Verhandlung“ überwiegend nicht auf die Frage der Instanz eingehen.  Das LG Berlin würde ein Abstellen auf die letzte mündliche Verhandlung in erster Instanz nicht abstellen, während z.B. bei Schmidt-Futterer darauf abgestellt würde.

Das LG Frankfurt/Oder schließt sich der Auffassung von Schmidt-Futterer an. Es bezieht sich auf die Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drs. 17/11894, S. 25, rechte Spalte), wonach dem Vermieter das Instrument des § 940a Abs. 2 ZPO nur dann an die Hand gegeben werden soll, wenn er mangels Kenntnis nicht schon das Hauptsacheverfahren auf den Mitbesitzer erstrecken konnte. Diese Erstreckung wäre im Berufungsverfahren nur im Wege der Parteierweiterung möglich, die dort nach §§ 533, 263 ZPO weitgehenden Beschränklungen unterliege. So bedarf sie der Zustimmung des neuen Beklagten, die nur dann entbehrlich sei, wenn sie rechtsmissbräuchlich sei. Damit läge, anders als vom LG Berlin angenommen, eine von § 767 Abs. 2 ZPO abweichende Konstellation vor. Es wäre hier im Rahmen des § 940a Abs. 2 ZPO unangemessen, den Vermieter auf die ungewisse Möglichkeit der Parteierweiterung zu verweisen, weshalb maßgeblicher Zeitpunkt derjenige des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz ist.


LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 18.04.2016 – 16 S 151/15 -

Montag, 28. November 2016

Fitnessstudio: Kündigungsfrist bei Krankheit

Krankheit kann u.U. eine fristlose Kündigung des Vertrages mit einem Fitnessstudio rechtfertigen. Das Landgericht Darmstadt hat in seiner Entscheidung über die Berufung einer Nutzerin, die sich gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung weiteren Nutzungsentgeltes wandte, dahinstehen lassen, ob auch im Rahmen des § 314 Abs. 3 BGB die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB heranzuziehen sei. Da die beklagte Nutzerin von ihrer zur Sportunfähigkeit führenden Erkrankung seit dem 11.06.2014 wusste, allerdings erst eingehend bei der Klägerin am 13.08.2014 kündigte, sei die Frist nicht mehr angemessen im, Sinne des § 314 Abs. 3 BGB. In Ansehung der widerstreitenden Interessen könne die Beklagte nicht bei der Diagnose einer fortan bestehenden Sportunfähigkeit nach Belieben mit einer Kündigung zuwarten.

Zur vorausgegangenen Entscheidung >  AG Langen vom 30.05.2016 - 172/15 (11) -


LG Darmstadt, Urteil vom 19.10.2016 – 21 S 80/16 -

Samstag, 26. November 2016

Bonusleistungen der Krankenkasse sind nicht steuerpflichtig

Die Kläger, die im Streitjahr 2012 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielten, machten in ihrer Einkommensteuererklärung die Arbeitnehmeranteile zur Kranken- und Pflegeversicherung und ferner die sowie ferner die Beiträge des Klägers zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG geltend. Das Finanzamt kürzte die Sonderausgaben um Beitragsrückerstattungen in Höhe von € 911,00. Hierin enthalten waren auch € 150,00, die der Klägerin von ihrer gesetzlichen Krankenkasse (BKK) als Kostenerstattung für Gesundheitsmaßnahmen im Rahmen eines Bonusprogramms gewährt wurden. Die BKK hatte zwei Varianten in ihrem Bonusprogramm in ihrem Bonusmodell, mit dem sie bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen anbot, bereitgestellt: Nach der einen Variante erhielten die beitragszahlenden Mitglieder € 40,00/Jahr ausgezahlt. Nach der anderen Variante beteiligte sich die BKK mit einem jährlichen Zuschuss von bis zu € 150,00 an Vorsorge- und Gesundheitsmaßnahmen, die vom Mitglied privat finanziert werden.

Der von den zusammenveranlagten Klägern gegen die Einkommensteuerbescheid eingelegte Widerspruch in Bezug auf die Verrechnung der € 150,00 mit den Aufwendungen für die Krankenversicherung wurde vom Finanzamt zurückgewiesen. Der Klage der Eheleute wurde stattgegeben; die Revision des beklagten Finanzamtes wurde vom BFH zurückgewiesen.

Der BFH wies darauf hin, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG als Sonderausgaben steuerlich zu berücksichtigen sind und damit die Steuerlast schmälern. Allerdings könnten nur solche Aufwendungen abgezogen werden, die auch tatsächlich entstanden sind. Bei Beitragsrückerstattungen müsse es von daher zu einer Verrechnung kommen. Das fragliche Bonusmodell mit einem Zuschuss von bis zu € 150,00 umfasse zwar Vorsorgemaßnahmen, die nicht Teil des Basisschutzes des Krankenversicherers sind, aber gleichfalls der Prävention dienen. Rechtsgrundlage der Erstattung sei § 65a SGB V. Vorliegend, so der BFH, sei der Steuerpflichtige durch die Bonuszahlung nicht von seinen Belastungen zur Krankenversicherung nicht entlastet worden und erfolgte auch keine Erstattung von Aufwendungen dazu. Vielmehr seien nur die zusätzlichen Gesundheitsaufwendungen des Steuerpflichtigen durch den Bonus reduziert worden. Der Umstand, dass auch die BKK die Zahlung als Erstattung von Beitrag angesehen habe, sei unerheblich. Es sei nicht entscheidend, ob durch das Bonusprogramm nach § 65a SGB V eine Entlastung des Beitragszahlers bezweckt sei, da in deren Folge auch die Aufwendungen aus der Basisversicherung verringert werden könnten. Offen könne bleiben, ob es sich hier um eine steuerfreie Leistung aus der Krankenversicherung nach § 3 Abs. 1 Buchst. a EStG oder um nicht steuerbare Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 7 EStG handele.


BFH, Urteil vom 01.06.2016 – X R 17/15 -

Samstag, 19. November 2016

Arbeitsrecht: Abfindungsvereinbarung und Zahlung vor Fälligkeit

Es stellt sich nicht als Ausnahme dar, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses die Parteien eine Vereinbarung über eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung vereinbaren und damit den Rechtsstreit eischließlich das Arbeitsverhältnis beenden. Doch auch hier sind Fallstricke zu beachten.


In dem Ausgangsverfahren hatten die Parteien am 19.04.2011 einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2011 enden solle, bis zu diesem Zeitpunkt das Gehalt weiter gezahlt werden sollte, aber der Kläger als Arbeitnehmer das Recht haben sollte, vorzeitig das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Weiter wurde eine Abfindung in Höhe von € 47.500,00 vereinbart, die „mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonats folgenden Kalendermonats ausbezahlt“ werden sollte. Der Kläger schied zum 31.12.2011 aus; die Beklagte zahlte die Abfindung zusammen mit dem Dezembergehalt aus, so dass es zur Gutschrift bei dem Kläger am 30.12.2011 kam.

Der Kläger begehrte nunmehr im Folgeverfahren von der Beklagten die Zahlung von € 4.655,72 zuzüglich Steuerberaterkosten mit der Begründung, die Zahlung im Dezember 20911 sei nach dem Vergleich verfrüht gewesen und habe durch die zu frühe Ausgleichung zu dem benannten Steuerschaden bei ihm geführt. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das BAG wies auch die Revision zurück.

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts, der das BAG folgt, haben die Parteien in dem Vergleich eine Fälligkeitsvereinbarung getroffen und keinen fixen Auszahlungstermin bestimmt. Damit aber greift die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB, wonach zwar der Kläger die Zahlung der Abfindung nicht vor dem 31.12.2011 fordern konnte, die Beklagte sie aber gleichwohl vorher bewirken durfte. Für die Auslegung ist auf §§ 133, 157 BGB zurückzugreifen. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut, der hier nicht für die Auffassung des Klägers spricht, dass die beklagte erst mit Ablauf des 31.12. hätte zahlen dürfen. Weiterhin sind außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände wie auch die Interessenslage zu berücksichtigen. Aus der Natur des Prozessvergleichs ergäbe sich nicht, dass der Kläger ein Interesse daran haben könnte, die Abfindung erst im Monat nach dem Vertragsende entgegen nehmen zu müssen. Auch wenn mit dem Vergleich ein gewisser Ausgleich geschaffen werden sollte, ergäbe sich daraus nur, dass zwischen der Abfindung und der Beendigung ein gewisser Zusammenhang bestand, nicht aber, dass eine vorzeitige Zahlung ausgeschlossen werden sollte. Auch gäbe es keine Verkehrssitte, wonach Abfindungen aus steuerlichen Gründen erst im Folgejahr gezahlt würden. Das BAG weist darauf hin, dass sich der steuerlich günstigste Zuflusszeitpunkt in der Regel auch nicht im Vorhinein bestimmen lasse, da dies von den individuellen Verhältnissen und Einkünften in den Jahren abhänge.

Anmerkung: Der Arbeitnehmer wird am ehesten prüfen und feststellen können, wann eventuell eine Zahlung der Abfindung für ihn am Günstigsten ist. Dies sollte er berücksichtigen und die entsprechenden Zahlungen im Rahmen des Vergleichs terminlich bindend unter Ausschluß einer Vorauszahlungsmöglichkeit fixieren.


BAG, Urteil vom 23.06.2016 – 8 AZR 757/14 -

Betriebskosten: Notwendiger Inhalt im Vertrag und Auslegung

In dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Formularmietvertrag war bei Betriebskosten sowohl die Variante „Vorauszahlung“ als auch „Abrechnung“ angekreuzt; welche Betriebskosten im Einzelnen umgelegt werden sollte, ergab sich aus dem Vertrag nicht.

Der BGH bekräftigte, dass sich aus dem ersichtlichen versehen des doppelten Ankreuzens nicht ergeben würde, dass keinerlei Betriebskosten zu zahlen sind. Vielmehr ist nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, was die Parteien wollten.  

Auch der Umstand, dass die umlegungsfähigen bzw. von der Pauschale umfassten Betriebskosten nicht benannt wurden, sei unschädlich. Ihrer Aufnahme bedürfe es auch im Rahmen der Wohnraummiete nicht, da sich die umlegungsfähigen Kosten aus der Betriebskostenordnung gem. § 556 Abs. 1 BGB ergäben.


BGH, Hinweisbeschluss vom 07.06.2016 – VIII ZR 274/15 -

Sonntag, 13. November 2016

Haftung des Versicherungsmakler: Zum Inhalt und Umfang der Beratungs- und Aufklärungspflicht

Der Versicherungsmakler ist Vertreter des Versicherungsnehmers; mit seiner Hilfe will der (künftige) Versicherungsnehmers eine auf seine Bedürfnisse geschnittene Versicherung abschließen. So zumindest die Idealvorstellung.

Die Klägerin machte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend, nachdem es bei ihr infolge eines Fehlalarms zur Auslösung der Sprinkleranlage kam und dadurch die Halle mit Löschschaum gefüllt wurde. Dadurch seien von der Betriebsunterbrechungsversicherung nicht gedeckte Schäden von mehr als € 10 Mio. entstanden. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Auf die Revision erfolgte die Zurückverweisung an das OLG.

Grundlage eines möglichen Anspruchs gegen den Versicherungsmakler ist § 280 Abs. 1 BGB (heute als lex specialis §§ 59ff VVG, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitigen Maklervertrages noch nicht galten). Zu den Pflichten des Versicherungsmakler führte der BGH aus, dieser sei Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers; er müssen für diesen individuellen, auf das entsprechende Objekt passenden Versicherungsschutz besorgen, oft kurzfrostig. Von daher würde er über einen Geschäftsbesorgungsvertrag meist zur Tätigkeit für den Versicherungsnehmers, auch zum Abschluss des Vertrages,  verpflichtet. Der Versicherungsmakler würde von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt prüfen und den Versicherungsnehmer als seinen Auftraggeber stets unterrichtet halten. Vor diesem Hintergrund könne der Versicherungsmakler als treuhändlerähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers bezeichnet werden und mit einem sonstigen Berater verglichen werden. Dies unabhängig davon, ob die Provision des Versicherungsmaklers von dem Versicherer getragen würde.

Es sei vorliegend nicht erwiesen, dass die Klägerin von der Beklagten die Vermittlung eines umfassenden, alle Risiken abdeckenden Versicherungsschutzes bei der Betriebsunterbrechungsversicherung verlangt habe. Entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts würde dies aber einem Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht entgegenstehen. Zwar sei von der beklagte darauf hingewiesen worden, dass gegenüber der Klägerin Versicherungslücken aufgezeigt worden wären. Allerdings erfülle der Versicherungsmakler seine Pflicht nicht alleine dadurch, dass er auf alle Risiken hinweist und anrät, gegen alle diese Risiken zu versichern. Vielmehr bestünde die pflichtgemäße Beratung in einem am konkreten Bedarf des Versicherungsnehmers orientierten Hinweis auf eine sach- und interessengerechte Versicherung und darüber hinaus in einer Information über die dafür erforderlichen Kosten. Entsprechendes sei von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Da in der Betriebsunterbrechungsversicherung eine Vielzahl von Risiken einzeln wie auch zusammen versicherbar wären, wäre die Empfehlung, alle Unternehmen der Gruppe gegen alle Risiken zu versichern, verfehlt und ersichtlich nicht sachgerecht.

Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherungsnehmer unmissverständlich klar macht, dass er keine weitere Beratung wolle und darauf verzichte.

Dem Versicherungsmakler trifft für die Erfüllung der Aufklärungs- und Beratungspflicht die sekundäre Beweislast, für einen Verzicht des Versicherungsnehmers die Darlegungs- und Beweislast.


BGH, Urteil vom 10.03.2016 – I ZR 147/14 -