§ 11 Abs. 1a GwG sieht vor, dass eine Bank eine Auszahlung oder
Überweisung bei Verdacht auf Geldwäsche „frühestens“ durchgeführt werden darf,
wenn entweder die Staatsanwaltschaft zustimmt oder „der zweite Tag nach dem Abgangstag der Meldung“ verstrichen ist,
ohne dass die Durchführung von der Staatsanwaltschaft untersagt wurde. Besagt
dies, dass - meldet sich die
Staatsanwaltschaft nicht - die Bank die
Auszahlung/Überweisung nach Gutdünken zurückhalten kann ? Haftet die Bank dem
Kunden für einen Schaden, der daraus resultiert, dass die Zahlungen nicht
weisungsgemäß durchgeführt wurden, wenn sich der Geldwäscheverdacht nicht
bestätigt und die Bank den Zeitraum von zwei Tagen überschreitet ?
Im konkreten Fall hatte die
Deutsche Bank Geldwäscheverdacht angenommen und von daher eine Verdachtsanzeige
am 23.01.2014 gem. § 11 GwG erstattet. Ihr war bekannt gewesen, dass die
Staatsanwaltschaft bereits gegen den Kunden ebenfalls wegen Geldwäsche
ermittelte. Eine Mitteilung an den Kunden unterließ die Deutsche Bank
(zutreffend, § 12 GwG). Am 11.02.2014 erteilte der Kunde einen
Überweisungsauftrag für eine SWIFT-Überweisung von seinem US-Dollar-Konto nach
Amsterdam (für einen Schiffstransport); diesen als auch nachfolgende
Überweisungs- bzw. Auszahlungsaufträge des Kunden führte die Deutsche Bank (mit
verschiedenen „Ausreden“) nicht durch. Schließlich erhob der Kunde unter dem
20.02.2014 Klage gegen die Deutsche Bank auf Auszahlung von insgesamt ca. €
32.000,00, wobei zwischenzeitlich teilweise bereits Zahlungen (wie z.B. der
SWIFT-Auftrag) durchgeführt waren. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
wurde lediglich materiell noch um Kosten gestritten, einschließlich der
Verfahrenskosten. Das Landgericht Frankfurt (2-05 O 87/14 -) hat die Klage
kostenpflichtig abgewiesen, da es sich auf den Standpunkt stellte, die Deutsche
Bank wäre zum Zurückhalten des Geldes berechtigt gewesen. Dabei hat es sich im
wesentlichen auf „Auslegungshinweise“ zu § 11 GwG des Bundesministeriums für
Finanzen vom 31.01.2014 bezogen (also nicht auf Gesetzesmaterialien, sondern
auf eine reine nachträgliche ministerielle Auslegung der Gesetzesbestimmung),
die es immerhin auf drei Seiten der zehnseitigen Entscheidung im Wortlaut
zitierte.
Die Entscheidung des Landgerichts
verkennt die Bedeutung und Tragweite der Regelung in § 11 Abs. 1a GwG und setzt
sich damit auch nicht auseinander. Es geht nicht auf die in der Norm enthaltene
Frist von zwei Tagen ein. Darauf hätte es aber eines Eingehens auch vor dem
Hintergrund bedurft, dass nach dem eigenen Vortrag der Deutschen Bank die
Verdachtsanzeige am 23.01.2014 erfolgte, die nicht durchgeführten Aufträge ab
dem 11.02.2014 datierten, also eine Zeit von 2,5 Wochen nach der
Verdachtsanzeige.
Nach dem Wortlaut des § 11 Abs.
1a GwG kann man auch davon ausgehen,
dass eine Verdachtsanzeige in jedem Einzelfall eines
entsprechenden Zahlungseingangs auf dem Konto oder einer Zahlungsanweisung von
dem Konto erfolgt. Dafür könnte die Formulierung sprechen, „Eine angetragene Transaktion darf frühestens
durchgeführt werden… wenn der zweite Werktag nach dem Abgangstag der Meldung
verstrichen ist“. In diesem Fall würde die Sperre der beabsichtigten
Transaktion vom Konto zumindest jeweils zwei Tage ab der Verdachtsanzeige
betragen. Hier aber hatte die Deutsch
e Bank nach eigenen Angaben lediglich
einmal, nämlich am 23.01.2014 die Meldung getätigt. Der 23.01.2014 war ein
Donnerstag, weshalb der zweite Werktag der 27.01.2014 war ( § 193 BGB). Durfte von daher die Deutsche Bank eine
Transaktion noch am 11.02.2014 und danach unter (nachträglicher) Berufung auf §
11 GwG unterlassen, nachdem die Staatsanwaltschaft innerhalb dieser Zeit nicht
tätig wurde ?
Das Landgericht Frankfurt hat
sich in seiner Entscheidung damit nicht auseinandergesetzt sondern lediglich
festgestellt, dass Verdachtsmomente im Sinne des Geldwäschegsetzes angenommen
werden durften. Alleine das Vorliegen dieser Verdachtsmomente rechtfertigt aber
sicherlich nicht ein dauerndes Einfrieren von Kontenguthaben. Es bedarf hier
einer weiteren Überlegung, welcher Zeitraum als zulässig angesehen werden kann.
Ansonsten könnten sich Banken, wollen Sie z.B. größere Geldbeträge noch einige
Zeit bei sich „parken“, schlicht auf das Geldwäschegesetz berufen und
(leichthandbare) Kriterien finden, die diesen Verdacht begründen. Gibt dann
nicht die Staatsanwaltschaft unverzüglich frei, könnten sie letztlich auf Dauer
die Auszahlung verweigern, bis schließlich der Kunde (eventuell qua
gerichtlicher Entscheidung) den Negativbeweis führt.
Sinn und Zweck des Gesetzes ist
die Verhinderung der Nutzung von Konten zur Terrorismusfinanzierung und
Lagerung oder Weitergabe von Geldern aus schweren Straftaten. Nicht
beabsichtigt ist die allgemeine Erschwernis der Nutzung von Konten und des
wirtschaftlichen Verkehrs im Überweisungswesen. Damit sind die Grundsätze der
Strafverfolgung und Maßnahmen zur prophylaktischen Abwehr von Straftaten mit
dem Recht des Bürgers auf freie wirtschaftliche Betätigung abzuwägen.
Das Gesetz nennt eine
Mindestsperrzeit von zwei Werktagen nach Absenden der Verdachtsmeldung. Es
enthält keine Angaben darüber, nach welchen Kriterien hier eventuell eine
weitergehende Sperre geboten sein kann / muss. Damit aber verstößt die Norm
gegen das Bestimmtheitsgebot. Es wäre erforderlich, dass das Gesetz selbst
Kriterien benennt, die eine eventuelle Verlängerung der Frist rechtfertigen;
dies kann nicht im (nicht prüfbaren) Ermessen der Bank liegen, da eine solche
Handhabung auch zur Willkür führen kann (die der Bankkunde im Zweifel nicht
nachweisen kann). Ermangelt es aber an der Bestimmtheit der Norm, ist diese
verfassungswidrig (BVerfGE 126, 170, 208f).
Aber auch unabhängig von der
verfassungsrechtlichen Regelung hätte hier das Landgericht die Überschreitung
der Frist schon im Hinblick auf die konkreten Umstände zu Lasten der Deutschen
Bank berücksichtigen müssen. Zwar wurde von der Deutschen Bank eingewandt, dass
teilweise Beträge von über € 600.000,00 eingingen, dass über ein Konto ein
Dritter (auch) verfügen konnte pp.; allerdings ergibt sich nirgends, dass der
Inhaber eines Kontos die Bank (nachweislich) über den Sinn von Konten und über
Geldtransfers und deren Ursprung und Zweck aufklären muss. Vor diesem
Hintergrund hätte mithin die Deutsche Bank auch zu berücksichtigen gehabt, dass
zwar schon wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen ihren Kunden ermittelt
wurde, aber die Ermittlungsbehörden keine Maßnahmen in Bezug auf Konten des
Kunden ergriffen hatten (obwohl sie jederzeitige Einsicht aus der gesetzlichen
Regelungen hatten). Ferner hatte sich auch die Staatsanwaltschaft nicht
(innerhalb von zwei Werktagen, gar über einen Zeitraum von mehr als zwei
Wochen) geäußert respektive Maßnahmen ergriffen.
Unter solchen Umständen ist die
Nichtdurchführung von Überweisungen / Auszahlungen als reine Willkür anzusehen
und nicht mehr über § 11 Abs. 1a GwG gedeckt. Nach der eigenen positiven Kenntnis
der Bank, dass bereits wegen Geldwäsche gegen den Kunden ermittelt wird, ohne
dass allerdings Maßnahmen im Hinblick auf dessen Konten ergriffen werden, der
weiteren Kenntnis, dass auch nach der erfolgten Verdachtsanzeige keine
Maßnahmen erfolgten, bestand keine nachvollziehbare Überlegung, hier noch
weiter zuzuwarten. Die Abwägung zwischen Verhinderung möglicher strafrechtlich
relevanter Geldwäsche und freier wirtschaftlicher Betätigung des Kunden musste
daher jedenfalls zu Gunsten des Kunden ausfallen.
Der Rechtsfall verdeutlicht, dass
der Gesetzgeber unbeholfen, letztlich sogar für einen freien Wirtschaftsverkehr
schädlich agiert. Hier wurde die Klage (wenn auch aus fehlerhaften, da die
Rechtsfragen nicht berücksichtigenden Gründen) abgewiesen mit der Folge, dass
der Kunde die Kosten des Verfahrens zu tragen hatte. Zwar wurden die
Auszahlungen vorgenommen; alleine wegen des Verhaltens der Deutschen Bank war
er allerdings veranlasst, Klage zu erheben.
Die Frist für eine mögliche
Berufung ist noch nicht abgelaufen. Es bleibt abzuwarten, ob Berufung eingelegt
wird, bei der es materiell nur noch um die vorgerichtlichen Anwaltskosten des
Kunden (die die Berufung ermöglichen würden) und die Kosten des Rechtsstreits
gehen würde. Es bleibt zu hoffen, das er Berufung einlegt und auch das OLG
Frankfurt eine Revision zulässt, damit diese Fragen, die für den Kunden einer
Bank von auch existenzieller Bedeutung sein können, geklärt werden.