Geregelt sind im Gesetz
Kündigungen für jeweils verschiedene Mietformen (so Wohnraum und Gewerberaum).
Ein Mischmietverhältnis ist im Gesetz nicht geregelt. Damit ist jeweils zu
entscheiden, ob auf den Vertrag Wohnraum- oder Gewerberaummietrecht anzuwenden
ist. Das ist gerade für die Frage einer Kündigung bedeutsam, da die Kündigung
von Gewerberaum mangels anderweitiger vertraglicher Regelung keines Grundes
bedarf. Nach der grundlegenden
Entscheidung des BGH vom 09.07.2014 – VIII ZR 376/13 – musste sich das OLG
Frankfurt erstmals mit dieser gewandelten Rechtsprechung auseinandersetzen, die
hier den beklagten Mietern zum Erfolg verhalf.
Die Beklagten zu 1. und 2. mieteten
in einem Mehrfamilienhaus zwei Etagen an, die dergestalt getrennt waren, dass
die zweite Etage im 3. Obergeschoss des Hauses nur über die Räume der 1. Im 2.
Obergeschoss des Hauses belegene Etage mittels einer dortigen Treppe zu
erreichen waren. Die Räume in der
unteren Etage wurden als gewerblich nutzbare Räume, die im darüberliegenden
Stockwerk befindlichen Räume als Wohnräume vermietet. Es existieren (unter dem
gleichen Datum) für jede Etage gesonderte Mietverträge und ein sogenannter
Klammermietvertrag betreffend beider Etagen. Die Einzelmietverträge wurden
zudem dergestalt verknüpft, dass die Kündigung einer der Mietverträge nur
zusammen mit dem anderen Mietvertrag möglich sein sollte. Alle Mietverträge
waren auf Formularen aufgesetzt, die in der Überschrift „Wohnraum“ enthielten.
Nach Begründung des
Mietverhältnisses wurde das Haus nach WEG geteilt. Der Eigentümer der zwei streitigen
Stockwerke kündigte das bzw. die Mietverhältnisse und machte im
Räumungsrechtsstreit geltend, es gelte Gewerberaummietrecht. Er stellte sich auf den Standpunkt, der
Schwerpunkt der Mietverhältnisse läge, schon im Hinblick auf die berufliche
Tätigkeit des Beklagten zu 2. (dessen Gesellschaften auch dort ansässig waren) im
gewerblichen Bereich. Dem folgte das Landgericht und gab der Klage (mit
Ausnahme einer Gesellschaft, die bereits bei Zustellung der Klage ausgezogen
war) statt. Auf die von den Beklagten eingelegte Berufung änderte das OLG
Frankfurt das Urteil ab und wies die Klage insgesamt ab. Dabei wies das OLG auf
die zwischenzeitliche Entscheidung des BGH vom 09.07.2014 – VIII ZR 376/13 –
hin, derzufolge nicht mehr an dem bisherigen Kriterium des Lebensunterhaltes
nei der Zuordnung eines Mischmietverhältnisses festgehalten würde.
Das dritte Obergeschoss wurde
unstreitig als Wohnraum vermietet. Damit sei hier Wohnraummietrecht insgesamt
anzuwenden, da der Vertragszweck entscheidend sei. Mangels einer expliziten
Regelung im Vertrag selbst, sei der Vertragszweck entsprechend der
Rechtsprechung des BGH durch Auslegung zu ermitteln. Indizien wie Größe, Aufbau
der vertraglichen Regelungen, aber auch Miethöhe wären zu berücksichtigen. Der
Tatrichter habe gemäß der Entscheidung des BGH auf der Grundlage der
Einzelumstände den Nutzungsschwerpunkt zu ermitteln.
Nach Auffassung des OLG ließe
sich aus den Einzelverträgen und dem Klammermietvertrag selbst weder ein
Vorrang für die Wohn- noch für die Gewerbenutzung feststellen. Der Überschrift
der Vertragsformulare käme in Ansehung von § 1 derselben, der eine gewerbliche
Nutzungsmöglichkeit jeweils standardmäßig vorsehe, nicht zu. Dem
Mietpreisunterschied könne hier auch keine tragende Rolle beigemessen werden,
da sich dieser schon auf Grund der baulichen Begebenheiten verstehe, im
Hinblick auf die schwere Zugänglichkeit des 3. Obergeschosses über das zweite
Obergeschoss. Damit aber wäre im Zweifel nach
der älteren Rechtsprechung des BGH (wie vom Landgericht angenommen) von einer
gewerblichen Nutzungsart auszugehen, wenn der Mieter in den Räumen auch seinen
Lebensunterhalt verdient. Allerdings hat der BGH mit seiner Entscheidung vom
09.07.2014 dieses Kriterium ausdrücklich aufgegeben. Mithin würde damit im
Zweifel ein Wohnraummietverhältnis anzunehmen sein. Da ein Kündigungsgrund für
ein Wohnraummietverhältnis nicht angegeben wurde, wäre die Kündigung unwirksam.
OLG Frankfurt, Urteil vom 17.10.2014 - 2 U 47/14 -
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES· VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
1. Frau
2. Herr
Beklagten zu 1) und 2) und Berufungskläger,
3. Firma
Beklagten zu 3),
4. Firma
5. Firma
6. Firma
Beklagten zu 4) bis 6) und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter zu 1, 2, 4, 5, 6 und Prozessbevollmächtiger der 1.
Instanz zu 3:
Rechtsanwalt Ralf Niehus, Gerbermühlstraße 9, 60594 Frankfurt am Main
'
Gerichtsfach: 19,
Geschäftszeichen: 297/12N01
g e g e n
1. Firma
2. Frau
Kläger und Berufungsbeklagten ,
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2:
Rechtsanwältin Geschäftszeichen: 13/12 N02
hat der 2. Zivilsenat des .Oberlandesgerichts Frankfurt
am Main durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Janzen, Richterin am Oberlandesgericht Dr. Boerner und
Richterin am Landgericht Dr. Burckhardt
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2014 für Recht erkannt:
Auf die Berufung
der Bklagten zu 1), zu 2), zu 4), zu 5). und
zu
6)
wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.03.2014, Aktenzeichen: 2-12 0 366/13 teilweise abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des
· auf
Grund des . Urteils vollstreckbaren · Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 110% des jewei ls zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht
zugelassen.
I.
Die Klägerinnen nehmen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe von Mieträumen im zweiten und im dritten Obergeschoss in der in 60596 · Frankfurt am Main in Anspruch. Dabei sind die streitgegenständlichen Räume so ausgestaltet, dass das dritte Obergeschoss über
das allgemein zugängliche Treppenhaus
nicht
erreicht
werden
kann. Vielmehr können die Räume im dritten Obergeschoss nur über die „Diele" der Räume im zweiten
Obergeschoss und dann über eine innenliegende Treppe betreten
werden. Der Bodenraum des Hauses
ist
nur
über
das
dritte Obergeschoss zugänglich .
Am 01.05.1977 schlossen der Beklagte zu 2) und Frau A einen Mietvertrag über Räume im zweiten Obergeschoss des Hauses n Frankfurt am Main (Mietvertrag Anlage K 1, BI. 10 ff.). Der Mietvertrag ist als „Mietvertrag für Wohnräume" überschrieben . Vermietet wurden 5 Zimmer
, 1 Diele, 1 To ette „zu freiberuflichen Zwecken als Büro für Baustatik " (§ 1 Abs . 1b) des Mietvertrages) . Die vermietete Fläche umfasst 144,23 qm. Nach § 2 des Mietvertrages begann das Mietverhältnis
am 01.05 .1977 und wurde auf die Dauer von 60 Monaten
bis 30.04.1982 geschlossen (§ 2 Abs. 3 des Mietvertrages). Es sollte sich jeweils um 12 Monate verlängern, falls es nicht
mit den in § 2 Abs.
4 des Mietvertrages festgelegten Fristen gekündigt
wurde. Der Mietzins
sollte gemäß § 4 des Mietvertrages DM 1.700,- monatlich zuzüglich
einer monatlichen Vorauszahlungspauschale
von DM 75,- für genau bestimmte
Nebenkosten betragen. Weitere Nebenkosten waren in der Miete enthalten oder sollten gesondert nach Verbraüch
abgerechnet werden. In „§ 26 Sonstige Vereinbarungen" des Mietvertrages ist folgende Bestimmung eingefügt:
„
...
Das vermietete Geschoß
ist durch eine . offene · Treppe mit dem darüberliegenden Geschoß
verbunden. die
Räume
im
dritten
· Obergeschoß sind durch
Mietvertrag vom gleichen
Tage an Frau •
--vermietet worden. Wegen der Besonderheit
der Räumlichkeiten wird ausdrücklich vereinbart, daß der Bestand der beiden Mietverhältnisse aneinandergeknüpft wird, so daß beide Mietverhältnisse im Bestand voneinander abhängig sind und die Mieter der beiden Geschosse
gegenseitig für die Einhaltung der beiden Mietverträge haften. "
Ebenfalls am 01.05 .1977 schlossen die Beklagte
zu
1)
und
Frau A.
-
einen Mietvertrag . über Räume im dritten Obergeschoss des gleichen Gebäudes (Mietvertrag
Anlage
K 2, BI. 18 ff). Die vermietete Fläche soll 144,31 qm oder 16,45 qm betragen. Auch dieser Mietvertrag war als „Mietvertrag für Wohnräu.nw" überschrieben. „Zu Wohnzwecken" wurden gemäß § 1 Abs .. 1a) des Mietvertrages vermietet 4 Zimmer,
1 Küche,
1 Diele, 2 Bad/Duschraum, 1 Bodenraum. § 2
des Mietvertrages enthielt die gleichen Regelungen zu Laufzeit
und
Kündigungen
wie
der
Mietvertrag
mit
dem
.Beklagten zu 1). Der
Mietzins betrug monatlich
DM 500,- (§ 3 Abs. 1a) des Mietvertrages) . § 26 des Mietvertrages
enthält
wiederum
den
folgenden Zusatz:
"...
Die Räume im zweiten
Obergeschoß sind durch Mietvertrag vom gleichen
Tage an Herrn vermietet worden. Wegen der Besonderheit der Räumlichkeiten wird ausdrücklich vereinbart, daß der Bestand der beiden Mietverhältnisse aneinandergeknüpft wird, so daß beide Mietverhältnisse im Bestand voneinander abhängig sind und die
Mieter der beiden Geschosse gegenseitig für die Einhaltung der beiden Mietverträge haften."
Schließlich gibt es einen dritten
„Mietvertrag für Wohnräume" vom
01.05.1977 zwischen Frau A. als Vermieterin und der Beklagten
zu
1) und dem Beklagten zu 2) als Mietern (Anlage K 3, BI. 26 ff.). Dieser Mietvertrag
betrifft sowohl die Räume im zweiten Obergeschoß „zur freiberuflichen Nutzung als . Büro für Baustatik einschlißl. der von Wilhelm Herr betriebenen Gesellschaften" (§ 1 Abs. 1b) des Mietvertrages) als auch die Räume im ·dritten Obergeschoß „zu Wohnzwecken" (§ 1 Abs. 1a des Mietvertrages). Die Regelungen zur Mietzeit entsprechen den beiden anderen Verträgen . Der Mietzins
ist für die Räume im zweiten Obreschoss mit DM 1.700,- und ,,für die Wohnräume (drittes Obergeschoß)" mit
DM 500,-
. angegeben. Die „sonstigen Vereinbarungen" in § 26 dieses Mietvertrages enthalten keine Regelung zum Verhältnis der verschiedenen Mietverhältnisse untereinander.
Anlass für die Anmietung der Räumlichkeiten durch die Beklagten
zu 1) und zu 2) war,
dass beide eine gemeinsame Wohnung. zur Begründung einer Lebensgemeinschaft suchten.
Da die
Räume
nur
gemeinsam
angemietet werden konnten, entschloss sich der Beklagte
zu
2),
sein
damals in Gravenbruch betriebenes Ingenieurbüro
nach
Frankfurt
zu
verlegen.
Die Verlegung des ·1ngenieurbüros war allerdings
nicht Zweck der
Anmietung. Vielmehr hätten
die Beklagten zu 1) und 2) die Räume auch als Wohnraum gemietet,
wenn
eine Verlegung des Büros
in
dieses Haus nicht möglich gewesen wäre.
Die Beklagten zu 4) bis 6) hben
als
Untermieter
ihren
Sitz und ihre Geschäftsräume in der ............ in Frankfurt am Main. Bis zum 26.08.2013 hatte auch die Beklagte zu 3) ihren
Sitz und ihre Geschäftsräume dort.
Die Klägerin
zu 1) erwarb das Grundstück
. In der Folgezeit
wurde es in Wohnungseigentum
aufgeteilt. ·
Mit Schreiben vom 26.04.2012 (Anlage K 5, BI. 37 f .) kündigte die Klägerin
zu 1) gegenüber der Beklagten zu 1) das „gemeinsame[.] Mietverhältnis mit Herrn Herr gemäß Mietvertrag ab 01.05.1977 über die Mieträume im 2. und 3. Obergeschoss des Hauses in Frankfurt
am Main und den
von .. [der Beklagten zu 1] am 01.05. 1977 abgeschlossenen Mietvertrag über das 3. Obergeschoss im gleichen Haus fristgemäß zum 30.04.2013 ". Gegenüber dem Beklagten zu 2) kündigte
die Klägerin zu 1) am gleichen Tag „das gemeinsame Mietverhältnis mit Frau gemäß Mietvertrag ab 01.05. 1977 über die Mieträume im 2. und 3. Obergeschoss des Hauses in Frankfurt am Main und den ... [vom Beklagten zu 2)] am 01.05.1977 abgeschlossenen Mietvertrag über
das
2. Obergeschoss im gleichen Haus fristgemäß zum 30.04.2013" (Antage K 6, BI. 40 f.). In beiden Schreiben forderte
die Klägerin
zu 1) die Beklagten zu 1) und 2) auf, die Mieträume bis zum 30.04.2013 vertragsgemäß zurückzugeben, und widersprach ausdrücklich einer Fortsetzung der Mietverhältnisse durch · stillschweigendem Verlängerung. Die Kündigungen warf die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen am 26.04.2012 um 18.41 Uhr in
den Briefkasten der Beklagten in der ............ in Frankfurt am Main ein.
Am 10.04.2013 forderte die Klägerin zu 1) die Beklagten
zu 1) u.nd 2) erneut auf, die Mieträume und die Schlüssel
spätestens am 30.04 .2013 an die Klägerin zu 1) zurückzugeben, und widersprach erneut einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses. Die Beklagten zu 1) und 2) gaben die Räume nicht heraus.
Die Klägerin
zu 2) ist seit 29.04:2013 Eigentümerin der Wohnung im dritten Oberge-
schoss samt Dachgeschoss.
Die Klägerinnen haben behauptet, die Klägerin zu 2) habe die Wohnung von der Klägerin zu 1) durch einen Wohnungstausch erworben. Die Beklagten [wohl zu 1) und 2)] wohnten
nicht in den Mieträumen.
Die Klägerinnen haben die Auffassung vertreten, auf die Mietverträge seien die Bestimmungen des Gewerbemietrechts anwendbar. Die Klägerinnen könnten als Gesamtgläubiger gemeinsam die Herausgabe der Mieträume verlangen, da die Wohnung im dritten Obergeschoss nur über die Räume im zweiten Obergescho.ss zu
erreichen seien und da ein gemeinsamer Mietvertrag
über alle Räume mit beiden Klägerinnen bestehe.
Die Beklagten seien zur Herausgabe. aller Mieträume verpflichtet, da es einen gemeinsamen Mietvertrag über alle Mieträume
gebe und für die Klägerinnen nicht erkennbar sei, wer in welchen
Räumen sitze. .
Die Klägerinnen
haben erklärt, die Klage gegen die Beklagte zu 3) habe sich erledigt (BI. 93).
Sie haben beantragt,
die Beklagten zu verurteilen ,
die Mieträume in der ................. in 60596 Frankfurt am Main im zweiten Obergeschoss, bestehend aus 5 Zimmern, 1 Diele und 1 Toilette und im dritten Obergeschoss, bestehend aus 4 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 2 Bädern und 1 Bodenraum im Dachboden zu räumen und an die Klägerinnen herauszugeben
.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Vorsorglich
haben sie Räumungsvollstreckungsschutzantrag gestellt.
Die Beklagten haben behauptet, eine Büronutzung erfolge
lediglich im zweiten Obergeschoss . Den Beklagten zu 3) bis 6) seien die Räumlichkeiten im dritten Obergeschoss weder überlassen worden noch hätten sie zusammen
mit den Beklagten zu 1) und 2) die tatsächliche Sachherrschaft darüber gehabt.
Auch nicht alle Räume im zweiten Obergeschoss seien den Beklagten zu 3) bis 6) zur Verfügung gestellt
worden. Zur Räumung
seien die Beklagten
zu 3) bis 6) nicht aufgefordert worden.
Die Beklagten
haben die Auffassung vertreten , ein Mischmietverhältnis mit Schwerpunkt Gewerberaum liege nicht vor, da sowohl in dem gesonderten Mietvertrag
über das dritte
Obergeschoss als auch in dem Mietvertrag über beide Geschosse die verbindliche Regelung
der Wohnnutzung aufgenommen worden sei und die Wohnnutzung erhebliche Bedeutung gehabt
habe. Damit sei die Kündigung für das dritte Obergeschoss mangels Kündigungs,grund unwirksam
. Auch das Mietverhältnis über das zweite Obergeschoss habe durch · die · Kündigung wegen der Klammerfunktion des stockwerkübergreifenden Vertrages nicht beendet werden können. .
Die Klägerin zu 1) sei nur
für das Klagebegehren für das zweite Obergeschoss, die Klägerin zu 2) sei nur
für das Klagebegehren für das dritte Obergeschoss aktiv legitimiert .
Wegen des Übergehens des Vorkaufsrechts nach
§ 577 Abs. 1 S. 1 BGB hätten sich die Kläger gegenüber den Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht. Der Schadensersatzanspruch sei auf Naturalrestitution gerichtet, so dass das Nutzungsrecht jedenfalls für die Räume im dritten Obergeschoss bei den Beklagten
verbleiben müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs . 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil
(BI. 150-153 der Akte) verwiesen
.
Mit Urteil vom 07.03.2014 (Bl. 148ff) hat das Landgericht die Beklagten zu 1), 2), 4), 5) 6) zur Räumung
und Herausgabe der Räume im zweiten und im dritten Obergeschoss an die Klägerinnen verurteilt. Die Klage gegen die Beklagte zu 3) hat es abgewiesen.
Zur Begründung des Anspruchs gegen
die Beklagte zu 1) und 2) hat das Landgericht
ausgeführt , das Landgericht sei für den Rechtsstreit sachlich nach § 71 GVG zuständig
, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Mietverhältnis um ein Mischmietverhältnis mit Schwerpunkt auf der gewerblichen Nutzung handele. Eine isolierte Betrachtung der Mietverhältnisse sei schon wegen
der baulichen Gegebenheiten unsachgemäß
und entspreche nicht dem Parteiwillen, was sich aus § 26 der jeweiligen Einzelmietverträge und aus dem Abschluss des Klammermietvertrages ergebe.
Ein Mischmietverhältnis richte sich insgesamt entweder nach Wohnraummietrecht oder nach Gewerberaummietrecht, und zwar danach, welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss überwiege. Der Überschrift über die Mietverträge sei keine Bedeutung zur Feststellung des Schwerpunktes ds Mietverhältnisses beizumessen, denn die Zweckbeschreibung
im Einzelnen . sei detaillierter und hebele die Formularüberschrift aus. Nach dem schriftlich fixierten
Parteiwillen habe das zweite Obergeschoss der gewerblichen Nutzung
und das dritte Obergeschoss dem Wohnen dienen
sollen. Auf die tatsächliche Nutzung
des dritten Obergeschosses als Wohnung komme es nicht an, weil jedenfalls der Wille zur Wohnraumnutzung des dritten Obergeschosses bei Abschluss des Mietvertrages bestanden
habe. Den ausdrücklichen Vorrang eines der Zwecke hätten die Parteien
gerade nicht im Vertrag festgehalten.
Bei der Schwerpunktbestimmung im Übrigen
seien alle Umstände
des Einzelfalles wie Flächen und
Mietwert zu würdigen. Im Zweifel überwiege nach der Rechtsprechung die gewerbliche Nutzung, wenn das Mietobjekt dem Wohnen und dem Gewerbe
diene und mit
dem Gewerbe der Lebensunterhalt bestritten ·werden solle. Dies sei hier der Fall, weshalb die Schwerpunktsetzung im zweiten Obergeschoss und in der gewerblichen Nutzung anzusiedeln sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vergleich der genutzten Flächen,
deren Differenz mit 0,08 qm unbeachtlich sei. Aus dem vereinbarten Mietzins
von DM 1.700,- für die Gewerbefläche im zweiten Obergeschoss gegenüber dem . Mietzins von DM 500,- für ·den Wohnraum im dritten
Obergeschoss für fast gleich große Fläche lasse sich eindeutig
ableiten, dass der Schwerpunkt der Verm.ietung auf der Gewerbefläche liege.
Da das Mischmietverhältnis dem Gewerbemietrecht und nicht dem Wohnraummietrecht unterliege, sei die Kündigungserklärung vom 26.04.2012 formwirksam
. Die Angabe von Kündigungsgründen sei nicht erforderlich. Die. Kündigungsfrist sei eingehalten.
Damit hätten
die Beklagten (zu 1) und 2)) die Räumlichkeiten nach § 546 Abs. 1 BGB an die Klägerinnen herauszugeben. Die Klägerinnen seien wegen der besonderen räumlichen Situation
aktiv legitimiert. Die Klägerin zu 2) könne die Räume im dritten Obergeschoss nur über das zweite Obergeschoss erreichen,
so dass die Herausgabe des zweiten Obergeschoss auch . an die Klägerin zu 2) zu erfolgen habe.
Die Berufung
auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Vorkaufsrechts nach § 577 BGB könne dem Her;:iusgabeanspruch der Klägerinnen nach § 546 Abs. 1 BGB nicht
mit Erfolg entgegengehalten werden. Die Anwendbarkeit des § 577 BGB setze voraus , dass das Wohnen überwiege. Dies sei hier aber
gerade nicht der Fal.1. Damit sei unerheblich, ob die Klägerin zu 2) Eigentümerin des dritten Obergeschosses auf Grundlage eines Tausches
oder eines Kaufes geworden sei.
Im Hinblick
auf die Beklagte zu 3) habe die einseitige ·Erledigungserklärung der Klägerinnen zu einer Umwandlung des ursprünglichen Begehrens
in eine Feststellungsklage geführt,
die nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig sei. Die Feststellungsklage sei in dieser Konstellation begründet, wenn das ursprüngliche Begehren zulässig und begründet gewesen
sei und wenn ein erledigendes Ereignis nach
Rechtshängigkeit eingetreten sei.
Hier
sei
die Sitzverlegung der Beklagten zu 3) vor Rechtshängigkeit erfolgt,
so dass die Feststellungsklage im Hinblick auf die Beklagte
zu 3) unbegründet sei.
Gegenüber den Beklagten zu ·4) bis 6) könnten
die Klägerinnen Herausgabe gemäß § 546 Abs . 2 BGB verlangen. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1) und
2) liege insoweit
ein Untermietverhältnis vor. Das Hauptmietverhältnis sei beendet. Ob die Beklagten
zu 4) bis 6) Besitz innehätten, sei unbeachtlich. Auf die Tatbestandsvoraussetzungen des Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB komme
es nicht an.
Den im Termin zur mündlichen Verhandlung vorsorglich von den Beklagten gestellten
Räumungsvollstreckungsschutzantrag werte die Kammer als Antrag auf Einräumung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO. § 721 ZPO
sei bei überwiegend
gewerblichem Mietanteil anwendbar, wenn die Mietanteile baulich und funktional selbständig seien und daher
der Wohnanteil getrennt von der Gewerbefläche herausgegeben werden könnte. Genau diese Trennung lasse sie aber im vorliegenden Fall nicht vollziehen, weil der Wohnanteil ausschließlich über den Gewerbeanteil überhaupt erreichbar sei.
Gegen das ihnen am 12.03.2014 zugestellte Urteil haben die Beklagten zu 1), 2), 4), 5) und 6) am 14.03.2014 Berufung eingelegt
und
diese
nach Fristverlängerung bis 12.06.2014 am 02.06.2014 begründet.
Die Beklagte
zu 1) ist mittlerweile an Demenz erkrankt
und befindet sich derzeit in Heimbetreuung . Ob sie dort bleibt, steht nicht fest.
Die Beklagten
behaupten, der Beklagte zu 2) benutze nach wie
vor das dritte Obergeschoss zu Wohnzwecken. Die gesonderten Etagenmietverträge seien nicht aus steuerlichen
Gründen erforderlich gewesen
und abgeschlossen worden. Vielmehr seien die Mietverträge in dieser Form vorgelegt worden . Eine getrennte Nutzung
von zweitem und drittem Obergeschoss sei sehr wohl möglich, wenn der Flurbereich nach der Eingangstür zum zweiten Obergeschoss zur (Mit-)Nutzung
des Mieters im dritten
Obergeschoss freigegeben
werde .
Die Beklagten sind der Ansicht
, die Klage gegen die Beklagten
zu 4) bis 6) auf Räumung und Herausgabe der Räume im dritten Obergeschoss hätte schon deswegen abgewiesen werden
müssen, weil die Beklagten zu 4) bis 6) keinen Mitbesitz an den Räumen im dritten Obergeschoss hätten und insoweit
auch kein Untermietverhältnis bestünde. Das Landgericht hätte hinsichtlich der Räume im dritten Obergeschoss die Regelung in § 565 BGB berücksichtigen müssen.
Das Landgericht sei für den Rechtsstreit nicht zuständig gewesen
und § 573 Abs. 3 BGB sei anwendbar . Es liege kein einheitliches Mischmietverhältnis über beide Etagen vor, sondern zwei gesonderte
Mietverhältnisse . Trotz des problematischen
Zugangs zum dritten Obergeschoss handele es sich bei beiden Bereichen (zweites
und drittes Obergeschoss) um getrenntes Sonder bzw. Teileigentum. Dies setze aber gemäß §§
3 Abs. 2, 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 WEG räumliche
Abgeschlossenheit voraus . Wäre ein einheitliches Mietverhältnis für beide Stockwerke gewollt gewesen, hätte es nur eines Vertrages
bedurft. Mit den beiden weiteren
Verträgen hätten die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht
, dass hier jeweils gesonderte Rechtspositionen manifestiert werden sollten. § 26 der Etagenmietverträge spreche nicht für eine rechtliche Einheit,· sondern solle nur den Besonderheiten des Zugangs Rechnung
tragen .· Selbst wenn man in der Klausel nicht nur einen Kündigungsausschluss für lediglich eine Etage auf Mieterseite, sondern auch auf Vermieterseite sehen wollte , würde dies nicht dazu führen, dass durch die
äußere
Verknüpfung
beider
Einheiten
ein einheitlicher Mietvertrag entstehe. Vielmehr seien im Übrigen
beide Mietverträge für . sich nach den jeweils
einschlägigen Bestimmungen des Mietrechts zu behandeln. Die vom Landgericht vermisste
Vereinbarung eines Zweckvorrangs sei nach der Vorstellung der Parteien nicht erforderlich gewesen,
weil die Parteien
die Etagen ausdrücklich aufgegliedert und damit eine rechtliche Verselbständigung erreicht hätten.
Selbst wenn man eine Vertragseinheit bezüglich bei der Etagen annehmen wolle, sei dies durch die Übertragung des
Eigentums am
dritten Obergeschoss an die Klägerin
zu 2) aufgehoben . Damit liege jedenfalls im Hinblick auf die Vermieter kein Mischmietverhältnis mehr vor. Vielmehr bestünden ein reines
Wohnraummietverhältnis und ein reines Gewerberaummietverhältnis.
Bei Annahme eines Mischmietverhältnisses läge der Schwerpunkt nicht auf der gewerblichen Nutzung. Dies ergebe sich schon aus der Überschrift über die Mietverträge und daraus, dass kein Formular für Gewerberaummiete verwendet worden
bzw. der entsprechende Zµsatz in der
Überschrift nicht gestrichen worden
sei. überdies sei es den Beklagten zu 1) und 2) bei der Anmietung um den Wohnraum gegangen . Auch nach den
allgemeinen Kriterien ergebe
sich der Vertragszweck der Wohnnutzung : Die Wohnfläche . sei (geringfügig) größer als die gewerbliche Fläche. Der höhere
Mietzins für
den gewerblichen Bereich sei nicht allein prägendes Indiz für den Vertragszweck . Die Parteien
hätten für das dritte Obergeschoss ausdrücklich · die Wohnnutzung vereinbart und für alle drei Verträge Formulare für Wohnraummietverträge verwendet. Dass der Beklagte zu 2) im zweiten Obergeschoss
seinen Lebensunterhalt (mit)verdiene, könne nicht für sich für das überwiegen der gewerblichen/berufl ichen Nutzung sprechen. Schließlich gelte nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13) der Grundsatz
„im Zweifel Wohnraum".
Werde der Klammermietvertrag gekündigt
, verbleibe es noch bei den Einzelverträgen, insbesondere
bei dem Wohnraummietvertrag der Beklagten zu 1) für das dritte Obergeschoss. Auch der Mietvertrag über das zweite Obergeschoss könne dann wegen § 26 nur dann gekündigt werden
, wnn gegenüber der Beklagten zu 1) betreffend den Wohnraum im dritten Obergeschoss ein Kündigungsgrund bestehe.
Die Verurteilung
zur ·Räumung und Herausgabe an beide
Klägerinnen und die Zurückweisung des Räumungsschutzantrags sei fehlerhaft
.
Die Beklagten zu 1), 2), 4), 5), 6) beantragen,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.03.2014
- 2-12 0 366/13 - die Klage insgesamt abzuweisen
;
vorsorglich
hilfsweise weiterhin: Einräumung einer Räumungsfrist nach
§ 721
ZPO.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und
den Räumungsschutzantrag gemäß
Ziffer 3 der Berufungsschrift zurückzuweisen.
Die Klägerinnen behaupten, die Beklagten
zu 4) bis 6) hätten die tatsächliche Sachherrschaft über das dritte Obergeschoss.
Sie verteidigen das landgeiichtliche Urteil und meinen,
es liege ein Mischmietverhältnis mit überwiegend gewerblichem Charakter vor. Für beide Etagen bestehe ein einheitliches Mietverhältnis, was sich aus der Regelung
in § 26 der Etagenmietverträge und aus dem Klammermietvertrag ergebe. überdies sprächen für die Einheitlichkeit auch di gleichen Laufzeiten, der Abschluss aller Mietverträge am gleichen Tag und die Tatsache, dass die einzelnen
Etagen nicht unabhängig voneinander nutzbar seien.
Nach der .neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme es für die Einordnung eines Mischmietverhältnisses zum einen · auf das Vertragsformular,
zum anderen auf das Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehenen Fläche und insbesondere auf die Verte.ilung der Gesamtmiete
auf die einzelnen Nutzungsanteile an. Hier seien
die Verträge für Wohnraum
nur deswegen verwendet
worden, weil keine anderen Formulare
vorgelegen hätten. Die gewerbliche Nutzung
sei eindeutig individualvertraglich vereinbart worden . Die Flächen für Wohn- und Gewerberaum seien etwa gleich. Auf die gewerbliche Nutzung entfielen 78%, auf die Wohnnutzung 22% der Miete. Darüber hinaus werde
noch der Bodenraum als gewerbliches Lager
benutzt.
Die Kündigung
der Klägerin zu 1) wirke auch für die Klägerin
·zu 2), da das Eigentum erst nach Ausspruch der Kündigung übergegangen sei. Wegen der besonderen räumlichen Situation könne nur die Herausgabe an beide Klägerinnen erfolgen.
II.
Die Berufung
der Beklagten zu 1), 2), 4), 5) und 6) ist zulässig , insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und. innerhalb der verlängerten Frist begründet worden
(§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).
Die Berufung
ist begründet. Die Klägerinnen haben gegen die Beklagten zu 1),
2), 4), 5) und 6)
keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Räume im zweiten und dritten Obergeschoss in der ...... in Frankfurt am Main.
Ob die Klage beim Landgericht gemäß §§
71 Abs. 1, 23 Nr. 2a) GVG tatsächlich zulässig war, ist im Rahmen der Berufung gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nicht zu überprüfen. Diese Vorschrift gilt auch bei ausschließlicher Zuständigkeit (OLG Naumburg, Beschluss
vom 23.07.2008 (8 U 2/08), OLGR 2008, 965, juris-Rdn. 6 f.;
Heßler in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 513 Rdn. 7), wie sie in § 23 Nr. 1a) GVG für Wohnraummietverhältnisse vorgesehen ist.
Die Klägerinnen können von den Beklagten zu 1) und 2) nicht
gemäß § 546 Abs. 1 BGB Herausgabe der Räume im zweiten und dritten Obergeschoss verlangen, weil das oder die Mietverhältnis(se) nicht durch Kündigung
beendet worden sind.
Ob über die Räume im zweiten und dritten
Obergeschoss der ein einheitliches oder drei gesonderte
Mietverhältnisse begründet worden sind, kann offen ,bleiben, weil dies für die Entscheidung unerheblich ist.
Liegt ein einheitliches Mischmietverhältnis vor, gelten entweder die Vorschriften über die Wohnraummiete oder die Vorschriften über die Geschäftsraummiete . Eine Aufspaltung dergestalt , dass bezüglich
der zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten Wohnraummietrecht und bezüglich
der übrigen Räumlichkeiten Geschäftsraummietrecht anzuwenden wäre , ist nicht möglich.
Dies liefe der bei einem Mischmietverhältnis von den Parteien gewollten rechtlichen Einheit des Vertrages zuwider (vgl. nur BGH, Urteil vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13), MDR 2014 , 1017, juris-Rdn . 18, 24; Blank in: Schmidt-Futterer , Mietrecht, 11. Auflage 2013 , Vorbemerkungen zu § 535 BGB Rdn. 109).
Liegen drei Mietverhältnisse vor, ist auf den Vertrag
mit der Beklagten zu 1) über die Räume im dritten Obergeschoss das Recht der Wohnraummiete anwendbar . Ob die Beklagten zu 1) und 2) tatsächlich im dritten Obergeschoss wohnten
oder wohnen , ist unerheblich . Entscheidend
ist, welche Art der Nutzung die Parteien vertraglich vorgesehen haben, und nicht die tatsächliche Nutzung
(BGH, Urteil vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13), MDR 2014, 1017, juris-Rdn . 50; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.05.2012 (9
U 18/12), MDR 2012 , 1401, juris-Rdn. 19; Weitemeyer in: Staudinger , BGB, Neubearbeitung 2014, § 549 Rdn. 18). Für das Mietverhältnis über die Räume im zweiten Obergeschoss gilt zwar das Recht der Gewerberaummiete, aber mit der Sondervereinbarung in § 26 des Vertrages
. Der Klammermietvertrag über beide Geschosse
betrifft Wohn- und Gewerberäume und ist damit
ein Mischmietverhältnis. Hierfür
gelten wiederum entweder
die Vorschriften über die Wohnraum- oder die Vorschriften über die Geschäftsraummiete .
Auf das Mischmietverhältnis oder auf den Klammermietvertrag zwischen
den Parteien sind die Vorschriften über die Wohnraummiete anzuwenden.
Für die rechtliche Einordnung eines Mischmietverhältnisses als Wohnraum- oder Gewerberaummietverhältnis ist entscheidend, welche Nutzungsart überwiegt. Hierfür ist auf den Vertragszweck abzustellen
. Welcher Vertragszweck im Vordergrund steht, ist durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln.
Entscheidend ist der wahre, das Rechtsverhältnis prägende
Vertragszweck , also die gemeinsamen und übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragsparteien darüber, wie das Mietobjekt benutzt
werden soll und welche Art der Nutzung
im Vordergrund steht (BGH, Urteil
vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13)
, MDR 2014 , 1017, juris Rdn. 26 ff.; BGH, Urteil vom 16.04.1986 (VIII ZR 60/85),
NJW-RR 1986, 877, juris-Rdn . 24).
Fehlen ausdrückliche Regelungen, ist für die Ermittlung des nach dem Willen der
Parteien vorherrschenden Vertragszwecks auf objektive
(äußerliche) Umstände zurückzugreifen, sofern diese tragfähige
Anhaltspunkte für den Parteiwillen bilden.
Als Indiz kommt etwa die Verwendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten (Geschäftsraum- oder Wohnraummiete) zugeschnittenen Vertragsformulars in Betracht, wobei
nicht nur der Inhalt der Regelungen und die Bezeichnung des Mietverhältnisses in der Überschrift Bedeutung gewinnen kann, sondern
auch der Aufbau
der vertraglichen Regelungen (etwa
Gewerbenutzung nur als Anhang). lndizwirkung kann auch dem Flächenverhältnis und der Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen
Nutzungsanteile zukommen , woei allerdings zu berücksichtigen ist, dass für Gewrberäume regelmäßig eine höhere Miete entrichtet wird. Auch die baulichen Gegebenheiten können gegebenenfalls Rückschlüsse auf einen von den Parteien
gewollten Vorrang einer
Nutzungsart zulassen .
Das Gleiche
gilt für die Umstände im Vorfeld des Vertragsschlusses oder für das nachträgliche Verhalten der Parteien. Alle
diese Indizien sind nicht abschließend. Es obliegt dem Tatrichter, auf Grundlage
der Einzelfallumstände den Nutzungsschwerpunkt festzustellen. · (BGH, Urteil vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13), MDR 2014, 1017,
juris-Rdn . 37 ff.) .
Die Auslegung der Mietverträge durch das Landgericht ist im Rahmen der Berufung zu überprüfen. Dem Berufungsgericht obliegt eine unbeschränkte Überprüfung der vorinstanzlichen Vertragsauslegung dahin, ob diese bei Würdigung aller dafür im Einzelfall maßgeblichen Umstände sachgerecht erscheint. Die Verweisung in § 513 Abs. 1 ZPO auf § 546 ·ZPO bedeutet nicht, dass dem Berufungsgericht - wie dem Revisionsgericht - aufgegeben wäre, die Überprüfung der vorinstanzlichen Auslegung
von Individualvereinbarungen auf Verstöße gegen gesetzliche ' Auslegungsregeln sowie gegen Denk- und Erfahrungsgesetze - kurz gesagt:
auf Vertretbarkeit - zu beschränken
(BGH, Urteil vom 14.07.2004 (VIII ZR 164/03), NJW 2004 , 2751 juris -Rdn. 17).
Im vorliegenden Fall lässt sich bei der Auslegung
der Mietverträge als einheitliches Mietverhältnis und bei der Auslegung
des Klammermietvertrags nach den dargelegten Grundsätzen weder ein Vorrang
der Wohnnutzung noch ein Vorrang der Gewerbenutzung ermitteln .
Dem verwendeten Vertragsformular für Wohnraummiete
mit
der entsprechenden Überschrift kommt für die Ermittlung des Parteiwillens hier allerdings keine entscheide_nde Bedeutung zu. Denn im Vertragstext sowohl des Klammermietvertrags als auch des Einzelmietvertrags über das zweite Obergeschoss ist in § 1
ausdrücklich die gewerbliche Nutzung vereinbart . Der Einzelmietvertrag über das zweite
Obergeschoss betrifft ausschließlich Gewerberäume. Damit haben die Parteien
zu erkennen gegeben,
dass sie der .Überschrift des Mietvertrages und auch dem verwendeten Formular keine Bedeutung beimessen
wollen .
Hinzu kommt,· dass das Formular selbst in seinem § 1
Nr. 1b) die Vermietung zur gewerblichen Nutzung
vorschlägt ,
also offensichtlich auch nicht allein auf Wohnraum
bezogen sein sollte.
In § 1 Nr. 1 a) und b) des Klammervertrags sind die Nutzung
als Wohnraum und als Gewerberaum gleichwertig vereinbart , d.h. weder
die eine noch die andere Nutzungsart ist in Form eines Zusatzes
oder einer Anlage
zum Vertrag geregelt. Die Flächen für die Wohn- und die Gewerbenutzung sind nahezu gleich. Selbst wenn der Bodenraum als gewerbliches Lager
benutzt würde ,· würde dies die Flächenverteilung nicht wesentlich ändern. Zwar
unterscheidet sich die Miete beträchtlich (DM 500,- für die Wohnung und DM
1.700,- für das Büro). Dies erklärt
sich allerdings ohne weiteres mit den baulichen Gegebenheiten . Wegen
des schwierigen Zugangs zum dritten Obergeschoss kann für diese Räume nur eine deutliche geringere Miete
verlangt
werden. Überdies liegt der Mietzins, der für Gewerberäume verlangt
wird, allgemein deutlich höher. Aus den baulichen Gegebenheiten selbst lässt sich ebenfalls nichts entnehmen. Dass die Wohnung nur
durch das Büro erreicht werden kann, spricht nicht für
den Vorrang einer Nutzungsart. Die von den Klägerinnen nicht in Abrede gestellten Umstände im Vorfeld
des Vertragsschlusses, wonach
die Beklagten zu 1) und 2) ·auf der Suche nach einer Wohnung waren und. das Büro des Beklagten zu 2) nur wegen der baulichen Besonderheiten nach Frankfurt verlegten, sprechen geringfügig für eine Wohnnutzung, wobei es - wie schon ausgeführt - auf die tatsächliche Nutzung als Wohnung nicht
ankommt.
Lässt sich das überwiegen einer Nutzungsart nicht feststellen, hat der Bundesgerichtshof zunächst angenommen, dass im Zweifel
der Gewerbezweck überwiegt, wenn der Mieter die Mietsache zur Bestreitung seines Lebensunterhalts benötigt (BGH, Urteil vom 16.04.1986 (VIII ZR 60/85), NJW-RR 1986, 877, juris-Rdn. 24). Hieran hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13) ausdrücklich nicht festgehalten. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang
vor der Wohnnutzung habe, bestehe
nicht. Dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des · täglichen Lebens generell
hinter der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten solle,
lasse sich weder mit der Bedeutung der Wohnung als Ort der Verwirkl ichung
privater Lebensvorstellungen noch mit dem Stellenwert, dem das Wohnen
in der heutigen Gesellschaft zukomme,
in Einklang bringen. Es lasse
sich damit weder sagen, dass die
gewerbliche/freiberufliche NutzUng bei Mischmietverhältnissen generell
überwiege, noch umgekehrt der Erfahrungssatz aufstellen, dass die Wohnungsnutzung im Allgemeinen Vorrang vor der Nutzung zu gewerblichen/freiberuflichen Zwecken
habe. Lasse sich bei der gebotenen
Einzelfallprüfung ein überwiegen der gewerblichen Nutzung
nicht feststellen, sei von der Geltung der Vorschriften über die Wohnraummiete auszugehen. Denn ansonsten
würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen unterlaufen
(BGH, Urteil vom 09.07.2014 (VIII ZR 376/13)
, MDR 2014, 1017, juris-Rdn.
34 ff., 39).
Nach diesen Erwägungen, denen sich der Senat in vollem Umfang
anschließt, sind die Vorschriften der Wohnraummiete auf das einheitliche Mietverhältnis oder auf
den Klammermietvertrag anzuwenden.
Liegt ein einheitliches Mietverhältnis mit den Beklagten
zu 1) und zu 2) über das zweite und das dritte
Obergeschoss vor, hat die Klägerin
zu 1), die gemäß § 566 Abs. 1 durch Eigentumserwerb in das Mietverhältnis eingetreten ist, dieses
am 26 .04.2012 nicht wirksam
gekündigt. Da für das Mietverhältnis das Recht der Wohnraummiete
gilt, kommt eine ordentliche Kündigung
gemäß § 573 BGB nur bei einem berechtigten Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses in Betracht. Das Kündigungsschreiben enthält
hierzu keine Angaben (§ 573 Abs. 3 S. 1 BGB). Zu nachträglich entstandenen Kündigungsgründen ist nichts
vorgetragen (§ 573 Abs. 3 S. 2 BGB).
Auch bei
drei Mietverhältnissen liegt
keine wirksame Kündigung der Klägerin zu
1) am 26.04.2012 vor: Der Mietvertrag über das dritte Obergeschoss und der
Klammermietvertrag unterfallen dem Recht der Wohnraummiete und können nur gemäß § 573 BGB gekündigt werden. Dessen
Voraussetzungen liegen gerade nicht vor. Der Bestand
des Mietvertrages über das zweite Obergeschoss ist nach seinem
§ 26 mit dem Bestand
des Mietvertrages über das
dritte Obergeschoss verknüpft,
so dass eine Kündigung
des Vertrages über das zweite Obergeschoss ohne gleichzeitige (wirksame) Kündigung
des Vertrages über das dritte Obergeschoss nicht möglich ist. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit einer
solchen Individualvereinbarung bestehen nicht. Anhaltspunkte dafür,
dass die Vertragsparteien die Regelungen über die Wohnraummiete abbedingen wollten,
liegen - unabhängig von der Frage der rechtlichen Möglichkeit - nicht vor.
Auf die Frage, wie die Klägerin
zu 2) Eigentum an der Wohnung · im dritten Obergeschoss erworben hat und ob und gegebenenfalls wie sich das Auseinanderfallen . der Eigentümerstellurig an den beiden
Geschossen auswirkt, kommt es damit nicht an.
Ein Anspruch
der Klägerin zu 1) gegen die Beklagten zu 1) und 2) auf Herausgabe der Räume im · zweiten Obergeschoss und der Klägerin zu 2) gegen die Beklagten
zu 1) und 2) auf Herausgabe der Räume im dritten
Obergeschoss gemäß § 985 BGB besteht nicht, da die Beklagten zu 1) und 2) aufgrund
der ungekündigten Mietverträge vom 01.05 .1977 ein Recht zµm Besitz an den Räumen gemäß § 986 Abs.
1 S. 1
BGB haben.
Gegen die Beklagten
zu 4), 5) und 6) haben die Klägerinnen keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Räume im zweiten und im dritten Obergeschoss . Ein
Anspruch aus § 546 Abs. 2 BGB besteht schon deswegen nicht, weil das oder die Hauptmietverhältnis(se) zwischen den Klägerinnen und den Beklagten zu 1) und 2) nicht
beendet worden isUsind. Gegenüber einem Anspruch aus § 985 BGB können sich die Beklagten zu 4), 5) und 6) aufgrund des/der ungekündigten Hauptmietverhältnisse(s) vom 01.05.1977 auf ein von den Beklagten
zu 1) und 2) abgeleitetes Recht zum Besitz an den Räumen gemäß § 986 Abs. 1 S.
1 BGB berufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1
S. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 NL 10, 709, 711 ZPO.
Die Revision
war nicht zuzulassen
, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert
(§ 543 Abs.
2 ZPO). Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsfragen sind geklärt, insbesondere durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom .09.07.2014 (VIII ZR 376/13);
es geht hier um die Anwendung
im konkreten
Einzelfall.
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