Donnerstag, 9. März 2023

Kostenhaft für Eigentumsumschreibung im Grundbuch

Für die (nur) von der Erwerberin beantragte Eigentumsumschreibung wurden die Gerichtskosten nach GNotKG KV Nr. 14110 bei der Beteiligten zu 1. geltend gemacht, die in dem notariellen Vertrag unter § 2 (gegenüber der Erwerberin) erklärte, die Kosten und Gebühren des Vertrages nebst seiner Durchführung zu tragen. Die dagegen von der Beteiligten zu 1. Eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Eine Haftung nach § 22 Abs. 1 GNotKG schied aus, da die Beteiligte zu 1., wie das OLG feststellte, nicht Antragstellerin war. Den Antrag auf Eigentumsumschreibung im notariellen Vertrag hatte lediglich die Erwerberin gestellt.

Eine Haftung der Beteiligten zu 1. scheide auch auf der Grundlage des § 27 Nr. 2 GNotKG aus. In der in § 2 aufgenommenen Erklärung der Beteiligten zu 1. läge eine Erklärung nur gegenüber der Erwerberin, für die Kosten aufzukommen; darin läge keine wirksame Erklärung zur Haftung für die Gerichtskosten gegenüber dem Gericht.  § 27 Nr. 2 GNotKG verlange aber, dass die Erklärung gegenüber dem Gericht abgegeben wird oder diesem mitgeteilt habe. Das ergäbe sich aus der gleichlautenden Norm des § 3 Nr. 2 KostO, zu der der BGH bereits festgestellt habe, dass eine im Notarvertrag geregelte Übernahme von Notarkosten lediglich im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern Wirkung entfalte; für eine Wirkung auch gegenüber dem Notar bedürfe es einer nach außen hin wirkenden Erklärung mit Wissen und Wollen des in Anspruch genommenen (BGH, Urteil vom 20.01.2005 - III ZR 278/04 -).

Kostenregelungen in einem Vertrag würden in der Regel nur das Rechtsverhältnis der Vertragsparteien zueinander berühren, nicht aber Ditte begünstigen. Diesen gegenüber müsste eine Haftung direkt übernommen oder erklärt werden, was in der allgemeinen Kostenregelung im Kaufvertrag nicht zu sehen sei.

OLG Hamm, Beschluss vom 31.01.2023 - 15 W 27/23 -

Dienstag, 7. März 2023

Unterschied zwischen Kostenregelung im gerichtlichen und außergerichtlichen Vergleich

Zwar sollte zwischen den Parteien zunächst ein Vergleich geschlossen werden, der im laufenden Rechtsstreit vom Gericht protokolliert wird. Allerdings erfolgte dies dann nicht, und der Vergleich wurde außerhalb des Verfahrens geschlossen. In diesem außergerichtlichen Vergleich trafen sie eine Regelung über die „Kosten des Rechtsstreits“, die eine Kostenentscheidung des Gerichts vorsah. Dieses erlegte nach übereinstimmender Erledigungserklärung des Rechtsstreits gemäß den Vorgaben im außergerichtlichen Vergleich der Klägerin 37%, der Beklagten 63% der „Kosten des Rechtsstreits“ auf. Im Rahmen der Kostenausgleichung und -festsetzung wurde die Einigungsgebühr zu Lasten der Beklagten festgesetzt, die dagegen erfolgreich Rechtsmittel einlegte.

Das OLG kam bei der Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Einigungsgebühr bei beiden Parteien nicht zu berücksichtigen sei und mithin zu Lasten keiner der Parteien im Rahmen der Kostenausgleichung festgesetzt werden könne. Der Tenor der Kostenentscheidung des Landgerichts auf der Grundlage des § 91a ZPO (Erledigung der Hauptsache) laute auf eine Quotelung der „Kosten des Rechtsstreits“, wie es auch im außergerichtlichen Vergleich vorgesehen war.  

Grundsätzlich sind die Kosten des Vergleichs auch „Kosten des Rechtsstreits“. Auf der Grundlage des § 98 ZPO hatte das OLG Hamburg (Beschluss vom 24.07.2014 - 4 W 83/14 -) entscheiden, dass dann, wenn in einem gerichtlich protokollierten Vergleich von den Kosten des Rechtsstreits gesprochen würde, die Parteien damit alle Kosten, also auch jene des Vergleichs meinen würden, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden seien, dass die Parteien diese mit in die Kostenregelung (entgegen § 98 S. 1 ZPO, welcher eine wechselseitige Aufhebung der Kosten des Prozessvergleichs vorsieht) einbeziehen wollten. Entsprechendes könne regelmäßig bei einem gerichtlichen Vergleich angenommen werden, da diese Kosten mit zu dem Prozessgeschehen zählen würden (so bereits BGH, Beschluss vom 25.09.2008 - V ZB 66/08 -).

Grundsätzlich sieht § 98 S. 1 ZPO bei einem Prozessvergleich die wechselseitige Aufhebung der Kosten des Vergleichs vor. Das, so das OLG Frankfurt, würde auch für die den außergerichtlichen Vergleich gelten, wenn dieser (wie hier) zur Prozessbeendigung führe (BGH, Beschluss vom 15.03.2011 - VI ZB 45/09 -). Eine davon abweichende Regelung läge durch die den Prozess beendende Vereinbarung der Parteien nicht vor. Zwar sei zunächst ein Prozessvergleich mit der Regelung „Kostend es Rechtsstreits und dieses Vergleichs“ beabsichtigt gewesen, doch sei dann außergerichtlich nur über die „Kosten des Rechtsstreits“ eine Vereinbarung geschlossen worden. Angesichts dieser Änderung der Wortwahl könnten vorangegangene Erwägungen nicht mehr uneingeschränkt Grundlage einer Auslegung werden. Damit würden die Erwägungen des BGH wieder greifen und die Kosten des Vergleichs nicht entgegen § 98 S. 1 ZPO als Kosten des Rechtsstreits bei der Quotelung berücksichtigt werden.

Als Fazit ergibt sich, dass durch die Beschränkung im außergerichtlichen Vergleich auf die Kosten des Rechtsstreits die Partei, die nur mit einer Kostenquotelung von 37% beteiligt sei, durch den Wegfall der Quotelung der Vergleichs-/Einigungskosten finanziell benachteiligt wird gegenüber einer Regelung, dass die Quotelung auch für den Vergleich gilt (wie ursprünglich von den Parteien für den gerichtlichen Vergleich angedacht).

OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.08.2022 - 28 W 1/22 -

Donnerstag, 2. März 2023

Unerwünscht: Das Abstellen u.a. von Hausschuhen vor der Wohnungstür

Es ist (leider) keine Ausnahme, dass Mieter in Mehrfamilienhäusern bestimmte Gegenstände nicht in der angemieteten Wohnung abstellen, sondern vor der Wohnungstür im Treppenhaus (so Schuhe, Schirme). So auch in dem vom AG Frankfurt am Main entschiedenen Fall: Hier stellte der beklagte Mieter seine Schuhe vor der Wohnungstür zu seiner Wohnung ab du wurde von der Vermieterin auf Unterlassung verklagt. Während der Klage räumte er die Schuhe weg, weshalb die Parteien insoweit übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärten. Im Übrigen verurteilte das Amtsgericht den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes antragsgemäß, es zu unterlassen, Schuhe vor der Wohnungstür seiner Wohnung abzustellen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten insgesamt auferlegt.

Das Amtsgericht stützte seine Entscheidung auf § 541 BGB, wonach der Vermieter bei vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache durch den Mieter nach dessen Abmahnung auf Unterlassung in Anspruch nehmen könne. So würde bereits im Mietvertrag eine Regelung enthalten sein, nach der Gegenstände jeglicher Art in gemeinschaftlichen Räumen, am Haus oder auf dem Grundstück nur mit Zustimmung der Klägerin aufgestellt werden dürften. Aus der im Mietvertrag einbezogenen Hausordnung ergäbe sich, dass das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus untersagt sei; dieses Verbot sei aus Gründen des Brandschutzes erforderlich, da Flucht- und Rettungswege von Gegenständen freizuhalten seien. Da hier keine Zustimmung der Klägerin zum Abstellen der Schuhe im Treppenhaus vorläge, sei die Klage bereits begründet gewesen.

Das Amtsgericht wies aber darauf hin, dass die Klage auch ohne die entsprechenden Regelungen im Mietvertrag begründet gewesen wäre. Treppenhäuser, Aufgänge und Laubengänge seien Gemeinschaftsflächen, die der Mieter mitbenutzen dürfe, um zu der angemieteten Wohnung zu gelangen, die aber nicht mitvermietet seien. Das Abstellen irgendwelcher Gegenstände in diesem Bereich sei von der benannten zweckgebundenen Nutzung nicht umfasst und gehöre daher nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch. Schuhe könnten, unabhängig von den Witterungsverhältnissen, auch vor der Wohnungstür ausgezogen und sodann in der Wohnung (so in einem Schuhschrank) aufbewahrt werden. Sie könnten dann ebenso schnell aus- und wieder angezogen werden wie beim Abstellen vor der Wohnungstür. Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters ergäbe sich daraus nicht. Da die Klägerin den Beklagten mehrfach abgemahnt habe, hätten bei Klageerhebung die Voraussetzungen nach § 541 BGB vorgelegen; der Beklaget sei seiner Pflicht zur Entfernung erst im Laufe des Rechtstreits nachgekommen.

Die Kosten waren dem Beklagten aufzuerlegen, da er im Hinblick auf den Unterlassungsantrag unterlegen war und die Beseitigungsklage, wäre keine Hauptsacherledigung eingetreten, erfolgreich gewesen wäre.

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.04.2022 - 33 C 2354/21 (55) -

Mittwoch, 1. März 2023

Erfüllungswirkung bei Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung ?

Kann der Schuldner seine Zahlungsverpflichtung erfüllen, wenn er seine Leistung unter einem Vorbehalt erbringt ? Nur um diese Frage ging es noch im Berufungsverfahren: Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hatte im Zusammenhang mit einer Schadensersatzforderung der Klägerin an diese € 19.187,08 gezahlt und dabei im Abrechnungsschreiben ausgeführt, dass die Zahlung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ und „ohne Prädjudiz dem Grunde und der Höhe nach“ erfolge. Die Klägerin meinte, dies stelle keine ordnungsgemäße Erfüllung dar und beantragte in dem Schadenersatzprozess gegen den Versicherungsnehmer als Beklagten die Feststellung, dass dieser keinen Rückforderungsanspruch habe. Das Landgericht hatte die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) folgte dem im Ergebnis, negierte allerdings bereits ein Feststellungsinteresse der Klägerin iSv. § 256 ZPO.

Richtig sei im Grundsatz, dass infolge des von der Klägerin gegen den beklagten Versicherungsnehmer geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ein Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin (hier infolge des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X) bestünde. Würde mithin der beklagte den von seinem Versicherer gezahlten Betrag von der Klägerin zurückfordern, würde dieser ein Vermögensschaden drohen.  Allerdings habe der Beklagte keinen Rückzahlungsanspruch geltend gemacht. Für die hier erhobene negative Feststellungsklage sei erforderlich, dass hier der Beklagte als Schuldner eine entsprechende Bestandsbehauptung (“Berühmen“) der von der Klägerin verneinte und gegen ihn gerichteten Ansprüche aufstellen würde. Fehle es daran bei Klageerhebung oder entfalle dies im Laufe des Prozesses, sei bzw. würde die negative Feststellungsklage unzulässig. Die Klägerin habe ein solches Berühmen durch den Beklagten selbst nicht behauptet. Sie befürchte vielmehr eine Rückforderung durch den Versicherer des Beklagten, der die Zahlung leistete. Ob dies für ein „Berühmen“ ausreiche könne auf sich beruhen, da sich die negative Feststellungsklage nicht gegen den Versicherer richte und etwaige Rückforderungsansprüche auch nur dem Versicherer, nicht dem Beklagten zustehen würden.

Das Feststellungsinteresse würde aber der Klägerin bereits deshalb fehlen, da die auf die Klägerin übergegangenen, vom Versicherer gezahlten Schadensersatzansprüche durch Erfüllung erloschen seien, § 362 BGB. Nur wenn durch den erklärten Vorbehalt eine Erfüllung nicht eingetreten sei, würde ein rechtlich anerkanntes Feststellungsinteresse an der Nichtberechtigung zur Rückforderung iSv. § 256 Abs. 1 ZPO bestehen, damit durch Beseitigung des Vorbehalts tatsächlich Erfüllung eintrete.

Bei dem Vorbehalt sei zu unterscheiden:

Will der Schuldner lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) entgegenwirken und damit die Wirkung des § 814 BGB ausschließen mit der Möglichkeit, das Gezahlte gem. § 812 BGB zurückfordern zu können, würde dies die Erfüllung nicht in Frage stellen (BGH, Urteil vom 24.11.2006 - LwZR 6/05 -). Der Gläubiger habe nach § 362 Abs. 1 BGB nur einen Anspruch auf Erfüllung der Leistung, nicht aber auf ein Anerkenntnis des Bestehens der Forderung.

Leiste der Schuldner allerdings in der Weise unter Vorbehalt, dass dem Leistungsempfänger in einem späteren Rückforderungsstreit auch die Beweislast für das Bestehen der Forderung treffe, würde dies die Schuldentilgung in der Schwebe halten und eine Erfüllung nach § 362 BGB ausschließen. Dies sei vor allem dann anzunehmen, wenn der Schuldner während eines Rechtsstreits (z.B. zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel) leiste und einen Rechtsstreit gleichwohl fortsetze. Bei einer vorgerichtlichen Zahlung (wie hier) sei bei einem entsprechenden Vorbehalt keine Erfüllungswirkung anzunehmen, wenn der Schuldner zur Abwendung eines empfindlichen Übels leiste oder unter der Voraussetzung, dass die Forderung zu Recht besteht (BGH aaO.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.08.2003 - 3 U 109/03 -).

Es sei bei der nach §§ 133, 157 BGB erforderlichen Auslegung der Erklärung im Zweifel davon auszugehen, dass ein erfüllungsgeeigneter Vorbehalt gemeint ist. Dies sei auch hier der Fall. Die Ausführung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ solle klarstellen, dass die Forderung nicht anerkannt würde; mit der Formulierung „ohne Prädjudiz dem Grunde und der Höhe nach“ würde klargestellt, dass der streitige Anspruch zwar (teilweise) erfüllt würde, damit aber nicht die Anerkennung des Anspruchs verbunden sei sowie der erfüllte Anspruch möglicherweise unbegründet sei. Der Haftpflichtversicherer wollte mithin für den Fall einer etwaigen Rückforderung die Anerkenntniswirkung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB sowie den Rückforderungsausschluss des § 814 BGB vermeiden, was zulässig sei. Die Beweislast für den Bestand der Forderung sollte im Falle einer Rückforderung mithin nicht auf den Gläubiger verlagert werden, sondern verblieb bei der Versicherung.

Die Gläubigerin hätte die Annahme der Leistung durch den Versicherer auch nicht ablehnen können, ohne in Annahmeverzug zu geraten, da sie zwar einen Anspruch auf die Leistung hatte, nicht aber auf ein Anerkenntnis. Damit fehle es hier der Klägerin an einem Feststellungsinteresse.

Selbst wenn man sich vorstehender Ansicht nicht anschließen sollte, würde es hier der Klägerin an einem Feststellungssinteresse ermangeln, da der Beklagte für einen Rückforderungsanspruch nicht aktivlegitimiert wäre, da die Zahlung von dem Versicherer geleistet wurde. Bei der Zahlung durch den Versicherer handele es sich, wie in dem Anweisungsfällen, in deren Rahmen die Leistungskondiktion in den jeweiligen Leistungsbeziehungen (Deckungs- und Valutaverhältnis) zu erfolgen habe und nicht im Wege der Direktkondiktion zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger.  Bei der Zahlung des Versicherers an den Gläubiger des Versicherungsnehmers handele es sich um die Leistung eines Dritten gem. § 267 BGB, weshalb der Kondiktionsanspruch dem Versicherer zustehe (BGH, Urteil vom 28.11.1990 - XIII ZR 130/89 -), da dieser nach § 267 BGB eine fremde Verbindlichkeit in Erfüllung seiner Freistellungspflicht gegenüber dem beklagten geleistet habe. Es läge hier auch keine Anweisung des Versicherungsnehmers an den Versicherer vor, da der Versicherungsnehmer den Schadensfall an den Versicherer gemeldet habe,  damit dieser etwaige berechtigte Ansprüche des Geschädigten für ihn erfülle.

Die Anspruchsinhaberschaft des Rückforderungsanspruchs sei eine doppelrelevante Tatsache, dessen Fehlen sowohl die Zulässigkeit in Form des Feststellungsinteresses als auch die Begründetheit der Feststellungsklage betreffe. Hier sei ein Rückforderungsanspruch gegen den Beklagten und damit ein rechtliches Intereses an der Feststellung des Nichtbestehens dieses Anspruchs gegen den Beklagten nicht schlüssig dargelegt worden; die doppelrelevante Tatsache sei bereits bei der Zulässigkeit relevant. Denn mit dem erstrebten Urteil gegen den Beklagten würde die Gefahr einer Rückforderung durch den Versicherer nicht beseitigt, da das Urteil für diesen keine Rechtswirkung im Verhältnis zur Klägerin entfalte.

OLG Frankfurt, Urteil vom 24.02.2023 - 4 U 155/22 -

Samstag, 25. Februar 2023

Kostenfestsetzung gegen eigenen Mandanten (§ 11 RVG) und die (qualifizierte) Signatur

Der Rechtsanwalt begehrte gegen die von ihm im gerichtlichen Verfahren vertretene Partei die Festsetzung seiner Gebühren gem. § 11 RVG die Festsetzung seiner Gebühren. Dies wurde von der Rechtspflegerin abgelehnt.  Zu Recht, wie das OLG auf die dagegen von dem Rechtsanwalt eingelegte Beschwerde entschied.

 Voraussetzung der Festsetzung sei nach § 11 Abs. 2 S. 2 RVG die Fälligkeit der Gebühren. Dies setze nach § 8 Abs. 1 RVG die Erledigung der Angelegenheit voraus (was hier der Fall war), weiterhin gem. § 10 Abs. 1 S. 1 RVG eine vom Rechtsanwalt zu unterzeichnende und seinem Auftraggeber (Mandanten) überlassene Berechnung. Vorliegend monierte die Rechtspflegerin, dass es an der unterzeichneten Berechnung.

Normzweck des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG sei, dass der Rechtsanwalt durch die Unterzeichnung die Verantwortung für die Richtigkeit in strafrechtlicher (§ 352 StGB), zivilrechtlicher und berufsrechtlicher Hinsicht  übernehme. Erforderlich sei damit die eigenhändige Unterschrift. Vorliegend aber befände sich die Berechnung lediglich in dem aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) des Rechtsanwalts mit einfacher Signatur versehenen Schriftsatz im Festsetzungsverfahren.

Das entspräche zwar den prozessualen Anforderungen an die elektronische Einreichung von Schriftsätzen gem. § 130a ZPO. Nach § 130a Abs. 3 2. Alt. iVm. Abs. 4 Nr. 2 könne anstatt der Übermittlung des Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (die die persönliche Unterschrift ersetzt) auch dessen einfache Signatur durch die verantwortende Person auf einem sicheren Übermittlungsweg (wie dem beA) erfolgen. Allerdings beschränke sich dies auf die Abgabe prozessualer Erklärungen und berühre formliche Voraussetzungen für die Abgabe materiellrechtlicher Erklärungen nicht. § 126a Abs. 1 BGB bestimme, dass eine (hier) gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form nur ersetzt werden könne, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten Signatur versehen würde.

Vorliegend läge nur eine einfache Signatur vor. Bei der einfachen Signatur handelt es sich um die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens unter dem Schriftsatz oder um eine eingescannte Unterschrift, was der Anforderung an das Unterschriftserfordernis des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG weder nach § 125 Abs. 1 BGB noch nach § 126 Abs. 3m 126a Abs. 1 BGB genüge.

Auch aus der Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit in Papierform eingereichten Schriftsätzen erging (heute müssen Schriftsätze dem Gericht elektronisch übersandt werden), ließe sich abweichendes nicht erkennen. Danach konnte die Berechnung auch erst mit einem Schriftsatz an das Gericht vorgenommen werden, der dann zugestellt wurde. Mit der Zustellung sei dann die Berechnung gegenüber dem Auftraggeber (Mandanten) erfolgt. Allerdings sei der Schriftsatz vom Rechtsanwalt unterschrieben und die zustellende Abschrift als beglaubigte Abschrift ebenfalls unterschrieben gewesen, weshalb dem Mandaten eine unterschriebene Berechnung zugegangen.  

Beides sei übertragen auf den elektronischen Verkehr vorliegend nicht der Fall gewesen. Die einfache Signatur habe den der materiellrechtlichen Form des § 126a BGB entsprochen. Kommt es hier zum Ausdruck in Papierform zur Weitersendung an den Auftraggeber, wird diesem ein sogen. Transfervermerk beigefügt, aus dem sich ergäbe, aus dem sich die Nichteinhaltung der Form des § 126a Abs. 1 BGB ergäbe. Damit würde bei Einreichung eines mit gültiger einfacher Signatur versehenen Schriftsatzes durch das Gericht an einen dritten Empfänger die elektronische Form im Verhältnis zwischen Absender und Empfänger nicht eingehalten.   

Vorliegend habe der Rechtsanwalt nicht von der Rechtspflegerin dargelegten Möglichkeit Gebrauch gemacht, jedenfalls im Beschwerdeverfahren die Berechnung in schriftlicher Form nachzureichen.

Anmerkung: Zahlt der Mandant nach einem Prozess die Gebühren seines Rechtsanwalts nicht, kann er die Festsetzung der Gebühren nach § 11 RVG beantragen. Häufig kommt es dann zu dem Einwand, es sei ihm nie eine ordnungsgemäße Rechnung zugegangen. Hatte der Rechtsanwalt die Berechnung in dem Schriftsatz, mit dem er die Festsetzung beantragte, aufgenommen, wurde dem Mandanten die vom Rechtsanwalt durch eigene Unterschrift beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes zugestellt, weshalb er Einwand ins Leere lief.  Heute aber muss der Rechtsanwalt den Antrag elektronisch stellen. Der erste Fehler lag hier darin, dass er den Schriftsatz nicht qualifiziert signierte. Allerdings würde dies hier auch nicht  ausreichen, da der Schriftsatz ausgedruckt und damit ohne die persönliche Unterschrift (oder qualifizierter Signatur) dem Mandanten überlassen wird (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 25.02.2022 - 48 C 304/21 -). Von daher sollte sichergestellt werden, dass der Nachweis der Überlassung der unterschriebenen Rechnung an den Mandanten und deren Zugang erbracht werden kann.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2022 - 3 W 111/22 -

Freitag, 24. Februar 2023

Wohnungseigentum: Das Sondereigentum am Garten (zu § 3 Abs. 2 WEG n.F.)

Seit der letzten Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) zum 01.12.2020 können freie Flächen als Sondereigentum bestimmt werden, § 3 Abs. 2 WEG:

„Das Sondereigentum kann auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden, es sei denn, die Wohnung oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume bleiben dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache.“

Vorliegend wurde im Grundbuch gemäß der Teilungserklärung vom 10.08.2021 eine Gartenfläche als WE Nr. 1 als Sondereigentum (zusammen mit einer Wohnung) eingetragen. Gegen diese Eintragung hatte das Grundbuchamt am 21.05.2022 einen Amtswiderspruch eingetragen. Die Voraussetzungen nach § 3 WEG lägen nicht vor. Der Beschwerde der Beteiligten half das Grundbuchamt nicht ab und legte diese dem OLG zur Entscheidung vor. Dieses wies das Grundbuchamt an, auf die Beschwerde hin den Amtswiderspruch im Grundbuch zu löschen.

Ein Amtswiderspruch könne nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO im Grundbuch eingetragen werden. Dies setze voraus, dass vom Grundbuchamt unter Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift eine Eintragung im Grundbuch vorgenommen worden wäre, infolge der das Grundbuch unrichtig geworden wäre. Dies sei aber bei Wahrung der Gartenfläche als Sondereigentum WE 1 nicht der Fall gewesen. § 3 Abs. 2 WEG sähe vor, dass auch ein außerhalb des Gebäudes liegender Grundstücksteil (wie z.B. eine Gartenfläche) Sondereigentum sein könne, es sei denn, die Wohnung oder die Räume blieben dadurch wirtschaftlich nicht Hauptsache. Dafür, dass vorliegend Wohnung oder Räume ihre Hauptsacheeigenschaft verlieren würden, sei nichts ersichtlich. Zudem würde deren Hauptsacheeigenschaft - insbesondere wenn wie vorliegend eine Verbindung der Wohnung mit einem Garten erfolge - vermutet. Es müssten mithin konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die eine entsprechende Prüfung veranlassen könnten, die werde vom Grundbuchamt aufgezeigt seien noch ersichtlich seien.

Dass Grundbuchamt hatte zudem darauf abgestellt, dass entgegen § 3 Abs. 3 WEG die für die Bestimmung des Grundstücksteils erforderlichen Maßabgaben dem Aufteilungsplan in der Teilungserklärung noch der Abgeschlossenheitsbescheinigung zu entnehmen seien. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung habe im Original vorgelegen und in dem Aufteilungsplan sei die fragliche Außenfläche farblich als auch durch die notwendigen Maßangaben deutlich bestimmt.

OLG Rostock, Beschluss vom 24.10.2022 - 3 W 82/22 -

Mittwoch, 22. Februar 2023

In welchem Jahr ist die Umsatzsteuervorauszahlung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ?

Die Parteien stritten darum, in welchem Jahr eine Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2015 als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist. Dabei hatte sie der Kläger (der seinen Gewinn nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 bestimmte) dem eine Dauerfristverlängerung erteilt war, demzufolge die Vorauszahlung erst am 10.02.2016 fällig war, die Ausgabe in der Gewinnermittlung im Jahr 2015 berücksichtigt. Dem folgte das Finanzamt (FA) nicht und erhöhte damit den Gewinn für 2015 um den entsprechenden Betrag. Das Finanzgericht gab ihm Recht. Auf die Revision des beklagten FA wurde das finanzgerichtlich Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der BFH stellte in seiner Entscheidung auf die Dauerfristverlängerung ab, weshalb die Zahlung erst bei Abfluss im Jahr 2016 berücksichtigt werden könne. Eine abweichende Zuordnung der Ausgabe nach § 11 Abs. 2 S. 2 iVm. Abs. 1 S. 2 EStG sei nicht erfüllt, da die Zahlung für den Monat Dezember 2015 nicht innerhalb des für § 11 Ab. 2 S. 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraum fällig gewesen wäre.

Grundsätzlich gelte bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, dass die Ausgaben für das Jahr abzusetzen seien, in dem sie geleistet würden. Entscheidend sei damit, wenn der Steuerpflichtige die Verfügungsgewalt über die Mittel verliere, was hier im Januar 2016 mit der Überweisung der Fall gewesen sei. Die Umsatzsteuervorauszahlungen seien regelmäßig wiederkehrende Ausgaben iSv. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG. Der Kläger habe zwar nur bis zur Zahlung am 06.01.2016 noch innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraumes die Verfügungsmacht über den Betrag gehabt. Im Hinblick auf eine abweichende Zuordnung einer Zahlung zum Vorjahr sei erforderlich, dass die Zahlung kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres (zehn Tage), zu dem sie wirtschaftlich gehöre, geleistet werde und wenn sie innerhalb dieses Zeitraumes auch fällig würde (BFH, Urteil vom 16.02.2022 - X R 2/21 -). Da hier die Fälligkeit erst zum 10.02.2016 infolge der Dauerfristverlängerung eingetreten sei, wäre die Ausnahme nach § 11 Abs. 2 S. 2 EStG nicht gegeben. Eine andere Auslegung ergäbe sich auch nicht aus dem Normzweck der Norm, die auf eine Zufälligkeit abstelle, was bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen und  beantragter und erteilter Dauerfristverlängerung nicht der Fall sei; hier habe es der Steuerpflichtige in der Hand, ob er freiwillig früher leistet oder nicht.

 

BFH, Urteil vom 13.12.2022 - VII R 1/20 -