Samstag, 7. April 2018

Werkvertrag: Haftungsabwägung bei Wasserschaden durch Werkmangel in unbewohnter und nicht kontrollierter Wohnung


Die Klägerin, die auf Mallorca wohnt, beauftragte die Beklagte mit Sanitär- und Heizungsarbeiten in einem Mehrfamilienhaus in Deutschland. Am 28.12.2012 führten Mitarbeiter der Beklagten Arbeiten in der unbewohnten Dachgeschosswohnung aus. Am 22.06.2012 stellte der Zeuge R. fest, dass sich auf dem Fußboden eine 1cm hohe Wasserschicht befand, die den Fußbodenaufbau völlig durchnässte und Wände sowie Türzargen beschädigt hatte. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz für die Beseitigung des Wasserschadens sowie Mietausfall und die Kosten eines Sachverständigengutachtens. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung wurde vom OLG durch einstimmigen Beschluss nach § 522 ZPO zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Im wesentlichen ging es um die Fragen, ob der Schaden adäquat kausal durch die mangelhafte Werkleistung verursacht wurde und (so in den Hilfserwägungen des OLG ausgeführt) bejahendenfalls, ob der Schaden durch ein Mitverschulden der Klägerin selbst verursacht wurde. Die Kausalität wurde vom BGH bejaht; bezüglich eines möglichen Mitverschuldens trugen die Ausführungen des OLG zwar die Abweisung auch nicht, war aber eine weitere Prüfung durch die Tatsacheninstanz notwendig.

Das OLG hatte einen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Werkmangel und dem Schaden mit der Erwägung negiert, da das Schadensausmaß in der Sphäre der Klägerin läge, die die üblichen Sicherungsvorkehrungen (so mehrmals wöchentliche Überprüfungen der Wohnung) unterlassen habe. Der BGH verwies daraus, dass entgegen der Annahme des OLG die haftungsrechtliche Zurechnung nicht dadurch ausgeschlossen sei, dass noch weitere Ursachen dazu beigetragen hätten. Das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten des Geschädigten sei nur von Belang, wenn die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hätte, dass der Schaden nur noch in einem „äußerlichen“, letztlich „zufälligen“ Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage stünde. Würden aber in dem Schaden die besonderen Gefahren fortwirken, die durch die erste Ursache gesetzt worden seien, könne der haftungsrechtliche Zusammenhang nicht verneint werden. Der Wasserschaden sei hier durch die mangelhafte Werkleistung verursacht worden. Die durch den Mangel verursachte Gefahr habe auch noch bei der Feststellung des Schadens am 22.06.2012 bestanden. Damit sei der Mangel die Ursache des Schadens.

Die Hilfsbegründung des OLG zum Mitverschulden (§ 254 BGB) mangels ständiger Kontrolle der Wohnung trage auch nicht. Das Verschulden nach § 254 BGB bedeute keine vorwerfbare Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Pflicht, sondern ein Verschulden in eigenen Angelegenheiten. Davon könne nur gesprochen werden, wenn der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden oder zu mindern. Welche Maßnahmen danach ein Eigentümer einer unbewohnten Wohnung zur Verhinderung eines (erheblichen) Wasserschadens bei längerer Abwesenheit treffe richte sich nach den Umständen des Einzelfalls, wie Alter des Anwesens und seiner Versorgungsleitungen, nach der Aufteilung der Wohneinheiten, der Umgebung des Hauses sowie nach der jahreszeitlichen Witterung. Vor diesem Hintergrund sei die nicht näher begründete Annahme des OLG verfehlt, in einer unbewohnten Wohnung seien stets mehrmals wöchentlich Kontrollen durchzuführen. Es habe die Schutz- und Obhutspflichten überspannt; nach dieser Vorstellung sei ein Eigentümer auch bei kurzer Dienstreise oder einem Kurzurlaub stets gehalten, für mehrfache Kontrollen zu sorgen. Derartiges sei weder üblich noch könne dies von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden. Kontrollen zur Abwendung eines Wasserschadens in einer unbewohnten Wohnung könnten nur in dem Maß verlangt werden, wie sie im Einzelfall dem Rechtsinhaber zumutbar seien. Hier ermangele es an tragfähigen Feststellungen durch das OLG.

Der BGH wies ferner darauf hin, dass, für den Fall, dass das OLG nach erneuter Prüfung wieder vom Unterlassen von Kontrollen ausginge, darüber Beweis zu erheben sei, dass die Klägerin behauptete, die Beklagte mit dem Abstellen der Wasserzufuhr beauftragt habe. Sollte sich dies bestätigen, wäre ein Berufen auf ein Mitverschulden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen. Ferner wäre bei Bestätigung einer Obliegenheitspflichtverletzung durch die Klägerin bei der Abwägung in erster Linie auf das Maß der beiderseitigen Verursachung, in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens abzustellen; für die Haftungsverteilung käme es wesentlich darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder der Geschädigten den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht habe.

BGH, Urteil vom 25.01.2018 - VII ZR 74/15 -

Freitag, 6. April 2018

WEG: Zur Pflicht des Verwalters zur Anmeldung von (bevorrechtigten) Hausgeldansprüchen im Zwangsversteigerungsverfahren


Die Klägerin ist eine (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte deren ehemaliger Verwalter. Einer der Miteigentümer war die Bauträgerin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und deren Einheiten im Rahmen eines von einem Dritten betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens beschlagnahmt wurden. In der Eigentümerversammlung vom 31.05.2008 gab die Beklagte Informationen über den Stand des Zwangsversteigerungsverfahrens und wies darauf hin, dass die Eigentümergemeinschaft ihre Forderungen anmelden müsse. Der Versteigerungstermin wurde bekanntgegeben. Am 13.08.2008 erfolgte der Zuschlag; eine Anmeldung der offenen Hausgeldforderungen war nicht erfolgt.

Die Beklagte wurde vom Amtsgericht auf Schadensersatz bezüglich der offenen Hausgelder der Bauträgerin für die Jahre 2006 und 2007 verurteilt. Im Hinblick auf den Ersatz der Hausgeldforderungen für 2005 in Höhe von € 994,08 hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der klagenden (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die vom Landgericht zugelassene Revision derselben hob der BGH das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an dieses zurück.

Das Landgericht negierte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin, da es der Beklagten als Verwalterin nicht oblegen habe, die Ansprüche im Zwangsversteigerungsverfahren geltend zu machen- § 27 WEG sähe eine solche Pflicht nicht vor. Dem folgt der BGH nicht, der den Verwalter als verpflichtet ansieht, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 WEG bevorrechtigten Hausgeldansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft  im Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden, auch wenn § 27 Abs. 1 WEG insoweit keine ausdrückliche Regelung träfe. Dies folge daraus, dass der Verwalter nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG berechtigt und verpflichtet sei, Lasten- und Kostenbeiträge anzufordern. Die entsprechende Verwaltervollmacht ergäbe sich aus § 27 Ans. 3 S. 1 Nr. 4 WEG. Dafür spräche auch, dass die Durchsetzung mit geringen Aufwand verbunden ist, da die Anmeldung in § 45 Abs. 3 ZVG bewusst einfach ausgestaltet worden sei und es eines Titels nicht bedürfe. Die Anmeldung sei auch nicht mit wirtschaftlichen Risiken verbunden; weder würden Gebühren anfallen noch Vorschüsse gefordert. Da die Ansprüche den Rechten der nachfolgenden Rangklassen (also insbesondere auch von Kreditgebern und Vormerkungsberechtigten) vorgehen würden, würde der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel eine effektive Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Die Zuordnung der Anmeldung zu den Pflichten des Verwalters  sei auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens geboten, da nur die rechtzeitige Anmeldung die Aufnahme der nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen, aber nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigten Hausgeldforderungen in das geringste Gebot aufgenommen (§ 45 Abs. 1 ZVG) und bei der Erlösverteilung berücksichtigt werden könnten (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZVG). Damit müsste die Forderung spätestens im Versteigerungstermin vor Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet werden, da danach ein Rangverlust eintrete (§§ 37 Nr. 4, 110 ZVG). Eine vorherige Beschlussfassung durch eine eigens einzuberufende Eigentümerversammlung könnte die rechtzeitige Geltendmachung gefährden und wäre auch gegenüber dem geringen Aufwand der Anmeldung kostenmäßig außer Verhältnis stehen.

Käme im Einzelfall in Betracht, dass die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs. 3 ZVG für einen eigenen Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegen, sei allerdings der Verwalter verpflichtet, die Wohnungseigentümer darüber zu informieren und eine Abstimmung über das Vorgehen bzw. die Einholung eines Rechtsrates herbeizuführen.

Diesen Vorgaben habe die Beklagte hier nicht mit ihren Informationen auf der Eigentümerversammlung genügt. Sie hätten nicht die rechtzeitige Anmeldung ersetzen können.

Trotz dieser von der beklagten ehemaligen Verwaltung zu vertretenen Mängel  sei aber vorliegend nicht gesichert, dass tatsächlich der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft ein Schaden entstanden sei. Voraussetzung wäre, dass der Bauträger auch Schuldner der Wohngelder war. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG wäre der Bauträger nicht mehr Hausgeldschuldner gewesen, wenn ein Erwerber der Einheiten zwischenzeitlich die Rechtsstellung eines werdenden Wohnungseigentümers erlangt haben sollte. Ab diesem Zeitpunkt würde nur der Erwerber die Hausgelder schulden. Ein dingliches Vorrecht bestünde hier, so der BGH, nicht. Die Aufhebung und Zurückverweisung erfolgte, da das Landgericht offen gelassen hatte, ob der Erwerber in 2005 werdender Wohnungseigentümer war. Dies setze die vom Landgericht zu prüfende Feststellung voraus, dass mit dem Erwerber ein wirksamer, auf Übereignung gerichteter Erwerbsvertrag geschlossen wurde und der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert worden sei sowie der Besitz der Wohnung auf den Erwerber übergegangen sei. Wenn noch der Bauträger Hausgeldschuldner sei, wäre zu klären, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wenn dies (wie hier) vor der Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgt sei. Denn in diesem Fall sei unter Beschlagnahme iSv. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG die Insolvenzeröffnung zu verstehen. Der Zeitpunkt ist entscheidend zur Feststellung, ob die Forderung noch unter das Vorrecht falle (bevorrechtigt sind die rückständigen Beiträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und zwei Jahre zuvor).

BGH, Versäumnisurteil vom 08.12.2017 - V ZR 82/17 -

Montag, 2. April 2018

Teilungsversteigerung: Zum Anspruch auf Verzugszinsen auf den hinterlegten Betrag gegenüber dem Miteigentümer


Nach einer Teilungsversteigerung wurde der auf die Klägerin entfallende Anteil am Versteigerungserlös hinterlegt, da der Beklagte keine Freigabe erteilte. Auf die Klage der Klägerin, die diese nach anwaltlicher Aufforderung zur Freigabe und ausdrücklicher Ablehnung durch den Beklagten am 10.09.2012 erhob, wurde der Beklagte zur Freigabe verurteilt und es erfolgte die Auszahlung durch die Hinterlegungsstelle an die Klägerin. Diese verlangte nunmehr vom Beklagten die gesetzlichen Verzugszinsen für den Zeitraum ab dem 10.09.2012 bis zum Eingang der Auszahlung durch die Hinterlegungsstelle und  Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren zuzüglich Zinsen. Der Klage wurde vom Amtsgericht stattgegeben. Das Landgericht wies auf die Berufung des Beklagten die Klage bezüglich der Zinsen auf die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren ab und im übrigen die Berufung zurück. Die (zugelassene) Revision des Beklagten wie auch die Anschlussberufung der Klägerin betreffen der Zinsen auf die Anwaltsgebühren wurde vom BGH zurückgewiesen.

1. Verzugszinsen auf den Hinterlegungsbetrag

Der BGH sah den Verzugszinsanspruch nach § 288 Abs. 1 BGB als begründet an. Auch ohne vorhergehende Mahnung habe hier der Kläger Klage auf Freigabe des hinterlegten Betrages erheben dürfen, da der Beklagte mit seiner Mail vom 10.09.2012 die Erfüllung des Anspruchs des Klägers endgültig verweigert habe und daher gem. § 296 Abs. 2 Nr. 3 BGB keine Mahnung erforderlich gewesen sei.

§ 288 Abs. 1 S. 1 BGB sei auch entsprechend  anwendbar. Zwar finde die Norm keine unmittelbare Anwendung, da es sich hier nicht um eine Geldschuld handele, vielmehr die Klägerin eine Freigabeerklärung begehrt habe. Allerdings sei für diese Fälle die Norm entsprechend anwendbar. Der Freigabeanspruch habe hier einen Geldbetrag zum Gegenstand (so bereits RG JW 1912, 635f). Es beträfe nur die äußere Form, in der der Anspruch verwirklicht werden müsse, dass er nicht auf Geld sondern auf Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet sei. Daher läge eine Gleichwertigkeit vor; der Gesetzgeber habe dies nicht in den Blick genommen.  Der Gleichwertigkeit würde auch nicht entgegenstehen, dass ein Dritter (die Hinterlegungsstelle) die Auszahlung des geschuldeten Betrages zu bewirken habe. Auch wenn der Anspruchsgegner (Beklagte) selbst nicht über das vorenthaltene Geld verfügen könne, greife § 288 Ans. 1 BGB unabhängig davon.

Die Auszahlungsanordnung  des hinterlegten Geldbetrages hänge alleine von der Freigabeerklärung ab; mit dieser würde der Nachweis für die Empfangsberechtigung erbracht, auf Grund der die Herausgabe von der Hinterlegungsstelle angeordnet werden könne. Der Miteigentumsanteil des Klägers an dem gem. § 753 Abs. 1 BGB versteigerten Grundstück setze sich zunächst mit dem Zuschlag im Teilungsversteigerungsverfahren im Wege der dinglichen Surrogation an dem Versteigerungserlös fort, weshalb der Beklagte zur Vornahme der für die Erlösverteilung erforderlichen Mitwirkungshandlung verpflichtet gewesen sei (wie sich aus dem Urteil im Vorprozess ergab). Damit wäre der Klägerin ein unmittelbar auf Auskehr des nach Abzug der Versteigerungskosten und Berichtigung der gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten verbleibender Überschuss erwachsen. Dass durch die unberechtigte Verweigerung des Beklagten zur Zustimmung hierzu eine Hinterlegung erfolgt wäre, mit der Folge, dass sich die Bruchteilsgemeinschaft am versteigerten Grundbesitz nunmehr an der Forderung gegen die Hinterlegungsstelle fortsetze, nähme dem Anspruch der Klägerin auf Abgabe der erforderlichen Einwilligung in die Auszahlung des hinterlegten Erlösanteils nicht den Charakter einer unmittelbar auf Erhalt des ihr zustehehenden Anteils gerichteten Forderung.

2. Verzugszinsen auf den Freistellungsanspruch zu den vorgerichtlichen Anwaltsgebühren

Es habe kein Antrag auf Zahlung vorgelegen. Der Befreiungsanspruch sei auch nicht nach §§ 280, 286 BGB in einen Zahlungsanspruch  übergegangen. Bei einem allein auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltsgebühren gerichteten Anspruch entfalle ein Anspruch auf Verzugszinsen.

BGH, Urteil vom 12.10. 2017 - IX ZR 267/16 -


Donnerstag, 29. März 2018

Mietzahlungen und stillschweigende Tilgungsbestimmung (Auslegung der Zahlung im Interesse des Mieters)


Zur Begründung seiner fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berief sich die Klägerin auf einen Mietrückstand November 2016 und dauernde verspätete Mietzahlungen seit März 2016. Die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. In seinem Beschluss vom 08.01.2018 wies das Landgericht darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

Vorliegend erfolgten die Mietzahlungen nicht vom Mieter selbst, sondern durch das Jobcenter. Die Zahlungen erfolgten jeweils am Ende eines Monats und wurden von der Klägerin auf die Niete für den nächsten Monat gebucht, da tatsächlich keine vorherigen Mieten offen waren. Auch soweit aus einer Heizkostenabrechnung eine Forderung offen war, verbuchte die Klägerin den Eingang (der der Höhe der Miete entsprach) nicht auf die offene Heizkostenabrechnung, sondern wieder wie gehabt auf die Miete für den Folgemonat. Zu einem Rückstand mit der Miete kam es erstmals, als eine in 2016 Änderung der Höhe der Zahlungen auf die Miete eintrat. Hier blieben Zahlungen vor die Monate März und April 2016 zunächst aus. Am 06.05.2016 wurde ein Betrag vom Jobcenter gezahlt, der exakt der erhöhten Miete für die Monate März bis Mai 2016 entsprach (und so auch von der Klägerin gebucht wurde). Die nächsten Zahlungseingänge vom 31.05. und 30.06.2016 verbuchte die Klägerin auf die Mieten Juni und Juli 2016. Weitere Zahlungen auf die Miete erfolgten Ende Juli und Ende August 2016 und wurden von der Klägerin auf August und September 2016 gebucht. Dann erfolgte allerdings Ende September (für Oktober) keine Zahlung. Erst am 28.10.2016 erfolgte wieder eine Zahlung. Diese verbuchte nunmehr die Klägerin auf Oktober, nicht auf November. Durch diese Verbuchung und die entsprechende Verbuchung in den Folgemonaten geriet der Mieter nach dieser Maßgabe in Zahlungsrückstand von je knapp einen Monat mit den Zahlungen und lag damit im November (trotz der Zahlung Ende Oktober) keine Zahlung vor.

Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass hier eine von der Klägerin zu beachtende Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 1 BGB nicht beachtet worden sei. Danach wären die Zahlungen jeweils am Ende des Monats nicht für den ablaufenden Monat erbracht, sondern jeweils für den Folgemonat, weshalb ein Mietrückstand nur von einer Miete (Oktober 2016) vorläge. Eine fortgesetzt verspätete Zahlung habe nicht bestanden.

Eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung erfolgte für die Zahlungen nicht. Von daher läge mit der Zahlung am 28.10.2016 eine interpretationsbedürftige Zahlung vor, bei der zu berücksichtigen sei, dass der Mieter ein erkennbares und maßgebliches Interesse daran habe, sich nicht wegen Nichtzahlung laufender Mieten einer Kündigung auszusetzen. Es sei daher von einer stillschweigenden Tilgungsbestimmung dahingehend auszugehen, dass der Mieter zunächst seine laufenden Mieten ausgleichen wolle und nur ein eventueller „überschussiger Betrag“ auf ältere Forderungen verrechnet werden soll. Dies gelte erst Recht, wenn wie hier auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Leistungsanspruchs des Mieters eine zuständige und leistungsverpflichtete Behörde (hier das Jobcenter) zahle, da dies dem Erhalt der Wohnung dienen solle (vgl. auch § 22 Abs. 8 S. 1 SGB II).



LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 08.01.2018 - 66 S 240/17 -

Dienstag, 27. März 2018

Bauhandwerkersicherungshypothek gem. § 648 Abs. 1 S. 1 BGB: Kein Anspruch lediglich für Abrissarbeiten


Die Antragstellerin drang mit ihrem Antrag auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gem. § 648 BGB nicht durch.  Das Landgericht wies den Anspruch mangels Verfügungsanspruchs zurück; die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zum OLG Köln blieb erfolglos.

Die Antragstellerin erhielt nach einem entsprechenden Angebot von der Antragsgegnerin den Auftrag zum Abbruch eines Wohn- und Geschäftshauses zum Pauschalpreis von brutto € 41.000,00. Nach Rechnungsstellung zahlte die Antragsgegnerin auf den Rechnungsbetrag  einen minimalen Teilbetrag und erklärte im übrigen Aufrechnung  mit einem an sie abgetretenen angeblichen Schadensersatzanspruch eines Dritten.

Landgericht wie auch Oberlandesgericht sahen einen (notwendigen) Verfügungsanspruch nicht als gegeben an. Es würde sich hier nicht um einen Anspruch handeln, der die Eintragung einer Sicherungshypothek nach § 648 Abs. 1 S. 1 BGB rechtfertigen könne. Nur der Unternehmer eines Bauwerks oder eines Teils eines Bauwerks könne für seine Forderungen aus Vertrag zur Sicherung eine Hypothek verlangen. Bauwerkleistungen seien danach solche Arbeiten, die wie Errichtung, Veränderung oder Ergänzung eines Bauwerks oder Teilen davon für den Bestand des Bauwerks wesentlich seien und sich in ihm verkörpern würden. Dazu würden auch Vorbereitungsarbeiten (wie das Ausschachten einer Baugrube) gehören. Der ausschließliche Auftrag, ein bestehendes Gebäude abzureißen, sei aber keine entsprechende Vorbereitungsarbeit, selbst dann, nicht, wenn später auf diesem Grundstück ein Bauvorhaben durchgeführt werden soll. Denn der bloße Abriss würde sich zu weit von anderen Vorbereitungsarbeiten, die ersichtlich direkt der Errichtung des neuen Gebäudes zuzuordnen seien, entfernen.

OLG Köln, Beschluss vom 02.03.2017 - 19 W 11/17 -

Samstag, 24. März 2018

Zur Frage der Versteuerung des Veräußerungsgewinns bei Verkauf einer eigengenutzten Zweit- oder Ferienwohnung


Die Klägerin veräußerte eine Immobilie, die bis November 2004 an ihren Vater vermietet war und danach bis zum Verkauf am 97.09.2006 von ihr selbst genutzt wurde. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 5 EStG käme nicht in Betracht und hat den Veräußerungsgewinn der Steuer unterworfen. Das FG Köln hat die Klage abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin  hob der BFH das Urteil auf und gab dem Finanzamt vor, wie die Einkommensteuer zu berechnen sei.


Zur Begründung verwies der BFH darauf, dass nach § 22 Nr. 2 EStG sonstige Einkünfte gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften seien. Dazu würden nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auch Grundstücksveräußerungen zählen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Überlassung nicht mehr als zehn Jahre betrage, ausgenommen, sie würden zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Zwecken oder jedenfalls im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG.

Jeweils würde verlangt, dass die Immobilie zum Wohnen geeignet sei und vom Steuerpflichtigen auch tatsächlich (jedenfalls mit) bewohnt würde. Ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige sie zeitweilig bewohne, sofern sie ihm für die übrige Zeit als Wohnung zur Verfügung stünde. Nicht verlangt würde, dass die Wohnung als Hauptwohnung genutzt würde oder sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinde, weshalb der Steuerpflichtige zur gleichen Zeit mehre Gebäude zu eignen Wohnzwecken nutzen könne. Erfasst würden damit nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen oder Zweitwohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt würden. Nicht entscheidend sei, wie häufig und wie lange sich der Steuerpflichtige dort aufhalte.

Der Zeitraum des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG verlange eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im dargestellten Sinn im Jahr der Veräußerung und den zwei Jahren zuvor. Weder im Jahr der Veräußerung noch im zweiten Jahr der Veräußerung müsse eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben. Es genüge ein zusammenhängender Zeitraum, der sich über die drei Kalenderjahre erstrecke, ohne sie (mi Ausnahme des mittleren Jahres) voll auszufüllen.

BFH, Urteil vom 27.06.2017 - IX R 37/16 -


Maklerprovision gegen Maklerkunden bei Dritterwerb und Provisionsabrede „verbundenes Haus“


Der Beklagte beauftragte die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, für ihn eine Immobilie zu suchen. In einer am 12.04.2010 unterzeichneten Nachweisbestätigung aus Anlass des Nachweises einer Wohn- und Gewerbeimmobilie hieß es u.a., dass sich der Beklagte zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall des Erwerbs oder der Anmietung  §durch uns oder durch ein mit uns verbundenes Haus“ verpflichte. Anfang Juni gab der Bruder des Beklagten ein schriftliches Kaufangebot für die dem Beklagten von der Klägerin nachgewiesene Immobilie ab und erwarb sie nach weiteren Verhandlungen im Mai 2010. Die Klägerin berechnete ihm Maklerprovision in Höhe von € 28.262,50 und erwirkte nach Nichtzahlung einen Titel. Der Bruder des Beklagten war aber vermögenslos, den Kaufpreis nicht zahlte (weshalb der Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktrat und dieser rückabgewickelt wurde). Nunmehr stellte die Klägerin dem Beklagten die Maklerprovision in Rechnung. Das Landgericht gab der Klage statt. Das OLG hat die dagegen gerichtete Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte gesamtschuldnerisch mit seinem Bruder den Betrag schulde.

Der Beklagte erhob Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH. Diese wies der BGH zurück.
Grundsätzlich würde die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht die Rechtsprechung des BGH zur wirtschaftlichen Identität eines beabsichtigten Vertrages mit einem später abgeschlossenen Vertrag auf den Streitfall angewandt habe, grundsätzlicher Natur und damit die Zulassung der Revision an sich rechtfertigen. Denn nach § 652 Abs. 1 S. 1 BGB stünde dem Makler nur dann ein Vergütungsanspruch zu, wenn der beabsichtigte Vertrag abgeschlossen würde. Ein Vertrag mit einem anderen Inhalt würde den Anspruch nicht begründen, es sei denn, der Kunde würde mit dem abgeschlossenen Vertrag denselben wirtschaftlichen Erfolg erzielen. Bei dem Erwerb durch einen Dritten könne die wirtschaftliche Identität bejaht werden, sofern zwischen dem Kunden und dem Dritten enge persönliche oder besonders ausgeprägte wirtschaftliche Beziehungen bestünden. Dabei komme es auf die Umstände des Einzelfalls, die vom Tatrichter zu würdigen seien, an. Vorliegend läge die bisher vom BGH nicht entschiedene Frage vor, ob der Makler in einem solchen Fall von seinem Kunden auch dann Provision verlangen könne, wenn er von dem entsprechendem Dritterwerber ebenfalls Provision fordere.

Der BGH sah sich aber nicht zu einer Zulassung der Revision veranlasst, da es auf diese offene, bisher höchstrichterlich entschiedene Frage nicht ankäme. Hier habe sich der Beklagte mit der von ihm unter dem 12.04.2019 unterzeichneten Nachweisbestätigung vertraglich gegenüber der Klägerin verpflichtet, die Provision auch für den Fall des Kaufs oder der Anmietung durch ein mit ihm „verbundenes Haus“ zu zahlen. Darin liege eine eigene Verpflichtung des Beklagten auch für den Fall, dass ein anderer das Objekt erwirbt, unabhängig davon, ob dieser auch zur Zahlung der Provision verpflichtet ist oder nicht. Der Bruder des Beklagten sei ein mit diesem „verbundenes Haus“, was auch die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Abrede gestellt habe.

BGH, Beschluss vom 14.09.2017 - I ZR 261/16 -