Freitag, 27. Oktober 2017

Kfz-Reparaturauftrag: Zur Hinweispflicht der Kfz-Werkstatt

Nachdem der Kläger im März 2014 an seinem erstmals im August 2007 zugelassenen Fahrzeug mit einem noch vorhandenen Wiederbechaffungswert von € 4.000,00 bei einer Laufleistung von 212.475km atypische Motorengeräusche feststellte, wandte er sich an die Beklagte und gab zu erkennen, dass er nur an einer wirtschaftlich sinnvollen Reparatur interessiert sei. Die Beklagte gab nach einer Untersuchung des PKW einen Defekt der Einspritzdüse an; weitergehende Untersuchungen (so am Pleuellager) erfolgten nicht, da (beim Pleuellager) die Ölwanne und die Pleuelhalbschalen zu erheblichen Kosten hätten ausgebaut werden müssen. Die Reparaturkosten des Pleuellagers hätte den wirtschaftlichen Wert des Fahrzeugs überstiegen.

Die Beklagte wies den Kläger auf den notwendigen Austausch der Einspritzdüsen hin, teilte aber dem Kläger nicht mit, dass bei dem atypischen Motorgeräusch weitere Schadensursachen vorliegen könnten, deren Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen würden. Der Kläger erteilte den Auftrag zum Austausch der Einspritzdüsen, wofür die Beklagte € 1.668,39 berechnete, die vom Kläger gezahlt wurden. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass das atypische Motorengeräusch nicht auf die Einspritzdüsen zurückzuführen war. In einem vom Kläger angestrengten selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige einen Pleuellagerschaden schon zum Zeitpunkt der Auftragserteilung des Klägers an die Beklagte fest. Der Kläger verlangte daraufhin von der Beklagten Schadensersatz in Form der Rückzahlung der Reparaturkosten nebst Zinsen. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der Schadensersatzanspruch stünde dem Kläger nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Bevor der Kläger den Auftrag zum Austausch der Einspritzdüsen erteilt habe, habe zwischen den Parteien ein Schuldverhältnis iSv. § 311 Abs. 2Nr. 2 BGB bestanden. Dieses entstehe durch die Anbahnung eines Vertrages, , bei welcher der eine Teil im Hinblick auf die etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut. Der Kläger habe Interesse an einer wirtschaftlich sinnvollen Reparatur gehabt und dies auch gegenüber der Beklagten zu erkennen gegeben. Demgemäß habe auch die Beklagte zunächst nicht repariert, sondern das Fahrzeug untersucht.

Die Pflichten aus diesem Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wie sie in § 241 Abs. 2 BGB geregelt sind, seien von der Beklagten verletzt worden. Danach bestand hier die Pflicht, dem Kläger nur eine wirtschaftlich sinnvolle Reparatur vorzuschlagen. Da die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen habe, dass neben einem Defekt der Einspritzdüsen weitere Ursachen, so insbesondere auch ein Defekt des Pleuellagers in Betracht käme, deren Beseitigung Kosten über dem Wiederbeschaffungswert verursachen könnten, wurde diese Pflicht verletzt.

Zwar müsse nicht notwendig bei Vertragsverhandlungen über alle Einzelheiten und Umstände aufgeklärt werden. Jeder sei für sein rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und müsse sich notwendige Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko besorgen. Dies würde aber dann nicht geltend, wenn der andere Teil (auch ohne Nachfrage) nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten dürfe,  die für seine Willensbildung offensichtlich bedeutsam seien. Das aber habe hier der Kläger gegenüber der Beklagten deutlich zum Ausdruck gebracht.

Auch könne die Beklagte nicht mit ihrem Argument duchdringen, der Kläger habe gewusst, dass weitere Defekte vorliegen könnten, da er im selbständigen Beweisverfahren vorgetragen habe, der Austausch der Einspritzdüsen sei nicht erforderlich gewesen. Der Kläger sei nachvollziehbar nicht damit einverstanden gewesen, € 1.668,39 für eine Reparatur zu zahlen, die nicht dazu führe, dass die atypischen Motorengeräusche beseitigt würden. Es läge von daher nahe, zunächst davon auszugehen, dass der Austausch nicht erforderlich war. Aus dieser falschen Einschätzung ließe sich nicht der Schluss ziehen, der Kläger habe keinen Hinweis erwartet, dass mit dem Austausch möglicherweise die atypischen Motorengeräusche nicht beseitigt würden.


BGH, Urteil vom 14.09.2017 - VII ZR 307/16 -

Freitag, 20. Oktober 2017

Vollberittvertrag und Pensionsvertrag – die Beweislast bei einer Verletzung des Pferdes

Die Klägerin gab ihr Pferd in den Reitstall de Beklagten zum Vollberitt. Geschuldet war die Unterstellung, Fütterung und Pflege  und der Beritt, die Dressurausbildung und die Gewähr für eine artgerechte Bewegung des Pferdes sowie die Ausbildung der Reiterin. Das Pferd erhielt in der Folge mehrmals in der Woche unter Aufsicht freien Auslauf in der Halle. A 01.12.2010 wurde das Pferd durch den seit dem 01.10.2010 bei dem Beklagten tätigen Praktikanten in der Halle frei laufen gelassen. Dabei stieß es mit dem Kopf gegen eine Stahlstütze des Hallendaches und zog sich tierärztlich zu behandelnde Verletzungen zu. Die Klägerin behauptete, das Pferd habe Veränderungen im Gehirnparenchym erlitten und könne nicht mehr geritten werden. Sie machte Schadensersatz in Höhe von € 40.396,10 gelten.  Klage und Berufung wurden zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverweisung.

Der BGH folgt dem OLG, dass es sich vorliegend um einen typengemischten Vertrag mit Schwerpunkt auf dem Dienstvertragsrecht handele. On der reine Pensionsvertrag seinen Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht oder Verwahrungsvertragsrecht (Mietrecht) habe, bedürfe keiner Entscheidung. Vorliegend habe die Ausbildung des Pferdes im Vordergrund gestanden. Eine Haftung des Beklagten wegen einer von ihm zu vertretenen Vertragspflichtverletzung nach §§ 611, 280 Abs. 1 BGB sei nach dem Stand des Verfahrens nicht auszuschließen.

Die Verletzung des Pferdes habe sich in der Obhut des Beklagten ereignet. Der Beklagte habe das Pferd vor und bei dem schadensbringenden Freilauf auch nicht geschulten Fachpersonal, sondern alleine einem Praktikanten anvertraut, der auch erst zwei Monate im Stall gewesen sei. Das würde die Annahme rechtfertigen, dass der Beklagte selbst (§ 276 BGB) oder der Praktikant als sein Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) die ihm obliegende Sorgfalt verletzt habe. Hier müsse sich der Beklagte entlasten.

Zwar würde grundsätzlich der Anspruchsteller bei einem Schadensersatzanspruch die Beweislast für eine Vertragspflichtverletzung tragen. Liegt aber die Schadensursache im Gefahren- und Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners (was auch bei einem Verwahrunsgvertrag der Fall sein könne), rechtfertige des den Schluss, dass er die ihm obliegende Sorgfalt verletzte und müsse er darlegen und nachweisen, dass ihn kein Pflichtenverstoß treffe.

Nicht zu beanstanden sei, dass das OLG auf der Grundlage eines Sachverständigengutachten davon ausging, dass Bedenken gegen die bauliche Anordnung in der Halle nicht bestünden, wenn das Tier angemessen vorbereitet würde (also kein „Kaltstart“) und die betreuende Person angemessen reagiere.  Allerdings könne nicht von einer ordnungsgemäßen Vorbereitung ausgegangen werden. Eine gehörte Zeugin habe erklärt, sie habe das Pferd vor dem Freilauf jeweils einige Zeit am Strick geführt; ob dies auch der Praktikant tat, sei ungeklärt.  Hier müsse das OLG die angebotenen Beweise weiter erheben.


BGH, Urteil vom 12.01.2017 - III ZR 4/16 -

Mietminderungs- und Beseitigungsrecht bei Kinderlärm

Die Klägerin bewohnte alleinstehend in einem Haus eine Wohnung im Erdgeschoß. Über sie zogen die Streithelfer mit ihren zwei minderjährigen Kindern ein. Unter Vorlage eines Lärmprotokolls und Zeugenbeweisantritt behauptete die Klägerin, es käme an allen Wochentagen, auch zu Ruhezeiten, zu massiven Lärmstörungen durch Stampfe, Springen, Poltern, Schreie, lautstarke und aggressive familiäre Auseinandersetzungen in der Wohnung der Streithelfer. Sie könne die Schallübertragung hören und spüren. Ihre Klage auf Beseitigung der Lärmstörung und Feststellung auf eine Mietminderung von 50% sowie auf Rückzahlung der insoweit unter Vorbehalt gezahlten Miete wurden vom Amts- und Landgericht abgewiesen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein. Dieser hob die landgerichtliche Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts zurück.

Der BGH sieht in der landgerichtlichen Entscheidung eine Verletzung rechtlichen Gehörs, da dieses wesentlichen Vortrag der Klägerin nicht beachtet habe. Zwar müssten in einem Mehrfamilienhaus wie hier gelegentliche Lärmbeeinträchtigungen als sozial adäquat hingenommen werden, wozu auch Kinderlärm zähle, den der Gesetzgeber sogar in §§ 22 Abs. 1a BImSchG für seinen Bereich als grundsätzlich zumutbar behandele.  Die Instanzrechtsprechung würde daher in ähnlichen Streitfällen bei Geräuschemissionen durch kindliches Verhalten auch erhöhte Werte hinnehmen, wobei die auf der anderen Seite zu fordernde Toleranz aber auch ihre Grenzen habe. Dabei käme es auf Art, Qualität, Dauer und Zeit der Geräuschsemissionen sowie das Alter und den Gesundheitszustand des Kindes sowie die Vermeidbarkeit durch erzieherische oder zumutbare bzw. gebotene bauliche Maßnahmen an.

Das Landgericht habe dies zwar vom Grundsatz her erkannt. Es habe seinen Blick für den tatsächlichen Vortrag der Klägerin verschlossen, indem es nur auf die kursorische Auswertung des Lärmprotokolls ohne Berücksichtigung des mit Substanz unterlegten weiteren Vortrages der Klägerin abgestellt habe. Damit könne anhand der unter Beweis gestellten Eintragungen im Lärmprotokoll  nebst Erläuterungen nicht die Rede davon sein, dass noch ein natürlicher Bewegungsdrang der Kinder vorläge, und es sich damit um einen Schritt der natürlichen Entwicklung der Kinder handele, der noch normaler Wohnnutzung entspräche. Der BGH verweist insoweit auf die in auffälliger Häufigkeit wiederkehrende Eintragung im Lärmprotokoll  über familiäre Auseinandersetzungen, Schreien und Brüllen (insbesondere des Streithelfers zu 2.). Dies habe nichts mehr mit erzieherischen Maßnahmen zu tun, auch wenn so die zuvor als laut empfunden Kinder aufgefordert würden, ihrerseits Ruhe zu geben.

Auch habe das Landgericht das rechtliche Gehör dadurch verletzt, dass es diejenigen Störungszeiträume als unsubstantiiert dargelegt ansah, hinsichtlich derer kein Lärmprotokoll vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht habe übersehen, dass ein Lärmprotokoll (nach ständiger Rechtsprechung des BGH) bei ständig wiederkehrenden Lärmbeeinträchtigungen nicht vorgelegt werden müsse,  vielmehr grundsätzlich eine Beschreibung ausreichend sei, aus der sich ergäbe, um welche Art Beeinträchtigung zu welchen Tageszeiten  es sich handele und über welche Zeitdauer und Frequenz sie gehen würde. Da dem der klägerische Vortrag entsprochen habe, hätte er vom Landgericht berücksichtigt werden müssen.


BGH, Beschluss vom 22.08.2017 - VIII ZR 226/16 -

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Die Mietpreisbremse des § 556d BGB – ist sie verfassungswidrig ?

In den Ballungsgebieten steigen die Mietpreise mit der Folge, dass „billiger Wohnraum“ kaum noch angemietet werden kann. Um dies zu erreichen, wurde mit § 559s BGB den Landesregierungen ein Instrument an die Hand gegeben, mittels dessen sie qua Rechtsverordnung für eine Eindämmmung der Mieterhöhungen sorgen können.


Diese Theorie ist jedoch mit Makeln verbunden. Während das AG Frankfurt am Main mit einem Urteil vom 03.07.2017 - 33 C 3490/16 (98) – die Verfassungsmäßigkeit bejahte, insbesondere in § 550d BGB keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG sah, äußerte sich das LG Berlin in einem Hinweisbeschluss vom 19.09.2017 – 67 S 149/17 – anders. Das LG Berlin zweifelte bereits an der Zulässigkeit der Delegation des Bundesgesetzgebers auf die Landesexekutive, hat aber dann auf einen Verst0 des § 559d BGB gegen Art 1. Abs. 1 GG abgestellt (worauf es dann auch in seinem späteren Urteil  vom 19.09.2017 hinweist). Dabei verweist das LG Berlin darauf, dass zum Einen als Bemessungsgröße für die Neu- und Wiedervermietungsmiete als Bezugsgröße auf die jeweilige ortsübliche Vergleichsmiete abgestellt würde, zum Anderen gem. § 556e Abs. 1 BGB  diejenigen Vermieter von der Preisregulierung ausgeschlossen des § 556d BGB seien, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der möglichen Rechtsverordnung gem.  § 556d BGB über der dortigen Mietobergrenze vermietet hätten. Damit läge ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.

Damit verbleibt, jedenfalls bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über diese Frage, offen, ob nun der Vermieter eine auf der Grundlage des § 556d BGB geschaffene Rechtsverordnung beachten muss. Sowohl Vermieter als auch Mieter leben damit in einer Ungewissheit.


LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 19.09.2017 - 67 S 149/17 -


Montag, 16. Oktober 2017

Geltendmachung und Bewertung von Nutzungsvorteilen bei Rücktritt vom Kaufvertrag

Der Beklagte, der vom Kläger ein Wohnhaus in Form von Wohnungseigentum erwarb, trat vom Kaufvertrag zurück, da die Terrasse nicht genehmigt war.  Nach dem auf Rückzahlung des Kaufpreises  und weiterer vom Beklagten geltend gemachter Schadenspositionen (so die Vertragskosten) Zug um Zug gegen Rückübereignung geführten Prozess (das Urteil erging auf die mündliche Verhandlung vom 11.07.2013) der Parteien und Rückgabe (30.12.2013) verklagte nun der Kläger den Beklagten auf Ersatz der Nutzungsvorteile. Dabei ermittelte er diesen zeitanteilig linear aus dem ursprünglich vereinbarten Erwerbspreis von € 124.000,00 und einer 25-jährigen Restnutzungsdauer mit € 12.400,00. Das Landgericht hatte ein Gutachten über den Mietwert eingeholt. Nach Vorlage des Gutachtens hatte der Kläger die Klage auf den angenommenen objektiven Mietwert von € 26.862,00 erhöht. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht (OLG) hat auf die Berufung des Beklagten die Klage bis auf einen Betrag von € 1.421,00 abgewiesen. Mit der vom OLG zugelassenen Revision begehrte der Kläger seine vom Landgericht zugesprochene Forderung weiter.


Das OLG hatte in dem rechtskräftigen Vorprozess eine Präklusion des Klägers gesehen. Dem folgt der BGH nicht. Zwar könne eine rechtskräftige Entscheidung in einem Vorprozess zu einer Tatsachenpräklusion führen. Allerdings würden die tatsächlichen Feststellungen in einem Vorprozess nicht in Rechtskraft erwachsen. Allerdings dürfe die Rechtskraft des im Vorprozess  erhobenen Anspruchs nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, dieses Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen (BGHZ 123, 137, 140). Hat mithin ein Gericht den Streitgegenstand eines bereits rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses erneut zu prüfen, müsse es den Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung seiner eigenen Entscheidung zugrunde legen. Diese Präklusionswirkung träte ein, unabhängig davon, ob die Tatsachen im Vorprozess vorgetragen und/oder bekannt seien; ausgenommen seien nur Tatsachen, die nach der mündlichen Verhandlung im Erstprozess entstanden seien.

Dass aber bedeute, dass die Tatsachenpräklusion nicht weiter gehe als die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess. Damit sei vorliegend der begehrte Nutzungsersatz nicht erfasst. Außerhalb des Streitgegenstandes bestehe keine Präklusion, auch wenn mit der Klage ein wirtschaftlich identisches Ziel verfolgt werde und sich die Tatsachen überschneiden würden. Tatsachen des Vorprozesses, die Gegenstand des Lebenssachverhalts gewesen seien, seien nur insoweit betroffen, als sie den Anspruch betreffen, über dem im Vorprozess entschieden wurde. Damit würde ein Verkäufer eine rechtskräftige Verurteilung zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung  eines nichtigen Kaufvertrages gehindert, in einem Folgeprozess von ihm im Vorprozess nicht geltend gemachte Vorteile zu verlangen, die der Käufer aus dem Kaufvertrag erlangt habe. Dies deshalb, da bei der Rückabwicklung des nichtigen Vertrages nur ein einziger Anspruch auf den Saldo der wechselseitigen Vor- und Nachteile  bestünde.  Dies würde aber nicht gelten, wenn erstmals ein selbständiger Anspruch aus dem gleichen Sachverhalt, wie er Gegenstand des Vorprozesses gewesen sei, geltend gemacht würde.  

Vorliegend handele es sich um einen selbständigen Anspruch aus dem identischen Sachverhalt.

Nach dem nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 geltenden § 325 BGB wurde eine Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz aufgehoben. Damit konnte nicht mehr statt Rücktritt Schadensersatz (der im Falle des großen Schadensersatzes zur automatischen Saldierung führte)  verlangt werden. Mithin könne nunmehr nicht nur neben den Rücktritt Schadensersatz verlangt werden, sondern hätte die Änderung auch dazu geführt, dass der Nutzungsausgleich nicht mehr schadensersatzrechtlich sondern rücktrittsrechtlich ausgestaltet sei. Das Begehren auf Rückabwicklung sowie Zahlung eines darüber hinaus gehenden Schadens begründe den Nutzungsersatzanspruch des Verkäufers nach § 346 Abs. 2 BGB, der nicht im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sei. Gleiches würde auch dann gelten, wenn der Käufer die Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes statt der ganzen Leistung betrieben hätte, §§ 437 Nr. 3 iVm. 281 Abs. 5, 346ff  BGB.

Der Höhe nach sei der Nutzungsersatzanspruch des Klägers zeitlich auf den die Zeit zwischen der mündlichen Verhandlung im Vorprozess vom 12.07.2013 bis zur Rückgabe am 30.122013 und im übrigen zeitanteilig linear aus dem dem Erwerbspreis abzuleitenden Wert der Nutzung zu berechnen. abzuleiten. Nach dem Mietwert könne sich der Nutzungsvorteil des Käufers nicht berechnen, wenn dieser im Wege des Schadensersatzes seine Investitionsentscheidung rückgängig mache. Dies sei nur der Fall, wenn sich der Käufer nicht auf die Rückforderung des Kaufpreises und die mit dem Vertragsabschluss verbundenen Nebenkosten beschränke, sondern darüber hinaus Herausgabe der vom Verkäufer aus dem Kaufpreis gezogenen Nutzungen und/oder Ersatz von Finanzierungs- und/oder Betriebskosten verlange, was hier nicht der Fall gewesen sei.

BGH, Urteil vom 30.06.2017 - V ZR 134/16 -

Sonntag, 8. Oktober 2017

„Zuschlag Schönheitsreparaturen“ im Mietvertrag

Die Kläger mieteten von der Beklagten eine Wohnung, in der der Mietzins mit € 421,83 zuzüglich Nebenkosten vereinbart wurde. Daneben wurde ein „Zuschlag Schönheitsreparaturen“ von € 79,07/Monat vereinbart. Ferner wurde im Mietvertrag geregelt, dass der Vermieter die Schönheitsreparaturen übernimmt und dafür der „Zuschlag Schönheitsreparaturen“ (berechnet mit € 0,87/qm) berechnet wird.

Die Kläger vertreten die Auffassung, bei dem „Zuschlag Schönheitsreparaturen“ handele es sich um eine Preisnebenabrede, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhalte. Sie verlangten mit ihrer Klage die Rückzahlung der insoweit erbrachten Zahlungen und die Feststellung, dass diese Zahlungen künftig nicht mehr geschuldet würden. Während das Amtsgericht der Klage stattgab, wurde sie vom Landgericht auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Die Revision wurde zugelassen und von den Klägern eingelegt.

Der BGH erlies einen Hinweisbeschluss, mit dem er seine Rechtsauffassung mitteilte, dass die Revision keine Aussicht auf Erfolg haben können; die Kläger nahmen daraufhin die Berufung zurück.

Nach Auffassung des BGH habe das Landgericht die Regelung zum „Zuschlag Schönheitsreparatur“   zu Recht als Preis(haupt)abrede eingestuft, die nicht nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Kontrolle auf ihre inhaltliche Angemessenheit unterliege. Zutreffend habe das Landgericht in der Abrede neben der Grundmiete ein Entgelt für die Hauptleistungspflicht (nämlich Gebrauchsgewährung- und Gebrauchserhaltungspflicht) gesehen.

Auch läge kein Umgehungsgeschäft im Sinne von § 306a BGB vor. Es träfe nicht zu, dass den Klägern mittels dieser Regelung quasi eine unzulässige Verpflichtung zur Übernahme der Schönheitsreparaturen für die unrenovierte Wohnung auferlegt würde. Die Regelung zum Zuschlag habe für das Mietverhältnis keine Bedeutung, da der Vermieter auch gleich diesen Betrag auf die Grundmiete hätte aufschlagen können. In beiden Fällen hätte der Mieter den Gesamtbetrag zu zahlen, unabhängig vom tatsächlichen Aufwand des Vermieters für Schönheitsreparaturen. Damit handele es sich hier bei der vertraglichen Regelung schlicht um einen (für den Mieter belanglosen) Hinweis des Vermieters zu seiner Kalkulation. Die Grundmiete und der benannte Zuschlag würden, so der BGH, bei Mieterhöhungen zusammen die der örtlichen Vergleichsmiete gegenüberzustellende Ausgangsmiete darstellen.


BGH, Hinweisbeschluss vom 30.05.2017 – VIII ZR 31/17 -

Freitag, 29. September 2017

Wohngeldforderungen gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben nach § 1936 BGB

Ist ein gesetzlicher Erbe nicht vorhanden oder lässt sich ein solcher nicht feststellen, erbt das Land oder der Bund, § 1936 S. 1 BGB. Da bei einem Wohnungseigentümer bei seinem Ableben in 2013 diese Voraussetzungen vorlagen, erbte das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (Klägerin) nahm nun das Land auf Zahlung von Wohngeld für 2013 und 2014 in Anspruch. Obwohl das beklagte Land die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben hat, verurteilte das Amtsgericht zur Zahlung. Das Landgericht hatte die Klage teilweise abgewiesen und dem beklagten Land die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision wandte sich die Klägerin gegen diesen Vorbehalt.

Das Landgericht stützte sich auf § 780 Abs. 2 ZPO. Während nach § 780 Abs. 1 ZPO der Vorbehalt vom Beklagten zu erklären und im Urteil aufzunehmen ist, sieht § 780 Abs. 2 BGB für den Fall des § 1936 BGB vor, dass ein solcher Vorbehalt nicht erforderlich sei. Das Landgericht vertrat die Auffassung, der Erbe hafte nur dann persönlich, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden könne. Dies sei hier nicht der Fall, wobei das Unterlassen der Vermietung der Wohnung zu keinem anderen Ergebnis führe.

Die Revision wurde vom BGH als unzulässig verworfen. Auch bei einer vom Berufungsgericht zugelassenen Berufung müsse der Rechtsmittelführer beschwert sein, was hier nicht der Fall sei, da sich die Klägerin ausdrücklich nur gegen den im Urteil aufgenommenen Vorbehalt wehre.

Durch den Vorbehalt sei der Klägerin nicht weniger zugesprochen worden, als sie begehrte. Dies deswegen, da der Vorbehalt keine über den darin liegenden Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Beklagten hinausgehende Wirkung entfalte. Der Fiskus könne sich stets, unabhängig davon, ob der Vorbehalt im Urteil aufgenommen wurde oder nicht, gem. § 780 Abs. 2 ZPO auf die beschränkte Erbenhaftung berufen. Damit bestünde vorliegend kein Unterschied, ob im Urteil ein Vorbehalt aufgenommen wurde oder nicht. Ob im Fall des § 780 Abs. 1 BGB etwas anderes gelten würde, wurde in der Vergangenheit vom BGH teilweise bejaht, teilweise offengelassen und bedürfe auch hier keiner Entscheidung.

Auch sei das Landgericht entgegen der Annahme der Klägerin nicht veranlasst gewesen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die vom beklagten Land erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung (Dürftigkeitseinrede) vorlagen. Zwar hätte auch bereits im vorliegenden Verfahren geklärt werden können, ob gegenständlich die Voraussetzungen für eine beschränkte Erbenhaftung vorliegen und eine solche überhaupt bei Wohngeldforderungen gegen den Fiskuserben in Betracht kämen, doch habe sich das Landgericht damit (zulässig) nicht befasst. Hätte es die Frage geprüft und wäre zum Ergebnis gekommen, dass ein Vorbehalt nicht greifen würde, hätte es das beklagte Land zur Zahlung aus dem Nachlass verurteilen müssen.

Es sei kein Rechtsfehler, wenn das Prozessgericht die sachliche Aufklärung insoweit dem besonderen Verfahren nach § 785 ZPO überließe. Ob anderes dann gelten würde, wenn Entscheidungsreife dazu bestünde, könne hier auf sich beruhen, da entsprechendes auch von der Klägerin nicht dargelegt worden sei.

Der im Urteil aufgenommene Vorbehalt entfalte auch keine Bindungswirkung iSv. § 318 ZPO, da über die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach §§ 785, 767 ZPO in einem neuen Rechtsstreit durch das Prozessgericht erster Instanz zu entscheiden sei. Begnügt sich, wie hier, das Gericht in zulässiger Weise mit dem Ausspruch des Vorbehalts, kommt es auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen in diesem Erkenntnisverfahren nicht an. Ausführungen des Landgerichts dazu könnten von daher nicht tragend und damit nichts rechtsverbindlich sein.


BGH, Urteil vom 17.02.2017 - V ZR 147/16 -