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Freitag, 20. Oktober 2017

Mietminderungs- und Beseitigungsrecht bei Kinderlärm

Die Klägerin bewohnte alleinstehend in einem Haus eine Wohnung im Erdgeschoß. Über sie zogen die Streithelfer mit ihren zwei minderjährigen Kindern ein. Unter Vorlage eines Lärmprotokolls und Zeugenbeweisantritt behauptete die Klägerin, es käme an allen Wochentagen, auch zu Ruhezeiten, zu massiven Lärmstörungen durch Stampfe, Springen, Poltern, Schreie, lautstarke und aggressive familiäre Auseinandersetzungen in der Wohnung der Streithelfer. Sie könne die Schallübertragung hören und spüren. Ihre Klage auf Beseitigung der Lärmstörung und Feststellung auf eine Mietminderung von 50% sowie auf Rückzahlung der insoweit unter Vorbehalt gezahlten Miete wurden vom Amts- und Landgericht abgewiesen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein. Dieser hob die landgerichtliche Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an eine andere Kammer des Landgerichts zurück.

Der BGH sieht in der landgerichtlichen Entscheidung eine Verletzung rechtlichen Gehörs, da dieses wesentlichen Vortrag der Klägerin nicht beachtet habe. Zwar müssten in einem Mehrfamilienhaus wie hier gelegentliche Lärmbeeinträchtigungen als sozial adäquat hingenommen werden, wozu auch Kinderlärm zähle, den der Gesetzgeber sogar in §§ 22 Abs. 1a BImSchG für seinen Bereich als grundsätzlich zumutbar behandele.  Die Instanzrechtsprechung würde daher in ähnlichen Streitfällen bei Geräuschemissionen durch kindliches Verhalten auch erhöhte Werte hinnehmen, wobei die auf der anderen Seite zu fordernde Toleranz aber auch ihre Grenzen habe. Dabei käme es auf Art, Qualität, Dauer und Zeit der Geräuschsemissionen sowie das Alter und den Gesundheitszustand des Kindes sowie die Vermeidbarkeit durch erzieherische oder zumutbare bzw. gebotene bauliche Maßnahmen an.

Das Landgericht habe dies zwar vom Grundsatz her erkannt. Es habe seinen Blick für den tatsächlichen Vortrag der Klägerin verschlossen, indem es nur auf die kursorische Auswertung des Lärmprotokolls ohne Berücksichtigung des mit Substanz unterlegten weiteren Vortrages der Klägerin abgestellt habe. Damit könne anhand der unter Beweis gestellten Eintragungen im Lärmprotokoll  nebst Erläuterungen nicht die Rede davon sein, dass noch ein natürlicher Bewegungsdrang der Kinder vorläge, und es sich damit um einen Schritt der natürlichen Entwicklung der Kinder handele, der noch normaler Wohnnutzung entspräche. Der BGH verweist insoweit auf die in auffälliger Häufigkeit wiederkehrende Eintragung im Lärmprotokoll  über familiäre Auseinandersetzungen, Schreien und Brüllen (insbesondere des Streithelfers zu 2.). Dies habe nichts mehr mit erzieherischen Maßnahmen zu tun, auch wenn so die zuvor als laut empfunden Kinder aufgefordert würden, ihrerseits Ruhe zu geben.

Auch habe das Landgericht das rechtliche Gehör dadurch verletzt, dass es diejenigen Störungszeiträume als unsubstantiiert dargelegt ansah, hinsichtlich derer kein Lärmprotokoll vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht habe übersehen, dass ein Lärmprotokoll (nach ständiger Rechtsprechung des BGH) bei ständig wiederkehrenden Lärmbeeinträchtigungen nicht vorgelegt werden müsse,  vielmehr grundsätzlich eine Beschreibung ausreichend sei, aus der sich ergäbe, um welche Art Beeinträchtigung zu welchen Tageszeiten  es sich handele und über welche Zeitdauer und Frequenz sie gehen würde. Da dem der klägerische Vortrag entsprochen habe, hätte er vom Landgericht berücksichtigt werden müssen.


BGH, Beschluss vom 22.08.2017 - VIII ZR 226/16 -