Die Klägerin bewohnte
alleinstehend in einem Haus eine Wohnung im Erdgeschoß. Über sie zogen die
Streithelfer mit ihren zwei minderjährigen Kindern ein. Unter Vorlage eines
Lärmprotokolls und Zeugenbeweisantritt behauptete die Klägerin, es käme an
allen Wochentagen, auch zu Ruhezeiten, zu massiven Lärmstörungen durch Stampfe,
Springen, Poltern, Schreie, lautstarke und aggressive familiäre Auseinandersetzungen
in der Wohnung der Streithelfer. Sie könne die Schallübertragung hören und
spüren. Ihre Klage auf Beseitigung der Lärmstörung und Feststellung auf eine
Mietminderung von 50% sowie auf Rückzahlung der insoweit unter Vorbehalt gezahlten
Miete wurden vom Amts- und Landgericht abgewiesen. Gegen die Entscheidung des
Landgerichts legte die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein. Dieser
hob die landgerichtliche Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an eine
andere Kammer des Landgerichts zurück.
Der BGH sieht in der
landgerichtlichen Entscheidung eine Verletzung rechtlichen Gehörs, da dieses
wesentlichen Vortrag der Klägerin nicht beachtet habe. Zwar müssten in einem Mehrfamilienhaus
wie hier gelegentliche Lärmbeeinträchtigungen als sozial adäquat hingenommen
werden, wozu auch Kinderlärm zähle, den der Gesetzgeber sogar in §§ 22 Abs. 1a
BImSchG für seinen Bereich als grundsätzlich zumutbar behandele. Die Instanzrechtsprechung würde daher in ähnlichen
Streitfällen bei Geräuschemissionen durch kindliches Verhalten auch erhöhte
Werte hinnehmen, wobei die auf der anderen Seite zu fordernde Toleranz aber
auch ihre Grenzen habe. Dabei käme es auf Art, Qualität, Dauer und Zeit der
Geräuschsemissionen sowie das Alter und den Gesundheitszustand des Kindes sowie
die Vermeidbarkeit durch erzieherische oder zumutbare bzw. gebotene bauliche
Maßnahmen an.
Das Landgericht habe dies zwar
vom Grundsatz her erkannt. Es habe seinen Blick für den tatsächlichen Vortrag
der Klägerin verschlossen, indem es nur auf die kursorische Auswertung des
Lärmprotokolls ohne Berücksichtigung des mit Substanz unterlegten weiteren
Vortrages der Klägerin abgestellt habe. Damit könne anhand der unter Beweis
gestellten Eintragungen im Lärmprotokoll nebst Erläuterungen nicht die Rede davon sein,
dass noch ein natürlicher Bewegungsdrang der Kinder vorläge, und es sich damit
um einen Schritt der natürlichen Entwicklung der Kinder handele, der noch normaler
Wohnnutzung entspräche. Der BGH verweist insoweit auf die in auffälliger
Häufigkeit wiederkehrende Eintragung im Lärmprotokoll über familiäre Auseinandersetzungen, Schreien
und Brüllen (insbesondere des Streithelfers zu 2.). Dies habe nichts mehr mit
erzieherischen Maßnahmen zu tun, auch wenn so die zuvor als laut empfunden
Kinder aufgefordert würden, ihrerseits Ruhe zu geben.
Auch habe das Landgericht das
rechtliche Gehör dadurch verletzt, dass es diejenigen Störungszeiträume als
unsubstantiiert dargelegt ansah, hinsichtlich derer kein Lärmprotokoll
vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht habe übersehen, dass ein
Lärmprotokoll (nach ständiger Rechtsprechung des BGH) bei ständig
wiederkehrenden Lärmbeeinträchtigungen nicht vorgelegt werden müsse, vielmehr grundsätzlich eine Beschreibung
ausreichend sei, aus der sich ergäbe, um welche Art Beeinträchtigung zu welchen
Tageszeiten es sich handele und über
welche Zeitdauer und Frequenz sie gehen würde. Da dem der klägerische Vortrag
entsprochen habe, hätte er vom Landgericht berücksichtigt werden müssen.
BGH, Beschluss vom 22.08.2017 - VIII ZR 226/16 -