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Freitag, 20. Oktober 2017

Vollberittvertrag und Pensionsvertrag – die Beweislast bei einer Verletzung des Pferdes

Die Klägerin gab ihr Pferd in den Reitstall de Beklagten zum Vollberitt. Geschuldet war die Unterstellung, Fütterung und Pflege  und der Beritt, die Dressurausbildung und die Gewähr für eine artgerechte Bewegung des Pferdes sowie die Ausbildung der Reiterin. Das Pferd erhielt in der Folge mehrmals in der Woche unter Aufsicht freien Auslauf in der Halle. A 01.12.2010 wurde das Pferd durch den seit dem 01.10.2010 bei dem Beklagten tätigen Praktikanten in der Halle frei laufen gelassen. Dabei stieß es mit dem Kopf gegen eine Stahlstütze des Hallendaches und zog sich tierärztlich zu behandelnde Verletzungen zu. Die Klägerin behauptete, das Pferd habe Veränderungen im Gehirnparenchym erlitten und könne nicht mehr geritten werden. Sie machte Schadensersatz in Höhe von € 40.396,10 gelten.  Klage und Berufung wurden zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverweisung.

Der BGH folgt dem OLG, dass es sich vorliegend um einen typengemischten Vertrag mit Schwerpunkt auf dem Dienstvertragsrecht handele. On der reine Pensionsvertrag seinen Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht oder Verwahrungsvertragsrecht (Mietrecht) habe, bedürfe keiner Entscheidung. Vorliegend habe die Ausbildung des Pferdes im Vordergrund gestanden. Eine Haftung des Beklagten wegen einer von ihm zu vertretenen Vertragspflichtverletzung nach §§ 611, 280 Abs. 1 BGB sei nach dem Stand des Verfahrens nicht auszuschließen.

Die Verletzung des Pferdes habe sich in der Obhut des Beklagten ereignet. Der Beklagte habe das Pferd vor und bei dem schadensbringenden Freilauf auch nicht geschulten Fachpersonal, sondern alleine einem Praktikanten anvertraut, der auch erst zwei Monate im Stall gewesen sei. Das würde die Annahme rechtfertigen, dass der Beklagte selbst (§ 276 BGB) oder der Praktikant als sein Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) die ihm obliegende Sorgfalt verletzt habe. Hier müsse sich der Beklagte entlasten.

Zwar würde grundsätzlich der Anspruchsteller bei einem Schadensersatzanspruch die Beweislast für eine Vertragspflichtverletzung tragen. Liegt aber die Schadensursache im Gefahren- und Verantwortungsbereich des Anspruchsgegners (was auch bei einem Verwahrunsgvertrag der Fall sein könne), rechtfertige des den Schluss, dass er die ihm obliegende Sorgfalt verletzte und müsse er darlegen und nachweisen, dass ihn kein Pflichtenverstoß treffe.

Nicht zu beanstanden sei, dass das OLG auf der Grundlage eines Sachverständigengutachten davon ausging, dass Bedenken gegen die bauliche Anordnung in der Halle nicht bestünden, wenn das Tier angemessen vorbereitet würde (also kein „Kaltstart“) und die betreuende Person angemessen reagiere.  Allerdings könne nicht von einer ordnungsgemäßen Vorbereitung ausgegangen werden. Eine gehörte Zeugin habe erklärt, sie habe das Pferd vor dem Freilauf jeweils einige Zeit am Strick geführt; ob dies auch der Praktikant tat, sei ungeklärt.  Hier müsse das OLG die angebotenen Beweise weiter erheben.


BGH, Urteil vom 12.01.2017 - III ZR 4/16 -