Montag, 7. November 2016

Werkvertrag: Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages

Der Beklagte hatte die Schuldnerin mit der Erstellung eines Mehrfamilienhauses zu  einem Pauschalpreis von €  1.985.000,00 beauftragt. 

Von Juni 2006 bis April 2007 erbrachte die Schuldnerin einen Großteil der vereinbarten Leistungen.  Im 03.04.2007 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag; das Verfahren wurde mit Beschluss vom 01.06.2007 eröffnet.

Bereits am 03.05.2007 hatten die Parteien eine mit „Bautenstandsbericht“ überschriebene Liste verfasst, bezüglich der die Parteien darüber streiten, ob die Liste den Bautenstand enthält oder eine Mängelliste darstellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin und hat am 21.06.2007 eine Schlussrechnung, am 17.09.2010 eine korrigierte Schlussrechnung erstellt, in der er die behaupteten Leistungen der Schuldnerin unter Abzug näher bezeichneten Mängel und einer von der Beklagten erbrachten Zahlung aufnahm und, wie auch mit der Klage, € 213.781,24 fordert. Der Klage wurde statt gegeben und die von dem Beklagten dagegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung an das OLG zurück.

Der BGH hielt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz fest, dass der Beklagte in Ansehung der Insolvenz der Schuldnerin zur Kündigung des Werkvertrages berechtigt war, § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B. Festgehalten wird ferner, dass das OLG, ohne dass dies von der Revision angegriffen worden wäre, festgehalten habe, dass die Schlussrechnungsforderung schlüssig dargelegt sei. Allerdings sei das Bestreiten des Beklagten in Bezug auf die vom Kläger zur Abrechnungsgrundlage gemachte Kalkulation nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der BGH hält fest, dass im Falle einer prüfbaren Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages nach Kündigung durch den Auftragnehmer das Gericht in die Sachprüfung eintreten müsse, ob und in welcher Höhe der geltend gemachte Werklohnanspruch berechtigt ist. Bestreitet der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert, muss das Gericht darüber Beweis erheben. Für eine substantiiertes Bestreiten sei entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine vollständige Gegenrechnung erforderlich.

Hier hatte der Beklagte für einzelne Leistungen aus dem erteilten Auftrag Angebote einzelner Handwerksunternehmer vorgelegt und damit die Überhöhung der vom Kläger in Ansatz gebrachten Einheitspreise behauptet. Mit diesem Vortrag habe der beklagte den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten genügt.


BGH, Urteil vom 25.08.2016 – VII ZR 193/13 –

Freitag, 4. November 2016

Reisevertrag: Anzeige des Mangels auch bei Kenntnis des Veranstalters

§ 651d Abs. 2 BGB bestimmt, dass die Minderung des Reisepreises nicht eintritt, soweit der Reisende schuldhaft die Anzeige des Mangels unterlassen hat. Vorliegend minderte der Kläger den reisepreis wegen Bauarbeiten auf einem vom gebuchten Hotel benachbarten Grundstück. Die Minderung betraf den gesamten Reisezeitraum vom 12. Bis 25.09.2014; eine Beanstandung durch den Kläger gegenüber der Reiseleitung erfolgte erst am 22.09.2016. Während das Berufungsgericht in Ansehung der bestehenden Kenntnis des Reiseveranstalters von den beanstandeten Umständen eine Minderung für den gesamten Zeitraum bejahte, wurde dies vom BGH für die Zeit bis zur formalen Mängelmitteilung negiert.


Der BGH stellt auf den Wortlaut des § 651d Abs. 2 BGB ab. Dieser beinhalte eine Obliegenheit des reisenden zur Anzeige eines Reisemangels. Die Anzeige soll dem Veranstalter die Möglichkeit zur Abhilfe geben. Damit läge die Mängelrüge im Interesse des Reiseveranstalters, um Gewährleistungsansprüche zu vermeiden oder zu begrenzen. Es läge auch im wohlverstandenen Interesse des reisenden, der einen möglichst ungestörten Urlaub verbringen will, statt stillschweigend Mängel in Kauf zu nehmen um späterhin daraus Ansprüche herzuleiten.

Die Mängelanzeige sei nur entbehrlich, wenn dem Reiseveranstalter eine Abhilfe nicht möglich war oder er von vornherein unmissverständlich zu verstehen gibt, zur Abhilfe nicht bereit zu sein. Die reine Kenntnis des Reiseveranstalters sei aber für eine Anerkennung des Minderungsrechts ohne Rüge ausgeschlossen.

Dies folgert der BGH daraus, dass zwar der Reiseveranstalter bei Kenntnis auch ohne Rüge des Reisenden Abhilfe schaffen könne. Ein Unterlassen bedeute aber noch nicht, dass er nicht willens sei. § 536c BGB, wonach der Mieter einem Vermieter den diesen bekannten Mangel zur Wahrung seiner Rechte nicht anzeigen müsse, sei nicht übertragbar, da § 536c BGB bezwecke, die Mietsache vor Schäden zu bewahren. Demgegenüber sei Zielsetzung des § 651d Abs. 2 BGB nur darin, dem Reiseveranstalter die Möglichkeit der Prüfung und Feststellung zu geben, ob er den Mangel beheben oder auf andere Weise Abhilfe schaffen könne.

Anmerkung: Der Entscheidung kann nicht zugestimmt werden. Der BGH geht auf die Verschuldensproblematik des § 651d Abs. 2 BGB nicht ein. Wenn der Vermieter den Mangel (hier: Baustellenlärm) positiv kennt, gleichwohl weder etwas gegen den Lärm unternimmt noch auf sonstige Art Abhilfe schafft, darf wohl der Reisende von einem Unwillen des Reiseveranstalters ausgehen. Er muss nicht davon ausgehen, dass der Reiseveranstalter hier bei einem objektiven Mangel bis zu einer Rüge zuwartet, um erst dann tätig zu werden, da dies treuwidrig wäre. Letztlich bestätigt sich dies vorliegend auch dadurch, dass der Reiseveranstalter auch nach der Rüge untätig blieb, weshalb sein späteres Verhalten jedenfalls indiziell auch dahingehend gewürdigt werden könnte,, dass er keinesfalls eine Abhilfe vor hatte und sich deshalb nicht auf die Formalie des § 651d Abs. 2 BGB beziehen kann. Gleichwohl wird der Reisende die Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen haben und sollte mithin stets sofort mögliche Beeinträchtigungen rügen, wobei es zur Beweissicherung sinnvoll wäre, dies schriftlich zu tun und sich von der Reiseleitung vor Ort durch Unterschrift bestätigen zu lassen.


BGH, Urteil vom 19.07.2016 – X ZR 123/15 -

Donnerstag, 3. November 2016

Stille Gesellschaft mit Minderjährigen und zur steuerlich beachtlichen Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages

Die „& Still“ wird zu verschiedenen Zwecken eingesetzt, sei es, um sich außerhalb der eigentlichen Gesellschaft Finanzierungsmittel zu besorgen, sei es, um Steuern zu sparen. Vorliegend war (wohl) Hintergrund der Gründung der stillen Gesellschaft das Bestreben, Einkünfte auf Dritte (die minderjährigen Gesellschafter) zu verlagern und damit Steuern zu sparen.


Der Kläger ist Einzelunternehmer. Mit gleichlautenden Verträgen begründete er mit seinen damals zwei minderjährigen Kindern stille Gesellschaften. Die Haftung der stillen Gesellschafter (der Kinder) gegenüber Dritten war ausgeschlossen und im Innenverhältnis auf die Höhe der Beteiligung beschränkt, wobei der Kläger die Einlage seiner Kinder durch Schenkung derselben an diese (im Rahmen des steuerlichen Freibetrages für Schenkungen an Kinder) erbrachte.  Beide Verträge enthielten ein strafbewehrtes Wettbewerbsverbot, demzufolge den stillen Gesellschaftern untersagt wurde, sich während der Dauer des Gesellschaftsverhältnisses an einem Unternehmen zu beteiligen oder ein Konkurrenzunternehmen zu gründen oder zu erwerben. Die Gewinnbeteiligung wurde mit jeweils 12,5% vereinbart.

In den Streitjahren 2003 bis 2005 erzielte der Kläger gewerbliche Einnahmen. Das Finanzamt erkannte in Folge einer Betriebsprüfung die als Betriebsausgaben gebuchten Gewinnanteile der stillen Gesellschafter nicht an und berücksichtigte sie als Privatentnahmen des Klägers. Der gegen die Entscheidung des Finanzamtes erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Die Berufung des Finanzamtes führte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung.

Der BFH wies darauf hin, dass es bei der steuerlich relevanten Vereinbarung von Familienangehörigen  auf die Ernsthaftigkeit und die Gewähr ihrer tatsächlichen Durchführung für die Dauer der Gültigkeit der Vereinbarung ankäme. Ein Beweiszeichen für die Ernsthaftigkeit wäre, dass keine Zweifel an der zivilrechtlichen Gültigkeit der Vereinbarung  aufkommen können. Die Nichtbeachtung bestimmter Formvorschriften würde hingegen ein Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit sein.

Vorliegend sei bedeutsam, dass eine Vereinbarung eines Elternteils mit seinen beschränkt geschäftsfähigen Kindern (§ 106 BGB) nach §§ 107, 108 Abs. 1 BGB der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters bedürfen. Das gesetzliche Sorgerecht der Eltern nach § 1629 Abs. 1 S. 1 BGB schließt Geschäfte aus, für die auch ein Vormund keine Vertretungsmacht hat, insbesondere Insichgeschäfte, §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB. In diesen Fällen ist die Einwilligung durch seinen vom Gericht zu bestellenden Ergänzungspfleger erforderlich, §   1909 Abs. 1 S. 1 BGB.

Allerdings gilt die benannte Regelung nur für den Fall, dass der Minderjährige aus dem Rechtsgeschäft nicht lediglich rechtliche Vorteile herleiten kann. Ob dies der Fall ist müsse unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 107 BGB festgestellt werden. Die Norm diene in erster Linie dem Schutz des Vermögens des Minderjährigen. Da wirtschaftliche Folgen aber schwer fassbar sein könnten, würde die Norm an das formale Kriterium des rechtlichen Nachteils anknüpfen, da dies in der Regel die Vermögensgefährdung indiziere.

Vorliegend wären insoweit jedenfalls die erheblichen rechtlichen Verpflichtungen der Minderjährigen zu berücksichtigen, die sich aus dem Verbot weiterer Beteiligungen und des Erwerbs von Konkurrenzgesellschaften bzw. deren Gründung ergäben. Mit diesen Wettbewerbsbeschränkungen würden die Minderjährigen erheblich in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt.

Da die Verträge damit an der formalen Voraussetzung der Einwilligung eines vom Gericht zu bestellenden Ergänzungspflegers leiden würden, wären sie schwebend unwirksam. Eine nachträgliche Genehmigung durch die zwischenzeitlich volljährigen Kinder für den Streitzeitraum nicht bewirken können, da die Genehmigung insoweit jedenfalls steuerlich nicht rückwirkend  zur Heilung des formalen Mangels führen könne.


BFH, Urteil vom 12.05.2016 – IV R 27/13 -

Mittwoch, 2. November 2016

§ 11 RVG: Prüfung der Kostenrechnung des eigenen Anwalts durch das Streitgericht

LG Köln
Wenn der Mandant ganz oder teilweise in einem Rechtsstreit unterliegt oder das Mandat vorzeitig gekündigt wird, ist er regelmäßig gehalten, die Kosten seines eigenen Anwalts zu tragen. Wie aber kann er feststellen, ob die Abrechnung ordnungsgemäß ist ?


In einem Verfahren vor dem LKG Köln  3 O 552/09 wurde die Antragstellerin von den Antragsgegnern anwaltlich vertreten. Zum Zeitpunkt der Mandatskündigung im Januar 2013 durch die Antragstellerin hatte diese an die Antragsgegner bereits eine Verfahrens- und Terminsgebühr aus einem Streitwert von € 13.600 gezahlt. Im August 2014 stellten die Antragsgegner der Antragstellerin weitere gebühren in Rechnung, und zwar nunmehr berechnet aus einem Streitwert von € 30.000,00, wobei sie zur Begründung ausführten, dass sie angesichts der immensen Verletzungen der Antragstellerin davon ausgehen würden, dass der Wert von € 13.600,00 zu niedrig angesetzt sei.

Die Antragstellerin legte die Rechnung im verfahren 5 O 552/09 vor und beantragte die Feststellung, dass nicht aus einem Wert von € 30.000,00 abgerechnet werden könne. Der Rechtspfleger lehnte dies mit Hinweis darauf ab, dass § 11 RVG lediglich der vereinfachten Festsetzung der Anwaltsgebühren gegen den eigenen Mandanten diene und nicht dazu, „irgendwelche Ansichten des Mandanten an sich beschlussmäßig festzustellen“. Auf die Beschwerde der Antragstellerin, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hatte, änderte das OLG den Beschluss ab und gab ihm statt.

Das OLG wies darauf hin, dass § 11 RVG auch den Weg öffne, den Vergütungsanspruch des Anwalts bzw. seine Honorarrechnung in einer schnellen und kostengünstigen Weise prüfen zu lassen. Dabei sei der Antrag darauf zu richten, dass dem Anwalt die von ihm berechnete Vergütung ganz oder teilweise nicht zustünde. Dies sei vorliegend erfolgt. Da das Landgericht im übrigen mit Urteil vom 31.03.2015 zwischenzeitlich den Streitwert endgültig auf € 13.600,00 festgesetzt hätte, sei dies auch hier bindend und könnten die Antragsgegner nicht weitergehende Gebühren aus einem Wert von € 30.000,00 begehren.


OLG Köln, Beschluss vom 15.06.2015 – 17 W 330/14 -

Maklerprovision bei Ausübung eines Vorkaufsrechts

Die Klägerin war für den Bruder des Beklagten mit der Vermittlung eines Kaufinteressenten für seinen hälftigen Erbteil am Nachlass seiner Mutter  beauftragt. Infolge der Vermittlung kam es zum Abschluss eines Erbteilkaufvertrages. Der Beklagte machte gegenüber dem Käufer und seinem Bruder von seinem Vorkaufsrecht (§ 2034 BGB) Gebrauch. Die daraufhin von der Klägerin geforderte Maklerprovision zahlte er nicht. Ihre Klage war in allen Instanzen erfolglos.


Der BGH wies darauf hin, dass eine Verpflichtung des Vorkaufsberechtigten zur Zahlung einer Maklerprovision nur begründet werden könnte, wenn sich die Pflicht zur Zahlung der Provision direkt aus dem Kaufvertrag und nicht lediglich aus einem gesonderten Maklervertrag ergäbe. Dies deshalb, da der Vorkaufsberechtigte lediglich nach Maßgabe des Vertrages übernimmt, in dem er eintritt, § 464 Abs. 2 BGB. Diesem Erfordernis entsprach vorliegend der Erbteilkaufvertrag.

Allerdings hatte das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Regelung zur Maklerprovision nicht im üblichen Rahmen gehalten habe und von daher den Beklagten nicht verpflichten könne. Dem folgt der BGH. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 465 BGB, mittels der der Kauf von der Nichtausübung eines Vorkaufsrechts abhängig gemacht werden soll, gegenüber dem Vorkaufsberechtigten unwirksam ist, ist nach Darlegung des BGH auch kein Raum für die Anwendung des § 464 Abs. 2 BGB im Falle einer unüblich hohen Maklerprovision. Eine Verpflichtung zur Provisionszahlung könne nach § 464 Abs. 2 BGB nur angenommen werden, wenn der Verkäufer ein eigenes Interesse an der Provisionszahlung des Käufers habe und sich die getroffene Provisionsvereinbarung im üblichen Rahmen hält.

Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist durch Auslegung zu ermitteln. Vorliegend hatte das Berufungsgericht auf die übliche regionale Provisionshöhe abgestellt, die bei 6% zzgl. Mehrwertsteuer läge und hier mit über 10% bei weitem überschritten wurde (€ 29.750,00 bei einem Kaufpreis von € 260.000,00) angesehen. Die dagegen von der Revision eingewandten Umstände waren nicht geeignet, eine andere Sicht zu belegen. Soweit von der Revision geltend gemacht wurde, die Klägerin habe Grundrisspläne vom Haus organisiert und eine Mieterliste erstellt, gehöre dies zu den typischen Aufgaben eines Maklers; diese typischen Aufgaben ließen sich nicht mit den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 MaBV gleichstellen bzw. darauf reduzieren.

Der BGH folgte auch dem Berufungsgericht in der Auffassung, dass eine Herabsetzung der überhöhten Maklerprovision entsprechend § 655 BGB ausgeschlossen sei. § 655 BGB beträfe Dienstverträge und sei erst vom Reichstag aufgenommen worden, wobei zuvor eine alle Maklerverträge betreffende Regelung beabsichtigt gewesen sei. Damit aber habe der Gesetzgeber durch die bewusste Beschränkung der Regelung deren Ausnahmecharakter betont mit der Folge, dass sich eine entsprechende Anwendung auf andere Maklerverträge verbietet. Im übrigen käme auch eine Herabsetzung nach den üblichen Regeln bei Verstoß gegen ein preisrechtliches Verbotsgesetz nicht in Betracht, da die Ausnahmeregelung des § 134 Halbsatz 2 BGB vorliegend nicht greife. Die Preisvorschriften sollen nur vor der Vereinbarung überhöhter Vergütungen schützen; vorliegend aber gehöre die Vereinbarung einer ungewöhnlich hohen Maklerprovision aber wesensmäßig nicht zum Kaufvertrag weshalb die Ausnahmeregelung des § 134 Halbsatz 2 BGB bei Anwendung vorliegend in ihr Gegenteil verkehrt würde.


BGH, Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 5/15 -

Dienstag, 1. November 2016

WEG: Vollstreckung gegen ehemaligen Verwalter wegen Erstellung Jahresabschluss und Wirtschaftsplan

Die Wohnungseigentümer (Gläubiger) erwirkten gegen ihren ehemaligen Verwalter (Schuldner), dessen Tätigkeit erst Ende 20914 endete,  ein vollstreckbares Anerkenntnisurteil vom November 2014, demzufolge der Verwalter verpflichtet wurde die Jahresabrechnungen für 2011, 2012 und 2013 sowie den Wirtschaftsplan für 2014 zu erstellen.  Nachdem der Verwalter seiner Verpflichtung aus dem Urteil nicht nachkam, beantragten die Gläubiger im Rahmen der Zwangsvollstreckung die Ermächtigung, die Verpflichtung aus dem Urteil durch eine von ihnen zu beauftragende Hausverwaltung vornehmen zu lassen, § 887 Abs. 1 ZPO. Dem gab das Amtsgericht statt. Auf die Beschwerde des Schuldners hob das Beschwerdegericht die Entscheidung auf und wies den Antrag zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgten die Gläubiger ihren Antrag weiter. Die Rechtsbeschwerde wurde vom BGH zurückgewiesen.

Der BGH wies darauf hin, dass die Verurteilung zur Erstellung der Jahresabrechnungen als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung gem. § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO anzusehen sei mit der Folge, dass die Vollstreckung durch Androhung von Zwangsmitteln und deren Vollzug zu bewirken sei. Ein Titel habe eine nicht vertretbare Handlung zum Inhalt, wenn der zu vollstreckende Anspruch zu einer Handlung verpflichte, die nicht von einem Dritten vorgenommen werden kann, sondern vom ausschließlich Willen des Schuldners abhänge, nicht aber in der Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO). Selbst wenn Teile der Handlung von Dritten vorgenommen werden könnten wäre von einer nicht vertretbaren Handlung auszugehen.

Zwar würde die Frage, ob die Erstellung der Jahresabrechnungen eine vertretbare oder nicht vertretbare Handlung darstelle, in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Der Ansicht, die sie als nicht vertretbare Handlung ansieht, sei zuzustimmen. Anders als der Wirtschaftsplan beinhalten die Jahresabrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters die Verpflichtung des Verwalters, über seine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Er hat gem. § 259 Abs. 1 BGB Rechnung zu legen durch eine geordnete Zusammenstellung von Einnahmen und Ausgaben; erfolgt dies nicht ordnungsgemäß, kann der Gläubiger verlangen, dass er eidesstattlich versichert, dass er die Aufstellung nach besten Wissen so vollständig abgegeben hat, als er dazu imstande war, § 259 Abs. 2 BGB. Da damit die Jahresabrechnung ebenso wie die Rechnungslegung die ggfls. durch Eid zu bekräftigende (konkludente) Erklärung enthält, die Angaben nach besten Wissen und Gewissen getätigt zu haben, kann dies nur vom Schuldner (Verwalter) selbst vorgenommen werden und stellt sich dies als nicht vertretbare Handlung dar.

Die Vollstreckung bezüglich der Erstellung des Wirtschaftsplanes scheitert dann, wenn zum Zeitpunkt der Vollstreckungsmaßnahme das Kalenderjahr, für welches die Erstellung erfolgen soll, bereits abgelaufen ist, wie es hier der Fall ist.


BGH, Urteil vom 23.06.2016 – I ZB 5/16 -

Subsidiäre Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Klägerin ist Sondereigentümerin einer Wohnung  in einer Wohnungseigentumsanlage. An der Fassade der Anlage wurden Arbeiten im Auftrag der WEG durchgeführt, bei denen es zu Schäden in der Wohnung der Klägerin kam. Zur Beseitigung dieser Schäden begehrt die Klägerin von den beklagten Wohnungseigentümern Erstattung ihrer Aufwendungen. Diese negieren einen Anspruch und verwiesen die Klägerin an den Werkunternehmer, dem im Rechtsstreit der Streit verkündet wurde. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass es dem einzelnen Wohnungseigentümer in Ansehung der schuldrechtlichen Sonderverbindung zwischen den Wohnungseigentümern verwehrt sein kann, diese in Anspruch zu nehmen, wenn ein Dritter (hier der Streitverkündete) in Anspruch genommen werden könne. Insoweit verweist das Landgericht auf eine entsprechende Entscheidung des BGH zur Frage, ob bei einer bestehenden Gebäudehaftpflichtversicherung der geschädigte Wohnungseigentümer bei einem versicherten Schaden nicht verpflichtet wäre, anstelle der Gemeinschaft den Versicherer direkt in Anspruch zu nehmen (was bejaht wurde; BGH. Urteil vom 10.06.2006 – V ZR 62/06 -). Bei Inanspruchnahme der Gemeinschaft würde das Verhältnis der Mitglieder belastet; es bestünde auch für den Kläger kein besonderes Interesse, statt des Streitverkündeten die Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen, zumal er im Falle einer entsprechenden Verurteilung den auf ihn entfallenden Betrag gemessen am Miteigentumsanteil selbst zu tragen hätte. Gegen den Streitverkündeten hätte die Klägerin auch nicht nur deliktische sondern auch vertragliche Ansprüche, da sich der Vertrag der Eigentümergemeinschaft mit dem Werkunternehmer als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (den Wohnungseigentümern) darstelle.

Anmerkung: Der Entscheidung ist vom Grundsatz her zuzustimmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Inanspruchnahme der Gemeinschaft lediglich dazu führen kann, dass dann diese gegen den Werkunternehmer selbst vorgeht um den Anspruch zu generieren. Allerdings wird man Ausnahmen einräumen müssen, so insbesondere dann, wenn z.B. bei Tätigkeit verschiedener Gewerke sich nicht mehr feststellen lässt, welcher Handwerker den Schaden verursachte oder mitverursachte aber feststeht, dass der Schaden bei Arbeiten für die Gemeinschaft entstand, ferner dann, wenn davon auszugehen ist, dass der Werkunternehmer nicht in der Lage sein wird, Schadensersatz zu leisten. In diesen Fällen wäre es nämlich umgekehrt treuwidrig von dem geschädigten Miteigentümer zu verlangen, dass er zunächst Werkunternehmer verklagt, wenn am Schluss ohnehin die Kosten von der Gemeinschaft zu tragen sind.


LG Stuttgart, Urteil vom 01.06.2016 – 10 S 2/16 WEG -