Der Sachverhalt lässt sich wie
folgt vereinfacht darstellen: Der Kläger erwarb formgerecht in 2011 die Gesellschaftsanteile
von Dritten an einer GmbH, die Grundbesitz hatte, womit er über 95% der Anteile,
zuletzt 100% der Anteile an der Gesellschaft hielt. Der Vorgang wurde an die
jeweiligen Finanzämter gerichtet, in deren Bezirk der Grundbesitz lag. Mit
Bescheid vom 15.03.2013 stellte das für den Sitz der GmbH zuständige Finanzamt (FA)
für den Erwerb der Grundstücke aufgrund der Anteilsvereinigung die
Besteuerungsgrundlagen gem. § 17 GrEStG gesondert fest. Dagegen legte der Kläger
Einspruch ein, in der er vortrug, am 27.11.2012 habe ein Rückerwerb von
Anteilen stattgefunden. Der Einspruch wurde zurückgewiesen, da nach Auffassung des
FA § 16 Abs. 2 GrEStG gem. § 16 Abs. 5 GrEStG im Hinblick darauf nicht
anwendbar sei, da keine ordnungsgemäße Anzeige des Anteilserwerbs nach § 18
bzw. § 19 GrEStG erfolgt sei. Die Klage hatte Erfolg, Auf die Revision des FA
wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der BFH hielt fest, dass der
Anteilserwerb die Voraussetzungen der Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 3
Nr. 1 GrEStG erfüllt habe. Durch den Erwerb hätte sich (mittelbar oder
unmittelbar) mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft in der Hand des
Klägers vereinigt. Diese Vereinigung würde grunderwerbsteuerrechtlich so
behandelt, als habe der Käufer der Anteile die Grundstücke selbst von der Gesellschaft
erworben. Mit dem Erwerb der restlichen Anteile auf 100% wurde er
Alleingesellschafter; die Besteuerungsgrundlagen waren nach § 17 Abs. 3 S. 1
Nr. 2 GrEStG festzustellen, und zwar durch das FA am Sitz der Gesellschaft, auch
wenn sich die Immobilien außerhalb dessen Zuständigkeitsbereich befinden.
Grundsätzlich lägen hier auch die
Voraussetzungen für die Aufhebung der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach
§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vor. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG würde auf Antrag
sowohl für den Rückerwerb als auch den Erwerb die Steuer nicht festgesetzt bzw.
die Steuerfestsetzung aufgehoben, erfolgt (wie hier) der Rückerwerb innerhalb
von zwei Jahren seit Entstehung der Steuer. Aus § 16 Abs. 5 GrEStG folge, dass
dies auch für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG gelte, was aber
die Anwendbarkeit der Begünstigungsnorm des § 16 GrEStG auch auf die Tatbestände
des § 1 Abs. 3 GrEStG voraussetze. Ausreichend sei, wenn durch einen Anteilsrückerwerb
das Quantum von 95% (hier in der Hand des Klägers) unterschritten würde. Auch
wenn dies vorliegend gegeben sei, würde vorliegend der Rückgängigmachung nach §
16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegenstehen, dass der Erwerbsvorgang nicht
ordnungsgemäß iSv. § 16 Abs. 5 GrEStG angezeigt worden sei. § 16 Abs. 5 GrEStG
diene der Sicherung der Anzeigepflicht nach §§ 18 und 19 GrEStG und soll so dem
Anreiz entgegenwirken, durch Nichtanzeige einer Besteuerung zu entgehen. Es
soll auch verhindert werden, den steuerlichen Effekt wieder durch Rückerwerb
aufzuheben, nachdem der steuerbare Vorgang bei der Finanzbehörde bekannt wurde.
Die Anzeigepflichten seien binnen
zwei Wochen nach Kenntnisahme vom anzeigepflichtigen Vorgang zu erfüllen (§ 18
Abs. 3, 19 Abs. 3 GrEStG). Träfe die Anzeigepflicht sowohl den
Steuerpflichtigen nach § 18 GrEStG wie auch den Notar nach § 19 GrEStG reiche
aus für § 16 Abs. 5 GrEStG aus, wenn einer der Anzeigepflicht ordnungsgemäß
nachkäme. Ordnungsgemäß wären hier die
Anzeigen nach §§ 18 Abs. 4 und 19 Abs. 4 GrEStG an die Grunderwerbsteuerstelle
des zuständige Finanzamt zu richten gewesen oder es müsste bei Übermittlung an
das zuständige Finanzamt jedenfalls deutlich ersichtlich sein, dass es sich um
einen Vorgang der Grunderwerbsteuer handele. Dabei hätte hier die Übermittlung
an das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt gerichtet werden
müssen, § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG; diese ergäbe sich aus § 17 Abs. 2 S. 3
des Gesetzes über die Finanzverwaltung und den darauf beruhenden
landesgesetzlichen Zuständigkeitsverordnungen.
Vorliegend aber hätten weder der
Kläger noch der Notar das danach für die gesonderte Feststellung zuständige
Finanzamt informiert. Die Anzeige gegenüber den Finanzämtern, in deren
jeweiligen Bezirk sich die Grundstücke befanden, reiche nicht aus.
Anmerkung: Die Entscheidung mag formal richtig begründet
sein, stellt sie doch auf die Zuständigkeit des Finanzamtes ab, welches zu informieren
ist. Geht man von dem Sinn und Zweck der Norm der Information des Finanzamtes
aus, wie auch vom BFH dargelegt, erschließt sich aber, dass bei Übermittlung an
ein unzuständiges Finanzamt, der Vorgang an das zuständige Finanzamt
weitergeleitet wird. Der Zweck, durch Nichtanzeige einer Steuerfestsetzung zu
entgehen, wäre also gewahrt, auch wenn die Anzeige an ein formal unzuständiges
Finanzamt erfolgte. Der Gesetzgeber hat hier, gebilligt vom BFH, eine Hürde eingebaut,
die für rechtlich oder steuerlich nicht bewanderte Laien schwer fassbar ist und
letztlich nicht notwendig wäre. Folge der fehlerhaften Zuleitung ist, wie hier,
ein Schaden in Höhe der (doppelten) Grunderwerbsteuer (Kauf- und
Rückkaufvorgang). Damit wird sich für den Steuerpflichtigen die Frage stellen,
ob er den Notar, der (ebenfalls) seiner Verpflichtung nicht korrekt nachkam,
haftbar machen kann.
BFH, Urteil vom 22.05.2019 - II R 24/16 -