Die Versicherungsnehmerin (VN) der jetzigen Klägerin wurde
vom Bauherrn im vorangegangenen Verfahren wegen Baumängeln verklagt. In diesem
Verfahren verkündete die VN dem jetzigen Beklagten den Streit, der auf Seiten
der VN dem Rechtsstreit beitrat. Nach dem Urteil, mit dem die VN zur Zahlung von
€ 79.054,86 zuzüglich Zinsen verurteilt wurde, zahlte die Klägerin den Betrag
abzüglich des Selbstbehalts der VN an den Bauherrn an den Bauherrn und
verlangte 40% davon vom Beklagten erstattet. Das Landgericht hat die VN und den
Beklagten als Gesamtschuldner angesehen, allerdings eine vom Beklagten erhobene
Einrede der Verjährung als begründet angesehen. Nach „ 195 betrage die
Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss
des Jahres, in dem der ausgleichspflichtige Anspruch entstand und die VN Kenntnis
von den anspruchsbegründenden Umständen erhielt. Damit, so das Landgericht,
begann die Verjährung am 01.01.2008 und sei am 31.12.2010 abgelaufen. Die
Klageerhebung der Klägerin in 2013 habe die Verjährungsfrist nicht mehr nach §
204 BGB hemmen können. Die Streitverkündung der VN habe nach Auffassung des
Landgerichts nicht zur Hemmung geführt, da die Streitverkündung unzulässig
gewesen sei. Die Unzulässigkeit ergebe sich daraus, dass schon im Zeitpunkt der
Streitverkündung eine gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten mit der VN in
Betracht kam und von daher auch der Bauherr beide hätte verklagen können. Damit
hätte die VN den Beklagten selbst klageweise auf Freistellung in Anspruch
nehmen müssen. Dem schloss sich das OLG an und hat die Berufung mit Beschluss
nach § 522 ZPO zurückgewiesen.
Der BGH folgte der Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht.
Er wies darauf hin, dass nach § 72 Abs. 1 ZPO eine
Streitverkündung u.a., dann zulässig sei, wenn die Partei im Zeitpunkt der
Streitverkündung aus in diesem Augenblick naheliegenden Gründen für den Fall
eines für sie ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch gegen einen
Dritten erheben zu können glaubt. Entscheidend dabei sie, dass die
Streitverkündung verhindern soll, dass verschiedene Beurteilungen desselben
Tatbestandes durch unterschiedliche Gerichte erfolgen, weshalb auch §§ 74, 68
ZPO diesem Risiko entgegenwirkt. Von daher sei zu unterscheiden:
Unzulässig ist eine Streitverkündung durch den Kläger des
Vorprozesses (dies wäre hier der Bauherr) gegenüber dem jetzigen Beklagten,
wenn (und da) von vornherein nach Lage der Dinge der jetzige Beklagte und die
VN als Gesamtschuldner ihm gegenüber haften und von daher die Klage hätte auf
den jetzigen Beklagten erweitert werden können. In einem solchen Fall könnte es
auch für den Streitverkünder nicht mehr darauf ankommen, ob der Prozess für ihn
ungünstig ausgeht.
Anders aber sei es in dem Fall (wie hier), wenn der Beklagte
des Vorprozesses (hier die VN) gegen einen Dritten (Streitverkündungsempfänger,
hier der Beklagte des aktuellen Prozesses) aus im Zeitpunkt der
Streitverkündung naheliegenden Gründen aus einem Gesamtschuldverhältnis einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch erheben zu können glaube. Ausgleichsansprüche
unter Gesamtschuldner sind, so der BGH, Ansprüche auf Schadloshaltung iSv. § 72
Abs. 1 ZPO. Ein Beklagter wie hier die VN der Klägerin , der einen
Gesamtschuldnerausgleich gegen einen Dritten erheben zu können glaubt, ist dem
Risiko ausgesetzt, vor dem die mit der Streitverkündung verbundene
Bindungswirkung nach §§ 74, 68 ZPO bewahren soll.
BGH, Urteil vom
07.05.2015 – VII ZR 104/14 -