Sonntag, 25. September 2016

Streitverkündung durch Versicherungsnehmer aufgrund Gesamtschuld hemmt die Verjährung

Die Versicherungsnehmerin (VN) der jetzigen Klägerin wurde vom Bauherrn im vorangegangenen Verfahren wegen Baumängeln verklagt. In diesem Verfahren verkündete die VN dem jetzigen Beklagten den Streit, der auf Seiten der VN dem Rechtsstreit beitrat. Nach dem Urteil, mit dem die VN zur Zahlung von € 79.054,86 zuzüglich Zinsen verurteilt wurde, zahlte die Klägerin den Betrag abzüglich des Selbstbehalts der VN an den Bauherrn an den Bauherrn und verlangte 40% davon vom Beklagten erstattet. Das Landgericht hat die VN und den Beklagten als Gesamtschuldner angesehen, allerdings eine vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung als begründet angesehen. Nach „ 195 betrage die Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der ausgleichspflichtige Anspruch entstand und die VN Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erhielt. Damit, so das Landgericht, begann die Verjährung am 01.01.2008 und sei am 31.12.2010 abgelaufen. Die Klageerhebung der Klägerin in 2013 habe die Verjährungsfrist nicht mehr nach § 204 BGB hemmen können. Die Streitverkündung der VN habe nach Auffassung des Landgerichts nicht zur Hemmung geführt, da die Streitverkündung unzulässig gewesen sei. Die Unzulässigkeit ergebe sich daraus, dass schon im Zeitpunkt der Streitverkündung eine gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten mit der VN in Betracht kam und von daher auch der Bauherr beide hätte verklagen können. Damit hätte die VN den Beklagten selbst klageweise auf Freistellung in Anspruch nehmen müssen. Dem schloss sich das OLG an und hat die Berufung mit Beschluss nach § 522 ZPO zurückgewiesen.

Der BGH folgte der Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht.

Er wies darauf hin, dass nach § 72 Abs. 1 ZPO eine Streitverkündung u.a., dann zulässig sei, wenn die Partei im Zeitpunkt der Streitverkündung aus in diesem Augenblick naheliegenden Gründen für den Fall eines für sie ungünstigen Ausgangs des Rechtsstreits einen Anspruch gegen einen Dritten erheben zu können glaubt. Entscheidend dabei sie, dass die Streitverkündung verhindern soll, dass verschiedene Beurteilungen desselben Tatbestandes durch unterschiedliche Gerichte erfolgen, weshalb auch §§ 74, 68 ZPO diesem Risiko entgegenwirkt. Von daher sei zu unterscheiden:

Unzulässig ist eine Streitverkündung durch den Kläger des Vorprozesses (dies wäre hier der Bauherr) gegenüber dem jetzigen Beklagten, wenn (und da) von vornherein nach Lage der Dinge der jetzige Beklagte und die VN als Gesamtschuldner ihm gegenüber haften und von daher die Klage hätte auf den jetzigen Beklagten erweitert werden können. In einem solchen Fall könnte es auch für den Streitverkünder nicht mehr darauf ankommen, ob der Prozess für ihn ungünstig ausgeht.

Anders aber sei es in dem Fall (wie hier), wenn der Beklagte des Vorprozesses (hier die VN) gegen einen Dritten (Streitverkündungsempfänger, hier der Beklagte des aktuellen Prozesses) aus im Zeitpunkt der Streitverkündung naheliegenden Gründen aus einem Gesamtschuldverhältnis  einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch  erheben zu können glaube. Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldner sind, so der BGH, Ansprüche auf Schadloshaltung iSv. § 72 Abs. 1 ZPO. Ein Beklagter wie hier die VN der Klägerin , der einen Gesamtschuldnerausgleich gegen einen Dritten erheben zu können glaubt, ist dem Risiko ausgesetzt, vor dem die mit der Streitverkündung verbundene Bindungswirkung nach §§ 74, 68 ZPO bewahren soll.


BGH, Urteil vom 07.05.2015 – VII ZR 104/14 -

Freitag, 23. September 2016

Mietvertrag: Bürgenhaftung bei Ausübung einer Verlängerungsoption

Häufig wird in einem Mietvertrag als Sicherung vereinbart, dass ein Dritter als selbstschuldnerischer Bürge für mögliche Ansprüche des Mieters gegen einen Mieters mit einstehen soll. Doch hier ist, wie die Entscheidung des OLG Düsseldorf verdeutlicht, Vorsicht geboten.

In dem vom OLG im Rahmen einer Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe zu entscheidenden Fall, hatte die Ehefrau des Mieters die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Verpflichtungen ihres (zwischenzeitlich verstorbenen) Ehemanns aus einem von diesem mit der Klägerin abgeschlossenen Mietvertrag übernommen. Der Mietvertrag wurde am 20.03.1997 geschlossen; dazu übernahm die Ehefrau (ob wirksam, hat das OLG auf sich beruhen lassen, allerdings auch bezweifelt) durch Unterschrift auf der Vertragsurkunde als „selbstschuldnerische Bürgin“ die Bürgschaft. Unabhängig davon, ob dies dem Schriftformerfordernis für eine Bürgschaft genügt, würde sich die verklagte Ehefrau  jedenfalls auf § § 767 Abs. 1 S. 3 BGB berufen können. Dort heißt es: „Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.“ 

Streitgegenständlich sind ausschließlich Forderungen der Klägerin, die nach der Ausübung eines mietvertraglich vorgesehenen Optionsrechts durch den Mieter entstanden sind. Dies stellt sich, so das OLG, als ein rechtsgeschäftliches Handeln iSv. § 767 Abs. 1 S. 3 BGB dar. Mit dieser Regelung würde auch das mit § 766 S. 1 BGB (Schriftformerfordernis) verfolgte Anliegen durchgesetzt, den Bürgen nicht mit einem unkalkulierbaren Risiko zu überziehen. Es sollen für künftige Verbindlichkeiten Grenzen gesetzt werden. Es solle auch verhindert werden, dass durch ein zusammenwirken von Gläubiger und Hauptschuldner nachträglich das Haftungsrisiko des Bürgen verschärft wird, die für den Bürgen bei Eingehen der Bürgschaft nicht erkennbar waren.


OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.04.2016 – 24 W 12/16 -

Kaufrecht: Herstellergarantie ist Beschaffenheitsmerkmal und ihr Fehlen kann einen Vertragsrücktritt rechtfertigen

Der Klä­ger er­warb von dem be­klag­ten Au­to­händ­ler ei­nen ge­brauch­ten Audi TT, den die­ser auf ei­ner In­ter­net­platt­form mit Angabe „inklusive Audi-Garantie bis 11/2014“ bewarb. Der Kaufvertrag wurde am 07.07.2013 abgeschlossen; das Fahrzeug hatte eine Laufleistung von 45.170km. Im August 2013 erhielt der Kläger im Rahmen der Garantie in einem Audi-Zentrum ein Austauschgetriebe und im September 2013 ein neues Steuergerät für die Kraftstoffpumpe. Da das Problem an dem Fahrzeug damit nicht behoben wurde, nahm Audi eine weitergehende Prüfung vor und stellte dabei eine Manipulation der Laufleistung (vor Abschluss des Kaufvertrages) fest, weshalb weitere Garantieleistungen verweigert wurden. Der Kläger erklärte unter dem 02.10.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges Rückzahlung des Kaufpreises und der Zahlung seiner Aufwendungen Zug um Zug gegen Erstattung der Gebrauchsvorteile. Während Land- und Oberlandesgericht die Klage abwiesen, hob der BGH die Entscheidungen auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Entgegen der Vorinstanz nahm der BGH an, dass das Bestehen einer Herstellergarantie in der Regel ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach § 434 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB sei, so dass dessen Fehlen einen Sachmangel darstellen könne. Nach der Neuregelung im Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (von 2001) jede nach früheren recht zusicherungsfähige Eigenschaft eine Beschaffenheit iSv. § 434 Abs. 1 BGB darstelle. Eine Herstellergarantie stellt führe zu einem rechtlichen Verhältnis zwischen Fahrzeughalter und –hersteller in Bezug auf das Fahrzeug, in dessen Rahmen regelmäßig im Rahmen der Garantieerklärung Ersatz für die Kosten von bestimmten Reparaturen geleistet würde.  Entgegen dem früheren recht sei jetzt nicht mehr ausreichend, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung „im Zweifel“ vorläge, sondern sie müsse eindeutig in Betracht kommen. Einer Vereinbarung bedarf es nicht. Ausreichend ist daher, wenn eine bestimmte Aussage getroffen wird, die nicht auf lediglich einen Verweis auf Dritte darstellt (z.B. „laut Vorbesitzer“ oder „laut Fahrzeugschein“, Urteil vom 12.03.2008 – VIII ZR 253/05 -).


BGH, Urteil vom 15.06.2016 – VIII ZR 134/15 -

Mittwoch, 21. September 2016

Wohnraumkündigung wegen verspäteter Zahlungen durch staatliche Stellen (Transferleistungen) ?

Die Beklagte zu 1. hatte von der Klägerin eine Wohnung für sich und ihre erwachsenen Töchter (die Beklagten zu 2. und 3.) gemietet. Der Mietzins sollte gemäß vertraglicher Vereinbarung jeweils zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus an die Klägerin  gezahlt werden. Nach einem Zahlungsverzug von zwei Monatsmieten kündigte die Klägerin und erhob im März 2013 Räumungsklage. Innerhalb der Schonfrist wurde vom Bezirksamt der Mietrückstand ausgeglichen und die Räumungsklage in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der Folge übernahm das Jobcenter die Mietzahlungen. Im August 2013 wurde ein Teilbetrag der Miete nicht gezahlt, neuerlich im Oktober 2013, wobei von diesem Rückstand im Oktober 2013 am 30.10.2013 wiederum ein Teilbetrag gezahlt wurde. Mit Schreiben vom 28.10.2014 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1. ab und verlangte künftighin die rechtzeitige Zahlung der vollständigen Miete. Im November 2013 zahlte die Beklagte zu 1. Einen Teilbetrag von € 613,19 nicht, woraufhin die Klägerin Ende November das gerichtliche Mahnverfahren einleitete. Danach erfolgte der Ausgleich der Miete für November. Im März 2014, am 10.3., war von der Märzmiete noch ein Betrag von € 276,81 offen, der erst am 11.03.2014 gezahlt wurde. Mit Schreiben vom 10.03.2014 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis in Ansehung des Zahlungsverhaltens der Beklagten zu 1. fristlos, vorsorglich hilfsweise fristgerecht zum nächst möglichen Kündigungstermin. Nachdem die Beklagte zu 1. Und ihre Töchter nicht auszogen, erhob die Klägerin Räumungsklage. Das Amtsgericht gab dieser statt; das Landgericht wies sie zurück. Auf die vom Landgericht zugelassene und von der Klägerin eingelegte Revision hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht.


Vom BGH wurde dem Landgericht in seiner Auffassung zugestimmt, dass das Jobcenter, welches hier jeweils die Zahlungen geleistet hatte, nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1. Sei und von daher ein mögliches Verschulden desselben im Zusammenhang mit verspäteten Zahlungen nicht der Beklagten zu 1. zugerechnet werden könne. Wie auch von Amts- und Landgericht richtig festgestellt, liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB vor, wenn dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten an dem Vertrag bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder einem sonstigen Beendigungszeitpunkt nicht zugemutet werden kann.

Der BGH weist darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung (auch des Senats) im Rahmen der Daseinsvorsorge von einer Behörde erbrachte Transferleistungen nicht dazu führen würden, dass diese Behörde Erfüllungsgehilfe des Mieters würde. Vielmehr werde die Behörde im Rahmen hoheitlicher Aufgaben zur Grundsicherung von Hilfsbedürftigen tätig. Nachlässigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Mieters würden für den Vermieter die Gefahr auch zukünftiger Zahlungsausfälle begründen und von daher eine Fortsetzung des Mietverhältnisses als für den Vermieter unzumutbar erscheinen lassen. Diese Situation sie mit dem Zahlungsverhalten der Behörde nicht ohne weiteres vergleichbar.

Allerdings habe das Landgericht verkannt, dass sich nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung alleine schon durch die unpünktliche Zahlungsweise herleiten ließe, da darin eine objektive Pflichtverletzung liege und sich für den Vermieter daraus negative Folgen ergeben könnten (z.B. wenn er die pünktliche Zahlung für die Abzahlung von Krediten eingeplant habe oder seinen Lebensunterhalt aus den Mieteinnahmen finanziere). Auch kann in den zu unterschiedlichen Zeiten erfolgten Zahlungen ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand liegen. Darüber hinaus könne es eine Rolle spielen, ob das Mietverhältnis bisher mit Ausnahme der unpünktlichen Zahlungen störungsfrei verlief, was hier in Ansehung der in 2013 erfolgten Zahlung innerhalb der Schonfrist nicht gegeben sei.

Weiterhin sei zu prüfen, ob in Ansehung der verspäteten Zahlungen durch die Behörde den Mieter auch ein eigenes Verschulden treffe. Dieses würde bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung wie hier vermutet (BGH, Urteil vom 13.04.2016 – VIII ZR 39/15 -, Rechtsgedanke des § 280 Abs. 1 BGB). Alleine dadurch, dass der Mieter auf Transferleistungen angewiesen sei, würde diese Vermutung noch nicht widerlegen. Es sei vielmehr Sache des Mieters darzulegen und zu beweisen, dass er alles dafür getan habe, dass die Zahlungen rechtzeitig erfolgen (also rechtzeitige Antragsstellung, Überlassung vollständiger Unterlagen an die Behörde und, bei etwaigen Zahlungssäumnissen der Behörde wie hier, bei dieser auf eine pünktliche Zahlung zu drängen, insbesondere dann, wenn wie hier eine qualifizierte Abmahnung erfolgte. Hierzu aber hatten Amts- und Landgericht keine Feststellungen getroffen.


Anmerkung: Die Entscheidung beruht auf einem Gedanken des „sozialen Mietrechts“, der zu Lasten des Vermieters geht. Grundsätzlich stellt sich der Umstand, dass jemand kein Geld hat, nicht als ein Umstand der, der einen Verzug ausschließt. Und Verzug setzt ein Verschulden voraus. Damit gilt der Grundsatz „Geld hat man zu haben“.  Vorliegend wird aber der Umstand der fehlenden eigenen Zahlungsfähigkeit des Mieters berücksichtigt und damit dem Vermieter letztlich das Risiko überbürdet, dass er die Miete nicht oder nicht rechtzeitig erhält, da die Behörde eventuell aus Gründen, auf die der Mieter keinen Einfluss hat, nicht oder nicht rechtzeitig leistet. Dies findet im Gesetz selbst keine Stütze. Rieble hat dies in einem vom BGH zitierten Aufsatz (NJW 2010, 816f) als Gefühlrecht jenseits der Dogmatik bezeichnet. Ob diese vom Gesetz losgelöste Überlegung mit einer Sozialbindung vereinbar ist, halte ich für eher zweifelhaft. Denn der Einzelne kann nicht für etwas aufkommen müssen, was nicht in seiner Sphäre liegt, zumal er selbst bei einem solchen Verhalten in wirtschaftliche Schwierigkeiten (z.B. nicht rechtzeitige Zahlung von Kreditraten mit der Folge der Kündigung des Darlehensvertrages und der daraus resultierenden sofortigen Fälligstellung des Darlehens) geraten kann, ohne dass dann ein Verschulden verneint würde oder auch über die Sozialbindung die Kündigung des Darlehensvertrages als unwirksam bewertet würde.  Damit muss an sich zwingend die Nichteinhaltung der Regelung zur rechtzeitigen Mietzahlung unabhängig davon, ob der Mieter Einfluss nehmen kann oder nicht, stets zu Lasten des Mieters gehen.
  
BGH, Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 173/15 - 

Architektenhaftung und Verjährung bei falscher Beantwortung einer Frage

Der beklaget Architekt hatte vertraglich  gegenüber dem Kläger die Pflicht zur Erbringung der Leistungsphasen 1-8 nach § 15 HOAI a.F. übernommen. Wenige Wochen nachdem sich der Kläger mit dem Beklagten darüber verständigte, diesem kein weiteres Honorar zu schulden, zog er am 20.01.2006 in die dem Architektenvertrag zugrundeliegende Doppelhaushälfte ein.  Im November 2012 kam es zu einem Wasserschaden, dessen Ursache zum einen  eine durch einen Planungsfehler des Beklagten nicht gehörige Abdichtung der Zwischenwand gegen drückendes Wasser war und im übrigen vier von fünf Rohrdurchführungen in der Bodenplatte nicht mit einer Abdichtung versehen waren.  Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Unabhängig davon, dass vorliegend das OLG in Ansehung anderweitiger Umstände der Ansicht ist, dass mangels Abnahme eine Verjährung eines Anspruchs des Klägers nicht vorläge, vertrat es die Ansicht, dass auch aus anderen Gründen sich der Beklagte nicht erfolgreich auf Verjährung berufen könne. Im Oktober 2006 war es bereits erstmals zu einem Wasserschaden gekommen. Im Zusammenhang damit hatte der Kläger den Beklagten vor dem Hintergrund der damals über den Lichtschacht durch das Fenster eingedrungenen Wasser gefragt, ob das Gebäude im übrigen dicht sei. Darin, so das OLG, läge das Angebot auf Abschluss eines Auskunftsauftrages, § 662 BGB. Dieses Angebot wäre durch den Beklagten konkludent durch seine Antwort angenommen worden, indem er bejahte. Die Annahme eines Vertragsschlusses scheitere auch nicht an einem Rechtsbindungswillen, da nach der Interessenslage auch für den beklagten erkennbar war, dass es sich nicht nur um eine bloße Gefälligkeit handele, sondern für den Kläger ein wesentliches Interesse wirtschaftlicher Art bestand.

Die Pflicht aus dem Auskunftsvertrag wurde vom beklagten schuldhaft verletzt, da er verpflichtet gewesen wäre, die Auskunft richtig und vollständig zu erteilen. Sie ist, so das OLG, dann korrekt, wenn die Antwort nach zumutbarer Ausschöpfung seiner eigenen Informationsquellen seinem tatsächlichen Wissensstand entspricht und wiedergeben wird. Die Auskunft war aber falsch. Diese Falschangabe war auch schuldhaft, da sich der Beklagte durch einfache Nachschau in dne Bauunterlagen noch einmal hätte vergewissern können.

Hätte der Beklagte bereits 2006 den Kläger korrekt informiert, hätte der Beklagte auch bereits zu diesem Zeitpunkt die notwendige Bauwerkssicherung durchführen lassen können. Damit hätte aber auch der Kläger seine Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der nachzuholenden Bauwerkssicherung in unverjährter Zeit gegenüber dem Beklagten geltend machen können.


OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.02.2016 – 8 U 16/14 -

Dienstag, 20. September 2016

Versicherungsmakler: Unerlaubte Rechtsberatung bei Schadensregulierung im Auftrag des Versicherers

Der beklagte Versicherungsmakler wurde von der Rechtsanwaltskammer Köln (Klägerin) auf Unterlassung in Anspruch genommen, schadensregulierend, wie in einem bestimmten Schreiben des Beklagten, tätig zu werden. In diesem Schreiben hatte der Beklagte mitgeteilt, der zuständige Versicherer habe ihn mit der Schadensregulierung beauftragt. Weiterhin heißt es, dass die versicherte Firma bis zum Zeitwert des beschädigten Objekts unter Berücksichtigung dessen Alter und Gebrauchs Ersatz zu leisten habe. Da die Anschaffungsrechnung vom geschädigten Anspruchsteller nicht vorgelegt werden konnte, obwohl er zum Nachweis der Schadenshöhe verpflichtet sei, würde von dem Betrag ein Abzug neu für alt vorgenommen; Reinigungskosten wären dabei bereits berücksichtigt (es erfolgt ein Verweis auf Entscheidungen von zwei eines Amtsgerichten).


Die Klage wurde vom Land- und Oberlandesgericht abgewiesen. Die Revision der Anwaltskammer war erfolgreich.

Auszugehen sei von der Definition des Versicherungsmaklers in § 59 Abs. 3 VVG. Dieser sei für den Auftraggeber geschäftsmäßig mit der Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen beauftragt, ohne von einem Versicherer oder Versicherungsvertreter damit beauftragt worden zu sein. Eine Doppeltätigkeit als sowohl für den Versicherungsnehmer als auch den Versicherer sei mit dem Leitbild nicht vereinbar. Dementsprechend würde auch § 34d Abs. 1 GewO zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter unterscheiden. Nur beim Versicherungsvertreter gehöre es zu dessen Aufgaben, den Versicherungsvertrag nach Abschluss desselben weiter zu betreuen, evtl. den Versicherungsnehmer rechtzeitig auf Anpassungsbedarf usw. hinzuweisen und den Versicherungsnehmer im Schadensfall sachkundig zu beraten. Der Versicherungsmakler sei Sachwalter des Versicherungsnehmers und stehe „in dessen Lager“ und nicht, wie der Versicherungsvertreter, im Lager des Versicherers. Im Schadensfall könne der Versicherungsmakler im Rahmen des § 5 RDG für den Versicherungsnehmer, nicht für den Versicherer, schadensregulierend tätig werden.

Dies gelte auch im Falle des (vorliegenden) Haftpflichtrechts, da die Interessen des Versicherers und des Versicherungsnehmers nicht korrespondieren müssen. Während der Versicherer regelmäßig ein Interesse daran habe, den zu regulierenden Schadensaufwand möglichst gering zu halten, kann, muss dies aber nicht notwendig bei dem Versicherungsnehmer der Fall sein. Der BGH verweist darauf, dass der Versicherungsnehmer häufig ein Interesse daran hat, dass ein Schaden möglichst rasch und unproblematisch im Interesse seines geschädigten Kunden abgewickelt wird, er also nicht in weitere Kritik seines Kunden gerät.

Auch wäre zweifelhaft, ob es sich hier um eine Nebentätigkeit des Versicherungsmaklers handele. Dies deshalb, da die Regulierung durch den Versicherungsmakler nicht auf einem Vertragsverhältnis mit seinem Auftraggeber, sondern auf einem gesonderten Vertrag mit dem Versicherer beruht.

Neben § 5 RDG würde der Tätigkeit des Versicherungsmaklers auch § 4 RDG entgegenstehen. Der Rechtsdienstleistung steht hier der mögliche Interessenskonflikt des Versicherungsmaklers entgegen, der eine ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es zu den Aufgaben des Versicherungsmakler gehöre, bei einer für den Versicherungsnehmer unbefriedigenden Regulierung durch den Versicherer zu einem Wechsel des Versicherers zu raten, was dem Interesse des Versicherers entgegensteht.


BGH, Urteil vom 14.01.206 – I ZR 107/14 -

Freitag, 16. September 2016

Zwangsversteigerung: Zuschlagsverkündungstermin und Antrag auf Vertagung

Vorliegend hatte der Schuldner den Antrag auf Aufschiebung des Verkündungstermins für den Zuschlagsbeschluss mit der Begründung gestellt, er habe bzw. wolle beim Prozessgericht einen Antrag nach § 769 Abs. 1 ZPO (einstweilige Anordnung auf vorläufige Einstellung der Zwansgvollstreckung) stellen. Dies genügt nach Auffassung des BGH nicht.


Der BGH weist darauf hin, dass in der Regel der Beschluss über den Zuschlag  im Versteigerungstermin erfolgen soll, da alle beteiligten einen Anspruch auf rasche Klärung der Rechtslage haben. Dies gilt insbesondere auch für die Bietenden, die bis zur Verkündung an ihre Gebote gebunden bleiben.  So sei es auch ermessensfehlerhaft, wenn von einer sofortigen Verkündung abgesehen werde, da der betreibende Gläubiger dies beantragt, um mit dem Meistbietenden noch einen möglichen Zuschlag auf die gebotene Summe zu vereinbaren (mit der Möglichkeit, vor dem Zuschlag das aktuelle Verfahren durch Rücknahme zu beenden und so einen Zuschlag zu verhindern). Angemessen wäre eine Vertagung, wenn damit einer möglichen Verschleuderung des durch Ermöglichung einer Vollstreckungsschutzklage gem. § 765a ZPO entgegengewirkt wird.

Wenn aber der Schuldner einen Antrag nach § 769 Abs. 1 ZPO erst kurz vor oder im Termin ankündigt, rechtfertigt dies nicht die Vertagung der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses. Es liegt in diesem Fall kein notwendiger zwingender Grund vor, weshalb das Ermessen des Rechtspflegers bei seiner Entscheidung gebunden ist und er abzulehnen hat.


BGH, Beschluss vom 12.05.2016 – V ZB 141/15 -