Die Beklagte zu 1. hatte von der
Klägerin eine Wohnung für sich und ihre erwachsenen Töchter (die Beklagten zu
2. und 3.) gemietet. Der Mietzins sollte gemäß vertraglicher Vereinbarung
jeweils zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus an die Klägerin gezahlt werden. Nach einem Zahlungsverzug von
zwei Monatsmieten kündigte die Klägerin und erhob im März 2013 Räumungsklage.
Innerhalb der Schonfrist wurde vom Bezirksamt der Mietrückstand ausgeglichen
und die Räumungsklage in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der Folge
übernahm das Jobcenter die Mietzahlungen. Im August 2013 wurde ein Teilbetrag
der Miete nicht gezahlt, neuerlich im Oktober 2013, wobei von diesem Rückstand
im Oktober 2013 am 30.10.2013 wiederum ein Teilbetrag gezahlt wurde. Mit
Schreiben vom 28.10.2014 mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1. ab und verlangte
künftighin die rechtzeitige Zahlung der vollständigen Miete. Im November 2013
zahlte die Beklagte zu 1. Einen Teilbetrag von € 613,19 nicht, woraufhin die
Klägerin Ende November das gerichtliche Mahnverfahren einleitete. Danach
erfolgte der Ausgleich der Miete für November. Im März 2014, am 10.3., war von
der Märzmiete noch ein Betrag von € 276,81 offen, der erst am 11.03.2014
gezahlt wurde. Mit Schreiben vom 10.03.2014 kündigte die Klägerin das
Mietverhältnis in Ansehung des Zahlungsverhaltens der Beklagten zu 1. fristlos,
vorsorglich hilfsweise fristgerecht zum nächst möglichen Kündigungstermin. Nachdem
die Beklagte zu 1. Und ihre Töchter nicht auszogen, erhob die Klägerin
Räumungsklage. Das Amtsgericht gab dieser statt; das Landgericht wies sie
zurück. Auf die vom Landgericht zugelassene und von der Klägerin eingelegte
Revision hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und verwies den
Rechtsstreit zurück an das Landgericht.
Vom BGH wurde dem Landgericht in
seiner Auffassung zugestimmt, dass das Jobcenter, welches hier jeweils die
Zahlungen geleistet hatte, nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1. Sei und
von daher ein mögliches Verschulden desselben im Zusammenhang mit verspäteten
Zahlungen nicht der Beklagten zu 1. zugerechnet werden könne. Wie auch von
Amts- und Landgericht richtig festgestellt, liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose
Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB vor, wenn dem Vermieter unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten an dem Vertrag bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist oder einem sonstigen Beendigungszeitpunkt nicht zugemutet
werden kann.
Der BGH weist darauf hin, dass
nach ständiger Rechtsprechung (auch des Senats) im Rahmen der Daseinsvorsorge von
einer Behörde erbrachte Transferleistungen nicht dazu führen würden, dass diese
Behörde Erfüllungsgehilfe des Mieters würde. Vielmehr werde die Behörde im
Rahmen hoheitlicher Aufgaben zur Grundsicherung von Hilfsbedürftigen tätig.
Nachlässigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Mieters würden für den Vermieter
die Gefahr auch zukünftiger Zahlungsausfälle begründen und von daher eine
Fortsetzung des Mietverhältnisses als für den Vermieter unzumutbar erscheinen
lassen. Diese Situation sie mit dem Zahlungsverhalten der Behörde nicht ohne
weiteres vergleichbar.
Allerdings habe das Landgericht
verkannt, dass sich nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB ein wichtiger Grund für die
fristlose Kündigung alleine schon durch die unpünktliche Zahlungsweise
herleiten ließe, da darin eine objektive Pflichtverletzung liege und sich für
den Vermieter daraus negative Folgen ergeben könnten (z.B. wenn er die pünktliche
Zahlung für die Abzahlung von Krediten eingeplant habe oder seinen
Lebensunterhalt aus den Mieteinnahmen finanziere). Auch kann in den zu
unterschiedlichen Zeiten erfolgten Zahlungen ein unzumutbarer
Verwaltungsaufwand liegen. Darüber hinaus könne es eine Rolle spielen, ob das
Mietverhältnis bisher mit Ausnahme der unpünktlichen Zahlungen störungsfrei
verlief, was hier in Ansehung der in 2013 erfolgten Zahlung innerhalb der
Schonfrist nicht gegeben sei.
Weiterhin sei zu prüfen, ob in
Ansehung der verspäteten Zahlungen durch die Behörde den Mieter auch ein
eigenes Verschulden treffe. Dieses würde bei Vorliegen einer objektiven
Pflichtverletzung wie hier vermutet (BGH, Urteil vom 13.04.2016 – VIII ZR 39/15
-, Rechtsgedanke des § 280 Abs. 1 BGB). Alleine dadurch, dass der Mieter auf
Transferleistungen angewiesen sei, würde diese Vermutung noch nicht widerlegen.
Es sei vielmehr Sache des Mieters darzulegen und zu beweisen, dass er alles
dafür getan habe, dass die Zahlungen rechtzeitig erfolgen (also rechtzeitige
Antragsstellung, Überlassung vollständiger Unterlagen an die Behörde und, bei
etwaigen Zahlungssäumnissen der Behörde wie hier, bei dieser auf eine
pünktliche Zahlung zu drängen, insbesondere dann, wenn wie hier eine
qualifizierte Abmahnung erfolgte. Hierzu aber hatten Amts- und Landgericht
keine Feststellungen getroffen.
Anmerkung: Die Entscheidung beruht auf einem Gedanken des „sozialen
Mietrechts“, der zu Lasten des Vermieters geht. Grundsätzlich stellt sich der
Umstand, dass jemand kein Geld hat, nicht als ein Umstand der, der einen Verzug
ausschließt. Und Verzug setzt ein Verschulden voraus. Damit gilt der Grundsatz „Geld
hat man zu haben“. Vorliegend wird aber
der Umstand der fehlenden eigenen Zahlungsfähigkeit des Mieters berücksichtigt
und damit dem Vermieter letztlich das Risiko überbürdet, dass er die Miete
nicht oder nicht rechtzeitig erhält, da die Behörde eventuell aus Gründen, auf
die der Mieter keinen Einfluss hat, nicht oder nicht rechtzeitig leistet. Dies
findet im Gesetz selbst keine Stütze. Rieble hat dies in einem vom BGH
zitierten Aufsatz (NJW 2010, 816f) als Gefühlrecht jenseits der Dogmatik bezeichnet.
Ob diese vom Gesetz losgelöste Überlegung mit einer Sozialbindung vereinbar
ist, halte ich für eher zweifelhaft. Denn der Einzelne kann nicht für etwas
aufkommen müssen, was nicht in seiner Sphäre liegt, zumal er selbst bei einem
solchen Verhalten in wirtschaftliche Schwierigkeiten (z.B. nicht rechtzeitige
Zahlung von Kreditraten mit der Folge der Kündigung des Darlehensvertrages und
der daraus resultierenden sofortigen Fälligstellung des Darlehens) geraten
kann, ohne dass dann ein Verschulden verneint würde oder auch über die
Sozialbindung die Kündigung des Darlehensvertrages als unwirksam bewertet
würde. Damit muss an sich zwingend die
Nichteinhaltung der Regelung zur rechtzeitigen Mietzahlung unabhängig davon, ob
der Mieter Einfluss nehmen kann oder nicht, stets zu Lasten des Mieters gehen.
BGH, Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 173/15 -