Freitag, 31. August 2018

Kaufvertrag: Zur Beweislast für das Fehlschlagen von Nachbesserungen


Der Kläger hatte von dem Beklagten am 16.11.2016 einen Gebrauchtwagen erworben. Er monierte im Frühjahr 2017 wiederholt Funktionsmängel am Verdeck (es ließ sich nicht öffnen und nicht schließen). Die Beklagte veranlasste im März, Mai und Juli 2017 Untersuchungen und Reparaturen des Öffnungs- und Schließmechanismus. Als der Kläger im Juli 2017 zum vierten Mal den Mechanismus reklamierte, veranlasste die Beklagte lediglich eine Untersuchung ohne Reparatur.

Der Kläger verklagte die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges. Das Landgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten zum OLG Bamberg wies dieses die Beklagte darauf hin, die Berufung nach § 522 ZPO zurückweisen zu wollen.

Das Landgericht sei zutreffend von einem Sachmangel ausgegangen. Der Käufer habe darzulegen und zu beweisen, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag (§§ 434 Abs. 1 S. 1 iVm. 446 S. 1 BGB) und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiterhin vorhanden sei. Dabei genüge der Käufer seiner Darlegungs- und Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung bereits durch den Nachweis, dass das Mangelsymptom weiterhin auftrete (BGH, Urteil vom 09.03.2011 - VIII ZR 266/09 -).  Unstreitig sei hier, dass der Öffnungs-. Und Schließmechanismus weiterhin nicht funktioniere.

Soweit die Beklagte geltend gemacht hatte, sie habe bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, dass mutmaßlich ein Steuerungsgerät defekt sei  und dieser Defekt bei Übergabe des Fahrzeuges noch nicht vorgelegen habe, sei dieser Vortrag unbeachtlich. Da die Beklagte drei Nachbesserungsversuche vorgenommen habe, hätte sie genügend Gelegenheit gehabt, die Ursache des Defekts zu eruieren, weshalb eine geäußerte Mutmaßung die hier notwendige konkrete Darlegung nicht habe ersetzen können.

Im Rahmen der Berufung wurde von der Beklagten Vortrag zu Wert- und Schadensersatz gehalten, der allerdings bereits in der 1. Instanz hätte erfolgen können und deshalb vom OLG nach § 531 ZPO zurückgewiesen wurde. Dabei wies das OLG auch darauf hin, dass das Landgericht die Parteien auf die Problematik des Wertersatzes hingewiesen habe, ohne dass die Beklagte darauf eingegangen wäre.

OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 16.05.2018 - 3 U 54/18 -


Aus den Gründen:

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 06.03.2018 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 22.06.2018.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen.
Mit Kaufvertrag vom 16.11.2016 erwarb der Käufer bei der Beklagten zu einem Preis von 5.300,- Euro den streitgegenständlichen Pkw, A.. Die Übergabe erfolgte am selben Tag.
Ab Frühjahr 2017 monierte der Kläger wiederholt Funktionsmängel am Verdeck: Dieses ließ sich nicht öffnen und schließen.
Auf Grund entsprechender Beanstandungen des Klägers veranlasste die Beklagte im April, Mai und Juli 2017 jeweils Untersuchungen und Reparaturen des Öffnungs- und Schließmechanismus' des Fahrzeugs. Als der Kläger im Juli 2017 ein weiteres - das heißt viertes - Mal Schwierigkeiten beim Öffnen und Schließen des Verdecks reklamierte, veranlasste die Beklagte eine abermalige Untersuchung des Fahrzeugs. Eine - nochmalige - Reparatur des Fahrzeugs unterblieb.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 5.300,- Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu verurteilen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Hiergegen wendet sich die im Wesentlichen auf Rechtsausführungen gestützte Berufung der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung rechtlichen Gehörs in Verbindung mit der richterlichen Hinweispflicht, da sie davon ausgegangen sei, dass das Landgericht ein Sachverständigengutachten einhole. Ferner habe sie bereits erstinstanzlich die Vermutung geäußert, dass eventuell das Steuergerät defekt sei und dieser Mangel nicht schon bei Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen habe. Vorsorglich werde eingewandt, dass ein Abzug von der Klageforderung für Gebrauchsvorteile des Klägers vorzunehmen sei und der Kläger den Fahrersitz schuldhaft zerstört habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen Bezug genommen.
II.
Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung offensichtlich unbegründet mit der Folge, dass das Rechtsmittel keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO bietet. Zu Recht und auch mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Voraussetzungen für den Rücktritt bejaht und der Klage stattgegeben. Der Senat nimmt daher zunächst auf die zutreffenden Feststellungen im Ersturteil Bezug, die durch das Berufungsvorbringen auch nicht entkräftet werden. Zu den Berufungsangriffen sind lediglich die folgenden Anmerkungen veranlasst:
1. Soweit die Beklagte eine Verletzung rechtlichen Gehörs in Verbindung mit der richterlichen Hinweispflicht rügt, wird der richterliche Hinweis vom 07.11.2017 (Bl. 20 d.A.) in der Berufungsbegründung (S. 3 = Bl. 59 d.A.) nicht vollständig wiedergegeben. Das Erstgericht wies nämlich darauf hin: „Zudem erscheint es keineswegs ausgeschlossen, dass der Kläger auch schon auf Grund des zweimaligen Fehlgehens einer Nachbesserung „am Verdeck" unabhängig davon, welches konkrete Fahrzeugteil nachgebessert werden musste, sich überhaupt noch auf eine dritte Nachbesserung oder Ähnliches verweisen lassen muss."
Ungeachtet dessen erfolgt selbst in der Berufungsbegründung kein erheblicher neuer Sachvortrag zu der Frage, ob die Nachbesserung fehlgeschlagen ist.
2. Zutreffend hat das Landgericht einen Sachmangel im Hinblick auf den Öffnungs- und Schließmechanismus des Verdecks zur Zeit der Übergabe bejaht. Die im Ersturteil vorgenommene Subsumtion unter Berücksichtigung der funktional abgrenzbaren Bauteilgruppen sowie der konkreten Mangelfolgen ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen im Ersturteil an. Der Käufer hat darzulegen und zu beweisen, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache (§ 434 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 446 Satz 1 BGB) vorlag und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Der Käufer genügt seiner Darlegungs- und Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung durch den Nachweis, dass das Mangelsymptom weiterhin auftritt (BGH, Urteil vom 09. März 2011 - VIII ZR 266/09 -, Rn. 16, juris). Unstreitig funktioniert der Öffnungs- und Schließmechanismus nach wie vor nicht.
3. Hinzu kommt, dass die Beklagte lediglich Mutmaßungen über das Vorliegen eines Defekts am Steuergerät geäußert hat. Da sie drei Nachbesserungsversuche vornahm und somit umfassend Gelegenheit hatte, die Ursache des Defekts zu eruieren, oblag ihr auch die konkrete Darlegung, weshalb der Schließmechanismus nach wie vor nicht funktionierte.
4. Der Vortrag in der Berufungsbegründung (S. 5 = Bl. 61 d.A.) zu Wert- und Schadensersatz ist verspätet nach § 531 Abs. 2 ZPO. Obwohl das Erstgericht bereits mit Verfügung vom 07.11.2017 (Bl. 21 d.A.) ausdrücklich auf das (mögliche) Problem des Wertersatzes hingewiesen hat, hat die Beklagte erstinstanzlich diesbezüglich keine Einrede erhoben. Unabhängig fehlt dem Vortrag (insbesondere zum Schadensersatz) jedwede Substanz.
III.
1. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Obergerichte ab. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist geprägt durch die ihr innewohnenden Besonderheiten eines Einzelfalles. Alle Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind bereits höchstrichterlich geklärt.
2. Auch eine mündliche Verhandlung ist in der vorliegenden Sache nicht veranlasst (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Es ist auszuschließen, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen.
3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 5.300,- Euro festzusetzen.
Der Senat regt daher - unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme - die kostengünstigere Rücknahme des aussichtslosen Rechtsmittels an.

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