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Samstag, 12. November 2022

Angebot einer Umbuchung ohne Hinweis auf Stornierungsmöglichkeit der Reise

Die Beklagte war Reiseveranstalterin, bei der online Pauschalreisen gebucht werden konnten. Im Zeitraum vom 28.05. bis 08.07.2020 befand sich auf ihrer Internetseite unter einem mit „Aktuelle Corona-Informationen finden Sie hier“ versehener Link, in dem auf die derzeit schwierige Erreichbarkeit der Beklagten verwiesen wurde und Gäste mit einer Abreise bis 30.06.2020 in der Reihenfolge der Abreise unaufgefordert kontaktiert würden, ferner, dass man sich freuen würde, wenn die Reise um ein Jahr verschoben würde. Es wurde gebeten, von Anfragen abzusehen, „bis das Schreiben bei Ihnen ist“. Der Kläger, der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer, erhob eine Unterlassungsklage, da er die Ansicht vertrat, die Kunden würden dadurch davon abgehalten, ihre Reise gegen Rückerstattung des Reisepreises zu stornieren. Die Klage und die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung blieben erfolglos.

Ein Unterlassungsanspruch würde sich nicht aus §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 UWG iVm. § 651h Abs. 3 BGB ergeben. Dabei ließ es das OLG auf sich beruhen, ob § 651h Abs. 3 UWG eine Marktverhaltensregelung sei (was wohl der Fall sei, da sie dem Schutz der Kunden als Verbraucher diene). Jedenfalls läge ein Verstoß gegen § 651h Abs. 3 UWG nicht vor.

§ 651h Abs. 1 S. 3 BGB regele eine Entschädigungspflicht, die der Kunde dem Veranstalter im Falle seines Rücktritts vom Reisevertrag zahlen müsse. Des gelte dann nicht, wenn nach § 651h Abs. 3 BGB am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbaren außergewöhnliche Umstände auftreten würden, die die Durchführung der Pauschalreise oder der Beförderung von Personen erheblich beeinträchtigen. Das sei bei Umständen der Fall, die die Partei, die sich darauf beruft, auch bei allen zumutbaren Vorkehrungen nicht beeinflussen könne. Der benannte Hinweise sei an Kunden gerichtet worden, deren Reise wegen der Coronakrise nicht hätte durchgeführt werden können. Ein Rücktritt des Veranstalters läge offenbar aber nicht vor, weshalb § 651h BGB nicht zur Anwendung käme. Allerdings habe für die Reisenden die Möglichkeit zum Rücktritt bestanden, wobei unterstellt werden könne, dass die Corona-Pandemie in der fraglichen Zeit ein unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstand war, der die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigt habe, weshalb keine Entschädigung zu zahlen wäre und der Reisepreis zurückverlangt werden konnte.  

Der Kläger habe aber nicht dargelegt, dass die Beklagte unter Verstoß gegen § 651h Abs. 3 BGB gleichwohl eine Entschädigung verlangt habe oder sich in Ansehung eines solchen Anspruchs geweigert habe, den Reisepreis zu erstatten. Es käme im Rahmen des § 651 Abs. 3 BGB nicht darauf an, ob die Beklagte durch ihre Verlautbarung verschleiert habe, dass eine Möglichkeit zum kostenlosen Rücktritt bestand. Eine Aufklärungspflicht des Reiseveranstalters über die entschädigungslose Rücktrittsmöglichkeit ließe sich § 651h Abs. 3 BGB nicht entnehmen und dass ein entschädigungsloser Rücktritt nicht akzeptiert würde ließe sich der Verlautbarung nicht entnehmen. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte mit ihrer Verlautbarung ein Rücktrittsrecht vereitelt oder gezielt erschwert hätte.

Ebenso wenig könne sich der Kläger für das Unterlassungsbegehren auf §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 7, 8 Abs. 1 UWG berufen. Die Hinweise in der Verlautbarung würden keine Irreführung über Rechte der Verbraucher im Hinblick auf die coronabedingt nicht durchgeführten Reisen bewirken. Die Angaben seien nicht blickfangmäßig herausgestellt und müssten im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Vielmehr habe sich die Beklagte zunächst dafür bedankt, dass viele der Kunden ihre Wunschreise auf das nächste Jahr verschoben hätten und man wisse es zu schätzen, dass viele auch ihre Solidaritätsbekundung durch die hohe Anzahl von Annahmen des Reisegutscheins zum Ausdruck gebracht hätten. Nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis deute dies darauf hin, dass die Umbuchung optional und freiwillig sei. Auch der Hinweis eine Kontaktierung der Gäste in der Reihenfolge ihrer Abreise mit der Bitte um Verschiebung der Reise um ein Jahr und der weiteren Bitte, von Rückfragen bis zum Zugang des Schreibens zu warten, könne der situationsadäqaut aufmerksame Durchschnittsverbraucher nicht dahingehend verstehen, dass kein Rücktrittsrecht und keine kostenlose Stornierung möglich sei.

Soweit die Beklagte auf die auf der Internetseite benannten Themen „Wo finde ich detaillierte Informationen zum Corona-Virus“ und „Wie schütze ich mich richtig“ verweist, würde auch nicht ableiten, dass die Beklagte auf diesen Seiten umfassend und abschließend den Verbraucher über seien Rechte informieren wolle. E fänden sich dort nur Links zum Robert-Koch-Institut und dem Auswärtigen Amt zur gesundheitlichen Lage in Deutschland und im Reiseland. Der Verbraucher erwarte hier nicht Aufklärung über mögliche reisevertragliche Ansprüche.

Auch habe die Beklagte keine Informationen (so zum Rücktrittsrecht“ vorenthalten, die iSv. §§ 3, 5a Abs. 2 Nr. 2m 8 Abs. 1 UWG wesentlich wären. Zu Zeitpunkt der Publizierung bestand nach § 5a Abs. 3 Nr. 5 UWG a.F. zwar eine Verpflichtung, über das Bestehen eines gesetzlichen Rechts zum Rücktritt oder Widerruf aufzuklären; diese hätten sich aber nur auf Angebote zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses (hier Reisevertrag) bezogen. Die vorliegend angegriffenen Passagen beträfen aber den Bereich der Abwicklung.  

Im Falle von Leistungsstörungen würde nach § 5a UWG keine grundsätzliche Verpflichtung bestehen, den anderen Vertragsteil umfassend über seine Rechte (hier kostenloses Rücktrittsrecht) aufzuklären. Auch aus Art. 240 § 6 Abs. 1 EGBGB ließe sich eine Informationspflicht zu Gutscheinen nicht herleiten, da diese Norm erst nach Einstellung des online-Angebots in Kraft getreten sei.

Ein Anspruch ließe sich auch nicht aus §§ 3, 4a, 8 Abs. 1 UWG herleiten. § 4a Abs. 1 S. 1 UWG verbiete aggressive geschäftliche Handlungen, die geeignet wären, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Derartiges liege nicht vor. Die Formulierungen würden keinen Druck auf den Verbraucher ausüben und er würde nicht von naheliegenden Überlegungen abgehalten, ob er überhaupt eine Umbuchung will oder einfach  storniert. Aus Sicht des Verbrauchers habe die Beklagte lediglich eine Bitte geäußert. Eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit sei nicht gegeben.

OLG Frankfurt, Urteil vom 15.09.2022 - 6 U 191/21 -

Mittwoch, 10. Oktober 2018

SEPA-Lastschrift im Onlinehandel mit Verbrauchern auf Bank im EU-Ausland


Der Onlinehändler schloss gegenüber einem Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland bei Bankeinzug Konten in Luxemburg aus. Auf Antrag eines Verbraucherschutzverbandes verurteilte das LG Freiburg (Breisgau) den Händler, dies bei Meidung eines Ordnungsgeldes zu unterlassen. Die dagegen eingelegte Berufung wies das OLG Karlsruhe zurück.

Das Landgericht hatte sich auf Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO bezogen. Diese, so das OLG, sei ein Verbraucherschutzgesetz iSv. § 2 Abs. 1 UKlaG und eine Marktverhaltensregel iSv. § 3a UWG.

Verbraucherschutzgesetze nach dem UKlaG seien Normen, deren eigentlicher Zweck der Verbraucherschutz seien, auch wenn sie weiterhin anderen Zwecken auch dienen würden. Lediglich dürfe der Verbraucherschutz nicht nur eine untergeordnete Bedeutung haben oder eine zufällige Nebenwirkung darstellen. In diesem Sinne seien alle Vorschriften, welche Verhaltenspflichten des Unternehmers gegenüber Verbrauchern beinhalten neben den in § 2 Abs. 2 UKlaG benannten Normen verbraucherschützend, die a) entsprechende Verhaltenspflichten beinhalten und b) deren Verletzung Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigen würden.

Zutreffend habe das Landgericht die sich unmittelbar aus Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO resultierende Vereinfachung des Zahlungsverkehrs für Verbraucher nicht lediglich als untergeordnete oder Nebenwirkung, sondern als unmittelbar verbraucherschützendes Ziel angesehen. Missverständlich seien zwar die Formulierung der Überschrift und der Erwägungsgrund 35 der Verordnung, in denen auf technische Vorschriften und Geschäftsanforderungen abgestellt würde; allerdings sei aus den Sätzen 8 und 9 des Erwägungsgrundes 1 ersichtlich, dass hier die Verbraucherinteressen im Vordergrund stünden, zumal im Erwägungsgrund 7 deutlich ausgedrückt würde, dass auf den Bedarf der Verbraucher an innovativen, sicheren und kostengünstigen Zahlungsdiensten abzustellen sei.

Art. 9 Abs. 2 SEPA-VO berühre auch die Kollektivinteressen der Verbraucher, da er die Verbraucherrechte aller Besteller von Waren der Beklagten mit Wohnsitz im Inland und luxemburgischen Konto betreffe und daher in Gewicht und Bedeutung über den Einzelfall hinausgehen würde. Verbraucherschutzvorschriften, wie hier Art. 9 Abs. 2 SEPA-VOP, würden in der Regel eine Marktverhaltensregel iSv. § 3a UWG darstellen.

Soweit die Beklagte eingewandt habe, dass sie lediglich (wie hier) im Einzelfall aufgrund intern definierter Parameter (die sie aus Geheimhaltungsinteressen nicht offenbaren wollte) die Lastschrifteinzug verweigert habe, ließe dies nicht erkennen, dass es sich hier nur um einen Einzelfall gehandelt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Ausschluss grundsätzlich bei einem Wohnsitz in Deutschland gelten solle.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.04.2018 - 4 U 120/17 -