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Mittwoch, 13. Juli 2022

Ausbau der Wohnung und Unmöglichkeit der Rückgewähr derselben nach Rücktritt des Verkäufers

Die Kläger verkauften an die Beklagten mir notariellen Kaufvertrag in Verbindung mit einer notariellen Baubeschreibung eine Eigentumswohnung. Nach dem Vertrag und der Baubeschreibung sollten die Beklagten bestimmte Bauleistungen hinsichtlich Herstellung/Sanierung eines als „Rohloft“ bezeichneten Rohbaus einer Eigentumswohnung sowie des Gemeinschaftseigentums erbringen; die Beklagten verpflichteten sich zum Innenausbau einschließlich Kalt- und Warmwasser, Heizung, Abwasser, Strom, Telefon und Breitbandkabelanschluss. Die Decken sollten ohne Brandschutzbeschichtung an die Beklagten übergeben werden (die dies nach dem Vertrag gemäß Baugenehmigung selbst erbringen wollten).

Die Kläger traten von dem Vertrag zurück und machten klageweise die Rückauflassung Zug um Zug gegen Zahlung des von den Beklagten gezahlten Entgelts  geltend.  Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass jedenfalls nach § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine Rückgewähr nicht in Betracht käme, da durch den Ausbau der Wohnung durch die Beklagten in eine bewohnbare Wohnung die Wohnung im Sinne der Norm umgestaltet worden sei; allenfalls könnten die Kläger Wertersatz begehren. Die dagegen von den Klägern eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen.

Ebenso wie das Landgericht ließ das Oberlandesgericht offen, ob den Klägern ein Rücktrittsgrund zustand, der dann einen möglichen Rückauflassungsanspruch begründen könnte. Richtig habe das Landgericht dahingehend erkannt, dass der Rückauflassung § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB entgegen stehen würde.

Grundsätzlich seien die Parteien bei einem wirksamen zur Rückgewähr der gegenseitig empfangenen Leistungen verpflichtet., § 346 Abs. 1 BGB. Dieser Anspruch entfalle, wenn der Rückgewährschuldner nicht in der Lage sei, den empfangenen Gegenstand zurückzugeben oder ihn lediglich in veränderter Form zurückgeben könne , § 346 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 20.02.2008 - VIII ZR 334/06 -). In diesem Fall würde der Rückgewährschuldner dem Gläubiger zum Wertersatz verpflichtet sein (der hier nicht gefordert wurde), nicht jedoch zur Wiederherstellung in Form der Naturalrestitution gem. § 249 BGB (BGH, Urteil vom 10.10.2008 - V ZR 131/09 -).

Der von den Beklagten erhaltene Rohbau sei in der fertiggestellten Eigentumswohnung aufgegangen. Damit läge der Fall des § 346  Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB vor. Der Gesetzgeber habe - anders als noch in § 352 BGB a.F. - den Rücktritt nicht daran scheitern lassen wollen, dass der Rückgewährschuldner den erhaltenen Gegenstand nicht mehr herausgaben kann, weshalb er die Verknüpfung mit dem Wertersatz in § 346 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB vorgenommen habe.

Ob eine Sache anderer Art gegeben sei, , sei nach der zu § 950 BGB ergangenen Rechtsprechung zur Herstellung durch Verarbeitung und Umbildung zu beurteilen. Danach sei eine bewusste menschliche oder menschlich gesteuerte Arbeitsleistung erforderlich, die den ursprünglichen Gegenstand auf eine höhere Wertschöpfungsebene hebe. Die neue Sache müsse eine eigenständige, gegenüber der bearbeiteten Sache weitergehende Funktion erfüllen (BGH, Urteil vom 10.07.2015 - V ZR 206/14 -).  Zudem könne für Grundstücke auf die Rechtsprechung zu § 818 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden. Dort sei anerkannt, dass die Pflicht zum Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB nur dann an die Stelle der primären Herausgabepflicht trete, wenn die Unmöglichkeit der Herausgabe feststehen würde. Die Herausgabe eines Grundstücks sei auch dann unmöglich, wenn es nach der Übereignung bebaut würde (BGH, Urteil vom 10.07.1981 - V ZR 79/80 -; RGZ 117, 112, 113).

Danach hätten die Beklagten den Rohbau nicht nur verändert, sondern auch nach wirtschaftlicher Betrachtung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung, die einen Rohbau und eine Wohnung als Gegenstände mit unterschiedlichen Charakter und Funktion behandele, durch den Innenausbau einen anderen Gegenstand geschaffen. Nicht entscheidend sei, ob die Beklagten ihrer vertraglichen Verpflichtung nachgekommen seien, den Innenausbau unter Begleitung eines Architekten vorzunehmen, da es für die Werthaltigkeit darauf nicht ankäme. Ausgenommen des streitigen Aufbringens einer Brandschutzbeschichtung hätten die Kläger keine konkreten Einwendungen gegen eine fachgerechte Ausführung erhoben.

OLG Brandenburg, Urteil vom 13.04.2022 - 4 U 61/21 -