Mittwoch, 30. August 2023

Rückzahlung nicht verdienter Vorschüsse auf Verwaltervergütung durch (entlassenen) Insolvenzverwalter

Der Kläger, der aktuelle Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Schuldnerin, klagte die Rückzahlung eines von dem vormaligen Insolvenzverwalters (Beklagter) aus der Masse entnommenen Vergütungsvorschusses ein. Dem Vorschuss lag ein Beschluss des Insolvenzgerichts zugrunde, demzufolge dieses für die Tätigkeit des Beklagten einen Vorschuss auf dessen Vergütung von € 60.977,81 festsetzte und dessen Entnahme aus der Insolvenzmasse gestattete. Der Beklagte entnahm den Betrag in 2009. In 2010 entließ des Insolvenzgericht den Beklagten als Insolvenzverwalter. Dieser stellte in 2013 einen Antrag auf Festsetzung seiner endgültigen Vergütung im Insolvenzverfahren. Der Antrag wurde 2017 zurückgewiesen, da der Beklagte seinen Vergütungsanspruch (wegen auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangener Straftaten) verwirkt habe.

Das Landgericht wies die Rückzahlungsklage auf Grund der vom Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das Oberlandesgericht das Urteil ab und gab der Klage statt. Die (zugelassene) Revision des Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil bleib ohne Erfolg.

Der Rückforderungsanspruch richte sich, so der BGH, nicht nach der bereicherungsrechtlichen Norm des § 812 BGB. Die Anspruchsgrund für die Rückforderung ergäbe sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 667  BGB (BGH, Urteil vom 07.03.2019 - IX ZR 143/18 - zur Rückgewähr von nicht verbrauchten Vorschüssen auf die Rechtsanwaltsvergütung). Mit der Bestellung des Insolvenzverwalters würde hinsichtlich des Vergütungsanspruchs ein Schuldverhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und der Insolvenzmasse begründet und der neue Insolvenzverwalter sei berechtigt eine Überzahlung auf die gewährten Vorschüsse auf die Vergütung zurückzufordern:

Der Insolvenzverwalter könne aus der Insolvenzmasse einen Vorschuss u.a. auf seine Vergütung entnehmen, wenn das Insolvenzgericht zustimme, § 9 S. 1 InsVV.  Habe der Insolvenzverwalter mehr aus der Insolvenzmasse entnommen, als ihm nach der maßgeblichen abschließenden und rechtskräftigen Festsetzungsentscheidung des Insolvenzgerichts zusteht, habe er den zuviel entnommenen Anteil an die Masse zu zurückzuzahlen. Erfolge die Entnahme aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Vergütungsbeschlusses, sei er mit Aufhebung oder Änderung zu seinem Nachteil zur Rückerstattung verpflichtet (BGH, Urteil vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12 -); in diesem Fall ergäbe sich der Rückforderungsanspruch aus der entsprechenden Anwendung des § 717 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 20.03.2014 - IX ZR 25/12 -).  Handelt es sich um einen Vorschuss folge der Rückforderungsanspruch auf Grund des rechtskräftigen Bescheides über die Vergütungsfestsetzung aus der entsprechenden Anwendung des § 667 BGB. Es handele sich um eine „Lückenergänzung“. § 65 InsO iVm. § 9 InsVV eröffne die Möglichkeit, in einer §§ 675, 669 BGB vergleichbaren Weise Vorschüsse auf die Vergütung und Auslagen zu erhalten. Weder die Insolvenzordnung noch die dazu ergangene Vergütungsordnung regele aber die die Rückgewähr eines zu viel gezahlten Vorschusses; § 717 Abs. 2 BGB sei nicht anzuwenden, da die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses keine einem Vollstreckungstitel vergleichbare Wirkung habe.  

Voraussetzung des § 677 BGB sei, dass der vereinnahmte Vorschuss tatsächlich nicht verdient worden sei (BGH, Urteil vom 07.03.2019 - IX ZR 143/18 - zur Rechtsanwaltsvergütung). Zu unterscheiden sei zwischen Entstehung der Vergütung, deren Fälligkeit und deren Festsetzung. Der Anspruch auf Vergütung entstehe mit der Arbeitsleistung und dem Anfallen der Auslagen (BGH, Urteil vom 05.12.1991 - IX ZB 19/20 -), die Festsetzung der Vergütung mit einem Beschluss des Insolvenzgerichts, § 64 Abs. 1 InsO. Die Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses (§ 9 InsVV) entfalte keine bindende Wirkung über die gem. § § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV festzusetzende Vergütung (BGH, Beschluss vom 22.11.2918 - IX ZB 14/18 -). Die Bewilligung eines Vorschusses habe nur vorläufige Bedeutung und mit ihr würde ein Vergütungsanspruch nicht bereits anerkannt.

Führe die Entnahme dazu, dass ein mit der Entfaltung der Tätigkeit bereits entstandene aber noch nicht endgültig festgestellte Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters teilweise nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt wird, stünde dies einer Rückforderung auch nicht entgegen, da die Erfüllungswirkung nur eintrete, sofern ihm ein Vergütungsanspruch zustünde, was erst mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV verbindlich festgestellt würde (BGH, Urteil vom 17.11.2005 - IX ZR 179/04 -).

Das Insolvenzgericht habe den Antrag auf Festsetzung der Vergütung rechtskräftig zurückgewiesen, da der Beklagte seinen Anspruch auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangener Straftaten verwirkt habe. Die Entscheidung habe auch für die Frage, ob Vorschüsse zurückzuzahlen sind, präjudizielle Wirkung.  Daher könne er auch für Tätigkeiten vor dem inkriminierten Zeitraum 2005 bis 2008 keine Vergütung oder Auslagen verlangen (BGH, Beschluss vom 22.11.2018 - IX ZB 14/18 -).

Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt. Ein Anspruch auf Rückzahlung eines gem. § 9 InsVV gewährten Vorschusses beginne erst mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Insolvenzgerichts zu laufen: Es gelte wie bei § 667 BGB die Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB.  Die Verjährungsfrist beginne mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger von dem anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlange oder ohne Fahrlässigkeit erlangen müsste. Entstanden sei nach § 1991 Abs. 1 BGB der Anspruch, sobald er klageweise geltend gemacht werden könnte, was die Fälligkeit des Anspruchs voraussetze, die dem Gläubiger die Möglichkeit der (Leistungs-) Klage verschaffe. Damit setze § 667 BGB in der Regel die Beendigung des Auftrags voraus; im Allgemeinen würde der Anspruch des Insolvenzverwalters erst nach Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig. Zusätzlich sei den Rückzahlungsanspruch eines Vorschusses nach § 9 InsVV erforderlich, dass das Insolvenzgericht verbindlich über die Höhe der Vergütung nach § 64 InsO, § 8 InsVV entschieden habe; die Entscheidung habe im Streit um die Rückforderung von angeblichen Überzahlungen präjudizielle Wirkung, weshalb in der Regel erst diese Entscheidung  zur Klärung der Vergütung  die Möglichkeit eröffne eine Überzahlung im Wege der Klage geltend zu machen. Der Beschluss des Insolvenzgereichts dazu erging im März 2017, die Klage wurde 2019 (in nicht verjährter Zeit) zugestellt.

Offen ließ der BGH, ob in Fällen, in denen der entlassene Insolvenzverwalter keinen Festsetzungsantrag stelle, eine Rückzahlungsklage zulässig wäre, das Insolvenzgericht durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen den (entlassenen) Insolvenzverwalter zu einem Vergütungsantrag anhalten könne oder auf Antrag des neuen Insolvenzverwalters die Vergütung des entlassenen Verwalters festgesetzt werden könne. Ebenso ließ der BGH offen, wie in einem solchen Fall die Verjährungsfrage zu entscheiden wäre.

BGH, Urteil vom 29.06.2023 - IX ZR 152/22 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 29. Juni 2022 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der

GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin) von dem Beklagten als vormaligem Insolvenzverwalter die Rückzahlung eines Vergütungsvorschusses.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Stendal (nachfolgend: Insolvenzgericht) vom 1. Dezember 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf Antrag des Beklagten setzte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 7. Oktober 2009 für dessen Tätigkeit bis zum 26. Juni 2009 einen Vorschuss auf seine Vergütung in Höhe von 60.977,81 € fest und gestattete ihm die Entnahme des festgesetzten Betrags aus der Insolvenzmasse. Der Beklagte entnahm den Vorschuss noch im Jahr 2009. Mit Beschluss vom 10. Februar 2010 entließ das Insolvenzgericht den Beklagten als Insolvenzverwalter vor dem Hintergrund eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Untreue und der Beihilfe zur Untreue zu Lasten verschiedener Insolvenzmassen aus wichtigem Grund und bestellte den Kläger zum neuen Insolvenzverwalter.

Am 7. Februar 2013 stellte der Beklagte einen Antrag auf Festsetzung seiner endgültigen Vergütung im hiesigen Insolvenzverfahren. Mit Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 24. November 2015 wurde der Beklagte wegen Untreue in 33 Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, da er in den Jahren 2005 bis 2008 von der

AG in 33 Fällen sogenannte Kick-Back-Zahlungen zu Lasten der ihm anvertrauten Insolvenzmassen entgegengenommen hatte, um sich persönlich zu bereichern. Den Festsetzungsantrag des Beklagten wies das Insolvenzgericht am 23. März 2017 durch Beschluss zurück, weil er seinen Vergütungsanspruch aufgrund der auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangenen Straftaten verwirkt habe. Der Beschluss wurde rechtskräftig.

Der Kläger verlangt, den Beklagten zu einer Zahlung in Höhe von 60.977,81 € nebst Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage mit Blick auf die durch den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten zur Rückzahlung des entnommenen Vorschusses in Höhe von 60.977,81 € nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Mit seiner von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat gemeint, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Herausgabe des aus der Insolvenzmasse entnommenen Vorschusses. Zwar komme der Festsetzung des Vorschusses durch das Insolvenzgericht mit Blick auf den Vorschussanspruch Rechtsgrundwirkung im Sinne eines vorläufigen Behaltendürfens des entnommenen Betrags bis zur Festsetzung des endgültigen Vergütungsanspruchs zu. Dieser Rechtsgrund sei indes mit dem rechtskräftigen Beschluss des Insolvenzgerichts, mit dem der Festsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen worden sei, im Nachhinein entfallen. Der Beklagte könne sich weder auf Entreicherung noch auf Verjährung berufen. Der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch des Klägers sei erst mit der Zurückweisung des Festsetzungsantrags durch Beschluss vom 23. März 2017 entstanden, so dass die im Jahr 2019 erhobene Klage die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt habe.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Der Beklagte hat den durch ihn entnommenen Vorschuss der Masse zu erstatten.

1. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, die Rückforderung eines der Masse entnommenen, aber letztlich nicht verdienten Vorschusses richte sich nach § 812 BGB. Die Anspruchsgrundlage für eine Rückforderung überzahlter Vorschüsse folgt vielmehr aus einer entsprechenden Anwendung von § 667 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 - IX ZR 143/18, NJW 2019, 1458 Rn. 6 zur Rückgewähr von nicht verbrauchten Vorschüssen auf die Rechtsanwaltsvergütung). Die Bestellung eines Insolvenzverwalters begründet hinsichtlich der Vergütungsansprüche des Verwalters ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Insolvenzverwalter und der Insolvenzmasse. Ein neu bestellter Insolvenzverwalter ist daher berechtigt und in der Lage, die dem früheren Insolvenzverwalter gewährten Vorschüsse auf die Vergütung zurückzufordern, soweit eine Überzahlung vorliegt.

2. Der Insolvenzverwalter, der Vorschüsse auf seine Vergütung und Auslagen erhalten hat, befindet sich hinsichtlich etwaiger Überzahlungen in einer einem Beauftragten vergleichbaren Lage. Vorschusszahlungen lassen die Abrechnungspflicht des Insolvenzverwalters unberührt. Dies rechtfertigt die entsprechende Anwendung des § 667 BGB.

a) Nach § 9 Satz 1 InsVV kann der Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse einen Vorschuss unter anderem auf seine Vergütung entnehmen, wenn das Insolvenzgericht zustimmt. Zwar wird sein Anspruch auf die endgültige Vergütung erst mit der Beendigung des gesamten Insolvenzverfahrens fällig, doch entsteht zu Gunsten des Insolvenzverwalters alsbald ein Anspruch auf pflichtgemäße Entscheidung über die Gewährung eines angemessenen Vergütungsvorschusses (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223 f). Die Gewährung von Vorschüssen ist nicht in der Insolvenzordnung selbst, sondern nur in § 9 InsVV geregelt. Nach § 9 Satz 2 InsVV soll die Zustimmung zur Entnahme unter anderem erteilt werden, wenn das Insolvenzverfahren länger als sechs Monate dauert. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung ist die Ermessensausübung durch das Insolvenzgericht dahin gebunden, dass die Entnahme eines Vorschusses auf die nach den Maßstäben der §§ 1 bis 3 InsVV verdiente Vergütung nur unter besonderen Voraussetzungen abgelehnt werden darf (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002, aaO S. 2224).

b) Stellt sich heraus, dass der Insolvenzverwalter mehr aus der Insolvenzmasse entnommen hat als ihm entsprechend der maßgeblichen, abschließenden und rechtskräftigen Festsetzungsentscheidung zusteht, ist der Insolvenzverwalter nach allgemeiner Meinung verpflichtet, den zu viel entnommenen Anteil an die Masse zurück zu leisten (vgl. Jaeger/Schilken, InsO, § 63 Rn. 17; MünchKomm-InsO/Stephan, 4. Aufl., § 9 InsVV Rn. 35; Stephan/Riedel/Stephan, InsVV, 2. Aufl., § 9 Rn. 36; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 9 Rn. 27; Zimmer, InsVV, 2. Aufl., § 9 Rn. 78; Graeber/Graeber, InsVV, 4. Aufl., § 9 Rn. 110; Graeber, NZI 2014, 147, 148; Blersch, FS Kübler S. 51, 57). Entnimmt der Insolvenzverwalter die Vergütung auf der Grundlage eines noch nicht rechtskräftigen Vergütungsfestsetzungsbeschlusses, ist er verpflichtet, die entnommene Vergütung sogleich an die Masse zurückzuzahlen, wenn der Beschluss aufgehoben oder zu seinem Nachteil geändert wird (BGH, Urteil vom 20. März 2014 - IX ZR 25/12, NZI 2014, 709 Rn. 13). In diesem Fall ergibt sich der Rückforderungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO (BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 102 ff; vom 20. März 2014, aaO Rn. 10 ff).

c) Handelt es sich um einen Vorschuss, folgt der Rückforderungsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung von § 667 BGB. Die Heranziehung der Vorschrift über die Herausgabepflicht des Beauftragten zur Lückenergänzung kommt für die Vergütungsansprüche des Insolvenzverwalters in Betracht, soweit die Besonderheiten der Verwalterstellung nicht entgegenstehen (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 56 Rn. 22). § 65 InsO in Verbindung mit § 9 InsVV eröffnet die Möglichkeit, in einer §§ 675, 669 BGB vergleichbaren Weise Vorschüsse auf die Vergütung und Auslagen zu erhalten (vgl. Jaeger/Gerhardt, aaO). Hingegen regelt weder die Insolvenzordnung noch die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung die Rückgewähr eines zu viel vereinnahmten Vorschusses. § 717 Abs. 2 ZPO ist auf die Entnahme eines Vorschusses gemäß § 9 InsVV nicht entsprechend anzuwenden, weil die Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses keine einem Vollstreckungstitel vergleichbare Wirkung hat (vgl. HK-InsO/Keller, 11. Aufl., § 9 InsVV Rn. 11; Blersch, FS Kübler, S. 51, 58).

d) Der Anspruch entsprechend § 667 BGB setzt voraus, dass der Vorschuss, den der Insolvenzverwalter vereinnahmt hat, tatsächlich nicht verdient worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 - IX ZR 143/18, NJW 2019, 1458 Rn. 13 zur Rückgewähr von nicht verbrauchten Vorschüssen auf die Rechtsanwaltsvergütung). Insoweit ist zwischen der Entstehung der Vergütung, deren Fälligkeit und deren Festsetzung zu unterscheiden. Der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Vergütung entsteht mit der Arbeitsleistung und dem Anfallen der Auslagen (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1991 - IX ZR 275/90, BGHZ 116, 233, 242). Der Anspruch wird mit der Erledigung der vergütungspflichtigen Tätigkeit fällig (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 101; Beschluss vom 11. November 2021 - IX ZB 19/20, ZIP 2022, 135 Rn. 15 mwN). Die Festsetzung der Vergütung und der zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters erfolgt durch einen Beschluss des Insolvenzgerichts (§ 64 Abs. 1 InsO).

e) Die Zustimmung des Insolvenzgerichts, dass der Insolvenzverwalter gemäß § 9 InsVV einen Vorschuss auf die Vergütung und die Auslagen aus der Masse entnehmen kann, ist keine bindende Entscheidung über die gemäß § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV festzusetzende Vergütung (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2018 - IX ZB 14/18, NJW 2019, 935 Rn. 29). Sie begründet kein Recht des Insolvenzverwalters, die entsprechenden Beträge auch entgegen der abschließenden Festsetzungsentscheidung behalten zu dürfen (Graeber, NZI 2014, 147, 148). Die Bewilligung eines Vorschusses hat nur vorläufige Bedeutung; einerseits wird ein Vergütungsanspruch nicht bereits anerkannt, andererseits hat der Verwalter zu viel erlangte Zahlungen gemäß materiellem Recht zurückzuerstatten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 53/02, ZIP 2002, 2223, 2224).

Soweit die Entnahme des Vergütungsvorschusses dazu führt, dass der mit Entfaltung der Tätigkeit bereits entstandene, aber noch nicht endgültig festgestellte Vergütungsanspruch des Verwalters teilweise nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1991 - IX ZR 275/90, BGHZ 116, 233, 242 zur Konkursordnung), steht dies einer Rückforderung eines überzahlten Vorschusses nicht entgegen. Die Erfüllungswirkung tritt nur ein, sofern dem Verwalter tatsächlich ein Vergütungsanspruch zusteht. Über die Höhe der Vergütung entscheidet jedoch verbindlich erst der Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 64 Abs. 1 InsO, § 8 Abs. 1 InsVV (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 101; bereits BGH, Urteil vom 5. Dezember 1991, aaO). Die Zustimmung zur Entnahme oder Bewilligung eines Vorschusses, gleichgültig ob sie als Beschluss ergeht oder formlos gegenüber dem Verwalter abgegeben wird, dient auch nicht der Einschätzung einer späteren Vergütung. Es handelt sich um eine vorläufig wirkende Maßnahme, welche den Insolvenzverwalter berechtigt, bestimmte Teile der Insolvenzmasse in sein Vermögen zu überführen.

3. Die Einwände des Beklagten gegen die Höhe des Anspruchs sind unbegründet.

a) Das Insolvenzgericht hat den Antrag des Beklagten auf Festsetzung seiner Vergütung mit Beschluss vom 23. März 2017 rechtskräftig zurückgewiesen, weil er seinen Vergütungsanspruch aufgrund der auch zum Nachteil der verwalteten Vermögensmasse begangenen Straftaten verwirkt hat. Damit steht rechtskräftig fest, dass dem Beklagten für seine Tätigkeit als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin weder eine Vergütung noch eine Auslagenpauschale zusteht. Diese Entscheidung hat für die Frage, ob erhaltene Vorschüsse zurückzuzahlen sind, präjudizielle Wirkung. Der Beklagte kann daher für seine Tätigkeiten - auch vor dem inkriminierten Zeitraum 2005 bis 2008 - weder eine Vergütung noch eine Auslagenpauschale verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2018 - IX ZB 14/18, NZI 2019, 139 Rn. 30). Mithin ist der Beklagte verpflichtet, den vereinnahmten, aber letztlich nicht verdienten Vorschuss in entsprechender Anwendung des § 667 BGB an die Masse zurückzugewähren.

b) Der Rückforderungsanspruch ist nicht durch eine Aufrechnung seitens des Beklagten erloschen. Es fehlt bereits an einer Aufrechnungserklärung des Beklagten.

aa) Der Auffassung der Revision, dem Beklagten habe ein aufrechenbarer Bereicherungsanspruch zugestanden, mit dem zumindest konkludent die Aufrechnung erklärt worden sei, ist nicht zu folgen. Der Beklagte hat dem vom Kläger geltend gemachten Rückforderungsanspruch lediglich die Einrede der Entreicherung entgegengehalten. Dass der Beklagte damit konkludent die Aufrechnung mit ihm zustehenden Ansprüchen aus einer Bereicherung der Masse erklärt hat, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

bb) Ohnehin hat der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, inwieweit und in welcher Höhe die durch ihn entfalteten Tätigkeiten zu einem Vermögenszuwachs der Masse und damit einer Bereicherung geführt haben sollen. Ebenso wenig zeigt der Beklagte auf, welche konkreten Auslagen ihm tatsächlich entstanden sind. Damit kann dahinstehen, ob und inwieweit bei einer Verwirkung der Vergütung entsprechend § 654 BGB Ansprüche des entlassenen Verwalters aus ungerechtfertigter Bereicherung oder auf Ersatz tatsächlich entstandener Auslagen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 133 f; vom 22. November 2018 - IX ZB 14/18, NZI 2019, 139 Rn. 28, 30).

c) Ferner verfängt der Einwand des Beklagten nicht, er sei inzwischen entreichert im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB. Gegenüber einem Anspruch auf Rückforderung eines Vorschusses entsprechend § 667 BGB kann sich der Insolvenzverwalter nicht auf Entreicherung berufen.

4. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, dass der Anspruch auf Herausgabe des durch den Beklagten vereinnahmten Vorschusses nicht verjährt ist. Die Verjährung eines Anspruchs auf Rückzahlung eines gemäß § 9 InsVV gewährten Vorschusses beginnt grundsätzlich erst mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Insolvenzgerichts zu laufen.

a) Der Anspruch entsprechend § 667 BGB auf Rückzahlung eines nicht verdienten Vorschusses unterliegt der Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 667 Rn. 9). Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 - IX ZR 143/18, NJW 2019, 1458 Rn. 19).

b) Entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann; Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs, die dem Gläubiger die Möglichkeit der (Leistungs-)Klage verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2010 - IX ZR 121/09, WM 2010, 2081 Rn. 22 mwN; vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, WM 2015, 865 Rn. 22). Bei einem Anspruch aus § 667 BGB setzt der Beginn der Verjährung daher in der Regel die Beendigung des Auftrags voraus (Staudinger/Martinek/Omlor, BGB, 2017, § 667 Rn. 17 ff). Im Allgemeinen wird der Anspruch des Insolvenzverwalters nach Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig (BGH, Beschluss vom 11. November 2021 - IX ZB 19/20, ZIP 2022, 135 Rn. 15 mwN).

c) Für den Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung eines gemäß § 9 InsVV erhaltenen Vorschusses ist zusätzlich erforderlich, dass ein Vergütungsfestsetzungsbeschluss vorliegt. Dies beruht darauf, dass das Insolvenzgericht im Rahmen des Verfahrens nach § 64 InsO, § 8 InsVV verbindlich über die Höhe der Vergütung entscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 101); die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Höhe der Vergütung hat im Streit um die Rückforderung angeblicher Überzahlungen präjudizielle Wirkung. Daher verschafft in der Regel erst die mit der Festsetzung durch das Insolvenzgericht einhergehende Klärung über die Höhe der Vergütung die Möglichkeit, eine Überzahlung im Wege der Klage geltend zu machen.

d) Im Streitfall erfolgte die Festsetzung mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. März 2017. Die Klage wurde dem Beklagten noch im Jahr 2019 und damit in unverjährter Zeit zugestellt. Die Zustellung der Klage hemmte die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

e) Nachdem der Beklagte bereits am 7. Februar 2013 einen Antrag auf Festsetzung seiner endgültigen Vergütung gestellt hat und daraufhin eine Vergütungsfestsetzung erfolgt ist, kann dahinstehen, ob in den Fällen, in denen der entlassene Insolvenzverwalter keinen Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung stellt, eine Klage auf Rückzahlung eines überzahlten Vorschusses auch ohne einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss zulässig ist oder das Insolvenzgericht befugt ist, bei einer absehbaren Überzahlung den Insolvenzverwalter durch Aufsichtsmaßnahmen zu einem Vergütungsantrag anzuhalten oder auf Antrag des neuen Insolvenzverwalters die Vergütung des entlassenen Insolvenzverwalters festzusetzen. Ebenso kann dahinstehen, wann in einem solchen Fall die Verjährung zu laufen beginnt.


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