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Montag, 26. Dezember 2022

Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen und Auswirkung auf Mietenbegrenzung (§§ 556d ff BGB)

Ein registriertes Inkassounternehmen (§ 10 RDG) machte aus abgetretenen Recht des Mieters Ansprüche gegen die beklagte Vermieterin wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Begrenzung der Miethöhe (§556d BGB) in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 geltend. Die Wohnung befand sich in einem nach der Verordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt benannten Bereich. Der Nettokaltmietzins betrug zunächst für die 77,66 qm große Wohnung € 610,65 (€ 7,86 / qm). Mit Schreiben vom 20.07.2017 verlangte die Beklagte die Zustimmung zur Erhöhung der benannten Miete auf € 674,08 (€ 8,68 / qm), dem der Mieter zustimmte. Die Klägerin rügte einen Verstoß gegen die Begrenzung der Miethöhe (nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung des § 556g Abs. 2 BGB) bei Mietvertragsabschluss und begehrte Auskunft und die Rückzahlung des danach zu viel gezahlten Mietzinses. Die Klage hatte weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren Anspruch weiter; der BGH wies die Revision als unbegründet zurück.

Zutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff BGB) nicht vorlägen, da die beanstandete Miete nicht auf der bei Mietbeginn geschlossenen Vereinbarung, sondern auf einer nachträglichen, einvernehmlich vereinbarten Mieterhöhung beruhen würde, für die die Regelungen der §§ 556d ff BGB nicht geltend würden.

Dem Mieterhöhungsbegehren der Beklagten sei ein Entwurf der Zustimmungserklärung beigefügt gewesen mit der Bitte um Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung durch Unterzeichnung und Rücksendung der Erklärung. Die gewählte Formulierung spräche dafür, dass Gegenstand der Vereinbarung die Erhöhung der Miete auf den neuen Gesamtbetrag gewesen sei und nicht lediglich die Höhe der Veränderung. Denn dort sei ausdrücklich von der „bisher vereinbarten“ Nettokaltmiete, von deren „Veränderung“ um € 63,43 und von der „neuen Vereinbarung“ von monatlich € 674,08 die Rede. Diese Auslegung durch das Berufungsgericht entspräche auch dem Sinn und Zweck der Mieterhöhungsvereinbarung sowie der Interessenslage beider Parteien bei der Erhöhung der Miete: Diese sei darauf gerichtet gewesen, die Miethöhe für die Zukunft einvernehmlich zu ändern. Entscheidend sei daher für die weitere vertragliche Beziehung nicht, um welchen Betrag die ursprüngliche erhöht worden sei, sondern wie hoch die künftig zu bezahlende Miete ist. Die Parteien hätten mithin ab dem vereinbarten Termin die bisherige Miete ändern und einen neuen Betrag festsetzen wollen. Daher umfasse der Bindungswille nicht nur den Erhöhungsbetrag, sondern die insgesamt den neuen Gesamtbetrag. Ein Aufsplitten der zu zahlenden Miete in zwei Teile, nämlich die bisherige Miete und den Erhöhungsbetrag, würde sich als eine künstliche und lebensfremde Zersplitterung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes darstellen, die dem Sinn und Zweck der Mieterhöhung und der beiderseitigen Interessenslage zuwider laufen würde.

Der Annahme der Klägerin, der Mieter habe mit der Zustimmung zur Mieterhöhung nicht auf seine Rechte aus einem etwaigen Verstoß der bisherigen Miete gegen Regelungen über die Mietpreisbremse verzichten wollen, folgte der BGH nicht. Abzustellen sei auf das Verständnis des objektiven Erklärungsempfängers. Der Mieter würde das Mieterhöhungsbegehren des Vermieters regelmäßig so verstehen, dass mit der angestrebten Erhöhung der erhöhte Betrag als künftig zu zahlende Miete festgelegt werden soll. Deshalb könne der vorbehaltslosen Zustimmung des Mieters regelmäßig nicht entnommen werden, dass er sich eventuelle Rechte wegen einer eventuellen Unzulässigkeit der bisherigen Miete habe vorbehalten wollen und deshalb nicht der gesamtmiete, sondern nur dem Erhöhungsbetrag habe zustimmen wollen. Dies gelte im Streitfall auch deshalb, da (unabhängig davon, ob ein Verstoß gegen § 556d BGB bei Mietvertragsabschluss vorlag) zum Zeitpunkt der Mieterhöhungsvereinbarung ein etwaiger Rückzahlungsanspruch aus § 556g Abs. 1 S. 3 BGB wegen zu viel gezahlter Miete mangels Rüge gem. § 556g Abs. 2 BGB a.F. ((für Mietverträge, die bis zum 31.03.2020 abgeschlossen wurden; für Mietverträge, die ab dem 01.04.2020 abgeschlossen wurden, siehe unten zu „Anmerkung“)) nicht bestanden habe und auch Anhaltspunkte dafür, dass der Mieter Bedenken gegen die Zulässigkeit der bisherigen Miete vorgebracht habe, nicht aufgezeigt wurden. Das aber würde sei dahingehend zu deuten, dass auch nach dem Willen des Mieters künftig und unabhängig von der Zulässigkeit der bisherigen Miethöhe die erhöhte Miete als vertraglich vereinbart gelten sollte.

Die Regelungen über die Begrenzung der Miethöhe nach §§ 556d ff BGB seien auch nicht unmittelbar oder analog auf nachträgliche Mietvereinbarungen anzuwenden. Sie würden nach dem Wortlaut als auch dem Willen des Gesetzgebers nur für Vereinbarungen der Miete zu Beginn des Mietverhältnisses gelten. Diese Zielsetzung ergäbe sich auch aus der Gesetzesbegründung, wonach die Begrenzung der zulässigen Miete auf 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete „nur für den Zeitpunkt der Wiedervermietung“ gelte und spätere Mieterhöhungen weiterhin möglich seien (BT-Drucks. 18/3121, S. 16 f). Für eine analoge Anwendung würde es daher an einer erforderlichen planwidrigen Regelungslücke ermangeln. Zudem habe das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis - anders als bei Neuabschluss - die begeharte Mieterhöhung sorgfältig prüfen und die Zustimmung ohne Gefahr des Verlustes seiner Mietwohnung ablehnen könne.

Anmerkung:

Mit der wirksamen Vereinbarung der neuen Miethöhe kann eine Rückforderung der Miete ab diesem Zeitpunkt aus den Gründen der §§ 556d ff BGB nicht erfolgen.

Für Mietverträge, die bis zum 31.03.2020 abgeschlossen wurden, scheiden Rückzahlungsansprüche gem. § 556g BGB aus, wenn die Rüge zum Verstoß gegen die Begrenzung der Miethöhe erst nach der Zustimmung zur Mieterhöhung erfolgt (so in dem hier entschiedenen Fall des BGH). Für Mietverträge, die ab dem 01.04.2020 abgeschlossen wurden, kann der Rückzahlungsanspruch - unabhängig davon, ob eine Rüge erhoben wurde - nur für die Zeit ab Vertragsabschluss bis zur Zustimmung zur Mieterhöhung gelten gemacht werden, muss aber binnen 30 Monaten nach Mietvertragsabschluss erfolgen.

BGH, Urteil vom 28.09.2022 - VIII ZR 300/21 -

Montag, 15. April 2019

Nachträgliche Beteiligung des Betriebsrates bei Einstellung unwirksam


Der Betriebsrat beantragte die Aufhebung der Einstellung eines Arbeitsnehmers durch die Arbeitgeberin gem. § 101 BetrVG. Er wurde über die beabsichtigte Einstellung  lediglich nach § 105 BetrVG informiert, doch wurde keine nicht vor der Einstellung seine Zustimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG eingeholt. Im Anschluss an den Gütetermin vor dem Arbeitsgericht unterrichte die Arbeitgeberin den Betriebsrat gem. § 99 Abs. 1 BetrVG  („Vorsorgliche Anhörung zur Einstellung gem. § 991 Abs. 1 BetrVG“) und teilte darin mit, dass sie  beabsichtige, die näher benannte Person „rückwirkend zum 01.10.2015“ als Branch Manager in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzustellen. Dem stimmte der Betriebsrat mit Schreiben vom 25.02.2016 nicht zu. U.a. wurde geltend gemacht, die nachträgliche Unterrichtung zu einer bereits erfolgten Maßnahme sei nach § 99 BetrVG nicht zulässig. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag statt; auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wurde der Beschluss des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Antrag des Betriebsrates abgewiesen. Der Betriebsrat erhob dagegen Rechtsbeschwerde, aufgrund der das BAG den dem Antrag des Betriebsrates stattgebenden Beschluss des Arbeitsgerichts wieder herstellte.

Nach § 101 S. 1 BetrVG könne der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben eine personelle Maßnahme iSv. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG aufzuheben, wenn diese vom Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrates durchgeführt worden sei. Damit könne der Arbeitgeber (bei Existenz eines Betriebsrates in Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern) vor jeder Einstellung den Betriebsrat informieren und dessen Zustimmung einholen oder deren rechtskräftige Ersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG oder als vorläufige personelle Maßnahme unter den Voraussetzungen des § 100 BetrVG vornehmen (BAG, Beschluss vom 30.09.2014 - 1 ABR 32/13 -).

Die Voraussetzungen für eine notwendige Zustimmung des Betriebsrates wurden vom BAG (wie auch von den Vorinstanzen) bejaht. Das Landesarbeitsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass eine nachträgliche Zustimmung deshalb vorläge, da der Betriebsrat seine Verweigerung im Rahmen der nachträglichen Anhörung nicht in beachtlicher Weise begründet habe.

Zwar sei richtig, dass eine Zustimmung durch den Betriebsrat auch dann als erteilt gelte, wenn diese seine Verweigerung nicht unter Angabe beachtlicher Gründe iSv. § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG erklären würde. Allerdings lägen die Voraussetzungen für eine derartige Zustimmungsfiktion hier nicht vor. Erforderlich wäre, dass der Betriebsrat nicht frist- oder formgerecht seine Verweigerung erkläre, wenn eine ordnungsgemäße Unterrichtung durch den Arbeitgeber vorläge. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG sähe eine Unterrichtung und Zustimmung vor der geplanten Einstellung vor.  Zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts sei es grundsätzlich erforderlich, dass die Benachrichtigung zu einer Zeit erfolge, zu der noch keine abschließende und endgültige Entscheidung getroffen sei oder jedenfalls eine solche noch ohne Schwierigkeiten zu beseitigen sei. Eine wie hier erst nach Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb erfolgte Unterrichtung des Betriebsrates sei deshalb nicht frist- und ordnungsgemäß iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG und könne bereits deshalb auch keine Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 1 BetrVG bewirken. Es sei hier auch kein auch währen des Laufs des eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens möglicher neuer Besetzungsvorgang nach § 99 Abs. 1 BetrVG eingeleitet worden, was nur dann anzunehmen sei, wenn der Arbeitgeber von seiner ursprünglichen Maßnahme Abstand nähme und eine eigenständige neue Ersatzmaßnahme eingeleitet hätte, was ausweislich des Schreibens vom 22.02.2016 nicht der Fall gewesen sei.

BAG, Beschluss vom 21.11.2018 - 7 ABR 16/17 -

Dienstag, 9. April 2019

Fiktiver Schadensersatzanspruch des Leasingnehmers für Schaden am Leasinggegenstand ?


Die Klägerin machte gegenüber dem Haftpflichtversicherer (Beklagte) des Unfallgegners Schadensersatzansprüche in Form von fiktiven Reparaturkosten für ein von ihr geleastes Fahrzeug geltend. Dabei berief sie sich zur Berechtigung („Aktivlegitimation“) auf die ihrem Leasingvertrag zugrunde liegenden Bedingungen, denen zufolge sie im Schadensfall die erforderlichen Reparaturarbeiten unverzüglich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen lassen müsse.

Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Auf die vom Landgericht zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht.

Der BGH wies darauf hin, dass auch der Besitz ein nach § 823 BGB geschütztes Rechtsgut sei, ebenso wie sich eine Haftung wegen Verletzung des berechtigten unmittelbaren Besitzes aus § 7 StVG ergeben könne, da § 7 StVG neben dem Eigentum u.a. auch den berechtigten unmittelbaren Besitz in seinen Schutzbereich einschließen würde.  Des Weiteren könne bei Schädigung eine sgeleastem Fahrzeuges der Schaden des Leasingnehmers neben dem evtl. Haftungsschaden auch im Entzug der Sachnutzung bestehen (BGHZ 116, 22, 26f).

Nicht entschieden sei bisher, ob der Leasingnehmer als berechtigter unmittelbarer Besitzer aufgrund der Verletzung seines Besitzrechts durch den Schaden an dem Leasinggegenstand wie der Eigentümer aus eigenem Recht den Substanzschaden (die Reparaturkosten) geltend machen könne. Wolle man von einem Anspruch des Eigentümers als auch Besitzers ausgehen, würde sich das Problem der Anspruchskonkurrenz ergeben. Dies wie auch die Frage einer eventuellen Lösung der Anspruchskonkurrenz könne aber hier auf sich beruhen. Wenn, wie hier, der Leasingnehmer gegenüber dem Leasinggeber für den Schadensfall die Pflicht übernommen habe, den Leasinggegenstand instand zu setzen, könne er im konkreten Schadensfall nicht ohne Zustimmung (§ 182 BGB) des Eigentümers gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung die fiktiven Herstellungskosten verlangen. Das Recht, statt der Herstellung die Herstellungskosten zu verlangen sei eine Ersetzungsbefugnis des Gläubigers, die den Geschädigten davon befreien solle, die Schadensbeseitigung dem Schädiger anzuvertrauen. Es handele sich um eine Dispositionsfreiheit des Geschädigten, die Naturalrestitution in eigener Regie durchzuführen, was auch bedeute, dass es ihm freistehenden würde, ob er überhaupt eine Reparatur durchführen lasse oder Ersatzbeschaffung vornehme.  Diese Ersetzungsbefugnis könne bei Sachbeschädigungen nur einheitlich ausgeübt werden. Im Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer läge die Entscheidungsbefugnis, soweit es um den Substanzschaden gehen würde, bei dem Eigentümer als Inhaber des umfassenden Herrschaftsrechts über die Sache nach § 903 BGB. Damit könne der Leasingnehmer nicht ohne Einwilligung des Eigentümers die fiktiven Reparaturkosten verlangen. Dieses Recht sei ihm auch nicht übertragen worden; vielmehr sei er im Leasingvertrag verpflichtet worden, im Schadensfall eine Reparatur durchführen zu lassen.

Auch wenn die Klägerin einen Haftungsschaden geltend mache, würde dies keine Berechtigung zur Geltendmachung der fiktiven Reparaturkosten begründen. Da das Fahrzeug noch nicht repariert worden sei, bestünde weiterhin diese Verpflichtung gegenüber dem Leasinggeber (Eigentümer). Damit würde der Anspruch hier auf Schuldbefreiung gerichtet sein, wobei es dem Schuldner freistehen würde, wie er den Befreiungsanspruch erfüllt. Dieser Befreiungsanspruch sei (mit der Klage auf Zahlung der fiktiven Reparaturkosten) nicht geltend gemacht worden.

Nach der Zurückverweisung sei vom Landgericht zu prüfen, ob die Klägerin ihren Anspruch aus fremden Recht geltend machen könne, der von der Klägerin hilfsweise geltend gemacht worden sei.

BGH, Urteil vom 29.01.2019 - VI ZR 481/17 -