Die Antragstellerin beschäftigte
etwa 22 Mitarbeiter und unterhielt in Hamburg ein Ladengeschäft. Von der Antragsgegnerin
wurde eine Arbeitgeber-Bewertungsportal betrieben. Bewertungen auf dem Portal
können von (auch ehemaligen) Mitarbeitern. Bewerbern und Auszubildenden in
verschiedenen Kategorien abgegeben werden.
U.a. wurden Bewertungen im Portal
eingestellt, gegen die sich die Antragstellerin mit anwaltlichen Schreiben wandte.
Darin hieß es jeweils: „Der genannte Bewerter hat unsere Mandantschaft negativ
bewertet, Der Bewerber- und Mitarbeiter-Kontakt wird mit Nichtwissen
bestritten, da er nicht zugeordnet werden kann.“ Die Antragsgegnerin forderte
eine Substantiierung der unwahren Tatsachenbehauptungen und Rechtsverletzungen.
Der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin wurde vom Landgericht
zurückgewiesen. Die dagegen von der Antragstellerin eingelegte sofortige Beschwerde
führte zu deren Erlass. Rechtsgrundlage sei § 1004 BGB analog iVm. § 823 Abs. 1
BGB und dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs.1, 18 Abs. 3 GG) auf
Unterlassung des weiteren Zugänglichmachens der beanstandeten Bewertung zu. Die
Grundsätze würden auch bei einem Internet-Bewertungsportal greifen (BGH, Urteil
vom 09.08.2022 - VI ZR 1244/20 -). Die Betreiberin sei mittelbare Störerin und
hafte als solche eingeschränkt. Bei Beanstandungen eines Betroffenen die so
konkret gefasst seien, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung
unschwer bejaht werden könne, sei eine Ermittlung durch den Betreiber
erforderlich, unabhängig davon, ob die Äußerung als Tatsachenbehauptung oder
als Werturteil (aufbauend auf einem Tatsachenurteil) zu qualifizieren sei. Grundsätzlich
sei (bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs) die Rüge ausreichend, dass der
Bewertung kein tatsächlicher Kontakt zugrunde läge, wobei der Bewertete diese
Rüge solange aufrechterhalten dürfe, bis ihm gegenüber der Bewerter soweit
individualisiert würde, dass er das Vorliegen geschäftlicher Kontakte
überprüfen könne. Das OLG trug damit dem Umstand Rechnung, dass der Bewerter anonym
im Portal in Erscheinung tritt und von daher der Bewerte nichts zu Einzelheiten
eines möglicherweise tatsächlichen Kontakts sagen kann, da er den Vorgang
grundsätzlich nicht ohne Kenntnis des angebliche beteiligten Bewerters identifizieren
können muss.
Eine solche Rüge wurde hier von
der Antragstellerseite erhoben. Eine weitere Übermittlung von Informationen zu
den Inhalten der Bewertungen, habe es von daher nicht bedurft. Da es sich hier überwiegend
um Werturteile gehandelt habe, hätte der Antragsgegnerin die Übermittlung von
weiteren Informationen durch die Antragstellerin kaum ermöglicht, alleine aufgrund diese Informationen unschwer
einen eventuellen Rechtsverstoß zu erkennen, weshalb die Antragsgegnerin auch
in diesem Fall nicht darum herum gekommen wäre zu ermitteln, ob den Bewertungen
tatsächliche geschäftliche Kontakte zugrunde gelegen hätten und insoweit Stellungnahmen
von den Urhebern der Bewertungen einzuholen.
Die Anzahl mit gleicher Begründung
des fehlenden geschäftlichen Kontakts sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, da
nicht ausgeschlossen werden könne, dass auf einem solchen Portal eine Vielzahl
von nicht auf konkreten Kontakten beruhenden Bewertungen eingestellt würden. Auch
die Vertretung der Antragstellerin durch eine Kanzlei, die offensiv damit
werbe, gegen Festhonorar gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen, sei
nicht rechtsmissbräuchlich, da das Bestreiten des Vorliegens eines
geschäftlichen Kontakts durch die Antragstellerin keinen Rückschluss in jedem
einzelnen Fall zuließe, ob das Bestreiten in der Sache begründet sei oder nicht.
Der Umfang des Geschäftsbetriebs der Antragsgegnerin könne diese nicht von ihrer
Überprüfungsobliegenheit entbinden, die jeden Betreiber eines Bewertungsportals
treffe.
Von der Antragsgegnerin seien die
Bewerter nicht identifizierbar gemacht worden, weshalb der Antragstellerin eine
Prüfung tatsächlicher Kontakte nicht möglich gewesen sei. Zwar könnten die eingereichten Unterlagen aus
dem Geschäftsbereich der Antragstellerin stammen. Doch ließe sich für die
Antragstellerin nicht erkennen, wer die betreffenden Mitarbeiter gewesen sein
könnten, auf den sie sich beziehen, weshalb nicht überprüfbar sei, ob diese
Urkunden wirklich die Urheber der Bewertungen betreffen und ob es sich
tatsächlich um Personen handele, die für sie arbeiten oder gearbeitet hatten. Der
Portalbetreiber dürfe die Überprüfung des geschäftlichen Kontakts durch den Betroffenen
nicht in der Weise verhindern, dass er deren Vorliegen für sich selbst prüft
und lediglich dessen positives Ergebnis bestätige. Dies würde eine effektive
Verteidigung des Betroffenen verhindern.
Auch im Hinblick auf die
(geringe) Anzahl von Mitarbeitern der Antragstellerin (22) ergäbe sich nichts
anderes. Eine Kritik könne sich auf konkrete Einzelfälle beziehen die auf ihre
tatsächliche Gegebenheiten vom Betroffenen nur geprüft werden könnten, wen die
Person des angeblichen Arbeitnehmers bekannt sei oder jedenfalls die konkrete
Situation die geschildert wird, bekannt wäre (so die Angabe „Einarbeitung?
Fahlanzeige! Am ersten Tag bekommt man
ein paar Dokument(e), die man sich auf eigene Faust aneignen soll(m) und dann
wird bitte losgelegt“, „Abmachungen wurden nicht eingehalten“), und sich auch
aus allgemein gehaltenen Meinungsäußerungen wie zum Betriebsklima oder Betriebsmitteln
(hier z.B. „Vorgesetztenverhalten … Empathie ist ein Fremdwort“, „Software auf
Hobby-Niveau“ nicht ziehen ließen.
Auch wenn es für den
Arbeitgeber-Bewertungsportal-Betreiber schwierig sein könne, Bewerter zu
bewegen, sich zu erkennen zu geben da sie im Gegensatz zu Nutzern, die einmalige
Geschäftskontakte wie Hotelbesuch, einen singulären Arztbesuch, oder den Ankauf
von Ware bewerten, die Befürchtung hätten, Repressalien des negativ bewerteten
Arbeitgebers ausgesetzt zu sein, rechtfertige nicht, dass ein betroffener
Arbeitgeber diese öffentliche Kritik hinnehmen müsse, ohne die Möglichkeit zu
erhalten, dies zu prüfen und sich dazu zu positionieren.
Aus diesem Grund könne sich auch
die Antragsgegnerin nicht darauf berufen, dass sie ohne Zustimmung des Bewerters
aus Datenschutzgründen diesen nicht namhaft machen dürfe. Auch wenn § 21 TTDSG
in Ansehung des Erfordernisses des Verfahrens nach dessen Absätzen 2 bis 4 diese
Konsequenz haben sollte, dürfe das nicht dazu führen, dass eine öffentliche
Bewertung zugänglich gehalten werden dürfe, solange dem Bewerteten die
Möglichkeit der Prüfung eines geschäftlichen Kontakts genommen ist. Bei der Verbreitung
von Äußerungen trage der Verbreiter das Risiko, ob er den Urheber namhaft
machen könne. Gesche die Verbreitung (wie hier) im Rahmen eines Geschäftsbetriebs,
gehöre dieses Risiko zu den typischen Geschäftsrisiken, die jeden Unternehmer
bei seiner Tätigkeit treffe.
Hanseatisches
Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 - 7 W 11/24 -