Die Antragstellerin beschäftigte etwa 22 Mitarbeiter und unterhielt in Hamburg ein Ladengeschäft. Von der Antragsgegnerin wurde eine Arbeitgeber-Bewertungsportal betrieben. Bewertungen auf dem Portal können von (auch ehemaligen) Mitarbeitern. Bewerbern und Auszubildenden in verschiedenen Kategorien abgegeben werden.
U.a. wurden Bewertungen im Portal eingestellt, gegen die sich die Antragstellerin mit anwaltlichen Schreiben wandte. Darin hieß es jeweils: „Der genannte Bewerter hat unsere Mandantschaft negativ bewertet, Der Bewerber- und Mitarbeiter-Kontakt wird mit Nichtwissen bestritten, da er nicht zugeordnet werden kann.“ Die Antragsgegnerin forderte eine Substantiierung der unwahren Tatsachenbehauptungen und Rechtsverletzungen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Die dagegen von der Antragstellerin eingelegte sofortige Beschwerde führte zu deren Erlass. Rechtsgrundlage sei § 1004 BGB analog iVm. § 823 Abs. 1 BGB und dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs.1, 18 Abs. 3 GG) auf Unterlassung des weiteren Zugänglichmachens der beanstandeten Bewertung zu. Die Grundsätze würden auch bei einem Internet-Bewertungsportal greifen (BGH, Urteil vom 09.08.2022 - VI ZR 1244/20 -). Die Betreiberin sei mittelbare Störerin und hafte als solche eingeschränkt. Bei Beanstandungen eines Betroffenen die so konkret gefasst seien, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung unschwer bejaht werden könne, sei eine Ermittlung durch den Betreiber erforderlich, unabhängig davon, ob die Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil (aufbauend auf einem Tatsachenurteil) zu qualifizieren sei. Grundsätzlich sei (bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs) die Rüge ausreichend, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt zugrunde läge, wobei der Bewertete diese Rüge solange aufrechterhalten dürfe, bis ihm gegenüber der Bewerter soweit individualisiert würde, dass er das Vorliegen geschäftlicher Kontakte überprüfen könne. Das OLG trug damit dem Umstand Rechnung, dass der Bewerter anonym im Portal in Erscheinung tritt und von daher der Bewerte nichts zu Einzelheiten eines möglicherweise tatsächlichen Kontakts sagen kann, da er den Vorgang grundsätzlich nicht ohne Kenntnis des angebliche beteiligten Bewerters identifizieren können muss.
Eine solche Rüge wurde hier von der Antragstellerseite erhoben. Eine weitere Übermittlung von Informationen zu den Inhalten der Bewertungen, habe es von daher nicht bedurft. Da es sich hier überwiegend um Werturteile gehandelt habe, hätte der Antragsgegnerin die Übermittlung von weiteren Informationen durch die Antragstellerin kaum ermöglicht, alleine aufgrund diese Informationen unschwer einen eventuellen Rechtsverstoß zu erkennen, weshalb die Antragsgegnerin auch in diesem Fall nicht darum herum gekommen wäre zu ermitteln, ob den Bewertungen tatsächliche geschäftliche Kontakte zugrunde gelegen hätten und insoweit Stellungnahmen von den Urhebern der Bewertungen einzuholen.
Die Anzahl mit gleicher Begründung des fehlenden geschäftlichen Kontakts sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass auf einem solchen Portal eine Vielzahl von nicht auf konkreten Kontakten beruhenden Bewertungen eingestellt würden. Auch die Vertretung der Antragstellerin durch eine Kanzlei, die offensiv damit werbe, gegen Festhonorar gegen Einträge in Bewertungsportalen vorzugehen, sei nicht rechtsmissbräuchlich, da das Bestreiten des Vorliegens eines geschäftlichen Kontakts durch die Antragstellerin keinen Rückschluss in jedem einzelnen Fall zuließe, ob das Bestreiten in der Sache begründet sei oder nicht. Der Umfang des Geschäftsbetriebs der Antragsgegnerin könne diese nicht von ihrer Überprüfungsobliegenheit entbinden, die jeden Betreiber eines Bewertungsportals treffe.
Von der Antragsgegnerin seien die Bewerter nicht identifizierbar gemacht worden, weshalb der Antragstellerin eine Prüfung tatsächlicher Kontakte nicht möglich gewesen sei. Zwar könnten die eingereichten Unterlagen aus dem Geschäftsbereich der Antragstellerin stammen. Doch ließe sich für die Antragstellerin nicht erkennen, wer die betreffenden Mitarbeiter gewesen sein könnten, auf den sie sich beziehen, weshalb nicht überprüfbar sei, ob diese Urkunden wirklich die Urheber der Bewertungen betreffen und ob es sich tatsächlich um Personen handele, die für sie arbeiten oder gearbeitet hatten. Der Portalbetreiber dürfe die Überprüfung des geschäftlichen Kontakts durch den Betroffenen nicht in der Weise verhindern, dass er deren Vorliegen für sich selbst prüft und lediglich dessen positives Ergebnis bestätige. Dies würde eine effektive Verteidigung des Betroffenen verhindern.
Auch im Hinblick auf die (geringe) Anzahl von Mitarbeitern der Antragstellerin (22) ergäbe sich nichts anderes. Eine Kritik könne sich auf konkrete Einzelfälle beziehen die auf ihre tatsächliche Gegebenheiten vom Betroffenen nur geprüft werden könnten, wen die Person des angeblichen Arbeitnehmers bekannt sei oder jedenfalls die konkrete Situation die geschildert wird, bekannt wäre (so die Angabe „Einarbeitung? Fahlanzeige! Am ersten Tag bekommt man ein paar Dokument(e), die man sich auf eigene Faust aneignen soll(m) und dann wird bitte losgelegt“, „Abmachungen wurden nicht eingehalten“), und sich auch aus allgemein gehaltenen Meinungsäußerungen wie zum Betriebsklima oder Betriebsmitteln (hier z.B. „Vorgesetztenverhalten … Empathie ist ein Fremdwort“, „Software auf Hobby-Niveau“ nicht ziehen ließen.
Auch wenn es für den Arbeitgeber-Bewertungsportal-Betreiber schwierig sein könne, Bewerter zu bewegen, sich zu erkennen zu geben da sie im Gegensatz zu Nutzern, die einmalige Geschäftskontakte wie Hotelbesuch, einen singulären Arztbesuch, oder den Ankauf von Ware bewerten, die Befürchtung hätten, Repressalien des negativ bewerteten Arbeitgebers ausgesetzt zu sein, rechtfertige nicht, dass ein betroffener Arbeitgeber diese öffentliche Kritik hinnehmen müsse, ohne die Möglichkeit zu erhalten, dies zu prüfen und sich dazu zu positionieren.
Aus diesem Grund könne sich auch die Antragsgegnerin nicht darauf berufen, dass sie ohne Zustimmung des Bewerters aus Datenschutzgründen diesen nicht namhaft machen dürfe. Auch wenn § 21 TTDSG in Ansehung des Erfordernisses des Verfahrens nach dessen Absätzen 2 bis 4 diese Konsequenz haben sollte, dürfe das nicht dazu führen, dass eine öffentliche Bewertung zugänglich gehalten werden dürfe, solange dem Bewerteten die Möglichkeit der Prüfung eines geschäftlichen Kontakts genommen ist. Bei der Verbreitung von Äußerungen trage der Verbreiter das Risiko, ob er den Urheber namhaft machen könne. Gesche die Verbreitung (wie hier) im Rahmen eines Geschäftsbetriebs, gehöre dieses Risiko zu den typischen Geschäftsrisiken, die jeden Unternehmer bei seiner Tätigkeit treffe.
Hanseatisches
Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 - 7 W 11/24 -
Aus den Gründen:
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 8. Januar 2024,
Az. 324 O 559/23, abgeändert.
Im Wege der einstweiligen Verfügung – der
Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung – wird der
Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses
nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00,
Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), verboten,
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
die nachstehend wiedergegebenen Bewertungen zu veröffentlichen:
a)
„Startup abgebogen in die
Perspektivlosigkeit
1,6
Nicht empfohlen
Oktober 2023
Arbeitsatmosphäre
Lob und Anerkennung gibt es hier nicht,
Wertschätzung schon gar nicht. Mit Glück wirft einem die Geschäftsführung beim
Vorbeigehen morgens ein „Guten Morgen“ hin, ansonsten wird man eher getrieben
schnell zu arbeiten und bloß keine Fehler zu machen.
Einarbeitung? Fehlanzeige! Am ersten Tag
bekommt man ein paar Dokument, die man sich auf eigene Faust aneignen soll und
dann wird bitte losgelegt.
Kommunikation
Es ist alles sehr undurchsichtig. Zahlen,
Ziele und Planungen werden konsequent geheim gehalten. Meetings finden in der
Regel hinter verschlossener Tür statt. Dabei achtet die Geschäftsführung stets
drauf zu zweit den einzelnen Angestellten zu sich zu rufen, Gruppengespräche
mit der Belegschaft werden vermieden.
Kollegenzusammenhalt
War ok, man hält in der Not zusammen.
Work-Life-Balance
Die Arbeitszeiten wurden eingehalten.
Weibliche Angestellte/Bewerberinnen wurden teilweise nach ihrem Kinderwunsch
gefragt. Was die Antwort darauf für Konsequenzen hat, bleibt offen…
Urlaub wird nur wiederwillig genehmigt.
Für den Urlaubsantrag hatte man sich per Unterschrift die Bestätigung der
jeweiligen Vertretung zu besorgen.
Vorgesetztenverhalten
Setzen Sechs! Man ist nur eine Nummer.
Empathie ist ein Fremdwort.
Informationspolitik existiert quasi
nicht.
Es wird erwartet, dass die Angestellten
Verantwortung übernehmen und eigenständig arbeiten, gleichzeitig ist die
Geschäftsführung nicht in der Lage Verantwortung abzugeben und leidet unter
Kontrollwahn. Die Tür zur Geschäftsführung steht meist offen, aber in erster
Linie aus dem Grund, weil permanent ein Ohr bei den Büroangestellten horcht.
Interessante Aufgaben
Sehr eintönige Arbeit. Durch die
Unterbesetzung kann es passieren, dass die Angestellten aus dem Büro regelmäßig
im Lager aushelfen müssen.
Umgang mit älteren Kollegen
Es wird drauf geachtet die Belegschaft
überdurchschnittlich jung zu halten. Es macht den Anschein, ältere Mitarbeiter
mit Lebens- Arbeitserfahrung seien unerwünscht.
Arbeitsbedingungen
Veraltete Technik. Gebrauchte Computer
statt modernem Arbeitsgerät. Freeware und selbst programmieret Software auf
Hobby-Niveau statt lizenzierter Software.
Schlecht beheizte Arbeitsräume, Heizen
scheint zu teuer zu sein.
Improvisierte und chaotische Lagerhaltung
und Versandabteilung.
Gehalt/Sozialleistungen
Gehalt war angemessen und pünktlich.
Urlaubs- Weihnachtsgeld gibt es nicht. Bei Weihnachtsfeiern war auffällig, dass
das Budget penibel im Rahmen der steuerlich absetzbaren Summe gehalten wurde.
Image
Nach innen geht es kaum schlechter und
auch nach außen scheint es mehr und mehr bekannt zu werden.
Karriere/Weiterbildung
Aufstiegt aussichtslos. Weiterbildung
bitte privat organisieren“
wie geschehen unter der URL …
in Abbildung aussehend wie folgt: …
b)
„Vorsicht bei der Firmenwahl
1,3
Nicht empfohlen
November 2023
Ex-Angestellte/r oder Arbeiter/in hat im
Bereich Administration /Verwaltung gearbeitet.
Arbeitsatmosphäre
Den Mitarbeiten wurde 0,0 vertraut
Kommunikation
Mitarbeiter wurden mehr oder weniger
gegeneinander ausgespielt
Kollegenzusammenhalt
War ok
Work-Life-Balance
Abmachungen wurden nicht eingehalten
Vorgesetztenverhalten
Absolute Kontrolle über jeden einzelnen
Schritt. Selbstständiges entscheiden von simplen Sachen war nicht gewünscht
Interessante Aufgaben
Immer das selbe
Arbeitsbedingungen
Es ist eine kühle Lagerhalle ohne
Dämmung. Im Winter ist es zum Teil nur 17-19 Grad. Ich habe durchgehend
gefroren und wurde mit einer halb funktionierenden wärme Fußmatte abgespeist.
Image
Wird nach außen toll gepriesen aber ist
mehr pfui als hui
Gleichberechtigung
Umgang mit älteren Kollegen
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Gehalt/Sozialleistungen
Karriere/Weiterbildung“
wie geschehen unter der URL …
in Abbildung aussehend wie folgt: …
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf € 10.000,00.
Gründe
I. Die
Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin das Unterlassen der
Zugänglichmachung von zwei Bewertungen ihres Unternehmens in einem
Arbeitgeber-Bewertungsportal.
Die
Antragstellerin betreibt ein Unternehmen zum Vertrieb von … und ein
Ladengeschäft in Hamburg. Sie hat etwa 22 Mitarbeiter. Die Antragsgegnerin
betreibt eine große Arbeitgeber-Bewertungsplattform. Auf dieser über das
Internet aufrufbaren Plattform können gegenwärtige und ehemalige
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Bewerberinnen und Bewerber und Auszubildende
ihren Arbeitgeber in verschiedenen Kategorien bewerten. Auf der
Bewertungsplattform befinden sich über 5.300.000 Bewertungen zu über 1.040.000
Unternehmen, täglich kommen rund 1.000 neuen Bewertungen zu etwa 500
Unternehmen hinzu.
In diese
Bewertungsplattform wurden die angegriffenen, aus dem Tenor ersichtlichen
Bewertungen eingestellt.
Die
Antragstellerin ließ die Antragsgegnerin durch zwei kurz aufeinander folgende
Schreiben auffordern, die Einträge zu löschen. Zur Begründung hieß es in beiden
Schreiben jeweils gleichlautend: „Der genannte Bewerter hat unsere
Mandantschaft negativ bewertet. Der Bewerber- und Mitarbeiter-Kontakt zu dem
Bewerter wird mit Nichtwissen bestritten, da er nicht zugeordnet werden kann.“
Die Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin auf, mögliche unwahre
Tatsachenbehauptungen bzw. Rechtsverletzungen zu substanziieren. Hintergrund
hierfür war, so die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin durch ihre
Rechtsanwälte innerhalb kürzester Zeit gegen elf Bewertungen - von insgesamt 14
eingestellten Bewertungen des Unternehmens der Antragstellerin - gleichlautende
Beanstandungen erhoben hatte, die die Antragsgegnerin als jeweils
unsubstanziiert ansah. Als die Antragsgegnerin von der Antragstellerin keine
weiteren Informationen erhielt, sah sie von einer Löschung der Einträge ab.
Nach Erhalt des dieses Verfahren einleitenden Antrags auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung wandte sich die Antragsgegnerin an die Nutzer, die die
hier beanstandeten Bewertungen abgegeben hatten. Die von diesen erhaltenen
Unterlagen, aus denen sich der Nachweis ergeben sollte, dass die Nutzer bei der
Antragstellerin beschäftigt gewesen seien, anonymisierte eine Mitarbeiterin der
Antragsgegnerin und übersandte der Antragstellerin zum Beleg, dass der Urheber
der mit dem Antrag zu a) angegriffenen Bewertung bei der Antragstellerin
beschäftigt gewesen sei, den folgenden - anonymisierten - Tätigkeitsnachweis:
…, und zum Beleg, dass der Urheber der mit dem Antrag zu b) angegriffenen
Bewertung bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sei, den folgenden -
anonymisierten - Tätigkeitsnachweis: …
Das Landgericht
hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, dass die zuletzt genannten Unterlagen ausreichen
würden, um eine tatsächliche Mitarbeiterstellung der Rezensenten nachzuweisen,
so dass die Übermittlung ungeschwärzter Tätigkeitsnachweise nicht erforderlich
gewesen sei. Soweit die Antragstellerin vortrage, aus den Unterlagen nicht auf
die Identität der Bewertenden schließen zu können, stelle sie damit die
Authentizität der Unterlagen nicht in Abrede. Zudem habe die Antragsgegnerin -
unbestritten und durch eine eidesstattliche Versicherung belegt - vorgetragen,
dass die Tätigkeitsnachweise und die darin enthaltenen Namen von ihrer
Mitarbeiterin ... mit den im Bewerterprofil der Antragstellerin hinterlegten
Bestandsdaten abgeglichen und verifiziert worden seien und die Daten
übereinstimmten.
Hiergegen
richtet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie
ihren Verfügungsantrag mit den im Antrag auf deren Erlass vorgebrachten
Argumenten weiterverfolgt.
II. Die
sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist auch in der
Sache begründet und führt dazu, dass der Senat die begehrte einstweilige
Verfügung erlässt.
Der
Antragstellerin steht aus § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit
§ 823 Abs. 1 BGB und dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht (Artt. 2
Abs. 1, 19 Abs. 3 GG) ein Anspruch auf Unterlassung des weiteren
Zugänglichmachens der beanstandeten Bewertungen zu.
Auch für den
hier gegebenen Fall kommen die nunmehr vom Bundesgerichtshof für die Haftung
des Betreibers eines Internet-Bewertungsportals entwickelten Grundsätze (BGH,
Urt. v. 9. 8. 2022, Az. VI ZR 1244/20, NJW 2022, S. 3072 ff.) vollen
Umfangs zum Tragen: Die Antragstellerin ist als Portalbetreiberin mittelbare
Störerin hinsichtlich der beanstandeten Bewertungen und haftet als solche nur
eingeschränkt. Wird sie mit der Beanstandung eines Betroffenen – die richtig
oder falsch sein kann – konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der
Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer – das
heißt ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung – bejaht werden
kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag
Verantwortlichen erforderlich, unabhängig davon, ob die beanstandete Äußerung
als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil, das auf einer behaupteten Tatsache
aufbaut, zu qualifizieren ist. Als hinreichend konkrete Beanstandung des
Bewerteten ist es dabei bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs grundsätzlich
ausreichend, wenn dieser rügt, dass der Bewertung kein tatsächlicher Kontakt
des Bewerters mit seiner Leistung zugrunde liege; diese Rüge darf der Bewertete
grundsätzlich so lange aufrechterhalten, bis ihm gegenüber der Bewerter so
individualisiert wird, dass er das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes
überprüfen kann.
Diese Rüge
nicht gegebenen Geschäftskontakts hat die Antragstellerin hier erhoben. Da die
Antragstellerin in ihren Abmahnungen sich auf diese Rüge beschränkt hat,
bedurfte es der Übermittlungen von konkreten weiteren Informationen zu den
Inhalten der Bewertungen, von deren Übermittlung die Antragsgegnerin ihr
Tätigwerden zunächst abhängig machen wollte, nicht. Derartige Informationen
wären im Grundsatz ohnehin wenig geeignet gewesen, zu einer weiteren Begründung
des Löschungsverlangens der Antragstellerin beizutragen; denn die
Überprüfungsobliegenheit des Portalbetreibers ist durch seine Erkenntnisquellen
begrenzt, und nur solche konkreten Hinweise auf Umstände, die es ihm aus seiner
Perspektive ermöglichen, einen Rechtsverstoß unschwer - „ohne eingehende rechtliche
oder tatsächliche Überprüfung“ - zu bejahen, muss der Portalbetreiber an den
Urheber der Bewertung weiterleiten (BGH aaO.). Da die Bewertungen aber
überwiegend Werturteile enthielten, hätte die Übermittlung weiterer
Informationen durch die Antragstellerin es der Antragsgegnerin kaum ermöglicht,
allein aufgrund dieser Informationen unschwer einen eventuellen Rechtsverstoß
zu erkennen, so dass sie auch bei einer Übermittlung weiterer Informationen
nicht darum herumgekommen wäre, ermitteln zu müssen, ob den Bewertungen
tatsächliche geschäftliche Kontakte zugrundelagen, zu diesem Zweck von den
Urhebern der Bewertungen Stellungnahmen einzuholen und diese in solcher Form
der Antragstellerin zu präsentieren, dass diese das tatsächliche Vorliegen von
Geschäftskontakten hätte überprüfen können.
Dass die
Antragstellerin die Rüge nicht gegebenen geschäftlichen Kontakts hinsichtlich
vieler Bewertungen, die über das Bewertungsportal der Antragsgegnerin
verbreitet worden sind, erhoben hat, begründet, anders als die Antragsgegnerin
meint, nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs; denn es ist nicht
ausgeschlossen, dass auf einem Bewertungsportal eine Vielzahl nicht auf
konkreten Kontakten beruhender Bewertungen eines Betroffenen eingestellt
werden. Noch weniger kann der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs - wie es die
Antragsgegnerin geltend macht - damit begründet werden, dass sich der
Betroffene von einer Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt, die offensiv damit
wirbt, gegen Zahlung pauschalierter Festhonorare gegen Einträge in
Bewertungsportalen vorzugehen; denn die Beauftragung einer solchen Kanzlei
allein lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob das Bestreiten des Vorliegens
eines geschäftlichen Kontaktes durch die Antragstellerin in jedem einzelnen
Fall in der Sache begründet ist oder nicht. Der große Umfang des
Geschäftsbetriebs der Antragsgegnerin entbindet sie von der Einhaltung ihrer
Überprüfungsobliegenheit nicht, da diese jeden Betreiber eines
Bewertungsportals trifft.
Die
Antragsgegnerin hat auf die Rüge der Antragstellerin dieser die Bewerter nicht
so identifizierbar gemacht, dass die Antragstellerin in der Lage wäre, das
tatsächliche Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes zu prüfen. Die der
Antragstellerin im Laufe des gerichtlichen Verfahrens übermittelten Unterlagen
mögen aus dem Geschäftsbereich der Antragstellerin stammen; wer die
betreffenden Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter gewesen sein mögen, auf die sie
sich beziehen, vermag sie aus diesen Unterlagen aber nicht zu erkennen, so dass
sie nicht überprüfen kann, ob die Urkunden wirklich die Urheber der Bewertungen
betreffen und ob es sich dabei tatsächlich um Personen handelt, die einmal für
sie gearbeitet haben oder noch für sie arbeiten. Die Möglichkeit zu einer
eigenen Überprüfung des Vorliegens eines geschäftlichen Kontakts darf dem von
der Bewertung Betroffenen nicht in der Weise genommen werden, dass der
Portalbetreiber die Überprüfung für sich vornimmt und dem Bewerteten dann
versichert, sie habe ein positives Ergebnis erbracht; ansonsten stünde der
Betroffene, der geltend macht, nicht zu wissen, ob er überhaupt Kontakt zu dem
Bewerter hatte, der Behauptung des Portalbetreibers, dies sei der Fall gewesen,
wehrlos gegenüber.
Der Umstand,
dass es sich bei dem Portal der Antragsgegnerin um ein
Arbeitgeber-Bewertungsportal handelt, rechtfertigt eine andere Sichtweise
nicht. Die Antragsgegnerin meint zwar, dass der Antragstellerin hier schon
aufgrund der geringen Anzahl der bei ihr beschäftigten Personen eine
eigenständige Überprüfung darauf, ob eine Bewertung von einer dieser Personen
stamme, möglich sein müsse, zumal ein Arbeitgeber viel eher in der Lage sei,
aus einer Bewertung zu ersehen, ob die darin erhobenen Beanstandungen der
innerbetrieblichen Verhältnisse von Angehörigen seines Personals stamme, als
ein Unternehmer, der nur aufgrund einmaligen Kontakts mit ihm ansonsten
unbekannten Kunden zu tun hat, aus einer Bewertung ersehen könnte, ob ihr ein
tatsächlicher Geschäftskontakt zugrunde liegt. Dem kann aber nicht gefolgt
werden; denn auch bei der Bewertung eines Arbeitgebers kann sich eine Kritik
auf konkrete Fälle beziehen, die auf ihre tatsächliche Gegebenheit von ihm nur
dann überprüft werden können, wenn die Person des (angeblich) betroffenen
Arbeitnehmers oder jedenfalls der konkreten Situation, die geschildert wird,
bekannt sind (hier z.B. bei den Kritiken „Einarbeitung? Fehlanzeige! Am ersten
Tag bekommt man ein paar Dokument[e], die man sich auf eigene Faust aneignen
soll[,] und dann wird bitte losgelegt“, „Abmachungen wurden nicht
eingehalten“), und auch aus allgemein gehaltenen Meinungsäußerungen, die etwa
das Betriebsklima oder die Ausstattung mit Betriebsmitteln betreffen (hier z.B.
die Kritiken „Vorgesetztenverhalten ... Empathie ist ein Fremdwort“, „Software
auf Hobby-Niveau“), lassen sich Rückschlüsse auf das tatsächliche Bestehen
eines Beschäftigtenverhältnisses nicht ziehen.
Zu einem
abweichenden Beurteilungsmaßstab führt auch nicht der Umstand, dass es für den
Betreiber eines Arbeitgeber-Bewertungsportals schwieriger sein mag, nach der
Beanstandung einer Eintragung einzelne Bewerter dazu zu bewegen, sich zu
erkennen zu geben, weil sie im Gegensatz zu Nutzern, die einmalige
Geschäftskontakte wie einen Hotelaufenthalt, einen singulären Arztbesuch oder
den Ankauf einer Ware bewertet haben, häufig befürchten werden, nach ihrer
Kenntlichmachung Repressalien ihres negativ bewerteten Arbeitgebers ausgesetzt
zu sein. Auch dies aber vermag nicht zu rechtfertigen, dass ein Arbeitgeber,
der einer über das Internet verbreiteten Kritik einer Person, die behauptet,
für ihn gearbeitet zu haben oder zu arbeiten, ausgesetzt wird, diese öffentliche
Kritik hinnehmen muss, ohne die Möglichkeit zu erhalten, sie auf das Vorliegen
einer tatsächlichen Grundlage zu prüfen und sich ggf. dazu in der Sache zu
positionieren.
Aus dem zuletzt
genannten Grund kann die Antragsgegnerin gegen das Erfordernis, dem Bewerteten
die Person des Bewerters individualisieren zu müssen, wenn sie die Bewertung
weiterhin zugänglich halten will, auch nicht mit Erfolg vorbringen, dass sie
den Bewerter aus Datenschutzgründen ohne dessen Zustimmung nicht ohne Weiteres
namhaft machen dürfe. Selbst wenn § 21 TTDSG - wegen des Erfordernisses
des Verfahrens nach dessen Absätzen 2 bis 4 - diese Konsequenz haben sollte,
dürfte das nicht dazu führen, dass eine Bewertung öffentlich zugänglich
gehalten werden darf, solange dem Bewerteten die Möglichkeit genommen ist zu
klären, ob ihr überhaupt ein geschäftlicher Kontakt mit dem Bewerter zugrunde
liegt; denn soweit es um die Verbreitung von Äußerungen geht, deren
Rechtmäßigkeit nur überprüft werden kann, wenn der Urheber oder die Quelle der
Äußerungen bekannt ist, trägt das Risiko, ob er den Urheber oder die Quelle
namhaft machen darf, kann oder will, im Streitfall grundsätzlich der
Verbreiter. Geschieht die Verbreitung im Rahmen eines Geschäftsbetriebes, wie
das bei einem Bewertungsportal der Fall ist, gehört dieses Risiko zu den
typischen Geschäftsrisiken, die jeden Unternehmer bei seiner Tätigkeit treffen.
Auch sonst sind
keine Umstände ersichtlich, die es zulassen könnten, in der Beurteilung dieses
Falls von den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen.
Die
Ordnungsmittelandrohung beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.
III. Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Festsetzung des Werts für das
Beschwerdeverfahren beruht, der Einschätzung des Landgerichts folgend, auf
§ 3 ZPO.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen