Nach einem beendeten
Mietverhältnis stritten die Parteien u.a. darüber, ob die Kündigungserklärung
der Mieterin (Klägerin) rechtzeitig dem Vermieter (Klägerin) zugegangen ist.
Die Mieterin hatte gegen den Vermieter eine Kautionsrückzahlungsklage erhoben,
gegen die der Beklaget u.a. Aufrechnung
mit einer Mietforderung Mai 2020 mit der Begründung erklärte, die
Kündigung sei ihm wirksam erst am 05.02.2020 zugegangen, weshalb das
Mietverhältnis erst am 31.05.2020 geendet habe. Das Amtsgericht hat der Klage teilwiese
stattgegeben, wobei es u.a. die Aufrechnungserklärung des Beklagten zu Lastend
er Klägerin berücksichtigte. Die Berufung der Klägerin war, in Bezug auf die
erklärte Aufrechnung, nicht erfolgreich.
Das Landgericht (LG) hat in
seinem Berufungsurteil zunächst auf die allgemeine Regelung hingewiesen,
derzufolge eine Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Monats zum Ablauf
des übernächsten Monats in Schriftform (§ 568 BGB) erfolgen muss (§ 573a Abs. 1
S. 1 BGB). Die Wirksamkeit hängt von deren Zugang bei dem Kündigungsempfänger
ab (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Strittig war der Zeitpunkt des Zugangs.
Nach der (vom Beklagten
bestrittenen) Behauptung der Klägerin will diese die Kündigung am 04.02.2020 um
22.30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Beklagten geworfen haben und diesen
unmittelbar vor dem Einwurf über die Gegensprechanlage über den Einwurf die
Kündigungsschreiben informiert haben. Das LG ließ es dahinstehen, ob es zu der behaupteten
Information durch die Klägerin kam, da auch in diesem Fall der Zugang nicht vor
dem 05.02.2020 erfolgt sei.
Zwar mag eine nicht verkörperte
Willenserklärung über eine Gegensprechanlage ähnlich wie im Rahmen eines
Telefonats als solche nach Annahme des LG als eine Willenserklärung unter Anwesenden
zu beurteilen sein. Daraus folge aber nicht, dass eine verkörperte
Willenserklärung (wie hier das Schreiben) alleine durch die vorherige Kontaktaufnahme
zum Empfänger mittels Gegensprechanlage oder Telefon zu einer solchen unter
Anwesenden würde. Vielmehr verbliebe es in diesem Fall dabei, dass unabhängig
von der Kontaktaufnahme es dem Empfänger nicht möglich sei, die verkörperte
Willenserklärung (das Schreiben) im unmittelbaren Kontakt zum Absender (hier
Beklagten) in seinen Machtbereich zu verbringen.
Eine verkörperte Willenserklärung
müsse gegenüber einem Anwesenden genauso zugehen wie verkörperte
Willenserklärungen unter Abwesenden. In beiden Fällen käme § 130 Abs. 1 S. 1
BGB zum Tragen. Damit müsse die Willenserklärung so in den Machtbereich des Empfängers
gelangen, dass damit zu rechnen sei, der Empfänger könne von ihr Kenntnis
nehmen. Bei Anwesenden würde die Abgabe der Willenserklärung und die erwartbare
Kenntnisnahme zusammenfallen. Dies sei aber hier bei Abwesenden nicht der Fall,
da die in Schriftform zufassende Kündigungserklärung durch Einlegung um 22.30
Uhr nicht trotz der telefonischen Information nicht entsprechend in den Machtbereich
des Empfänger gelangt sei.
Vielmehr sei dem Beklagten am 3.
Werktag, dem 04.02.2020, nur durch mündliche Information über den Einwurf des
Kündigungsschreibens mitgeteilt worden, was als Kündigung wegen Nichteinhaltung
der Schriftform des § 568 BGB nicht ausreichend sei.
Zwar sei die Kündigungserklärung
durch Einwurf in den Briefkasten in den Machtbereich des Beklagten gelangt. Wann
aber unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme vom Inhalt durch den
Beklagten zu rechnen sei, richte sich danach, wann nach den gewöhnlichen
Verhältnissen mit einer Leerung desselben zu rechnen sei. Dabei sei nicht auf
die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern es sei im
Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren (BGH, Urteil vom 21.01.2004 -
XII ZR 214/00 -). Bis 18.00 Uhr werde in der Rechtsprechung danach noch ein Zugang
am Tag des Einwurfs angenommen (BayVerfGH vom 15.10.1992 - Vf. 117-VI-91 -);
erst erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzustellung in einen
Wohnungsbriefkasten eingeworfene Schreiben würden erst als am nächsten Tag
zugegangen gelten (BAG, Urteil vom 08.12.1983 - 2 AZR 337/82 -). Damit sei der
beklagte nicht um 22.30 Uhr verpflichtet zu prüfen, ob bei ihm in den
Wohnungsbriefkasten eine rechtserhebliche Erklärung in seinem Machtbereich
eingegangen ist.
Auch durch die Mitteilung über
die Gegensprechanlage ändere sich daran nichts. Dem Empfänger einer Erklärung
sei zuzugestehen, sich zur Nachtzeit der Kenntnisnahme des Inhalts
rechtserheblicher Erklärungen zu entziehen, auch wenn er darauf hingewiesen
wird. Dies würde (in der Literatur) auch für via SMS eingehende Erklärungen
angenommen, auch wenn der Empfänger einer SMS in der Regel durch einen Hinweiston
auf einen Eingang einer Nachricht hingewiesen würde. Hier hätte der Beklagte
zur Kenntnisnahme seine Wohnung verlassen müssen, also einen erheblichen Mehraufwand
als gegenüber der Öffnung einer SMS betreiben müssen, was der Absender nicht erwarten
könne.
LG Krefeld, Urteil vom
21.09.2022 - 2 S 27/21 -