Die Antragsgegnerin des einstweiligen Verfügungsverfahrens, eine Telekommunikationsanbieterin, bot Verbrauchern einen „Wechselservice“ an, in dessen Rahmen sie den Neukunden bis zum Ende der Laufzeit des Altvertrages (längstens 12 Monate) das Grundentgelt für den Neuvertrag erließ. In Printmedien und im Internet bewarb sie dies mit „Schutz vor doppelten Kosten“ bzw. „ohne Risiko und doppelte Kosten“. Die Antragstellerin sah dies als irreführend iSv. § 5 UWG an, da der verkehr davon ausgehen würde, dass durch den Wechsel keine zusätzlichen Kosten anfallen würden, hier aber Anschlussgebühren anfallen und zudem die Begrenzung auf 12 Monate stattfinde. Der Untersagungsantrag der Antragstellerin war vor dem Landgericht erfolgreich. Das OLG hob das stattgebende Urteil des Landgerichts auf und wies den Antrag ab.
Das OLG hielt die Angaben in den Werbeanzeigen nicht für irreführend (§ 5 UWG). Sie würden sich lediglich auf die wegen der Vorzeitigkeit des Wechsels bei noch laufenden Altverträgen zusätzlich (also „doppelt“ anfallenden) Grundentgelte, nicht dagegen auf sonstige Kostenbestandteile, die auch bei einem normalen Wechsel anfallen, beziehen. Problematisch sei für den Kunden der Wechsel bei noch laufenden Vertrag wegen der Pflicht, bis zum Vertragsende die Grundgebühren an den alten Anbieter zu zahlen. ; bei einem Ende des Aktvertrages sei der Wechsel unproblematisch und es würden ohnehin die Anschlussgebühren anfallen, weshalb auch nicht ersichtlich sei, weshalb darauf verzichtet werden sollte, da diese nicht doppelt anfallen.
Die Begrenzung der Übernahme auf 12 Monate stelle sich als eine Einzelheit dar, die erst (wie erfolgt) im sogenannten Kleingedruckten erscheinen müsste. Diese Einschränkung würde nur eine Minderzahl der Fälle betreffen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom
10.02.2022 - I-20 U 93/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird
das am 28. Mai 2021 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
Die Beschlussverfügung vom 26. Februar
2021 wird hinsichtlich des Kostenpunkts sowie Nr. 2 und 3 des Tenors
aufgehoben. Insoweit wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe
I.
Die
Antragsgegnerin bot Verbrauchern, die von ihrem Festnetzinternetanbieter zu ihr
wechseln wollten, einen "Wechselservice" an, in dessen Rahmen sie den
Neukunden bis zum Ende der Laufzeit ihres Altvertrages (längstens jedoch für 12
Monate) das Grundentgelt für den Neuvertrag erließ. Dies bewarb sie in
Printmedien mit "Schutz vor doppelten Kosten³" (Anlage K 3) bzw. im
Internet mit "ohne Risiko und doppelte Kosten".
Die
Antragstellerin meint, dies sei irreführend im Sinne des § 5 UWG. Der
Verkehr gehe davon aus, dass durch den Wechsel keine zusätzlichen Kosten
anfielen. Abgesehen davon, dass der "Schutz vor doppelten Grundkosten"
auf 12 Monate begrenzt sei, fielen bei einem Wechsel Anschlusskosten an.
Das Landgericht hat auf Antrag der
Antragstellerin mit Beschluss vom 26. Februar 2021 der Antragsgegnerin unter
Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel u.a. untersagt,
2. in einer Printanzeige zu behaupten,
dass der Wechsel keine weiteren Kosten auslöse, wenn dies geschieht wie in der
durch Anlage K3 dokumentierten Printanzeige mit der Angabe "Schutz vor
doppelten Kosten",
3. im Internet
zu behaupten, dass der Wechsel zu Vodafone keine weiteren Kosten auslöse, wenn
dies geschieht wie in dem durch die als Anlage K4 beigefügten Screenshots
dokumentierten Internetauftritt mit der Angabe "keine doppelten
Kosten".
Auf den gegen
Nr. 2 und 3. eingereichten Widerspruch der Antragsgegnerin hat das
Landgericht mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren
Einzelheiten verwiesen wird, den Beschluss bestätigt. Zur Begründung hat es
ausgeführt, der angesprochene Verkehr verstehe unter "doppelten
Kosten" sämtliche mit einem Wechsel zur Antragsgegnerin verbundenen
Kosten, nicht nur die bei einer Fortdauer des Altvertrages anfallenden
Grundentgelte. Die Aufklärung im "Kleingedruckten" reiche von daher
nicht aus.
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, mit der sie beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beschlussverfügung der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Februar 2021 zu Nr. 2 und 3 aufzuheben und insoweit den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt
das angefochtene Urteil.
II.
Die Berufung
der Antragsgegnerin führt zur antragsgemäßen Abänderung des angefochtenen
Urteils und unter teilweiser Abänderung der Beschlussverfügung zur teilweisen
Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
1.
Zum Erfolg
führt allerdings noch nicht die Tatsache, dass sich die 8. Kammer für
Handelssachen hinsichtlich des Antrages zu 3. in ihrem Beschluss vom 26.
Februar 2021 für örtlich zuständig erachtet hat. Dies war zwar unter dem
Gesichtspunkt des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht der
Fall, wie der Senat entschieden hat (WRP 2021, 513; GRUR 2022, 183 = WRP 2022,
213; Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 14 Rn.
21a). Dies ist aber bereits deshalb unerheblich, weil die Antragsgegnerin die
fehlende örtliche Zuständigkeit nicht gerügt hat; § 14 Abs. 2
S. 1, S. 3 Nr. 1 UWG schafft keinen ausschließlichen
Gerichtsstand (Senat, a.a.O.; so jetzt auch Feddersen, a.a.O., Rn. 7).
2.
Die Berufung
hat jedoch in der Sache Erfolg. Die angegriffenen Äußerungen sind nicht irreführend.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts beziehen sie sich allein auf die wegen
der Vorzeitigkeit des Wechsel bei noch laufendem Altvertrag zusätzlich (also
"doppelt") anfallenden Grundentgelte, nicht dagegen auf
Kostenbestandteile, die auch bei regulärem Wechsel (d.h. Wechsel nach
Beendigung des Altvertrages) anfallen. Der Wechsel bei noch laufendem
Altvertrag wird vom Verkehr als problematisch angesehen, während der Wechsel
nach Beendigung des Altvertrages jedenfalls in vertragsrechtlicher Hinsicht
unproblematisch ist. Es ist kein Grund ersichtlich, wieso die Antragsgegnerin
in einer derartigen Situation auch noch die Kostenbestandteile übernehmen
sollte, die auch bei "regulärem Wechsel" anfallen. Diese fallen nicht
"doppelt" an.
Dass der
"Schutz" von der Antragsgegnerin auf 12 Monate begrenzt wird, stellt
eine Einzelheit dar, die auch erst im "Kleingedruckten" gebracht
werden musste. Diese Einschränkung betraf nur eine Minderzahl der Fälle. In der
Anlage K 3 wird durch eine Fußnote darauf hingewiesen. In der Anlage K 4
erfolgt ein Hinweis bei dem Punkt, bei dem der Wechselschutz angesprochen wird.
3.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 92
Abs. 1 ZPO. Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es
nicht.
Streitwert für
das Berufungsverfahren: 75.000 EUR
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