Noch immer besteht in großen Umfang Unkenntnis
über doch gravierende Änderungen, die die letzte umfassende Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes
zum 01.12.2020 bewirkte. Dies gilt auch zum Umfang der Rechte der Wohnungseigentümer.
Gegenständlich war das Begehren der klagenden Wohnungseigentümerin, die von der
Beklagten (der bis kurz vor Klageerhebung Verwalterin der
Wohnungseigentümergemeinschaft war) Einsicht in Kontoauszüge der Jahre 2018 bis
2020. Das Amtsgericht wies die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation ab; die
dagegen gerichtete Berufung wurde vom Landgericht zurückgewiesen.
Eine Rechtsbeziehung zwischen dem Wohnungseigentümer und dem Verwalter würde nicht bestehen und von daher könne nicht der einzelne Wohnungseigentümer Ansprüche, wie hier, gegen den Verwalter geltend machen, sondern nur (noch) der Verband (LG München, Beschluss vom 16.02.2022 - 36 T 1514/22 -). Die rechtliche Eigenständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (des Verbandes) wird immer deutlicher.
Auch könne die Klägerin hier keine Ansprüche aus dem Rechtsinstitut eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (hier der Wohnungseigentümer) herleiten. Aus diesem Rechtsinstitut würden sich keine hier geltend gemachte Leistungsansprüche herleiten lassen. Von daher könne hier auf sich beruhen, ob der Wohnungseigentümer in den Schutzbereich des Verwaltervertrages entsprechend einbezogen sei. Das Argument der Klägerin, das Einsichtnahmerecht geltend machen zu können, der Verwalter verwalte Fremdgelder, greife nicht, da das Verwaltungsvermögen schon nach der Rechtslage vor dem 01.12.2020 dem Verband zugeordnet gewesen sei und sich daran nichts geändert habe (§ 10 Abs. 6 WEG a.F., § 9a Abs. 3 WEG n.F.) und dies auch die Instandhaltungsrücklage beträfe.
Das Einsichtnahmerecht des Wohnungseigentümers in die Verwaltungsunterlagen sei abschließend in § 18 Abs. 4 WEG geregelt. Dieses Recht richte sich nach dem Wortlaut gegen den Verband („…kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen“). Den Verband habe die Klägerin hier aber nicht verklagt. Nach Angaben der Klägerin könne dieser auch den Anspruch nicht erfüllen, da der alte (von ihr verklagte) Verwalter die Unterlagen nicht an den aktuellen Verwalter herausgegeben habe. Auch dies begründe kein eigenes Recht der Klägerin. Der Herausgabeanspruch stünde dem Verband zu.
Zwar bestünde auch nach der jetzigen Rechtslage ein Rechenschaftsanspruch gegenüber dem (alten) Verwalter (trotz Streichung des § § 28 Abs. 2 WEG a.F., LG Dortmund, Urteil vom 01.0.2022 - 1 S 172/21 -), doch sei Gläubiger auch hier der Verband.
Auch konnte die Klägerin mit dem Argument, die anderen Wohnungseigentümer hätte kein Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung und würden gegen den ehemaligen Verwalter keine Ansprüche geltend machen wollen, nicht durchdringen. Das Landgericht verwies darauf, dass in diesem Fall die Klägerin entsprechende Beschlüsse der Gemeinschaft herbeiführen müsse und im Falle ihrer Ablehnung ggf. durch eine Beschlussersetzungsklage dagegen vorgehen müsse.
LG Frankfurt am Main, Beschluss
vom 21.10.2022 - 2-13 S 59/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Berufung der Berufungsklägerin gegen
das Urteil des Amtsgerichts Wetzlar vom 31.05.2022 wird durch einstimmigen
Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Berufungsklägerin trägt die Kosten
des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin
ist Wohnungseigentümerin, die Beklagte war bis 31.12.2020 Verwalterin der
Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit der Klage begehrte die Klägerin Einsicht in
Kontoauszüge für die Jahre 2018-2020. Das Amtsgericht hat die Klage mangels
Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen, hiergegen richtet sich ihre
Berufung, mit der sie die erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Sie
ist der Auffassung, ihr stünde ein entsprechendes Einsichtnahmerecht zumindest
aus §§ 675, 666 BGB i.V.m. dem Verwaltervertrag zu. Die weiteren
Eigentümer hätten an einer Auseinandersetzung mit dem Beklagten kein Interesse,
sie habe aber einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Auskunft über die
eingenommen und ausgegebenen Gelder.
II.
Die Kammer ist
auch in Ansehung der Stellungnahme der Klägerin zum Hinweisbeschluss einstimmig
zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf
Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie
zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.
Die angefochtene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.
Zu Recht und
mit zutreffender Argumentation hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.
Insoweit kann zur Begründung in vollem Umfang auf die Entscheidung des
Amtsgerichts Bezug genommen werden. Die Berufung wendet sich hiergegen ohne
Erfolg.
Ein Anspruch
der Klägerin gegen die Beklagte besteht nicht.
Die Klägerin
macht einen Leistungsanspruch geltend, insoweit ist die derzeitige Rechtslage
maßgeblich, so dass das WEG in der neuen Fassung Anwendung findet. Fragen des
Übergangs vom alten zum neuen Recht in prozessualer Hinsicht stellen sich
allerdings ohnehin nicht, denn die Klage wurde im Januar 2022 erhoben. Nach dem
nunmehr anwendbaren Recht bestehen Rechtsbeziehungen der Eigentümer, jedenfalls
auf Leistung, mit dem Verwalter nicht (mehr), derartige Ansprüche gegen den
Verwalter kann nur noch der Verband geltend machen (vgl. zusammenfassend LG
München I ZWE 2022, 280). Dies hat auch der BGH sogar für laufende Verfahren
anerkannt (BGH NZM 2021, 561 Rn. 19).
Soweit die
Klägerin weiter meint, sie sei mit dem Verwalter vertraglich verbunden, war
dies bereits unter der Geltung des alten WEG-Rechts unzutreffend. Unmittelbare
vertragliche Beziehungen bestehen und bestanden auch im alten Recht nur
zwischen dem Verwalter und der WEG. Inwieweit der Verwaltervertrag
Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer entfaltet (näher
Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 13 Rn. 89 ff. mwN), kann
vorliegend dahinstehen, denn hieraus resultieren keine Leistungsansprüche.
Soweit die Klägerin hiergegen geltend macht, der Verwalter verwalte
Fremdgelder, ist dies zutreffend, allerdings war das Verwaltungsvermögen schon
bisher (§ 10 Abs. 7 WEG aF, nun § 9a Abs. 3 WEG) dem
Verband zugeordnet, dies betrifft auch die Instandhaltungsrücklage (näher
Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 10 Rn. 335). Unmittelbare
Ansprüche der Klägerin folgen hieraus jedenfalls nicht.
Im neuen
WEG-Recht ist der Einsichtnahmeanspruch der Eigentümer in die
Verwaltungsunterlagen mit § 18 Abs. 4 WEG abschließend geregelt.
Soweit die Klägerin diesen Einsichtnahmeanspruch geltend macht, richtet sich
der Anspruch gegen den Verband. Dieser wird aber nicht verklagt und kann nach
dem Vortrag der Klägerin den Anspruch auch nicht erfüllen, weil der aktuelle
Verwalter nicht die zur Einsicht begehrten Unterlagen von der Vorverwalterin
bekommen hat. Ein entsprechender Herausgabeanspruch der Unterlagen, der wohl
voranging geltend zu machen wäre, steht allerdings von Vorneherein nur dem
Verband zu, denn diesem müssen bei Vertragsbeendigung die Verwaltungsunterlagen
herausgegeben werden (näher Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl.,
§ 10 Rn. 194 ff.).
Entgegen der
Auffassung der Klägerin steht dieser auch aus anderen Rechtsgründen kein
Anspruch gegen den Beklagten zu.
Soweit die
Klägerin ihren Anspruch auf den Rechenschaftsanspruch aus dem Verwaltervertrag
stützt, besteht ein derartiger Anspruch zwar auch nach der Streichung von
§ 28 Abs. 4 WEG aF fort (vgl. nur LG Dortmund, Urteil vom 1.3.2022 –
1 S 172/21). Gläubiger dieses Anspruchs ist aber nicht der einzelne
Wohnungseigentümer, sondern der Verband der Wohnungseigentümer (vgl. Jennißen,
WEG, 7. Auflage 2021: § 28 Rn 21; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht
2021, Kapitel 10 RN 162). Auch insoweit stellen sich keine Übergangsfragen,
denn der Beklagte war bis 31.12.2020 Verwalter und somit auch unter der Geltung
des neuen Rechts. Die streitgegenständlichen Ansprüche wurden auch erstmals
nach dem Ende der Verwalterbestellung im Jahre 2021 geltend gemacht.
Selbst nach
früherer Rechtslage hätte der Anspruch im Übrigen gemäß § 28 Abs. 4
WEG a.F. nicht ohne Mehrheitsbeschluss der Eigentümer geltend machen können
(vgl. Bärmann, WEG, 14. Auflage 2018, § 28 Rn 186).
Soweit die
Klägerin meint, die anderen Eigentümer hätten an der ordnungsmäßigen Verwaltung
kein Interesse und demzufolge, würde die Gemeinschaft Ansprüche gegen den
ehemaligen Verwalter nicht geltend machen, führt dies nicht dazu, dass die
Klägerin die Ansprüche selbst geltend machen kann. Insoweit muss sie Beschlüsse
der Gemeinschaft herbeiführen und im Falle der Ablehnung ggf. im Wege der
Beschlussersetzungsklage gegen den Verband vorgehen. Eine Möglichkeit für den
Verband zu klagen, sieht das neue Recht nicht vor, angesichts der Möglichkeit
der Beschlussersetzungsklage besteht dazu auch kein Bedürfnis (näher Kammer NJW
2021, 643).
Nach alledem
ist daher die Berufung zurückzuweisen. Gründe die Revision zuzulassen, liegen
nicht vor. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10
S. 2, 711, 713 ZPO.
Die
Streitwertfestsetzung folgt aus § 49 GKG, insoweit wird zur Begründung auf
den Hinweisbeschluss Bezug genommen.
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