Die Beteiligten waren im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch eingetragene Wohnungs- und Teileigentümer. U.a. war in Blatt 82 (lastenfrei in Abt. III) des Grundbuchs ein Sonder-/Teileigentum vermerkt, über den sich die Beteiligten mit notarieller Urkunde einigten, dass dieses in Gemeinschaftseigentum überführt wird und die darauf entfallenden Miteigentumsanteile auf andere Grundbücher gleichmäßig aufgeteilt übertragen werden sollen. Der Antrag, die Eigentumsumschreibung in die Grundbücher einzutragen und das Teileigentumsgrundbuch Blatt 82 zu schließen, wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten nach einer Zwischenverfügung lediglich die Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorlegten, nicht aber eine Nachverpfändung der in den Grundbüchern der aufnehmenden Eigentümer eingetragen Grundpfandrechte vornahmen und sich auch nicht insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwarfen.
Die Beschwerde zum Oberlandesgericht war erfolgreich. Nach Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung seien Eintragungshindernisse nicht mehr gegeben. Einer vom Grundbuchamt als notwendig angesehenen Nachverpfändung bedürfe es nicht.
Es handele sich hier um eine Übertragung von Miteigentumsanteilen ohne Übertragung von Sondereigentum. Dies sei grundsätzlich zulässig (wurde auch hier vom Grundbuchamt nicht in Zweifel gezogen). Streitig sei allerdings, ob sich die Belastungen auf in Abt. III der Grundbücher, in dem die Übernahme des Miteigentumsanteil vermerkt wird, auch auf den übernommenen Miteigentumsanteil erstreckt. Der BGH sähe die Änderung der mit einem bestimmten Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile als eine Inhaltsänderung iSv. § 877 BGB an (BGH, Urteil vom 18.06.1986 - V ZR 156/75 -). Das würde dazu führen, dass die auf dem bisherigen Miteigentumsanteil lastenden Grundpfandrechte sich auch auf den inhaltlich geänderten Miteigentumsanteil erstrecken würden. Da zudem die Erstreckung für den Grundpfandrechtsgläubiger rechtlich vorteilhaft sei, bedürfe es dazu auch nicht seiner Zustimmung. Ebenso würde damit eine erneute Unterwerfungserklärung (§ 800 ZPO) nicht erforderlich sein.
OLG Hamm, Beschluss vom
29.11.2022 - 15 W 271/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Der Beschluss vom 05.04.2022 wird abgeändert.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, die im Schriftsatz vom 30.08.2021 beantragten Eintragungen / Handlungen vorzunehmen.
Gründe
Die Beteiligten
zu 1) bis 11) sind die Wohnungs- und Teileigentümer der Eigentumsanlage
Y-Straße XX in Z, deren Wohnungs- und Teileigentum in den im Rubrum angegebenen
Grundbüchern eingetragen ist.
Die Beteiligte
zu 2) ist im Teileigentumsgrundbuch von Z Blatt XXX82 noch unter ihrer
vormaligen Firma X KG mit einem Miteigentumsanteil von 12,86 / 1.000 an dem
Grundstück eingetragen. Eintragungen in Abteilung III dieses Grundbuchs sind
nicht vorhanden.
In der
notariellen Urkunde vom 23.06.2021 (UR-Nr.XX7/2021 des Notars V in Z) haben
sich die Beteiligten zu 1) bis 11) darauf geeinigt, dass das für die Beteiligte
zu 2) eingetragene Sondereigentum Gemeinschaftseigentum wird und der ihr
zustehende Miteigentumsanteil von 12,86 / 1.000 anteilig auf die in den
Grundbüchern von Z Blatt XXX72, XXX73, XXX74, XXX75, XXX76 und XXX77
eingetragenen Wohnungseigentümer übertragen wird.
Die Beteiligten
haben beantragt, die Eigentumsübertragung in den Grundbüchern einzutragen und
das Teileigentumsgrundbuch Blatt XXX82 zu schließen.
Mit
Zwischenverfügung vom 06.09.2021 hat das Grundbuchamt die Auffassung vertreten,
dass der Vollziehung des Antrags die folgenden Eintragungshindernisse
entgegenstehen: Erstens sei für die übertragenen Miteigentumsanteile eine
Nachverpfändung der in den Grundbüchern von Z Blatt XXX72, XXX73, XXX76 und XXX77
eingetragenen Grundpfandrechte erforderlich. Zweitens müssten sich die
betroffenen Wohnungseigentümer auch insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung
unterwerfen (§ 800 ZPO). Drittens seien Unbedenklichkeitsbescheinigungen
nachzureichen.
Die Beteiligten
haben lediglich die geforderten Unbedenklichkeitsbescheinigungen nachgereicht.
Trotz gewährter Fristverlängerungen haben sie die weiteren vom Grundbuchamt
angenommenen Eintragungshindernisse nicht beseitigt.
Mit Beschluss
vom 05.04.2022 hat das Grundbuchamt den Antrag aus dem Schriftsatz vom
30.08.2021 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde
der Beteiligten vom 24.08.2022, mit der sie geltend machen, dass eine
Nachverpfändung und Vollstreckungsunterwerfung nicht erforderlich seien. Das
Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 01.09.2022 nicht abgeholfen
und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige
Beschwerde ist auch in der Sache begründet und führt zu der aus dem Rubrum
ersichtlichen Anweisung an das Grundbuchamt.
Der vom
Grundbuchamt für erforderlich gehaltenen Nachverpfändung und
Vollstreckungsunterwerfung bedarf es nicht. Weitere Eintragungshindernisse sind
nicht gegeben.
Die Übertragung
von Miteigentumsanteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Sondereigentum
innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach allgemeiner Ansicht
zulässig (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage, Rn.2971 m.w.N.).
In
Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob sich die Belastungen
des gewinnenden Wohnungseigentums kraft Gesetzes auf den übernommenen
Miteigentumsanteil erstrecken (LG Wiesbaden, Beschluss vom 8.01.2004 - 4 T
652/03 - Rechtspfleger 2004, 350; Staudinger/C. Heinze, BGB, Neubearbeitung
2018, § 877 Rn.64; BeckOGK/M. Müller, WEG, § 2 Rn. 363;
Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Auflage, § 2 Rn. 90; Streuer, Rechtspfleger
1992, 181, 183; DNotI-Report 2015, 49) oder ob insoweit eine Nachverpfändung erforderlich
ist (BayObLG, Beschluss vom 26.09.1958 - 2 Z 104/58 - Rechtspfleger 1959, 277;
Senat, Beschluss vom 11.06. 1986 - 15 W 452/85 - NJW-RR 1986, 1275; Demharter,
GBO, 32. Auflage, Anh. zu § 3 Rn. 89; Schöner/Stöber, a.a.O.). In späteren
Entscheidungen haben das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluss vom
16.04.1993 - 2 Z BR 34/93 - NJW-RR 1993, 1043) und der Senat (Beschluss vom
28.05.1998 - 15 W 411/97 - FGPrax 1998, 206) die Notwendigkeit einer
rechtsgeschäftlichen Nachverpfändung offen gelassen.
Der Senat
schließt sich nunmehr der Auffassung an, dass eine Erstreckung der Belastungen
des gewinnenden Wohnungseigentums auf den übernommenen Miteigentumsanteil kraft
Gesetzes stattfindet. Der Bundesgerichtshof sieht die Änderung der mit einem
bestimmten Sondereigentum verbundenen Miteigentumsquote als Inhaltsänderung im
Sinne des § 877 BGB an (BGH, Urteil vom 18.06.1976 - V ZR 156/75 - NJW
1976, 1976). Die auf dem bisherigen Miteigentumsanteil lastenden
Grundpfandrechte erstrecken sich damit auch auf den inhaltlich geänderten
Miteigentumsanteil. Die Erstreckung bedarf damit keines weiteren
Rechtsgeschäfts, sondern tritt kraft Gesetzes ein. Da die Erstreckung der
Grundpfandrechte auf den hinzugewonnenen Miteigentumsanteil für die
Grundpfandrechtsgläubiger rechtlich vorteilhaft ist, bedarf es nicht deren
Zustimmung. Auch eine erneute Abgabe der Unterwerfungserklärung (§ 800
ZPO) ist deshalb entbehrlich.
Somit sind die
beantragten Eigentumsumschreibungen und die Schließung des
Teileigentumsgrundbuchs zu vollziehen.
Einer
Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, zum Geschäftswert des
Beschwerdeverfahrens und zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es aufgrund
des Erfolgs der Beschwerde nicht.
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