Der im selbständigen Beweisverfahren
zunächst berufene Sachverständige wurde erfolgreich wegen Besorgnis der
Befangenheit abgelehnt. Er hatte seine Kosten abgerechnet, dem die Antragstellerin
widersprach. Die wurden gleichwohl ausgezahlt und als Teil der Gerichtskosten
erhoben. Das Landgericht begründete dies damit, dass der Sachverständige das
Gutachten und drei Ergänzungsgutachten erstellt habe, ehe er wegen eines
Privatgutachtens für eine zu der Antragstellerin gehörenden Wohnungseigentümerin
einige Jahre zuvor erstellten Gutachten in einer identischen Teilfrage (erfolgreich)
abgelehnt worden sei. Es sei glaubhaft vom Sachverständigen dargestellt worden,
dass er bei seiner gerichtlichen Beauftragung in Ansehung der Zahl der
gerichtlichen und privaten Gutachten erst nach konkreten Vorhalt des
Privatgutachtens erinnerlich wurde, dieses erstellt zu haben. Zudem sei es
treuwidrig, wenn sich die Antragstellerin auf eine Kostenfreiheit nach § 8a
JVEG berufe, da sie die Offenbarung der Vorbefassung des Sachverständigen
selbst versäumt habe.
Der Erinnerung gegen den
Kostenansatz in der Gerichtskostenrechnung half das Landgericht nicht ab. Die
Beschwerde war erfolgreich. Der Sachverständiger habe es in von ihm zu
vertretener Weise unterlassen, dem Gericht unverzüglich nach seiner
Beauftragung Umstände aufzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen
Beteiligten berechtigen würden. Nach §§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 Abs. 2 GKG iVm. Nr.
9005 KV-GKG müssten die Parteien eine Sachverständigenvergütung nur erstatten,
wenn sie nach dem JVEG zu zahlen war. Nicht entscheidend sei, ob die Beträge
gezahlt wurden. Die gerichtliche Entscheidung zur Zahlung würde nur im Verhältnis
zwischen dem Sachverständigen und Staatskasse ergehen, ohne Beteiligung der
Parteien, § 4 JVEG. Hat damit die Festsetzung der Vergütung keine Wirkung zu
Lasten der Parteien, sind sie auch nicht mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz
ausgeschlossen. Im Festsetzungsverfahren gegenüber dem Sachverständigen sei die
erfolgreiche Ablehnung wegen Befangenheit
auch nicht bindend, da der Befangenheitsgrund nur glaubhaft zu machen sei, dem
Sachverständigen aber sein Entschädigungsanspruch nur genommen werden könne,
wenn ein die Erfüllung seiner Gutachtertätigkeit unmöglich machendes Verhalten
bewiesen sei (OLG Hamm, Beschluss vom 22.05.1979 - 23 W 44/77 -).
Dem Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen
habe das Landgericht zutreffend stattgegeben. Die vorherige Tätigkeit für eine
der Parteien in derselben Sache bilde einen ausreichenden Grund für seien
Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO (BGH,
Urteil vom 01.02.1972 - VI ZR 134/70 -). Damit sei nach § 8a Abs. 1 JVEG der
Vergütungsanspruch entfallen, da er es unterließ, das ihn beauftragende Gericht
unverzüglich Umstände aufzuzeigen, die seine Ablehnung durch einen Beteiligten
berechtigen könnten und dieses Unterlassen auch zu vertreten habe. Ander als im
Fall des § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 JVEG eine Reduzierung des Haftungsmaßstabes auf
grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz fehle genüge vorliegend für § 8a Abs. 1 JVEG
bereits einfache Fahrlässigkeit. Infolge der damit verbundenen
Verschuldensvermutung obläge es dem Sachverständigen ihn entlastende Umstände
aufzuzeigen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.05.2017 - 18 W 58/17 -).
Das Landgericht habe selbst ausgeführt,
dass der Sachverständige in einer Vielzahl von Verfahren gerichtlich und außergerichtlich
tätig sei. Damit habe er aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen
sicherstellen müssen, dass er nicht Aufträge übernimmt, in denen er
möglicherweise befangen sein könnte. Hat er diese Prüfung unterlassen oder
nicht sorgfältig genug durchgeführt läge jedenfalls eine ausreichende leichte Fahrlässigkeit
vor, die zum Verlust des Vergütungsanspruchs führe (OLG Düsseldorf, Beschluss
vom 24.06.2002 - 14 W 363/02 -). Auch eine rechtliche Fehlbeurteilung durch den
Sachverständigen würde hier nicht eine anderweitige Entscheidung begründen
können, da es nicht nachvollziehbar wäre, dass dem Sachverständigen trotz
Teilnahme an Fortbildungen nicht zumindest Bedenken gekommen sind bzw. er
zumindest vorsorglich das Gericht informierte.
Auch eine vom Landgericht
angenommene Verwertbarkeit des Gutachtens führe nicht zu einem
Gebührenanspruch. Dabei könne auf sich beruhen, ob § 8a Abs. 1 JVEG eine
unbeabsichtigte Lücke enthält, insoweit dort anders als in § 8a Abs. 2 JVEG die
Verwertbarkeit nicht erwähnt wurde. Denn vorliegend handele es sich um ein
Gutachten in einem selbständigen Beweisverfahren und nur der Tatrichter des
Hauptsacheverfahrens könne über die Verwertbarkeit entscheiden.
Im Übrigen spreche einiges dafür,
dass in § 8a Abs. 2 S. 1 1 Nr. 2 JVEG mit seinem Verweis auf § 407a Abs. 2 ZPO
ein redaktionellen Versehen ist: § 407a Abs. 2 ZPO sei in der jetzigen Fassung
erst am 15.10.2016 in Kraft getreten,
mit dem die bisherigen Absätze 2 bis 5 als Absätze 3 bis 6 verschoben worden
seien. Während insoweit in § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JVEG nun der Verweis auf §
407a Abs. 1 – 4 ZPOO statt bisher auf § 407a Abs. 1 – 3 JVEG aufgenommen wurde,
unterblieb eine Anpassung in § 8a Abs. 1 JVEG. Das spräche dafür, das bei § 8a
Abs. 2 S. 1 Nr. 2 JVEG ein redaktionelles Versehen vorliege.
OLG Rostock, Beschluss vom 15.02.2021 - 4 W 38/20 -