Freitag, 25. Juni 2021

Schädigung eines Pkw bei versuchter Festnahme eines Dritten durch Polizei als Lebensrisiko des Eigentümers des Pkw

Anlässlich der Festnahme eines Tatverdächtigen durch Polizeibeamte der Beklagten als Dienstherrn kam es zur Schädigung des ordnungsgemäß am Straßenrand geparkten Pkw des Klägers, da sich der Tatverdächtige seiner Festnahme widersetzte. Seine Klage wurde abgewiesen; mit Hinweisbeschluss gem. § 522 ZPO wies das OLG den Kläger darauf hin, dass beabsichtigt sei, seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

Als unstreitig geht das OLG davon aus, dass der Tatverdächtige die Polizisten bei dem ihrem Versuch, ihn festzunehmen, gegen den Pkw des Klägers stieß und dieser dabei beschädigt wurde. Damit sei vom Grundsatz der Anwendungsbereich des enteignenden Eingriffs eröffnet, der ebenso wie der enteignungsgleiche Eingriff im allgemeinen Aufopferungsgrundsatz der §§ 74, 75 Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten (EinlPrALR von 1794) seine Grundlage habe, wenn es an einer ausdrücklichen und vorrangigen spezialgesetzlichen Regelung ermangele. Es handele sich um einen auch heute gewohnheitsrechtlich anerkannten Anspruch, der bei rechtmäßigen beeinträchtigenden Eingriffen der Staatsgewalt, der für den Betroffenen mit einem Sonderopfer verbunden sei, einen Entschädigungsanspruch gegen den Staat begründe. Da die vorliegend einschlägigen Normen der §§ 19, 39 OBG NRW voraussetzen, dass der Geschädigte Adressat des Eingriffs ist, würden diese hier ausscheiden, da der Kläger nicht herangezogen worden sei, da der Kläger außerhalb der dieser durch die Polizei wahrnehmbaren Zusammenhänge stand. Allerdings lägen nach den Grundsätzen des BGH (Urteil vom 12.03.1992 - III ZR 128/91 -) die Voraussetzungen eines enteignenden Eingriffs nicht vor.

Voraussetzung sei eine rechtmäßige hoheitliche Maßnahme, die bei dem Betroffenen zu (meist atypischen und unvorhersehbaren) Nachteilen führe, die dieser aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen müsse, die aber die Grenze des enteignungsrechtlich Zulässigen überschreiten. Es sei zwar kein zweck- und zielgerichteter Eingriff erforderlich, doch genüge die bloße Adäquanz (Ereignis, welches im Allgemeinen und nicht nur unter besonderen ungewöhnlichen Umständen zu einem Schaden führt) nicht: Zwar würde der BGH nicht fordern, dass es sich um eine gewollte/gezielte Eigentumsbeeinträchtigung handelt; allerdings sei eine unmittelbare und nicht nur mittelbare Auswirkung auf das Eigentum des Betroffenen erforderlich. Daran würde es hier ermangeln. Die adäquate Kausalität läge zwar vor. Anders als z.B. beim Fixieren des Tatverdächtigen auf der Motorhaube eines parkenden Autos mit der Folge einer dadurch bedingten Beschädigung, sei dadurch, dass der Tatverdächtige hier die ihn einholenden Polizisten gegen ein parkendes Auto stießen, schon keine typische Folge einer vorläufigen Festnahme zu sehen. Zudem seien die Polizisten nicht diejenigen gewesen, die den Pkw des Klägers in ihr Verhalten einbezogen hätten, sondern nur notwendige Beteiligte dieser Sachbeschädigung. Zudem würden „auch heute noch“ erkennungsdienstliche Maßnahmen und vorläufige Festnahmen nach § 127 StPO typischerweise ohne Beschädigung des Eigentums Dritter ablaufen. Dadurch sei dem Kläger hier durch hoheitliches Verhalten kein Sonderopfer abverlangt worden. Es habe sich hier sein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Er könne von dem Verursacher der Beschädigung, dem Tatverdächtigen, Schadensersatz verlangen.

OLG Hamm. Hinweisbeschluss vom 02.02.2021 - I-22 U 201/20 -


Aus den Gründen:

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. 

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Der rechtsschutzversicherte Kläger hat anlässlich der vorläufigen Festnahme eines Tatverdächtigen, der sich der Festnahme heftig widersetzte, Beschädigungen an seinem ordnungsgemäß am Straßenrand geparkten PKW erlitten. Dafür will er die Beklagte als Dienstherrn und Anstellungskörperschaft der an der Festnahme beteiligten Polizeibeamten unter dem Gesichtspunkt eines enteignenden Eingriffs in Höhe eines nach den voraussichtlichen Netto-Schadensbeseitigungskosten, den Auslagen für die Einholung des Reparaturkostenvoranschlags und der Hinzurechnung einer allgemeinen Schadenspauschale berechneten Betrages von insgesamt 2.120,70 EUR nebst Zinsen auf Entschädigung in Anspruch nehmen und begehrt Freistellung von seinen vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe verwiesen wird, nach persönlicher Anhörung des Klägers die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der denkbare und im Lichte der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt eines enteignenden Eingriffs mögliche Anspruch des Klägers scheitere jedenfalls an der fehlenden, aber unerlässlichen Unmittelbarkeit der Eigentumsverletzung anlässlich eines hoheitlichen Tätigwerdens. Die betroffenen Beamten hätten die beschädigte Sache nicht in ihr Handeln einbezogen, sondern der Verdächtige habe sie, als er sich gegen die Festnahme gewehrt habe, gegen den PKW des Klägers gedrückt und die Beschädigungen verursacht. Zwar liege noch adäquate Kausalität vor, das genüge aber nicht für die Bejahung der Unmittelbarkeit.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit welcher er sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags und unter neuem Sachvortrag weiterverfolgt. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Landgericht habe den Rechtsbegriff des enteignenden Eingriffs verkannt und zu Unrecht eine Unmittelbarkeit des Eigentumseingriffs durch hoheitliches Handeln verlangt. Das lasse sich dem zitierten Urteil nicht entnehmen, zumal diesem ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Im Übrigen habe das Landgericht die Unmittelbarkeit - würde sie gefordert - auch zu Unrecht abgelehnt, weil die Verfolgung des gewalttätigen, weil eines Raubes Verdächtigen, habe besorgen lassen, dass er sich einer Festnahme ebenso gewaltsam widersetzen werde und dabei Eigentum Dritter zu Schaden komme.

Das Landgericht habe zudem einen vom Kläger nicht vorgetragenen Sachverhalt beschieden. Er habe nicht vorgetragen, der Verdächtige habe die Beamten gegen seinen PKW gestoßen. Das habe er gar nicht wissen können, weil er nicht zugegen gewesen sei. Er wisse nicht, wie es konkret zu den Beschädigungen gekommen sei. Es sei zudem nicht bedeutend, ob der Kläger (auch) einen Schadensersatzanspruch gegen den aktuell unerreichbaren Tatverdächtigen habe.

II.

Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine dem Kläger günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

1.

Die Formalrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unbeachtlich.

2.

Der Kläger trägt nunmehr vor, keine Angaben zum Hergang des schädigenden Ereignisses machen zu können und will nunmehr den für das Landgericht tragenden Umstand in Abrede stellen, der Verdächtige habe die Polizeibeamten gegen seinen PKW gestoßen und sei der aktive Teil bei der Beschädigung gewesen. Der im Zusammenhang mit diesem neuen Vortrag erhobene Vorwurf, das Landgericht habe einen nicht vorgetragenen Sachverhalt beschieden, geht fehl. Erstinstanzlich war aufgrund diesbezüglich übereinstimmenden Sachvortrags beider Parteien (Klageschrift S. 2. 3. Absatz der Begründung; SS der Beklagten vom 09.09.2020, S. 2, 3. Absatz) unstreitig, dass der Tatverdächtige die Polizeibeamten bei deren Versuch, seiner habhaft zu werden, gegen den PKW des Klägers gestoßen und dadurch die Beschädigungen verursacht hat.

Der nunmehrige Sachvortrag des Klägers ist neu i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO und deshalb vorbehaltlich eines der dort aufgeführten Ausnahmetatbestände, zu deren Vorliegen aber auch Vortrag fehlt, in der Berufungsinstanz unbeachtlich. Dass der nunmehrige Vortrag unstreitig und deshalb aufgrund der Parteienmaxime Bedeutung erlangen wird, kann nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Beklagten, dem der neue Vortrag des Klägers widerspricht, ausgeschlossen werden.

3.

Rechtsfehlerfrei getroffene Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts sind grundsätzlich auch für die Berufungsinstanz bindend. Der Weg zu abweichenden oder weiteren Feststellungen wird gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erst dann eröffnet, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Bindung an die erstinstanzlichen Feststellungen entfällt deshalb erst, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse, nicht notwendig überwiegende, Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass im Falle einer erneuten Beweisaufnahme die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden.

Eine solche Wahrscheinlichkeit sieht der Senat nach der Berufungsbegründung nicht. Abgesehen von dem neuen Sachvortrag zum Schadenshergang greift der Kläger die erstinstanzlichen Feststellungen nicht an. Sie sind deshalb der Bewertung durch den Senat zugrunde zu legen.

Soweit sich der Kläger gegen die rechtliche Bewertung dieser Feststellungen durch das Landgericht wendet, führt das nicht zum Erfolg des Rechtsmittels.

a) 

Der Anwendungsbereich des enteignenden Eingriffs ist eröffnet. 

Die Haftungsfigur des enteignenden Eingriffs findet - ebenso wie die des enteignungsgleichen Eingriffs (BGH, Urteil vom 26. Januar 1984 - III ZR 216/82 -, BGHZ 90, 17-33, Rn. 36) - im allgemeinen Aufopferungsgrundsatz der §§ 74, 75 EinlPrALR ihre Grundlage (BGH, Urteil vom 29. März 1984 - III ZR 11/83 -, BGHZ 91, 20-32, Rn. 20), wenn es an einer ausdrücklichen und vorrangigen Spezialregelung fehlt. Die §§ 74, 75 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten und § 70 Preuß. PVG und der darin zum Ausdruck kommende Aufopferungsgedanke begründen einen auch heute gewohnheitsrechtlich anerkannten Anspruch, dass bei rechtmäßigen beeinträchtigenden Eingriffen der Staatsgewalt, die für den Betroffenen mit einem Sonderopfer verbunden sind, ein Entschädigungsanspruch gegen den Staat gegeben ist. 

Ein solcher Anspruch aus enteignendem Eingriff ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil Entschädigungsansprüche wegen rechtmäßiger polizeilicher Maßnahmen für das Bundesland NRW in den §§ 19, 39 OBG abschließend geregelt wären. Soweit an §§ 19, 39 OBG NW zu denken ist, scheidet eine unmittelbare Anwendung aus, weil diese voraussetzt, dass der Geschädigte als Adressat einer Maßnahme der Gefahrenabwehr - zumindest als scheinbarer Störer (dazu BGH, Urteil vom 12. März 1992 - III ZR 128/91 -, juris) - in Anspruch genommen worden wäre, ohne Störer zu sein, oder Opfer einer rechtswidrigen Maßnahme gewesen wäre. Das trifft den Kern des hier zu beurteilenden Sachverhalts aber nicht, weil der Kläger nicht als Adressat von Verwaltungshandeln in Anspruch genommen worden ist, sondern rein real in nahem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer ihn nicht betreffenden repressiven Polizeimaßnahme eine Eigentumsverletzung erlitten hat. Deren Rechtmäßigkeit steht auch nicht in Rede.

Eine analoge Anwendung der Bestimmung der §§ 19, 39 OBG NW erachtet der Senat nicht für angezeigt. Zwar wird die "Sonderopfersituation" eines Nichtstörers und eines unbeteiligten Dritten vielfach vergleichbar sein. Es besteht jedoch ein grundlegender Unterschied in der Vorgehensweise der Polizei, ob sie eine nicht verantwortliche Person zur Beseitigung einer Gefahr heranzieht oder ob jemand betroffen wird, der außerhalb dieser durch die Polizei wahrnehmbaren Zusammenhänge steht (BGH, Urteil vom 03. März 2011 - III ZR 174/10 -, Rn. 13, juris).

Dadurch bleibt indessen der Anwendungsbereich des enteignenden Eingriffs eröffnet.

b)

Die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch aufgrund eines enteignenden Eingriffs, wie sie die Rechtsprechung vornehmlich des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs entwickelt hat, liegen aber nicht vor. Das Landgericht hat sie aus zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Die dagegen vorgebrachten Einwendungen führen nicht zu einer anderen Bewertung.

aa)

Ansprüche aus enteignendem Eingriff kommen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welcher der Senat folgt, in Frage, wenn an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen unmittelbar zu - meist atypischen und unvorhergesehenen - Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen. Damit kommt zum Ausdruck, dass das Entstehen solcher Ansprüche zwar keinen zweck- und zielgerichteten Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Geschädigten erfordert. Die bloße Adäquanz des Verwaltungshandelns genügt aber auch nicht, entsprechende Entschädigungsansprüche zu begründen. Namentlich begründen die Grundsätze der Aufopferung gem. §§ 74 f EinlPrALR keine öffentlich-rechtliche Gefährdungshaftung des Inhalts, dass ein Anspruch bereits begründet wäre, wenn bei einem Unbeteiligten ein Schaden anlässlich hoheitlichen Tätigwerdens zu verzeichnen wäre.

Wenn der Bundesgerichtshof in gefestigter Rechtsprechung für das Vorliegen eines derartigen "Eingriffs" in die Rechtsposition des Betroffenen auch nicht mehr fordert, dass es sich um eine gewollte (gezielte) Eigentumsbeeinträchtigung handeln müsse, so kann doch von einem einen Enteignungstatbestand i.w.S. verwirklichenden "Eingriff" nur dort gesprochen werden, wo von einer hoheitlichen Maßnahme unmittelbare - und nicht nur mittelbare - Auswirkungen auf das Eigentum des Betroffenen ausgehen. Es kann zur Vermeidung einer völligen Verwässerung des Enteignungsbegriffs bei sonstigen sich für einen Dritten nachteilig auswirkenden hoheitlichen Maßnahmen nicht darauf verzichtet werden, als Voraussetzung für ein entschädigungspflichtiges Verhalten zu fordern, dass durch eine konkrete hoheitliche Maßnahme in eine fremde, den Eigentumsschutz genießende Rechtsposition unmittelbar eingegriffen wird, dass mit anderen Worten die hoheitliche Maßnahme unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums des Betroffenen bewirkt. Es kann daher nicht genügen, dass zwischen einer hoheitlichen Maßnahme und der Eigentumsbeeinträchtigung ein adäquater Ursachenzusammenhang besteht (BGH, Urteil vom 25. Januar 1971 - III ZR 208/68 -, BGHZ 55, 229-235, Rn. 7).

Von der Forderung einer solchen Unmittelbarkeit ist der Bundesgerichtshof bislang auch nicht abgerückt, im Gegenteil. Während er in frühen Entscheidungen dazu tendierte, mehr oder weniger zufällige Beschädigungen des Eigentums Dritter anlässlich hoheitlichen Tätigwerdens für die Annahme einer "Unmittelbarkeit" ausreichen zu lassen und sich dabei in die Nähe einer Gefährdungshaftung begeben hat (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1963 - III ZR 188/62 -; Urteil vom 15. März 1962 - III ZR 211/60 -, BGHZ 37, 44-51, je bei juris), hat er in späteren Entscheidungen in einer Art "Rückorientierung zur Eingriffsfinalität" (Aust/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 5. Auflage, Rn 214) verdeutlicht, dass die bloße Adäquanz nicht ausreiche. Vielmehr muss sich das dem Betroffenen auferlegte Sonderopfer aus der Eigenart der hoheitlichen Maßnahme herleiten lassen und die durch das Verwaltungshandeln geschaffene Gefahrenlage muss in einer Weise zu den schädigenden Auswirkungen geführt haben, die für die konkrete Betätigung der Hoheitsgewalt typisch sind, um das Erfordernis der Unmittelbarkeit zu erfüllen (BGH, Urteil vom 28. Juni 1984 - III ZR 35/83 -, BGHZ 92, 34-54, Rn. 13). Erforderlich ist die Wertung, dass dem Kläger ein "Sonderopfer" abverlangt wurde, das die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreitet (BGH, Urteil vom 03. März 2011 - III ZR 174/10 -, Rn. 37 ff juris), was von der Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos abzugrenzen ist.

bb)

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Zwar mögen die Voraussetzungen einer adäquaten Kausalität noch feststellbar sein. Denn dass sich eine auf frischer Tat bei einem Gewaltverbrechen betroffene, deshalb von Polizeibeamten verfolgte und eine vorläufige Festnahme besorgende Person sich der Festnahme widersetzen werde, ist nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung. 

Allerdings ist die nicht gezielte Inanspruchnahme fremden Eigentums - anders als etwa im Falle eines Fixierens des Tatverdächtigen auf der Motorhaube eines parkenden Fahrzeugs durch die Polizeibeamten mit der Folge dort auftretender Beschädigungen - dadurch, dass der Tatverdächtige die Polizeibeamten, die ihn eingeholt hatten, gegen einen parkenden PKW stößt, schon keine typische Folge einer vorläufigen Festnahme. Zum einen waren nach den Feststellungen die Polizeibeamten nicht diejenigen, die den PKW der Klägers in ihr Verhalten einbezogen haben, sondern nur notwendig Beteiligte dieser Sachbeschädigung. Zum anderen verlaufen auch heute noch und auch im Eer Norden erkennungsdienstliche Maßnahmen und vorläufige Festnahmen nach § 127 StPO typischerweise ohne Beschädigung des Eigentums Dritter ab. Dem Kläger ist durch hoheitliches Verhalten kein Sonderopfer abverlangt worden. Praktisch hat sich hier sein allgemeines Lebensrisiko realisiert. Zumal er rechtlich gegen den Verursacher der Beschädigungen an seinem PKW vorgehen kann, steht er auch nicht völlig rechtlos dar.

c)

Da nach alledem die Hauptforderung nicht besteht, sind die geltend gemachten Nebenforderungen (Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) ebenfalls unbegründet.

III.

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senates auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

IV.

Auf die Kostenprivilegierung für den Fall der Rücknahme der Berufung (GKG-KV 1222) wird hingewiesen.


 

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