Die klagende Versicherung machte
aus übergegangenen Recht (§ 86 VVG) Ansprüche wegen eines Wasserschadens
gegenüber dem beklagten Werkunternehmer geltend. Die Versicherungsnehmerin war
Eigentümerin einer 1995 errichteten Sporthalle, bei der der Beklagte die
Installationsarbeiten im Sanitärbereich durchgeführt hatte. In 2009 sollen
seien Anzeichen eines Wasserschaden in Nassräumen im Untergeschoss und Leckagen
an Wasserabnahmestellen festgestellt worden. Ursächlich dafür soll nach Vortrag
der Klägerin eine unsachgemäße mechanische Kürzung der Hahnverlängerungen durch
Absägen und eine unzulässige Eindichtung der Verbindungen durch den
Beklagtengewesen sein. Mit der Klage würde Ersatz der aus dem Mangel
resultierenden weitergehenden Schäden infolge der Durchnässung bereits zuvor
vorhandener Gebäudeteile (Wände, Bodenplatte und Fußböden) verlangt. Die Kosten
hätten sich auf € 243.944,72 belaufen; unter Abzug einer Wertverbesserung mit €
41.382,61 wurde von der Klägerin der Betrag von € 202.562,11 geltend gemacht.
Die Klage wurde abgewiesen,
ebenso die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung. Auf die Revision
wurde das Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das Oberlandesgericht (OLG)
zurückverwiesen.
Der BGH stimmte dem OLG dahingehend
zu, dass die Deliktsordnung nicht von der Vertragsordnung verdrängt würde und
dass grundsätzlich jede Haftung ihren eigenen Regeln folge. Deliktische
Verkehrspflichten hätten (anders als Gewährleistungspflichten aus dem
Werkvertragsrecht) nicht den Erwerb einer mangelfreien Sache zum Inhalt und
dienten nicht dem Schutz der Nutzungs- und Werteerwartungen. Sie seien vielmehr
auf das Interesse gerichtet, durch die in Verkehr gegebene Sache nicht in
Eigentum oder Besitz verletzt zu werden (sogen. Integritätsinteresse). Decke
sich der geltend gemachte Schaden mit dem Unwert, welcher der Sache wegen ihrer
Mangelhaftigkeit von Anfang an schon bei ihrem Erwerb anhafte, dann sei er
alleine auf enttäuschte Vertragserwartungen zurückzuführen, weshalb insoweit
kein Raum für deliktische Schadensersatzansprüche bestünde. Sei der Schaden
hingegen nicht mit der im Mangel verkörperten Entwertung der Sache für das Äquivalenz-
und Nutzungsinteresse stoffgleich, könne sich im Schaden (auch) das verletzte
Integritätsinteresse des Eigentümer oder Besitzers niederschlagen und dieser könne
dann grundsätzlich auch von der deliktischen Haftung aufgefangen werden, selbst
wenn er mit vertraglichen Gewährleistungs- oder Ersatzrecht konkurriere.
Die Annahme des OLG, ein
deliktischer Anspruch auf Ersatz von Kosten für den Austausch von Hahnverlängerungen
bestehe nicht, sei nicht zu beanstanden. Nach dem Vortrag der Klägerin sei
dieser bereits mangelhaft eingebaut worden. Es läge daher kein
Eigentumsverletzung vor (allenfalls also ein hier verjährter Gewährleistungsanspruch).
Allerdings würden hier diese Kosten (für den Austausch von Hahnverlängerungen)
von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Der von dem OLG vertretenen Auffassung,
bei den Schäden an den anderen Bauteilen (Bodenplatte, Wände und Fußböden) sei
eine Stoffgleichheit anzunehmen, folgte der BGH nicht.
Stoffgleichheit liege vor, wenn
bei wirtschaftlicher Betrachtung der Fehler von Anfang an die Gesamtsache, für
deren Beeinträchtigung Schadensersatz begehrt wird, ergreife, etwa da die Sache
als Ganzes wegen des Mangels von vornherein nicht oder nur in sehr
eingeschränktem Maße zum vorgesehenen Zweck verwendbar sei. Hierzu würden auch
die Fälle gehören, bei denen eine Beseitigung des (wenn auch nur einem Teil der
Sache anhaftenden) Fehlers technisch nicht möglich sei oder wenn ein Mangel
nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise behoben werden könne. Läge aber ein
Mangel vor, der zunächst nur auf einen Teil der Sache beschränkt gewesen sei
und entsprechend den benannten Grundsätzen behebbar war, und führe er erst
später zu einer Zerstörung der Sache oder zur Beschädigung anderer Teile
derselben, habe der von dem Fehler zunächst nicht erfasste Teil der Sache einen
eigenen Wert und der Mangelunwert decke sich dann nicht mit dem Schaden. Nicht
entscheidend sei, ob der Fehler vor dem Schadenseintritt bei normalen Lauf der
Dinge entdeckt werden konnte oder nicht. Wesentlich sei nur, dass der Mangel
aus objektiv technischer Sicht hätte aufgespürt werden können, sei es auch erst
bei gezielter Suche, sofern diese nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand
an Kosten und Zeit verbunden gewesen wäre. Nur unter diesem letzten Gesichtspunkt
könne es für den wirtschaftlichen Stellenwert darauf ankommen, unter welchen
Umständen ein vermuteter Fehler erkannt werden kann, da nur in diesem Sinne
schwer aufzuspürende Mängel die technische und wirtschaftliche Behebbarkeit in
Frage stellen könnten. Die für die Produzentenhaftung entwickelten Grundsätze
würden entsprechend auch für die deliktische Haftung des Werkunternehmers
gelten, unabhängig davon, ob zwischen dem Werkunternehmer und dem Geschädigten
vertragliche Beziehungen bestehen/bestanden. Der anfängliche Mangelunwert und
Schaden decken sich mithin, wenn die Fehlersuche und Fehlerbeseitigung Kosten
verursache, die etwa dem Wert des Gesamtsache entsprechen oder diese gar übersteigen.
Es käme also (anders als das OLG
meinte) nicht darauf an, ob es sich bei der Neuerrichtung der Sporthalle um
eine Gesamtbaumaßnahme mit Arbeiten verschiedener Gewerke zur Herstellung eines
Funktionszusammenhangs gehandelt habe, wie es auch nicht darauf ankäme, ob die
behaupteten Undichtigkeiten zwangsläufig zur Beschädigung der darunter- oder
dahinterliegenden Bauteile geführt habe. Entscheidend sei, ob ein Auswechseln
der Hahnverlängerungen weitgehend ohne Zerstörung anderer Bauteile möglich sei.
Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Sporthalle nicht oder nur in sehr
eingeschränkten Maße verwendbar gewesen sei.
Auch aus der Entscheidung des BGH vom 27.01.2005 - VII ZR 158/03 - ließe sich nichts anderes herleiten, wobei
offen bleiben könne, ob die dort benannten Beispiele und Erwägungen (dort Rn.
36 und 37) sich mit den benannten Abgrenzungskriterien vereinbaren lasse.
Jedenfalls könne diese Entscheidung nicht dahingehend verstanden werden, dass
im hier relevanten Zusammenhang eine vertragliche Leistung immer schon dann
(zumindest auch) dem Schutz eines anderen Bauteils bezwecke, wenn es bei nicht
vertragsgemäßer Leistung beschädigt würden oder werden könnte. Dies sei grundsätzlich
bei jeder Leistung der Fall, da alle Gebäude auf das fehlerfreie Funktionieren und
Zusammenwirken ihrer Einzelteile angelegt seien. Deshalb scheide eine
Eigentumsverletzung an anderen Bauteilen der Sporthalle nicht deshalb aus, weil
die fachgerechte Ausführung und Abdichtung der Hahnverlängerungen nicht nur der
Funktion der Wasserabgabe diene, sondern darüber hinaus auch verhindern soll,
dass Wasser unkontrolliert in die Sporthalle eindringt.
Fehlerhaft sei auch die Annahme
des OLG, dass, wenn nach klägerischem Vortrag der Mangel von Anfang an dem
Bauwerk angehaftet habe, an den erst später eingebrachten Fußböden,
Wandbekleidungen, Vormauern, Fliesen und Abdichtungen kein unversehrtes
Eigentum habe erwerben können und die Kosten einer Schätzung nicht Beschädigungen
am Rohbau, sondern offenbar später gefertigter Teile beträfen. Zum Einen ergäbe
sich aus dem Tatbestand des Urteils des OLG, dass das Gebäude bereits errichtet
gewesen sei (Wände, Bodenplatte und Fußböden), als die Installationen von dem
Beklagten eingebracht worden seien. Zum Anderen erschließe sich nicht, weshalb
eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht vorliegen soll, soweit Gebäudeteile erst
nach Einbau der Hahnverlängerungen errichtet wurden, da entscheidend sei, dass
das Eigentum zunächst unbeeinträchtigt war und erst später durch austretendes
Wasser beschädigt wurde (BGH, Urteil vom 05.05.1981 - VI ZR 280/79 -).
Nach den bisherigen
Feststellungen könne auch nicht von einer Verjährung der deliktischen Ansprüche
ausgegangen werden. Die Klage ging am 31.12.2012 bei Gericht ein und wurde
demnächst zugestellt. Damit war die Verjährung ab de, 31.12.2012 gehemmt
gewesen. Unabhängig von eventuell anderen Hemmungstatbeständen käme es darauf
an, ob der Anspruch vor Ablauf des 31.12.2012 entstanden sei. Die
Rechtsgutsverletzung erfolgte nicht bereits durch die Installation der
Wasserabnahmestellen in 1995, sondern erst durch das austretende Wasser.
BGH, Urteil vom 23.02.2021 -
VI ZR 21/20 -