Posts mit dem Label vorteilsausgleichung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label vorteilsausgleichung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 12. April 2024

Deliktische Vorteilsausgleichung und Nutzungsvorteil bei Leasing (hier: Diesel-Pkw)

Der Kläger hatte mit der M.-Leasing GmbH einen Leasingvertrag über ein von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug abgeschlossen (Laufzeit bis 14.05.2021) und machte im Zusammenhang mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend. Mit seiner Klage verlangte u.a.  Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs die Lieferung eines mangelfreien typengleichen Ersatzfahrzeugs, hilfsweise Zahlung von € 11.737,72 nebst Zinsen und Freistellung von der Verpflichtung zur Zahlung weiterer Leasingraten. Die Klage wie auch die gegen das klageabweisende Urteil eingelegte Berufung (Berufungsurteil vom 21.10.2019) wurden zurückgewiesen. Seine Revision gegen das Berufungsurteil wurde vom BGH zurückgewiesen. 

Der Hauptantrag auf Lieferung eines mangelfreien typengleichen Ersatzfahrzeugs gegen Rückgabe und Rückübereignung des schadhaften Fahrzeugs sei zutreffend zurückgewiesen worden, da diese nicht auf Ersatz des allein in Betracht kommenden negativen Interesses, sondern auf das positive Erfüllungsinteresse gerichtet sei (u.a. BGH, Urteile vom 06.07.2021 - VI ZR 40/20 - und vom 01.12.2022 - VII ZR 492/21 -). Anmerkung: Das positive Interesse (Erfüllungsinteresse) setzt das Bestehen einer Verbindlichkeit und eine Nicht- oder Schlechterfüllung voraus. Zwischen dem verklagten Hersteller des Fahrzeugs und dem Kläger besteht aber kein Schuldverhältnis (z.B. infolge Kaufvertrag), vielmehr beruht der Anspruch auf Delikt (§§ 823, 826 BGB). Der Anspruch richtet sich damit auf das negative Interesse (Erhaltungsinteresse; BGH, Urteile vom 18.01.2011 - VI ZR 325/09 - und vom 14.05.2012 - II ZR 130/10 -).

Der hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch würde nicht bestehen, da der Wert der während der Leasingzeit erlangten Nutzungsvorteile der Höhe nach dem vereinbarten Gesamtleasingpreis entspräche und dies sowohl etwaige Ansprüche aus § 826 BGB (Schadensersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung) als auch etwaige Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. den einschlägigen Abgasnormen ausschließe (BGH, Urteile vom 16.09.2021 - VII ZR 192/20 - und 24.10.2023 - VI ZR 131/20 -). Anmerkung: Bereits in seinem Urteil vom 16.09.2021 hatte der BGH eine Bewertung der Nutzungsvorteile auch im Fall des Leasings im Rahmen des Vorteilsausgleichs nach der für den Fahrzeugkauf anerkannten Berechnungsformel (Fahrzeugpreis mal Fahrstrecke geteilt durch Laufleistungserwartung) abgelehnt und für den Fall der deliktischen  Vorteilsausgleichung bei einem Leasingfahrzeug nach dem vereinbarten Gesamtleasingpreis den Verzug gegeben (a.A. war u.a. das OLG Koblenz im Urteil vom 02.11.2020 - 12 U 174/20 -). Den Unterschied zwischen einem geleasten Fahrzeug und einem gekauften Fahrzeug bei der Bewertung begründete der BGH in seinem Urteil vom 16.09.2021 damit, dass der Leasingnehmer eine andere Investitionsentscheidung als der Käufer treffe; es sei nicht unbillig, dass ihn über die Vorteilsanrechnung der überproportionale Wertverlust des Fahrzeugs treffe, während der Käufer von der linearen Berechnung des Nutzungsvorteils profitiere, da der Leasingnehmer grundsätzlich nicht die Möglichkeit erwerbe,  die gesamte Laufleistungswertung (kostengünstig) auszunutzen (die Realisierung des anfänglichen Wertverlustes sei seiner Investitionsentscheidung immanent). 

Der Kläger habe nicht geltend gemacht, dass der objektive Leasingwert, auf den es für die Vorteilsausgleichung ankäme, im Streitfall geringer gewesen wäre, wofür auch nichts ersichtlich sei. 

Der BGH ließ (auch hier) dahinstehen, ob dann eine andere Betrachtung geboten sei, wenn von vornherein feststehen würde (so aufgrund vertraglicher Vereinbarung), dass der Leasingnehmer das Fahrzeug nach Ablauf der Leasingzeit übernehmen würde, da dies weder den Vertragsunterlagen noch dem Parteivortrag zu entnehmen sei. Anmerkung: Der BGH hat, soweit ersichtlich, in den sogen. Dieselfällen noch keine Entscheidung dazu getroffen, wie die Bewertung im Falle einer vertraglich vereinbarten Übernahme des Fahrzeugs am Ende der Leasingzeit oder im Falle einer gewährten Kaufoption vorzunehmen ist (vgl. Urteile vom 16.09.2021 – VII ZR 192/20 -; 21.04.2022 – VII ZR 783/21 -; 21.04.2022 - VII ZR 285/21 -). 

Der weiterhin als Hilfsantrag gestellte Freistellungsanspruch wurde als „ins Leeere gehend“ abgewiesen, da das Leasingverhältnis während des seit 2019 anhängigen Revisionsverfahrens am 14.05.2021 endete. 

BGH, Urteil vom 05.03.2024 - VI ZR 466/19 -

Donnerstag, 30. September 2021

Vorteilsausgleichung: Anrechnung zugesprochener Prozesszinsen auf Schadensersatz wegen Darlehenszinsen

Die Klägerin und deren Ehemann erwarben von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Eigentumswohnung. Zum Kauf schlossen sie einen Darlehensvertrag mit einer Bank über € 141.300,00 mit Zinsfestschreibung bis zum 31.03.2017. Aus hier nicht relevanten Gründen klagten sie (auch aus abgetretenen Recht ihres Ehemanns) auf Zahlung von € 141.300,00 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2012 Zug um Zeug gegen Rückübertragung der Eigentumswohnung an die Beklagte und Feststellung, dass die Beklagte zum Ausgleich weiterer Vermögensschäden aus dem Erwerb der Eigentumswohnung verpflichtet ist. Der Klage wurde am 23.07.2019 stattgegeben. Im Mai 2017 vereinbarten die Klägerin und ihr Mann mit der Bank zur Ablösung des Darlehens eine Zwischenfinanzierung. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils zahlte die Beklagte die Klageforderung einschließlich der geltend gemachten Prozesszinsen von € 27.453,07. Im vorliegenden Verfahren verlangte die Klägerin (auch aus abgetretenen Recht ihres Ehemanns) Zahlung der für das Darlehen aufgewandten Zinsen und die für die Zwischenfinanzierung, der das Landgericht in Höhe von € 35.924,72 stattgab. Auf die Berufung bestätigte das OLG unter Abweisung der Klage im Übrigen das Urteil in Höhe von € 34.191,81. Mit der zugelassenen Revision begehrte die Beklagte die Abweisung der Klage in Höhe weiterer € 27.453,07 (Zinsen des Darlehens) nebst anteiligen Zinsen darauf. Der BGH hob das Urteil in Höhe von € 8.509,13 nebst anteiliger Zinsen auf und verwies insoweit den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Nach dem rechtskräftigen landgerichtlichen Urteil des Vorprozesses sei die Beklagte zum Ausgleich des weiteren auf dem Erwerb beruhenden Vermögensschadens verpflichtet. Diese auf das negative Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch umfasse auch die für die Finanzierung des Erwerbs aufgewandten Kreditkosten. Diese seien der Höhe nach ebenso unstreitig wie die von der Klägerin vorgenommenen Abzüge für Mieteinnahmen. Allerdings wolle die Beklagte die in Höhe von € 27.453,07 von ihr gezahlten Prozesszinsen auf die Darlehenszinsen in Anrechnung bringen und insoweit abziehen. Der Ansicht des OLG, dass insoweit eine Anrechnung in Form der Vorteilsausgleichung nicht in Betracht käme, der der BGH nicht folgte.

Die Schadensberechnung sei nach der Differenzhypothese vorzunehmen und es kämen dafür die allgemeinen Grundsätze der Schadenszurechnung und der Vorteilsausgleichung zur Anwendung. Vorteile, die durch das schädigende Ereignis adäquat kausal verursacht worden seinen und deren Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzverpflichtung entsprächen und weder den Geschädigten unzumutbar belasten und den Schädiger und unbillig begünstigen würden, seien zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 14.09.2004 - VI ZR 97/04 -). Daraus folge, dass dem Gläubiger neben dem Anspruch auf Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB aus einem überlassenen Geldbetrag nicht kumulativ ein Anspruch auf Prozesszinsen für den überlassenen Betrag zustehe. Diese Zinsen hätten die Funktion, einen Nachteil des Gläubigers auszugleichen, den er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Geldbetrages habe. Durch die Herausgabe gezogener Nutzungen sei dieser Nachteil ausgeglichen. Mit der Zubilligung zusätzlicher Prozesszinsen würde der Gläubiger ohne Grund bessergestellt als bei rechtzeitiger Zahlung (BGH, Urteil vom 12.04.2019 - V ZR 341/17 -). Daher könnten Prozesszinsen und Verzugszinsen nicht nebeneinander geltend gemacht werden, da ansonsten der Vorenthaltungsschaden doppelt entschädigt würden. Für denselben Zeitraum könne daher nur der Nutzungsersatz oder der Anspruch auf Prozesszinsen geltend gemacht werden, je nachdem, welcher für den Gläubiger günstiger sei. Vor diesem Hintergrund seien die bis zum 05.05.2017 gezahlten Prozesszinsen auf die der Klägerin erstatten Zinsen für das erste Darlehen anzurechnen.

Auch wenn vorliegend die Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht im Wege des Bereicherungsausgleichs sondern im Wege des Schadensersatzes wegen fehlerhafter Beratung gemäß § 280 Abs. 1 BGB erfolgt sei, würden keine anderen Grundsätze gelten. Es handele sich um einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch mit dem der Zustand geschaffen werden soll, der (hypothetisch) der Vermögenslage ohne das schädigende Ereignis entspräche, § 249 Abs. 1 BGB. Würden die Prozesszinsen bei dem Schadensersatz wegen der Darlehenszinsen außer Betracht bleiben, würde der unzutreffende Zustand eintreten, als habe die Klägerin die Erwerbskosten aus eigenen Mitteln finanziert.

Die Vorteilsausgleichung sei durch die Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils aus dem Vorprozess auch nicht ausgeschlossen. Die Rechtskraft erstrecke sich auf die Tatsachen, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorlagen und hätten eingewandt werden können, soweit die das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen. Dies gelte aber nur, soweit es um die grundsätzliche Verpflichtung des Schuldners zum Ersatz des Schadens geht. Ob und in welcher Höhe ein Schaden eingetreten ist, würde von dem Feststellungsurteil nicht umfasst. Dies sei, wie hier, in dem Folgeprozess zu klären. Hier sei die Höhe des Schadens zu bestimmen; es handele sich um den haftungsausfüllenden Tatbestand der im Vorprozess mit dem Feststellungsurteil festgestellten Haftung dem Grunde nach. Die Zuerkennung von Prozesszinsen im Vorprozess sage daher nichts darüber aus, ob diese auf den weiter geltend gemachten Schaden anzurechnen sind.

Auf Darlehenszinsen seien daher Prozesszinsen anzurechnen, soweit sie den gleichen Zeitraum betreffen. Von daher seien vorliegend nicht alle Prozesszinsen anzurechnen. Eine Kongruenz bestünde für den als Prozesszinsen zugesprochenen Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 04.05.2017, nicht für gezahlte Darlehenszinsen im Zeitraum bis 20.12.2012, da die Prozesszinsen nur ab dem 21.12.2012 zugesprochen worden seien. Gleiches gelte auch für die für den Zeitraum ab dem 05.05.2017 zugesprochenen Prozesszinsen (€ 1.770,93). Bedingt durch die Zwischenfinanzierung seien ab dem 05.05.2017 keine Darlehenszinsen mehr gezahlt worden; die Kosten der Zwischenfinanzierung seien nicht Gegenstand der beschränkt eingelegten Revision.  Das Landgericht habe diesen Betrag bei dem auf die für die Zwischenfinanzierung in Anrechnung gebracht. Sie könnten nicht noch einmal bei den Darlehenszinsen, wie von der Beklagten auf die für das Darlehen gezahlten Zinsen verrechnet werden.

Der Betrag von € 8.509,13 setze sich aus zwei Teilbeträgen zusammen: € 6.738,74 aus der Differenz des vom OLG zugesprochenen Betrages von € 34.191,81 und der nur in Höhe von € 24.453,07 eingelegten Revision. € 1.770,39, in dessen Umfang das OLG die Prozesszinsen bereits mit den Kosten der Zwischenfinanzierung verrechnet habe. Insoweit sei die Revision unbegründet.

In Höhe des verbleibenden Betrages von € 25.682m68 sei das Urteil zur neuen Verhandlung und Entscheidung durch das OLG aufzuheben und zurückzuverweisen. Das OLG habe insoweit keine Feststellung dazu getroffen, ob im Zeitraum 21.12.2012 bis 04.05.2017 Darlehenszinsen in dieser Höhe gezahlt wurden. Eine Anrechnung käme bei der Feststellung in Betracht, dass die Darlehenszinsen hinter dem für den gleichen Zeitraum gezahlten Prozesszinsen zurückblieben, und zwar in Höhe der Differenz.

BGH, Urteil vom 02.07.2021 - V ZR 95/20 -

Donnerstag, 29. April 2021

Kostenvorschussanspruch für Mängelbeseitigung und Berücksichtigung von Mehrkosten durch Änderung der technischen Regeln

Die Klägerin begehrte einen Kostenvorschuss in Höhe von € 151.709,14 für eine Dachsanierung. Nach einem vom Landgericht eingeholten Gutachten, dem das Landgericht folgte, sollen die von der Klägerin behaupteten Mängel und Schäden an dem Dach vorliegen und sich die Kosten der Beseitigung auf den geforderten Betrag belaufen. Mehrkosten in Höhe von € 21.839,32 für die Ausbildung des Daches gemäß der Vorgaben der EnEV 2014, die in den Kosten enthalten seien, seien deshalb zuzusprechen, da eine Mängelbeseitigung die zum Zeitpunkt ihrer Durchführung geltenden anerkannten Regeln der Technik einhalten müssten.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts legten die Streithelfer der Beklagten Berufung ein. Sie wandten u.a. unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 14.11.2017 - VII ZR 45/14 - ein, dass der Mehraufwand in Ansehung der EnEV 2014 nicht vorhersehbar gewesen sei (die Errichtung des mangelbehafteten Daches erfolgte unter der Geltung der EnEV 2012) und der Vorschuss nicht den Mehraufwand auf Grund der Änderung der technischen Regeln umfasse, der mithin in Anzug zu bringen sei.

In seinem Hinweisbeschluss wies das OLG darauf hin, dass es der Berufung keine Aussichten auf Erfolg beimessen würde und beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.  

Die Mängelbeseitigung müsse nach den aktuellen Regeln der Technik durchgeführt werden, mithin hier nach den Anforderungen der EnEV 2014. Die Ansicht der Berufungsführer, die entsprechenden Mehrkosten könnten von der Klägerin nicht begehrt werden, sei verfehlt. Das insoweit von den Berufungsführern benannte Urteil des BGH vom 14.11.2017 sei nicht einschlägig, da sich dort der BGH nur damit auseinandergesetzt habe, welche Auswirkungen eine Änderung anerkannter technischer Regeln zwischen Vertragsabschluss und Abnahme auf die geschuldete Leistung und den Vergütungsanspruch sowie die Abnahme nach dem vertraglich geschuldeten Leistungssoll hätten. Er habe entschieden, dass grundsätzlich die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik schulde, die zwischen dem Vertragsabschluss und der Abnahme gelten würden. Hier könne der Auftragnehmer, ändern sich die anerkannten Regeln der Technik und führen diese zu Mehraufwand, entweder eine Anpassung der Vergütung begehren oder aber der Auftraggeber auf die Einhaltung der neuen Regeln verzichten. Zur Frage der Auswirkung auf den Fall einer Mängelbeseitigung habe der BGH in der Entscheidung nicht Stellung bezogen. Allerdings habe sich der BGH in seinem Urteil vom 17.05.1984 - VII ZR 169/82 - zur Frage der Vorteilsausgleichung im werkvertraglichen Gewährleistungsrecht geäußert. Dort führte der BGH aus, dass eine Anrechnung des Vorteils dann nicht in Betracht käme, „wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste. Der Auftragnehmer darf dadurch, dass der vertragszweck nicht sogleich, sondern erst später im Rahmen der Gewährleistung erreicht wird, keine Besserstellung erfahren. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Gesetzeszweck der Gewährleistung im Werkvertragsrecht.

Dies zugrunde legend vertrat das OLG die Auffassung, dass sich die Klägerin die Mehrkosten, welche durch die jetzt notwendige Ausführung der Sanierung nach den Vorgaben der EnEV 2014 gegenüber derjenigen nach der vorher anzuwenden EnEV 2012 ergäben, nicht von dem Kostenvorschuss abziehen lassen müsse und der Grund dafür alleine darin läge, dass die beklagte ihrer Verpflichtung zur Herstellung eines mängelfreien Daches und zur umgehenden Beseitigung von Mängeln nicht nachgekommen sei. Die Verteuerung läge damit alleine in der Risikosphäre des Beklagten. Selbst wenn die Klägerin durch die Einhaltung der EnEV 2014 gegenüber der EnEV 2012 eine wirtschaftlich merkbare Ersparnis bei den Heizkosten erzielen würde, wäre es unbillig, sie an den Mehrkosten zu beteiligen.

Die Berufung wurde vom OLG mit Beschluss vom 22.10.2020 zurückgewiesen. In diesem wies das OLG darauf hin, dass es sich bei den Mehrkosten nicht um sogenannte Sowieso-Kosten handeln würde, da sie bei einem mängelfreien Dach nicht angefallen wären, da die EnEV 2014 noch nicht galt. Sowieso-Kosten lägen nur vor, wenn das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein entsprechend teurer geworden wäre (BGH, Urteil vom 29.10.1970 - VII ZR 14/69 -).

OLG München, Hinweisbeschluss vom 01.09.2020 - 28 U 1686/20 Bau -

Mittwoch, 18. September 2019

Schadensersatz: Verdienstausfallschaden und berufsbedingte Aufwendungen


Das OLG Nürnberg musste u.a. aus Anlass eines Verkehrsunfalls über einen vom Kläger geltend gemachten Verdienstausfallschaden entscheiden. Dabei handelt es sich um einen Anspruch nach § 252 BGB. Vorliegend ging es um die Frage, ob der Kläger den gesamten Verdienstausfall geltend machen kann. Das Landgericht hatte, wogegen sich insofern die Berufung der Beklagten richtete, diesen Schaden ohne jeden Abzug zuerkannt.

Geltend gemacht wurde vom Kläger ein Verdienstausfall vom 14.11.2016 (nach Ablauf der Lohnfortzahlung gem. § 3 EFZG durch den Arbeitgeber) bis Juli 2017 von € 3.141,79 nach Abzug des Krankengeldes; das Landgericht gab der Klage insoweit statt. Ferner machte er einen Verdienstausfall aus einer Nebentätigkeit mit € 2.543,80, der vom Landgericht abgewiesen wurde, da insoweit der Kläger seinen Lohnfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG gegenüber dem Arbeitgeber nicht geltend gemacht habe.

Beide Parteien hatten Berufung bzw. Anschlussberufung  gegen das Urteil eingelegt.

Der Verdienstausfall ist ein ersatzfähiger Schaden iSv. § 252 BGB. Das OLG führte aus, dass nach dem Zweck der Bestimmung (Beweiserleichterung) derjenige Gewinn als entgangenen gelten würde, der nach m gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden könne. In diesem Fall würde vermutet, dass er auch erzielt worden wäre. Einer vollen Gewissheit iSv. § 286 BGB bedürfe es nicht (BGH, Urteil 26.07.2005 - X ZR 134/04 -).

Der Kläger, der vier Monat vor dem Unfall den Nebenjob als Limousinenfahrer angenommen habe, habe durch den Unfall diesen Job verloren, weshalb auch insoweit ein Erstattungsanspruch bestünde. Der Umstand, dass er seinen Lohnfortzahlungsanspruch gem. § 3 EFZG nicht geltend gemacht habe, sei unschädlich, da es sich hier nicht um eine Obliegenheit des Klägers zum Schutze des Schädigers im Sinne einer Schadensminderung handele. Es handele sich hier um eine Abwälzung des Schadens des Klägers auf einen Dritten, der diesen dann selbst geltend machen könne, § 6 EFZG.

Zu prüfen blieb danach, ob hier bei den jeweiligen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit Abzüge für ersparte Aufwendungen vorzunehmen sind.  Es handele sich, so das OLG, um eine Vorteilsausgleichung, da ersparte Aufwendungen in einem inneren Zusammenhang mit dem erlittenen und vom Schädiger zu tragenden Erwerbsschaden stünden. Würden keine besonderen, vom Geschädigten vorzutragenden und ggf. zu beweisenden Umstände vorlägen, aus denen sich niedrigere Aufwendungen ergäben, sei pauschal von Aufwendungen in Höhe von 10% des Nettoeinkommens auszugehen (so auch OLG München, Urteil vom 29.04.2011 - 10 U 4208/10 -; OL des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 23.09.1998 - 12 U 31/98 -).

Im Zusammenhang mit dem Hauptberuf des Klägers habe dieser dargelegt, dass er keine Aufwendungen erspart habe. Berufskleidung als Maler sei gestellt worden und er habe vom Arbeitgeber ein (einschließlich Benzin) finanziertes Fahrzeug gehabt, mit dem er zur Arbeitsstelle und zurück habe fahren können. Mitgliedsbeiträge für Berufsgenossenschaften oder andere Verbände und Kosten für Fachliteratur seien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahm auch nicht angefallen. Auch habe der Kläger glaubhaft angegeben, dass er jeweils eine Brotzeit von zuhause zur Arbeit mitgenommen habe, weshalb er auch keinen Verpflegungsmehraufwand erspart habe. Vor diesem Hintergrund sei hier ein Abzug für ersparte Aufwendungen nicht vorzunehmen.

Anders allerdings sei dies bei dem Nebenjob. Zum Firmensitz habe er 13km zurückzulegen, wobei er nur bei schönen Wetter gefahren sei, weshalb, da ein Teil der Arbeitsunfähigkeit in die Winterzeit gefallen sei, davon auszugehen sei, dass er Fahrtkosten gehabt hätte. Auch habe er selbst für seine Arbeitskleidung (er selbst habe von einem Smoking gesprochen) aufkommen müssen, für die Reinigungskosten angefallen wären. Damit sei auf das Nettogehalt für den Nebenjob ein Abzug von 10% vorzunehmen.

OLG München, Urteil vom 26.03.2019 - 24 U 2290/18 -