Dienstag, 15. Mai 2018

Zur Auslegung einer Verweisklausel auf Tarifverträge / Tarifvertragsklauseln und von Tarifverträgen

Die im Dezember 1961 geborene  Klägerin schloss mit der damals rechtlich selbständigen Körperschaft öffentlichen Rechts, die mit dem 01.01.2013 in der jetzigen Beklagten aufging,  am 05.12.2012 einen Vorruhestandsvertrag, nach dessen Inhalt sie unter Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 01.04.2013 in den Vorruhestand eintrat. Zur Höhe des Vorruhestandsgeldes, welches jeweils am 15. eines Monats ab dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Monats gezahlt werden sollte, wurde auf den Fusionstarifvertrag (Fu-TV/LSV, dort § 11 Abs. 1) Bezug genommen. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Feststellung, dass die Beklagte ab dem 15.01.2017 (mit Vollendung ihres 55. Lebensjahres) verpflichtet sei ihr statt bisher 75% der Bezugsgröße als Vorruhestandsgeld ab dann 85% der Bezugsgröße zu zahlen. § 11 Fu-TV/LSV lautet auszugsweise:


„(1) Kann einem Beschäftigten kein Arbeitsplatz nach § 5 Abs. 1 angeboten werden, so endet das Beschäftigungsverhältnis auf Antrag des Beschäftigten mit  gleichzeitiger Zusage der Zahlung eines Vorruhestandsgeldes. Die Höhe des Vorruhestandsgeldes beträgt monatlich
-          75% der Urlaubsvergütung, wenn der Beschäftigte das 50. Lebensjahr und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendte hat,
-          85% der Urlaubsvergütung, wenn der Beschäftigte das 55. Lebensjahr (bei Schwerbehinderten das 50. Lebensjahr) vollendet hat.
Das Vorruhestandsgeld wir entsprechend den allgemeinen Vergütungserhöhungen im Bereich des öffentlichen Dienstes erhöht. …
(2) …
Die Zahlung des Vorruhestandsgeldes endet mit Ablauf des Monats, in dem der Vorruhestandsgeldbezieher das für die Regelaltersgrenze maßgebliche Lebensjahr vollendet.“

Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg das Urteil ab und wies die Klage ab.

Das LAG hielt fest, dass nicht nur keine Zweifel an der Regelung zur Höhe des Vorruhestandsgeldes iSd. § 305c Abs. 2 BGB bestünden, sondern eine Nichtigkeit auch deshalb nicht gegeben sei, da die Globalverweisung im Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag  gem. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB zur Unabwendbarkeit der Regelungen der §§ 305ff BGB führe. In dem (Ergänzungs-) Arbeitsvertrag aus 2003 hätten die Parteien geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT/LSV und den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung richte und diese Globalverweisung auch den Fu-TV/LSV umfasse. Im übrigen käme die Unklarheitenregelung des § 305c BGB auch deshalb nicht zum Tragen, da eine entfernte Möglichkeit einer anderweitigen Auslegung (auch hier durch das LAG) für die Anwendbarkeit des § 395c BGB nicht ausreichend sei.

Vorliegend sei aber eindeutig bei der Regelung in § 11 Abs. 1 Fu-TV/LSV eine statische Bezugnahme auf das Lebensalter zum Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses gemeint.

Die Tarifwortwahl differenziere zwischen „Beschäftigten“ und „Vorruhestandsgeldbezieher“. In § 11 Fu-TV/LSV hätten die Tarifvertragsparteien geregelt, mit wieviel Prozent einer Bemessungsgrundlage das Vorruhestandgeld anzusetzen sei, wenn „der Beschäftigte“ ein bestimmtes Alter erreicht habe. Entscheidend würde auf das Lebensalter des „Beschäftigen“ als jenem abgestellt, der noch im aktiven Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer stünde. Mit Beginn des Vorruhestandes würde nach dem Tarifwortlaut aus dem ehemals Beschäftigten der „Vorruhestandsgeldbezieher“. § 1 Abs. 1 S. 2 Fu-TV/LSV regele zwei unterschiedliche Alternativen und sehe weder nach dem Wortlaut noch nach dem optischen Erscheinungsbild der Regelung eine Ablösung der 1. von der 2. Alternative vor.

Die Entstehungsgeschichte ließe auch keine andere Auslegung zu. Ein vom festgestellten Wortlaut maßgeblicher Wille der Tarifvertragsparteien sei nicht feststellbar. Dies gelte auch für ein als „Ergebnisniederschrift“ bezeichnetes Protokoll einer Informationsveranstaltung der Arbeitgeberseite, da aus diesem eine gemeinsame Erklärung der Verbände nicht ersichtlich wäre. Und auch ein „Mustervertrag“ der Arbeitgeberseite, der anders als § 11 Abs. 1 Du-TV/LSV von einer Steigerung des Vorruhestandgeldes bei Vollendung des 55. Lebensjahres ausgehe, sei nicht geeignet hier zur Auslegung beizutragen, da dieser nicht von den Tarifvertragsparteien entworfen worden sei und insbesondere nicht als Anlag zum Tarifvertrag genommen worden sei.

Soweit zudem in § 11 Abs. 1 S. 4 Fu-TV/LSV zur Erhöhung des Vorruhestandgeldes auf die Erhöhungen im Bereich des öffentlichen Dienstes verwiesen würde, erhelle sich auch hier, dass die Erhöhung nach diesen Parametern erfolgen solle und mithin die Regelung in § 11 Abs. 1 S. 2 zwei statische Alternativen darstelle und nicht eine Erhöhung während des Vorruhestandes bezwecken würden.

Auch Sinn und Zweck würden nicht für eine Auslegung im Sinne der Klägerin sprechen. Es sei den Tarifvertragsparteien um die Minderung der Umstände gegangen, die eintreten würden, wenn kein Arbeitsplatz nach § 5 Abs. 1 Fu-TV/LSV angeboten werden könne und der Arbeitnehmer mit der Begründung eines Vorruhestandsverhältnisses einverstanden sei. Da § 14 Fu-TV/LSV regele, dass die Arbeitsvertragsparteien von den tariflichen Regelungen ergänzend Gebrauch machen könnten, wenn dies der Erreichung der Ziele des Tarifvertrages diene, könne hier auch auf sich beruhen, ob der Klägerin ein Arbeitsplatz nach § 5 Abs. 1 Fu-TV/LSV angeboten werden konnte.  Ziel des Tarifvertrages sei nach der Präambel die Wahrung der Rechte bei organisatorischen Veränderungen und die sozialverträgliche Gestaltung bei organisatorischen Entwicklungen. Die Differenzierung im Alter in § 11 Abs. 1 Fu-TV/LSV habe ihren Grund darin, dass es jüngeren Beschäftigten eher möglich sei einen neuen Arbeitsplatz zu finden als älteren Beschäftigten.

Da es eine einheitliche Tarifübung bei den ehedem selbständigen Körperschaften nicht gegeben habe, läge auch keine Tarifübung vor, die gegen die statische Anwendung der Regelung in § 11 Abs. 1 Fu-TV/LSV spräche.

Ebenfalls ergäbe sich aus der betrieblichen Übung nichts anderes. Dies hätte zur Voraussetzung gehabt, dass ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers vorläge, aus dem der Arbeitnehmer hätte schließen dürfen, der Arbeitgeber wolle sich zu einer Leistung auch in Zukunft verpflichten. Weder die Beklagte noch der frühere Arbeitgeber (die ehedem eigenständige Körperschaft, in der die Klägerin tätig war) hätten den Mustervertrag angewandt. Die anderweitige Praktizierung bei anderen, damals rechtlich selbständigen Arbeitgebern würde nicht die betriebliche Übung begründen können.

Ebenso läge kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bzw. den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes vor. Mit der Regelung hätten die Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums und ihrer Einschätzungsprärogative einerseits nach dem Lebensalter und damit der möglichen Bezugsdauer des Vorruhestandsgeldes und andererseits nach dessen Höhe differenziert und damit auch die Belastung der Beklagten durch eine fünf Jahre längere Zahlung ohne Gegenleistung einerseits und die schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmer andererseits berücksichtigt.

Eine Altersdiskriminierung nach § 7 Abs. 2 AGG läge auch nicht vor, da die Regelung nach § 10 S. 1 und 2, S.3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt sei.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.03.2018 - 23 Sa 1353/17 -

Freitag, 11. Mai 2018

Wohnungseigentum: Zur Pflicht des abgewählten Verwalters zur Erstellung der Jahresabrechnung


In der Eigentümerversammlung der klagenden WEG vom 21.01.2015 wurde die Beklagte als Verwalterin abberufen und die Kündigung des Verwaltervertrages mitgeteilt. Die neue Verwaltung forderte die Beklagte im Juni 2015 auf, die Jahresabrechnung 2014 zu erstellen, dem die Beklagte, auch nach Fristsetzung, nicht nachkam. Die Klägerin ließ daraufhin die Jahresabrechnung gegen Zahlung einer Sondervergütung in Höhe von € 804,14 von der neuen Verwaltung erstellen und machte diesen Betrag nebst Zinsen und außergerichtlicher Kosten gegen die Beklagte gerichtlich geltend. Der Klage wurde vom Amtsgericht stattgegeben. Berufung und (zugelassene) Revision der Beklagten wurden zurückgewiesen.

Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte wurde aus §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 2 BGB in Ansehung einer angenommenen Verletzung einer Vertragspflicht durch die Beklagte hergeleitet. Die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung ergäbe sich aus § 28 Abs. 3 WEG, wobei mangels anderweitiger Darlegungen im landgerichtlichen Urteil der BGH davon ausging, dass das Kalenderjahr dem Wirtschaftsjahr entspricht. Damit sei der Anspruch auf Abrechnung des Wirtschaftsjahres 2014 mit dem 01.01.2015 entstanden; es käme nicht darauf an, dass das Verwalteramt im Laufe des Monats Januar endete.

Der BGH setzt sich in seiner Entscheidung mit der unterschiedlich beantworteten Frage in Literatur und Rechtsprechung auseinander, wer nach einem Wechsel des Wohnungseigentumsverwalters (zum Ende des Wirtschaftsjahres oder während des Wirtschaftsjahres) die Jahresabrechnung für das endende bzw. beendete Wirtschaftsjahr zu erstellen habe. Der BGH hat diese Rechtsfrage nun dahingehend höchstrichterlich geklärt, dass die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG denjenigen Verwalter trifft, der im Zeitpunkt der Entstehung der Anrechnungspflicht Amtsinhaber ist. Scheidet er (unabhängig vom Zeitpunkt) im Laufe des Wirtschaftsjahres aus, schulde er mangels anderweitiger Vereinbarung die Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, unabhängig von deren Fälligkeit (sie ist innerhalb von drei bis sechs Monate nach dem Ablauf des Wirtschaftsjahres fällig, vgl. OLG Zweibrücken vom 11.05.2007 - 3 W 143/96 - und BayObLG WE 91, 223). Die Fälligkeit, so der BGH, würde nichts darüber aussagen, wer die Leistung schulde. Es würde lediglich der Zeitpunkt bestimmt, zu dem der Gläubiger die Leistung verlangen könne. Im übrigen sei der Zeitpunkt der Fälligkeit auch zu unbestimmt, da er auch davon abhänge, wann die im Abrechnungszeitraum angefallenen Verbrauchskosten ermittelt wären.

Sei die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung einmal entstanden, bestünde sie auch dann fort, wenn der Verwalter aus dem Amt scheide. Der Verwaltervertrag sei ein auf eine Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag (BGH vom 18.02.2011 - V ZR 197/10 -) und es würde allgemeiner Ansicht entsprechen, dass nach Beendigung desselben nachwirkende Pflichten bestehen könnten. Dazu gehöre hier die Erstellung der Jahresabrechnung, wenn diese in der Amtszeit des Verwalters entstanden sei.

Es läge auch keine Unmöglichkeit für den ausgeschiedenen Verwalter vor. Er habe, sollten sich die Unterlagen bei dem neuen Verwalter befinden, ein Einsichtsrecht (OLG Celle vom  08.06.2005 - 4 W 107/05 -).

Ausdrücklich offen lässt der BGH die (ebenfalls in Rechtsprechung und Schrifttum streitige) Frage, ob ein Anspruch gegen den ausscheidenden Verwalter auch dann bestünde, wenn er am letzten Tag des Wirtschaftsjahres ausscheide, da es vorliegend darauf nicht ankäme.

BGH, Urteil vom 16.02.2018 - V ZR 89/17 -

Mittwoch, 9. Mai 2018

Wohnungseigentum: Wann hindert § 50 WEG die Festsetzung von Anwaltsgebühren gegen den unterlegenen Kläger bei Einzelvertretung von einem der Beklagten ?


Es kommt häufiger vor als manchmal gedacht: Da klagt ein Miteigentümer gegen die übrigen Miteigentümer einer WEG (z.B. Beschlussanfechtungsklage) und die einzelnen verklagten Miteigentümer beauftragen jeder für sich einen Anwalt zu ihrer jeweiligen Vertretung. Wird die Klage abgewiesen ist damit idR. auch eine Kostenentscheidung dahingehend verbunden, dass die Kosten der Beklagten vom Kläger zu tragen sind. Allerdings werden die Beklagten spätestens im Rahmen der Kostenfestsetzung staunen, wenn sie nicht jeweils die ihnen von ihrem jeweiligen anwaltlichen Vertreter in Rechnung gestellten gebühren gegen den Kläger festgesetzt erhalten.

Anlass auf diesen Umstand hinzuweisen gibt eine Entscheidung des LG Köln.  Nach einem nicht näher dargelegten Rechtstreit in einer Wohnungseigentumssache hatte der Rechtspfleger einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, in dem er die Kosten der Beklagten zu 2. beider Instanzen gegen die  Klägerin festsetzte. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Amtsgericht diese Entscheidung aufgehoben. Hiergegen wandte sich nun die Beklagte zu 2. mit ihrer sofortigen Beschwerde. Dieser wurde vom Amtsgericht nicht abgeholfen; das Landgericht wies sie zurück.

Die Beklagte zu 2. argumentierte, es habe innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft Streit zu dem der ursprünglichen Klage zugrunde liegenden Sachverhalt gegeben, weshalb der Beklagte zu 2. Ein eigenständiges Interesse daran gehabt habe, selbst auf den Verlauf des Rechtsstreits Einfluss zu nehmen. Dem folgte das Landgericht nicht. Grundlage sei hier § 50 WEG. Danach seien den Wohnungseigentümern „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war“. Nach Auffassung des Landgerichts hätten die Erwägungen des Beklagten zu 2. nicht die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts rechtfertigen können, da es allen Beklagten in der Sache um die Abwehr der Beschlussanfechtung und des gleichzeitig gestellten Verpflichtungsantrages gegangen sei. Damit seien aber Interessensgegensätze bei Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten nicht ersichtlich. Streitigkeiten innerhalb der (beklagten) Wohnungseigentümer zur Thematik der Klage würden hier eine getrennte Beauftragung von Anwälten nicht rechtfertigen können.

Anmerkung: Die hier vom LG Köln dargelegten Grundsätze entsprechen der herrschenden Meinung und Rechtsprechung und lassen sich auch aus § 50 WEG unschwer ableiten; die Norm bezweckt die Begrenzung des Kostenrisikos. Eine eigenständige Beauftragung von Anwälten durch verklagte Wohnungseigentümer ist nur dann möglich, wenn ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter in einen Interessenswiderstreit geraten würde. Dies wäre objektiv festzustellen und ist dann nicht der Fall, wenn – wie hier – die Abwehr der Beschlussanfechtung (verbunden mit dem Verpflichtungsantrag) gewollt ist; ein möglicher allgemeiner Streit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und/oder auch mit der WEG-Verwaltung wie auch ein konkreter Streit zur fraglichen Thematik, wenn gelichwohl die Abwehr begehrt wird, reicht nicht aus.

Bei Beauftragung eines Rechtsanwalts durch einen einzelnen verklagten Wohnungseigentümer wird man allerdings auch eine Hinweispflicht des beauftragten Rechtsanwalts annehmen müssen, bei dessen Unterlassen er ggf. keinen Kostenerstattungsanspruch gegen seinen Mandanten hat, wenn davon auszugehen ist, dass dieser den von den übrigen Eigentümern (oder vom WEG-Verwalter) gewählten Anwalt ebenfalls beauftragt hätte. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte wäre davon für den Fall eines entsprechenden Hinweises auszugehen.

Beauftragt der WEG-Verwalter keinen (gemeinsamen) Anwalt mit der Rechtsverteidigung und jeder verklagte Wohnungseigentümer einen eigenen, wird man den am Verfahren als Beklagte beteiligten Wohnungseigentümern nur eine entsprechende Quote entsprechend ihrer fiktiven Beteiligung an der Beauftragung eines einzigen Anwalts (unter Beachtung des Mehrvertertungszuschlags) zubilligen können.

LG Köln, Beschluss vom 21.08.2017 - 29 T 66/17 -

Dienstag, 8. Mai 2018

Ärgernis Werbe-Mail – zur möglichen Präzision des Unterlassungsbegehrens


Obwohl allgemein bekannt ist, dass grundsätzlich die Zuleitung einer Mail mit Werbung nur bei vorheriger Zustimmung des Empfängers statthaft ist, werden doch weiterhin Werbemails versandt. Und es gibt auch Empfänger, die sich dagegen wehren. So auch in einem vom Kammergericht entschiedenen Fall. Der Antragsteller beantragte gegen die Antragsgegnerin  den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mittels der dieser untersagt werden sollte, „an den Antragsteller Werbeschreiben per e-Mail zu senden und/oder senden zu lassen, ohne dass der Antragsteller zuvor ausdrücklich in die Versendung von Werbeschreiben eingewilligt hat“. Das Landgericht hatte dem Antrag nur in Bezug auf die konkrete, im Einzelfall dargestellte Verletzungsform stattgegeben und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Die dagegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde wies das Kammergericht zurück.

Vom Kammergericht wird auf den Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verwiesen. Ein Verbotsantrag, wie er hier mit dem Verfügungsantrag gegenständlich sei, dürfe nicht derart undeutlich sein, dass der Gegenstand der Entscheidung und ihr Umfang (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt wären und sich daher der Antragsgegner (Beklagte) nicht erschöpfend verteidigen könne und letztlich unzulässig die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten sei, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibe. So sei ein Antrag, mit dem sich jemand gegen die Veröffentlichung von Beiträgen in Medien wendet, „die inhaltlich Werbung sind“, in diesem Sinne unbestimmt, da mit dem Antrag nicht deutlich gemacht würde, was einen in zulässiger Weise redaktionellen Beitrag von einer unzulässig getarnten Werbung unterscheide (dazu: BGH GRUR 1993, 565).

Auslegungsbedürftige Begriffe wie „werben“ dürften im Rahmen einer sachgerechten Verurteilung nur verwandt werden, wenn in dem konkreten Fall über dessen Bedeutung kein Streitbestünde und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung zur Verfügung stünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Begriff „Werbeschreiben“ sei zu unbestimmt, da sich darüber streiten ließe, wann eine Mail ein „Werbe“-Schreiben darstelle und wann nicht. Genau dies sei vorliegend aber zwischen den Parteien in Streit gewesen. Während der Antragsteller die Werbeanteile der Mail aufzählte, habe sich die Antragsgegnerin auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei der Mail nur um eine ihrer Ansicht nach zulässige  Double-On-In-Bestätigungsanfrage handele. Damit sei - anders in den Fällen, in denen der Werbecharakter unstreitig sei und über andere Dinge gestritten würde - hier der Gebrauch des Wortes „Werbe“-Schreiben unklar.


KG, Beschluss vom 11.01.2018 - 5 W 6/18 -

Freitag, 4. Mai 2018

Rechtsnatur der elektronischen Werbeanzeige und Werbewirksamkeit


Die Beklagte hatte die Klägerin mit einer Werbeanzeige auf der Domain „www.Kreisgebiet-T....de beauftragt. Diese wurde entsprechend platziert. Die Vergütung wurde von der Beklagten nicht gezahlt. Amts- und Landgericht hatten die Klage abgewiesen; auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Entscheidend sei, ob die Dienstleistung also solche oder al Arbeitsergebnis dessen Erfolg geschuldet würde. Bei einem Vertrag, auf bestimmte Zeit ein bestimmtes Werbeplakat an einer bestimmten Stelle auszuhängen, sei das Arbeitsergebnis geschuldet, weshalb es sich um einen Werkvertrag handele.

Richtig, so der BGH, habe das Landgericht den Vertrag der Parteien als Werkvertrag nach § 631 BGB eingeordnet. Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag käme es auf den im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Willen an.

Allerdings habe es rechtsfehlerhaft die Ansicht vertreten, der Erfolg nach § 631 Abs. 1 BGB erschöpfe sich nicht in der Einstellung im Internet alleine, vielmehr würde es dem Auftraggeber darauf ankommen, sein beworbenes Produkt bei einem möglichst großen Teil potentieller Kunden bekannt zu machen, weshalb der Unternehmer für eine Verbreitung der Anzeige auf der von ihm betriebenen Website Sorge tragen müsse. Gleiches gelte für einen Werbespot auf einem Videoboard mit Vereinbarung einer bestimmten Wiederholungsfrequenz sowie für die Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis als auch für die Erstellung und Betreuung von Internetpräsentationen (sogen. Internet-System-Vertrag). Mit der Einstellung einer Werbeanzeige auf einer bestimmten Domain für eine vereinbarte Vertragslaufzeit würde von der Klägerin ein bestimmtes Arbeitsergebnis geschuldet; darin liege der Werkerfolg.

Die Auffassung des Landgerichts, der Werkvertrag sei nicht hinreichend bestimmt, da keine Regelungen enthalte, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zulasse, sei, so der BGH, verfehlt. Entgegen der Annahme des Landgerichts gehöre dies mangels einer entsprechenden Vereinbarung nicht zum wesentlichen Inhalt eines auf Schaltung einer elektronischen Werbeanzeige gerichteten Vertrages. Ihr Fehlen führe daher nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Es sei das Risiko des Werbenden, ob die von ihm gewünschte Werbewirkung tatsächlich erzielt würde.

Da das Landgericht keine weiteren Feststellungen zu den weiteren Anspruchsvoraussetzungen für die Werklohnklage getroffen hatte, wurde der Rechtsstreit vom BGH zurück verwiesen.

BGH, Urteil vom 22.03.2018 - VII ZR 71/17 -

Mittwoch, 2. Mai 2018

Zum Schadensersatzanspruch der Bank bei berechtigter Kündigung eines Darlehens


Zu Finanzierung einer Immobilie hatten B. und N. bei der Beklagten vier Darlehen in 2007  mit unterschiedlichen Darlehensbeträgen, Zinsen und Laufzeiten aufgenommen. Ein Darlehen sollte im Februar 2042 endfällig sein; im übrigen handelte es sich um Annuitätsdarlehen. Ein Sicherung der Darlehen erfolgte durch Grundschulden auf der Immobilie. In 2012 kündigte die Beklagte die Darlehen außerordentlich wegen Zahlungsverzugs (ein Darlehen) bzw. wegen wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse (drei Darlehen). Auf die jeweilige Restvaluta verlangte die Beklagte Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz sowie Erstattung von Refinanzierungsschäden auf drei der Darlehen. Sie betrieb aus den Grundschulden das Zwangsversteigerungsverfahren; während des Verfahrens erfolgte ein Verkauf der Immobilie mit Zahlung an die Beklagte. Von dem Kaufpreis behielt die Beklagte neben den Verzugszinsen ab Kündigung bis zur Rückführung der Darlehensvaluten einen weiteren Betrag von € 245.703,18 für Refinanzierungsschäden ein. Die Refinanzierungsschäden hatte sie für die Zinsforderungen anhand der erzielbaren Wiederanlagezinsen und abgezinst auf das Datum der Wirksamkeit der Kündigungen berechnet. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin als Nachlassverwalterin des verstorbenen B. den als Vorfälligkeitsentschädigung einbehaltenen Betrag von € 245.703,18 nebst Rechtshängigkeitszinsen und vertrat die Ansicht, es handele sich um Verbraucherdarlehensverträge, weshalb der Beklagten wegen der Sperrwirkung des § 497 Abs. 1 BGB keine Vorfälligkeitsentschädigung zugestanden habe. Das Landgericht hatte der Klage in Höhe von € 83.501,12 nebst Zinsen (auf Zahlung an die Klägerin als Gesamtgläubigerin mit N.) stattgegeben; auf die Berufung beider Parteien wurde die Klage insgesamt abgewiesen. Der BGH hob auf die Revision der Klägerin das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Entgegen der Ansicht der Klägerin bejahte der BGH einen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung aus §§ 380 Abs. 1 und 3, 281 BGB. Bei einem Darlehensvertrag mit fester Laufzeit habe die kreditgebende Bank bei Kündigung aus wichtigem Grund einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihr durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages entstünde. Hier hätten die Darlehensnehmer ihrer Zahlungsverpflichtung nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB nicht genügt. Damit seien die Kündigungen aller Darlehensverträge gerechtfertigt gewesen. Dem stünde nicht entgegen, dass die Klägerin gemäß ihren AGB für die zweite Kündigung (von drei Darlehensverträgen) auf eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 490 Abs. 1 BGB  abgestellt habe. Die  Nichterfüllung der Zins- und Tilgungsbestimmungen aus dem ersten (gekündigten) Darlehensvertrag sei adäquat kausal für die weiteren Kündigungen gewesen und habe nicht lediglich in einer lediglich äußerlichen Verbindung zu dem Zahlungsverzug gestanden, sondern in einem inneren Zusammenhang.

Die wirksame Kündigung führe dazu, dass der Darlehensgeber keinen Anspruch ehr auf den vertraglich vereinbarten Zins nach Wirksamwerden der Kündigung habe (BGH vom 08.02.2000 - XI ZR 313/98 -).  Dem Darlehensgeber stehe wahlweise ein Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens nach §§ 280 Abs. 1,und 2, 281 BGB.

Vorliegend handele sich auch nicht um eine Verbraucherkreditvertrag gem. § 497 Abs. 1 BGB (in der bis 20.06.2010 geltendem Fassung), § 492 Abs. 1a S. 2 BGB a.F., da die Tätigkeit der Darlehensnehmer B. und N. eine gewerbliche Verwaltung eigenen Vermögens dargestellt habe. Der Umfang der mit der Vermögensverwaltung verbundenen organisatorischen und zeitlichen Aufwendungen vermittle das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs (1 Immobilienobjekt mit 2 Wohnungen und einer Gaststätte, ein Einfamilienhaus , ein Objekt mit 6 Wohnungen, 1 Objekt mit 9 Apartments zur tageweisen Anmietung und 2 Apartments für Mitarbeiter).

Für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung könne auch auf den Zeitpunkt des Wriksamwerdens der Kündigung der jeweiligen Darlehen abgestellt werden.  Dies sei Folge der durch § 281 Abs. 1 BGB ermöglichten Umwandlung des Leistungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung. Im Falle einer hier vorliegenden abstrakten Schadensberechnung sei dies der Zag der Entstehung des Schadensersatzanspruchs.

Allerdings sei die Revision insoweit begründet, als sie sich gegen die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung durch das OLG wende. Stelle der Darlehensgeber das Darlehen fällig und verlange er die offene Darlehensvaluta in voller Höhe zurück, könne er (neben möglichen Zahlungsrückständen) nur diese und mögliche weitere Verzugszinsen nach den allgemeinen Regeln begehren. Mache er aber neben Zahlungsrückständen und darauf beschränkten Verzugsschäden Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend, könne er verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages durch den Darlehensnehmer gestanden hätte.

Im letzteren Fall bedürfe es zur Berechnung des Schadens eines Vergleichs zwischen den Vermögenslagen
  1. bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Darlehensnehmer
  2. der durch die Nichterfüllung entstandenen tatsächlichen  Vermögenslage.

Die Vorfälligkeitsentschädigung sei daher auf der Grundlage des bisherigen Vertragszinses zu berechnen, bezogen auf das noch offene Darlehenskapital  und beschränkt durch eine rechtlich geschützte Zinserwartung des Darlehensgebers. Denn der Darlehensgeber solle so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn das Darlehen während der Festschreibungsfrist ordnungsgemäß bedient worden wäre. Bei der von der Beklagten angewandten Aktiv-Passiv-Methode (auch möglich wäre die Aktiv-Aktiv-Methode) stelle sich der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen dar, die der Darlehensnehmer bei der Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt habe und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergäbe. Der so ermittelte Differenzbetrag sei um die ersparte Risikovorsorge und die ersparten jährlichen Verwaltungskosten zu kürzen.

Das bedeute, dass der Schadensersatz statt Leistung so berechnet werden könne, dass die ab dem Tag des Wirksamwerdens der Kündigung noch geschuldeten Zahlungen aus Zins- und Tilgungsleistungen ermittelt würden, davon die Beträge für ersparte Risikovorsorge und jährlicher Verwaltungsaufwand abgezogen würden und sodann eine Abzinsung erfolge. Bei der Abzinsung sei der Zinssatz anzusetzen, der auf dem Kapitalmarkt bei einer laufzeitkongruenten Anlage zu erzielen wäre.

Diesen Vorgaben sei das Urteil des OLG nicht gerecht geworden. Dort sei die nicht abgezinste Restdarlehensvaluta zugrunde gelegt worden und daneben (lediglich) für die entgangenen Zinszahlungen Schadensersatz statt Leistung gemäß dem Beklagtenvortrag zugrunde gelegt worden. Die Beklagte habe die zwei Schadensarten (Geltendmachung von Verzögerungsschaden und Schadensersatz statt der Leistung) unzulässig vermischt.

BGH, Urteil vom 20.02.2018 - ZR 445/17 -

Montag, 30. April 2018

Stillschweigende Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen qua Überweisung


Mit Schreiben vom 23.11.2015 forderte die Klägerin die Beklage zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung um € 47,00 auf € 432,00 einschl. Betriebskostenvorauszahlungen  ab dem 01.02.2016 auf; dem Schreiben fügte sie ein Formular bei, welches die Beklagte zum Einverständnis unterschreiben und zurückschicken sollte. Mit Schreiben vom 19.01. und 01.02.2016 (letzteres unter Fristsetzung zum 16.01.2016) erinnerte die Klägerin an die Erteilung der Zustimmung. Ohne schriftlich zu reagieren, zahlte die Beklagte am 15.02., 04.03. und 06.04.2016 die Miete qua Einzelüberweisung in Höhe von je € 432,00.

Am 22.04.2016 erhob die Klägerin Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung gegen die Beklagte, die der Beklagten am 30.04.2016 zugestellt wurde. Die Beklagte unterzeichnete nunmehr die ursprünglich dem Mieterhöhungsverlangen beigefügte Zustimmungserklärung unter dem Datum des 23.04.2016 und die Klägerin erklärte schriftsätzlich unter dem 03.05.2016 die Hauptsache für erledigt, nachdem ihr ihren Angaben zufolge die Zustimmungserklärung am 02.05.2016 zugegangen sei.

Das Amtsgericht hatte der Klägerin die Kosten auferlegt; die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück. Auch die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde zum BGH blieb erfolglos.

Der BGH folgte hier der Rechtsauffassung der Vorinstanzen, wonach die Klage auch ohne Hauptsacheerledigungserklärung abzuweisen gewesen wäre, da die Klage bereits infolge konkludenter Zustimmung zur Mietererhöhung bei Einreichung abzuweisen gewesen sei.  Das Einverständnis zur Mieterhöhung bedürfe zur Wirksamkeit keiner Schriftform. Es würden die allgemeinen Regeln zu Willenserklärungen gelten, weshalb auch eine konkludente Erklärung möglich sei.

Das Mieterhöhungsverlangen vom 23.11.2015 habe einen Antrag iSv. § 145 BGB auf Abschluss eines Änderungsvertrages dargestellt. Mit der als Annahme zu wertenden Zustimmung des Mieters käme eine den bisherigen Mietvertrag abändernde Mietpreisvereinbarung zustande kommen. Die stillschweigende (konkludente) Annahme sie hier durch die Beklagte durch die dreimalige vorbehaltslose Zahlung erfolgt. § 558b BGB fordere keine besondere Form der Zustimmung, anders als es in § 558a BGB für das Erhöhungsbegehren vorgesehen sei, welches von der Textform abhängig gemacht worden sei. Ebenso wenig ließe sich aus der im Mietvertrag vereinbarten Schriftformklausel etwas anderes herleiten. Zwar würde mit der zustimmung zu einer begehrten Mieterhöhung ein Änderungsvertrag zustande kommen. Es könne allerdings auf sich beruhen, ob eine nach den gestezlichen Vorschriften der §§ 558ff BGB erfolgte Mieterhöhungsverinbarung von einer vertraglichen Schriftformklausel erfasst würde, da selbst bejahendenfalls die Klägerin keinen Anspruch auf Zusendung der Zustimmungserklärung gehabt habe. Die Klägerin habe keine konstitutive Wirkung des Erhöhungsbegehrens geltend gemacht. Käme aber dem Schriftformerfordernis nur deklaratorische Wirkung zu, könne auch auf sich beruhen, ob ein Schriftformerfordernis im übrigen nach §§ 305b, 307 Abs. 1 BGB einer AGB-Inhaltskontrolle standgehalten hätte.

Ob ein bestimmtes Verhalten als schlüssige Abgabe einer Willenserklärung zu werten sei, bestimme sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben. Maßgebend sei hier, ob ein objektiver Empfänger aus dem Verhalten des Mieters einen Rechtsbindungswillen desselben und damit eine Zustimmung zur Mieterhöhung erkennen würde. Dabei würde es nicht entscheidend darauf ankommen, ob nun ein Dauerauftrag geändert wurde, da auch die Erteilung von Einzelaufträgen eine Handlung des Mieters verlangte; ui berücksichtigen sei, dass die erste Zahlung nach der unter Frist zum 16.01.2016 vom 01.02.2016 am 15.02.2015 erfolgt sei, sei weitere Zahlungen (bis zur Klageerhebung) danach und in keinem Fall eine Vorbehalt ausgesprochen worden sei. Es könne hier dahinstehen, ob bereits für die Annahme einer schlüssigen Erklärung die einmalige vorbehaltlose Zahlung ausreiche, da jedenfalls ein dreimaliges Zahlen dem entsprechen würde.

BGH, Urteil vom 30.01.2018 - VIII ZB 74/16 -