Zu Finanzierung einer Immobilie
hatten B. und N. bei der Beklagten vier Darlehen in 2007
mit unterschiedlichen Darlehensbeträgen,
Zinsen und Laufzeiten aufgenommen. Ein Darlehen sollte im Februar 2042
endfällig sein; im übrigen handelte es sich um Annuitätsdarlehen. Ein Sicherung
der Darlehen erfolgte durch Grundschulden auf der Immobilie. In 2012 kündigte
die Beklagte die Darlehen außerordentlich wegen Zahlungsverzugs (ein Darlehen)
bzw. wegen wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse
(drei Darlehen). Auf die jeweilige Restvaluta verlangte die Beklagte
Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen
Basiszinssatz sowie Erstattung von Refinanzierungsschäden auf drei der Darlehen.
Sie betrieb aus den Grundschulden das Zwangsversteigerungsverfahren; während
des Verfahrens erfolgte ein Verkauf der Immobilie mit Zahlung an die Beklagte. Von
dem Kaufpreis behielt die Beklagte neben den Verzugszinsen ab Kündigung bis zur
Rückführung der Darlehensvaluten einen weiteren Betrag von € 245.703,18 für Refinanzierungsschäden
ein. Die Refinanzierungsschäden hatte sie für die Zinsforderungen anhand der
erzielbaren Wiederanlagezinsen und abgezinst auf das Datum der Wirksamkeit der
Kündigungen berechnet. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin als Nachlassverwalterin
des verstorbenen B. den als Vorfälligkeitsentschädigung einbehaltenen Betrag
von € 245.703,18 nebst Rechtshängigkeitszinsen und vertrat die Ansicht, es
handele sich um Verbraucherdarlehensverträge, weshalb der Beklagten wegen der
Sperrwirkung des § 497 Abs. 1 BGB keine Vorfälligkeitsentschädigung zugestanden
habe. Das Landgericht hatte der Klage in Höhe von € 83.501,12 nebst Zinsen (auf
Zahlung an die Klägerin als Gesamtgläubigerin mit N.) stattgegeben; auf die Berufung
beider Parteien wurde die Klage insgesamt abgewiesen. Der BGH hob auf die
Revision der Klägerin das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG
zurück.
Entgegen der Ansicht der Klägerin
bejahte der BGH einen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung aus §§ 380 Abs.
1 und 3, 281 BGB. Bei einem Darlehensvertrag mit fester Laufzeit habe die
kreditgebende Bank bei Kündigung aus wichtigem Grund einen Anspruch auf Ersatz
des Schadens, der ihr durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages entstünde. Hier
hätten die Darlehensnehmer ihrer Zahlungsverpflichtung nach § 488 Abs. 1 S. 2
BGB nicht genügt. Damit seien die Kündigungen aller Darlehensverträge gerechtfertigt
gewesen. Dem stünde nicht entgegen, dass die Klägerin gemäß ihren AGB für die
zweite Kündigung (von drei Darlehensverträgen) auf eine wesentliche
Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 490 Abs. 1 BGB abgestellt habe. Die Nichterfüllung der Zins- und
Tilgungsbestimmungen aus dem ersten (gekündigten) Darlehensvertrag sei adäquat
kausal für die weiteren Kündigungen gewesen und habe nicht lediglich in einer
lediglich äußerlichen Verbindung zu dem Zahlungsverzug gestanden, sondern in
einem inneren Zusammenhang.
Die wirksame Kündigung führe
dazu, dass der Darlehensgeber keinen Anspruch ehr auf den vertraglich
vereinbarten Zins nach Wirksamwerden der Kündigung habe (BGH vom 08.02.2000 -
XI ZR 313/98 -). Dem Darlehensgeber
stehe wahlweise ein Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens nach §§ 280
Abs. 1,und 2, 281 BGB.
Vorliegend handele sich auch nicht
um eine Verbraucherkreditvertrag gem. § 497 Abs. 1 BGB (in der bis 20.06.2010
geltendem Fassung), § 492 Abs. 1a S. 2 BGB a.F., da die Tätigkeit der Darlehensnehmer
B. und N. eine gewerbliche Verwaltung eigenen Vermögens dargestellt habe. Der
Umfang der mit der Vermögensverwaltung verbundenen organisatorischen und zeitlichen
Aufwendungen vermittle das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs (1
Immobilienobjekt mit 2 Wohnungen und einer Gaststätte, ein Einfamilienhaus ,
ein Objekt mit 6 Wohnungen, 1 Objekt mit 9 Apartments zur tageweisen Anmietung
und 2 Apartments für Mitarbeiter).
Für die Berechnung der
Vorfälligkeitsentschädigung könne auch auf den Zeitpunkt des Wriksamwerdens der
Kündigung der jeweiligen Darlehen abgestellt werden. Dies sei Folge der durch § 281 Abs. 1 BGB
ermöglichten Umwandlung des Leistungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch
statt der Leistung. Im Falle einer hier vorliegenden abstrakten
Schadensberechnung sei dies der Zag der Entstehung des Schadensersatzanspruchs.
Allerdings sei die Revision
insoweit begründet, als sie sich gegen die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
durch das OLG wende. Stelle der Darlehensgeber das Darlehen fällig und verlange
er die offene Darlehensvaluta in voller Höhe zurück, könne er (neben möglichen
Zahlungsrückständen) nur diese und mögliche weitere Verzugszinsen nach den
allgemeinen Regeln begehren. Mache er aber neben Zahlungsrückständen und darauf
beschränkten Verzugsschäden Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend,
könne er verlangen, so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung
des Vertrages durch den Darlehensnehmer gestanden hätte.
Im letzteren Fall bedürfe es zur
Berechnung des Schadens eines Vergleichs zwischen den Vermögenslagen
- bei
ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Darlehensnehmer
- der durch die Nichterfüllung entstandenen
tatsächlichen Vermögenslage.
Die Vorfälligkeitsentschädigung
sei daher auf der Grundlage des bisherigen Vertragszinses zu berechnen, bezogen
auf das noch offene Darlehenskapital und
beschränkt durch eine rechtlich geschützte Zinserwartung des Darlehensgebers.
Denn der Darlehensgeber solle so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn das
Darlehen während der Festschreibungsfrist ordnungsgemäß bedient worden wäre. Bei
der von der Beklagten angewandten Aktiv-Passiv-Methode (auch möglich wäre die
Aktiv-Aktiv-Methode) stelle sich der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers
als Differenz zwischen den Zinsen dar, die der Darlehensnehmer bei der Abnahme
des Darlehens tatsächlich gezahlt habe und der Rendite, die sich aus einer
laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren
Kapitalmarkttiteln ergäbe. Der so ermittelte Differenzbetrag sei um die
ersparte Risikovorsorge und die ersparten jährlichen Verwaltungskosten zu
kürzen.
Das bedeute, dass der Schadensersatz
statt Leistung so berechnet werden könne, dass die ab dem Tag des
Wirksamwerdens der Kündigung noch geschuldeten Zahlungen aus Zins- und
Tilgungsleistungen ermittelt würden, davon die Beträge für ersparte
Risikovorsorge und jährlicher Verwaltungsaufwand abgezogen würden und sodann
eine Abzinsung erfolge. Bei der Abzinsung sei der Zinssatz anzusetzen, der auf
dem Kapitalmarkt bei einer laufzeitkongruenten Anlage zu erzielen wäre.
Diesen Vorgaben sei das Urteil
des OLG nicht gerecht geworden. Dort sei die nicht abgezinste
Restdarlehensvaluta zugrunde gelegt worden und daneben (lediglich) für die
entgangenen Zinszahlungen Schadensersatz statt Leistung gemäß dem Beklagtenvortrag
zugrunde gelegt worden. Die Beklagte habe die zwei Schadensarten
(Geltendmachung von Verzögerungsschaden und Schadensersatz statt der Leistung)
unzulässig vermischt.
BGH, Urteil vom 20.02.2018
- ZR 445/17 -