Auf der Eigentümerversammlung der
Wohnungseigentümergemeinschaft vom 16.06.2016 wurden mehrere Beschlüsse
gefasst, von denen der Kläger einige mit seiner am 13.07.2016 bei dem
zuständigen Amtsgericht (AG) eingegangenen Klage angefochten hatte. Mit
Schreiben der Geschäftsstelle des AG vom 15.07.2016 wurde ein Kostenvorschuss
angefordert (§ 12 Abs. 1 GKG), den der Kläger eingehend bei der Justizkasse am
09.08.2016 zahlte. Die Klage wurde sodann dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft
am 17.08.2016 zugestellt. Das Amtsgericht wies die Klage wegen Versäumung der
Klagefrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG zurück. Die Berufung des Klägers vor dem
Landgericht war nicht erfolgreich. Auf seine (vom Berufungsgericht zugelassene)
Revision hob der BGH das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit
zurück.
Nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG muss die
Beschlussanfechtungsklage „innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung
erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden.“
Vorliegend wurde die Monatsfrist für
die Zustellung der Klage (das wäre der 16.07.2016 gewesen) nicht gewahrt. Allerdings
greift vorliegend nach Auffassung des BGH § 167 ZPO, wonach die spätere
Zustellung auf den Tag der Einreichung der Klage (13.07.2016) zurück wirke, an
dem die vorliegend die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen sei. § 167 ZPO
lautet:
Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt
werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags
oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.
Entscheidend ist dabei das Merkmal
„demnächst“, welches erfüllt sei, wenn die eine der Partei zuzurechnende
Verzögerung noch in einem hinnehmbaren Rahmen halte. Im Hinblick auf die
notwendige Vorschusszahlung nach § 12 Abs. 1 GKG seien sich der 5. und 7.
Zivilsenat des BGH darin einig, dass dies dann der Fall sei, wenn eine Frist
von 2 Wochen eingehalten würde, die allerdings nicht auf die Zeitspanne
zwischen Rechnungseingang und Zahlung abstelle, sondern darauf, um wie viele Tage
sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge
der Nachlässigkeit des Klägers verzögert habe. Damit soll eine Überforderung
des Klägers ausgeschlossen werden. Dies hätte zur Folge:
Geht man zugunsten des Klägers
von einem Zugang der Gerichtskostenrechnung am 20.07.2016 und den Eingang der
Gerichtskosten bei der Gerichtskasse am 09.08.2016 aus, würde der Annahme einer
Zustellung „demnächst“ nichts im Wege stehen, da die Verfahrensverzögerung von
mehr als 14 Tagen dem Kläger nicht vorgeworfen werden könnte. Ein Tätigwerden
am Tag des Eingangs der Zahlungsaufforderung sei nämlich nicht erforderlich. Zu
berücksichtigen sei auch die Zeitspanne, die die Partei für gewöhnlich
benötige, um sich die finanziellen Mittel zu beschaffen und Zahlung zu
veranlassen; hierzu sei der Partei eine Erledigungsfrist von einer Woche (nach
den Umständen evtl. verlängerbar, vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2017 – V ZR 103/15
-) zuzugestehen. Die Frist wär damit bei dieser Berechnung vorliegend am
10.08.2016 abgelaufen gewesen; das Geld ging mit dem 09.08.2016 daher rechtzeitig
ein.
Aber auch wenn man mit dem
Landgericht von einem (nicht näher dargelegten und mehr fiktiven) Zugang der Gerichtskostenanforderung
am 18.07.2016 ausgehen wollte, könnte dem Kläger eine Verzögerung von mehr als
14 Tagen bei der Zustellung nicht zugerechnet werden, weshalb sich der BGH mit
dieser Fiktion des Landgerichts nicht weiter auseinandersetzen musste und
auseinandersetzte. Zwar sei dann der Zeitraum für die Zahlungsfrist nach einer
Woche und der weitere Zeitraum von 14 Tagen am 08.08.2016 abgelaufen gewesen
und der Zahlungseingang am 09.08.2016 verspätet gewesen. Allerdings könne dem
Kläger kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er ab Eingang der Klage bei Gericht
bis zum Ablauf der Klagefrist gem. § 46 Abs. 1 S. 2 WEG untätig bliebe, da bei
Einreichung der Klage vor Ablauf der zu wahrenden Zustellungsfrist, die
Zustellung aber erst danach erfolge, seien bis zum Fristablauf auftretende Versäumnisse
nicht in die maßgebliche 14-Tages-Frist einzurechnen: Da hier die Klagefrist
erst am 18.07.2016 (Fristablauf am Samstag, 16.07.2016, deshalb nach § 222 Abs.
2 ZPO nachfolgender Werktag) ablief, käme es auf bis dahin eingetretene Versäumnisse
nicht an. Eine relevante Verzögerung sei nach § 167 ZPO erst für die
nachfolgende Zeit (ab 19.07.2016) bedeutsam, weshalb auch in diesem Fall die Zahlung
am 09.08.2016 noch innerhalb der zulässigen Frist von zwei Wochen sowie einer
weiteren Woche erfolgt sei.
BGH, Urteil vom 17.05.2019 - V ZR 34/18 -