Dienstag, 25. April 2017

Pflichten des Sachverständigen bei Bauteilöffnungen

Immer wieder ist es erforderlich, dass für sachverständige Feststellungen Bauteilöffnungen vorzunehmen sind. Wer aber hat sie vorzunehmen und wer hat sie wieder zu verschließen ? Mit dieser Problematik setzte sich das OLG Celle auseinander.

Der Antragsteller wollte die Mangelhaftigkeit im Bereich des Fußbodens seines Hauses festgestellt wissen, die er auf mangelhafte Fußbodenheizungsverlegungsarbeiten bzw. Fliesenarbeiten zurückführte. Der vom Gericht berufene Sachverständige hielt eine Bauwerksöffnung für erforderlich, weigerte sich aber, diese selbst vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, da nicht erkennbar sei, welche Schwierigkeiten sich dabei ergeben könnten. Die Parteien sollten die Organisation vornehmen. Das Landgericht wies den darauf vom Antragsteller gestellten Antrag, den Sachverständigen zur Vornahme der Öffnung und Verschließung in Eigenregie vorzunehmen, zurück. Die dagegen erhobene Beschwerde war teilweise erfolgreich.

Nach Auffassung des OLG Celle ist der Sachverständige verpflichtet, die Bauteilöffnung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Dies begründete es mit einem Verweis auf § 404a Abs. 1 ZPO, demzufolge der Sachverständige verpflichtet sei, Art und Umfang der Maßnahmen zu bestimmen, die zur Beantwortung der Beweisfrage erforderlich sind. Diese Maßnahmen habe er dann selbst oder durch geeignete Hilfspersonen vorzunehmen. Es sei seine ureigenste Aufgabe, die Grundlagen für die Erstattung des Gutachtens zu schaffen.

Allerdings sei der Sachverständige entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der vor der Bauteilöffnung bestand. Dies sei für die Begutachtung nicht erforderlich. Im übrigen könne ihm auch nicht zugemutet werden, evtl. einen mangelhaften Zustand wiederherzustellen. Die Wiederherstellung sei hier Sache des Antragstellers, der dann seinen Aufwand geltend machen könne.


OLG Celle, Beschluss vom 01.12.2016 – 5 W 49/16 -

Sonntag, 23. April 2017

Keine Vollstreckung schweizerischer Bußgelder in Deutschland

Es ist allgemein bekannt, dass die Bußgelder in der Schweiz für Straßenverkehrsverstöße höher liegen als in Deutschland. Und gerne wird versucht, von einer Zahlung „Abstand zu nehmen“. In dem vom Brandenburgischen OLG zu entscheidenden Fall wurde gegen den beschwerdeführenden Schuldner in Bußgeld festgesetzt, gegen den er Einspruch einlegte. Zur Verhandlung vor dem Bezirksgericht in der Schweiz erschien er nicht. Dieses stellte daraufhin fest, dass der Schuldner die Geldbuße von 100,00 CHF, die Barauslagen von 80,00 CHF, die Gebühren von 125,00 CHF und die Untersuchungskosten der Staatsanwaltschaft von 375,00 CHF und die Kosten des Verfahrens von  1.000,00 CHF zu tragen habe. Der Gläubiger, ein Bezirk eines schweizerischen Kantons, beantragte bei dem örtlich in Deutschland für den Schuldner zuständigen Landgericht die Erteilung einer Vollstreckungsklausel, damit er hier vollstrecken kann. Der Vorsitzende der zuständigen Zivilkammer erteilte diese. Dagegen wandte sich der Schuldner mit seiner Beschwerde.

Die Beschwerde war erfolgreich.

Das OLG wies zur Begründung darauf hin, dass das Lugano-Abkommen in Art. 1 Abs. 1 ausschließlich für Zivil- und Handelssachen anwendbar sei. Ebenso wie das Brüsseler Übereinkommen vom 27.09.1968 (EuGVÜ) und die jetzige Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 (EuGVVO) beruhe dies auf dem Prinzip, dass öffentliches Recht extraterritorial nicht durchsetzbar sei.

Für die Abgrenzung komme es auf die Qualifikation in der Sache, nicht auf das zur Entscheidung berufene Gericht an. Nach den allein entscheidenden materiell-rechtlichen Grundlagen handele es sich hier um eine Strafsache.

Soweit in Art. 37 – 41 des am 27.04.1999 in Bern unterzeichneten Vertrages zwischen der BRD und der Schweiz über eine polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit gegenseitige Vollstreckungshilfen vorgesehen sind, käme dies als Grundlage auch nicht in Betracht. Gemäß Art. 50 Abs. 1 sei dieser Teil noch nicht in Kraft getreten. Das Zustimmungsgesetz des Bundestages zu diesem Vertrag enthalte einen entsprechenden Vorbehalt.


Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 25.01.2017 – 7 W 115/16 -

Zum Entstehen der Verkehrssicherungspflicht bei Glatteis

Die Klägerin ist Arbeitgeberin der Geschädigten, die vor dem Hausgrundstück des Beklagten am 22.01.2013 gegen 7.20 Uhr auf dem Gehweg auf einer weder geräumten noch gestreuten Glatteisfläche stürzte und aufgrund Bruchs des Handgelenks arbeitsunfähig erkrankte. Von der Klägerin werden Schadensersatzansprüche aus übergegangen Recht im Hinblick auf die Entgeltfortzahlungspflicht (§ 6 Abs. 1 EFZG) geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht gab ihr im wesentlichen statt. Auf die (zugelassene) Revision änderte der BGH das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage ab.

Dass grundsätzlich durch eine gemeindliche Satzung die Pflicht zur Gehwegreinigung herangezogen werden können und so die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht auf den Anlieger abwälzen kann, wird vom BGH bestätigt.  Dies gilt auch für die winterliche Räum- und Streupflicht. Voraussetzung der winterlichen Räum- Streupflicht sei allerdings das Vorliegen einer „allgemeinen Glätte“; nicht ausreichend wäre das Vorliegen vereinzelter Glatteisflächen.

Nach den vom Amtsgericht vorgenommenen und vom Landgericht übernommenen Feststellungen, lag am fraglichen Tag keine allgemeine Glätte vor. Lediglich vor dem Grundstück des Beklagten soll sich eine Eisfläche von ca. 1 x 1m befunden haben, die sich allerdings über die gesamte Breite des Gehweges erstreckt haben soll. Ansonsten sei der Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten und allgemein geräumt und trocken gewesen. Feststellungen zur Entstehung der Glatteisfläche oder dazu, dass der Beklagte mit ihr hätte rechnen müssen, wurden von den Vorinstanzen nicht getroffen. Da nach den Witterungsverhältnissen weder mit einer allgemeinen Glätte noch sonst Anhaltspunkte für eine drohende Gefahr bestand, war der Beklagte auch aus der ihm obliegenden allgemeinen Verkehrssicherungspflicht des § 823 BGB zu einer eingehenderen Überprüfung als ein Passant.

Das Berufungsgericht wollte eine weitergehende Prüfpflicht des Beklagten aus der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB iVm § 3 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung der Gemeinde annehmen. Dort wurde nicht das Erfordernis der „allgemeinen Glätte“ benannt. Alleine dadurch, dass die Satzung dies nicht ausdrücklich benenne, könne aber nach Auffassung des BGH eine weitergehende Verpflichtung des Anliegers nicht erwachsen. Eine Gemeindesatzung müsse nach den Grundsätzen gesetzeskonformer Auslegung so verstanden werden, dass keine Verpflichtungen aufgenommen werden, die über die Grenze der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit hinausgehen. Damit könne die Gemeinde keine Streu- und Räumpflicht für Anlieger begründen, die über die sie selbst treffende allgemeine Verkehrssicherungspflicht hinausgeht. Damit sei davon auszugehen, dass die Gemeinde nur die Verkehrssicherungspflichten der Anlieger bei Schnee- und Eisglätte konkretisieren, nicht aber weiter fassen wollte, als sie der bestehenden Gesetzes- und Rechtslage entsprachen.


BGH, Urteil vom 14.02.2017 – VI ZR 254/16 -

Das Eigentum an vom Mieter hergestellten Bauwerken (hier: stabiler Wintergarten)

Der Mieter hatte vom Beklagten  Räume zum Betrieb eines Restaurants angemietet. Während der Mietzeit errichtete er einen Wintergarten aus Glas und Alustreben nebst Belüftung. Bei Mietende gab er die Räume einschließlich des Wintergartens an den Beklagten zurück. Der Kläger verlangt vom Beklagten mit der Begründung Herausgabe des Wintergarten nebst Belüftung mit der Behauptung, der Mieter habe ihm diesen in Ansehung nicht bezahlter Rechnungen zur Sicherheit übereignet. Seine Klage wurde von Land- und Oberlandesgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht negierte einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB mit der Begründung, nicht der Mieter sondern der Beklagte als Eigentümer des Grundstücks und Vermieter sei Eigentümer des Wintergartens nebst Belüftung geworden.


Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung des Rechtstreits an das OLG.

Richtig sei zwar die Annahme des OLG, dass die Voraussetzungen des § 94 Abs. 2 BGB erfüllt sind. Danach sind wesentliche Bestandteile eines Gebäudes diejenigen Sachen, die zur Herstellung eingefügt wurden. Eine feste Verbindung zu dem Gastronomiegebäude sei nicht erforderlich. Entscheidend sei das Gepräge, ob die Einfügung dem Gebäude erst seine besondere Eigenart gäbe. Es lasse sich aus den vom Kläger übergebenen Unterlagen (statistische Berechnungen, Skizzen) entnehmen, dass das Gebäude erst mit dem Wintergarten abschließt.

Alleine dies sei allerdings entgegen der Annahme des OLG nicht ausreichend, den auf Eigentum gestützten Anspruch des Klägers zu negieren. Nach § 95 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB würden die Sachen nicht zu Bestandteilen eines Grundstücks oder Gebäudes, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden oder in das Gebäude eingefügt wurden.  Sind die Voraussetzungen nach § 95 BGB erfüllt, käme es nicht darauf an, ob auch die Tatbestandsmerkmale der §§ 93 oder 94 BGB vorlägen (so bereits RGZ 109, 128, 129). Es würde sich dann um Scheinbestandteile handeln, die rechtlich selbständig blieben.

Die Verbindung erfolge dann zu einem vorübergehenden Zweck, wenn ihre Beseitigung von vornherein beabsichtigt war. Entscheidend sei dabei die innere Willensrichtung des Einfügenden, soweit sie mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Umständen vereinbar sei. Der Annahme der Errichtung nur zu einem vorübergehenden Zweck stünde nicht entgegen, dass das Bauwerk selbst massiv errichtet wurde und ohne Zerstörung nicht beseitigt werden könne. Wird eine entsprechende Verbindung durch einen Mieter, Pächter oder sonstigen Nutzungsberechtigten vorgenommen, so spräche mangels anderweitiger Vereinbarungen die Vermutung dafür, dass das Bauwerk nur einem vorübergehenden Zweck für die Dauer des Vertragsverhältnisses diene.


BGH, Urteil vom 23.09.2016 – V ZR 110/15 -

Donnerstag, 13. April 2017

Zur Haftung nach § 7 StVG für Verkehrsunfall ohne Berührung

Der Kläger begehrt von den Beklagten nach einem Verkehrsunfall Schadensersatz  mit einer Quote von 75%. Er befuhr mit seinem Motorrad eine Bundesstraße und folgte dabei dem Motorrad dee Beklagten zu 1. Diese überholte den PKW des Zeugen B. unter Inanspruchnahme der Gegenfahrspur. Der Kläger seinerseits wollte zeitgleich den PKW und den Beklagten zu 1. (diesen weiter links auf der Gegenfahrspur) überholen und fuhr deshalb weiter außen auf der Gegenfahrspur. Dabei geriet er nach links in das Bankett, ohne dass es zu einer Fahrzeugberührung gekommen wäre, verlor die Kontrolle über sein Motorrad und stürzte.

Während das Landgericht durch Grundurteil dem Kläger eine Haftungsquote von 50% zusprach, wies das OLG die Klage auf die Berufung der Beklagten vollumfänglich ab. Auf die Revision des Klägers wurde das Berufungsurteil vom BGH aufgehoben und der Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen.

Zwar sei, so der BGH,  die Ansicht des OLG richtig, wonach alleine die Anwesenheit im örtlichen Unfallbereich noch keine Haftung nach § 7 StVG begründen würde, wenn nicht durch die Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung ein Beitrag zum Unfallgeschehen geleistet wurde. Allerdings sei es auch schon für die zu berücksichtigende Betriebsgefahr ausreichend, dass sich der Verkehrsunfall in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang ereignete, ohne dass es zunächst darauf ankäme, ob das Verhalten verkehrswidrig war oder nicht  oder ob es zu einer Berührung der Fahrzeuge kam. Der BGH verdeutlicht mithin, dass entscheidend der Betrieb und ein Kausalzusammenhang dieses Betriebes sei.

Abzustellen sei auf den Zeitpunkt der kritischen Verkehrslage. Diese könne hier für die Beklagtenseite nicht durch die Vornahme des Überholvorganges angenommen werden. Diese kritische Situation könne erstmals  zu dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem auch noch der Kläger zum gleichzeitigen Überholen sowohl des PKW als auch des Motorrades der Beklagten ansetzte. Allerdings sei dies nicht der Beklagten zuzurechnen, da es nicht die typische Gefahr eines Überholvorganges wäre, dass ein rückwärtiger Verkehrsteilnehmer versuchen würde, den Überholer gleichzeitig auch noch zu überholen. Damit würde hier eine Haftung nach § 7 StVG ausscheiden. Dies unterscheide sich von Vorgängen, bei dem der überholende Kradfahrer durch einen Sattelzug verunsichert würde und (ohne Berührung) zu Fall komme, oder eine Abwehrreaktion auf ein vermeintlich beabsichtigtes Überholen erfolge, in denen stets die Haftung nach § 7 StVG zu bejahen sei. Hier aber wäre, nach dem Vortrag der Beklagten, nur die Anwesenheit gegeben, die nicht ausreichen würde.

Allerdings habe das Landgericht entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers übergangen. Landgericht und OLG seien davon ausgegangen, dass die Zeugenaussagen zu einer Ausweichbewegung des PKW, welches ein Ausweichen des Motorrads der Beklagten zur Folge gehabt hätte (weshalb dann der Kläger ohne Berührung in das Bankett bei einer von ihm ebenfalls vorgenommenen Ausweichbewegung fuhr) nicht ergiebig gewesen wären. Dies sei als tatrichterliche Würdigung nicht zu beanstanden. Allerdings hatte der Sachverständige, worauf der Kläger hingewiesen habe, ausgeführt, die Spurenlage ließe ein Ausweichmanöver des Klägers aus dem linken Randbereich der linken Fahrbahn (Gegenfahrbahn) weiter nach links mit Einleitung einer Notbremsung erkennen. Dieses hätte vom Landgericht hinterfragt werden müssen, da damit nicht ohne eventuelle Befragung des Sachverständigen und eventuelle Anhörung der Parteien davon ausgegangen werden konnte, dass das Fahrverhalten des Klägers nicht durch das Motorrad der Beklagten beeinflusst wurde, was eine Haftung der Beklagten nach § 7 StVG begründen würde.


BGH, Urteil vom 22.11.2016 – VI ZR 533/15 -

Montag, 10. April 2017

Entgelttransparenzgesetz – Top oder Flop ?

Der Bundestag hat nunmehr das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) in seiner Sitzung vom 20.03.2017 beschlossen. Es soll am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, also noch im April oder im Mai 2017. Sechs Monate nach seinem Inkrafttreten können Auskunftsersuchen nach diesem Gesetz erstmals gestellt werden, § 25 EntgTranspG.

Grundlage des Gesetzes ist die Überlegung, dass die Bezahlung männlicher und weiblicher Mitarbeiter bei gleicher Qualifikation unterschiedlich erfolgen würde, und zwar in der Regel zum Nachteil der weiblichen Mitarbeiter.  Erklärtes Ziel des Gesetzes ist, gleichen Lohn für gleiche Leistung von Mann und Frau durchzusetzen, was proklamatisch auch in § 1 EntgTranspG festgehalten wird. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Allerdings ist das Gesetz halbherzig, da das Ziel (wohl) in der vom Gesetz vorgesehenen Form, jedenfalls bei Betrieben bis zu 500 Arbeitnehmern mit dem hier vorgesehenen Instrumentarium nicht erreichbar scheint.


Der Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers erstreckt sich nach § 11 Abs. 1 EntgTranspG auf Angaben zu den Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung und zu Angaben zum Vergleichsentgelt. Da aber der Schutz personenbezogener Daten zu beachten ist, ist das Vergleichsentgelt (berechnet „auf Vollzeitäquivalente statistische Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts“ sowie weiterer Entgelttatbestände“ zuzüglich weiterer Entgelttatbestände wie Boni, Dienstwagen pp.) bei einer Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten nicht anzugeben, § 11 Abs. 3 EntgTranspG.  Insgesamt wird die Anwendung des Gesetzes für Betriebe bis zu 200 Arbeitnehmern ausgeschlossen, § 12 Abs. 1 EntgTranspG.

Damit begünstigt der Gesetzgeber letztlich Beschäftigte in Großbetrieben, obwohl nach den statistischen Erhebungen die Ungleichbehandlung (gerade auch ?) in kleineren Betrieben anzutreffen ist.

 Ob im übrigen das Gesetz den (wohl) gewollten Zweck erfüllen kann/wird, bleibt abzuwarten. Bedenken bestehen.

Dazu wird beispielsweise darauf verwiesen, welche Auskünfte verlangt werden können. Entgegen einer langläufig verbreiteten Auffassung kann er nicht verlangen, dass ihm das Entgelt eines anderen Arbeitnehmers mitgeteilt wird. Die Entgelte der Arbeitnehmer eines Betriebes bleiben weiterhin „geheim“. Hier ist also der Arbeitnehmer auf (wahrheitsgemäße)  Auskünfte seiner Kollegen angewiesen. Nur dann könnte ihm die Auskunft, die er verlangen kann, eventuell im Hinblick auf die Durchsetzung eines gleichen Lohns weiterhelfen. Bei Betrieben von 200 und mehr Mitarbeitern dürfte es allerdings schwer fallen festzustellen, dass eine ungleiche Bezahlung erfolgt, da nur ein statistisches Mittel aufgezeigt wird.

Und bei Betrieben mit über 500 Arbeitnehmern wird zwar ein betriebliches Prüfverfahren zur Entgeltregelung normiert. Aber: Der Arbeitgeber wird nur aufgefordert, ein solches vorzunehmen, was nicht im Sinne einer Verpflichtung zu verstehen ist. 

Donnerstag, 23. März 2017

Nutzungsentschädigungsbemessung bei Vorenthaltung der Wohnung nach Eigenbedarfskündigung

Die Kläger haben den Wohnraummietvertrag mit den Beklagten wegen Eigenbedarfs gekündigt. Das Mietverhältnis endete danach zum 30.10.2011. Erst am 15.04.2013 gaben die Beklagten die Mietsache zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie den Mietzins in Höhe der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung entrichtet. Die Kläger machten einen weitergehenden Nutzungsentschädigungsanspruch geltend, da sie der Auffassung waren, die Beklagten müssten mit Ende des Mietverhältnisses  die „Marktmiete“ zahlen. Das Amtsgericht holte ein Sachverständigengutachten ein und gab der Klage in Höhe von weiteren von den Beklagten zu zahlenden € 7.300,37 statt. Das Landgericht wies die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurück und ließ die Revision zu. Auch der BGH bestätigte das amtsgerichtliche Urteil.

Vom BGH wurde darauf hingewiesen, dass die Kläger nicht nur nach § 546a Abs. 1 1. Alt. BGB die vereinbarte Miete, sondern darüber hinaus auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete nach § 546a Abs. 1 2. Alt. BGB (Marktmiete) verlangen könnten.  Nicht zu beanstanden sei dabei, dass das Amtsgericht auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens diese Marktmiete nach der Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Mietsache bestimmte. Dies beruhe nicht auf § 558 Abs. 2 S. 1 BGB, sondern ergäbe sich schon daraus, dass es sich dabei um Gegebenheiten handelt, die die Mietpreisbildung im Markt prägen würden.

§ 558 Abs. 2 S. 1 BGB, der eine Begrenzung auf die in dne letzten vier Jahren vereinbarten oder geänderten Mieten vorsähe, sei nicht einschlägig. Es handele sich um eine Vorschrift, die in einem laufenden Mietverhältnis zur Anwendung komme, weshalb eine Maßgeblichkeit bei verspäteter Rückgabe nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht gegeben sei. Dies gelte auch dann, wenn der Vermieter eine Neuvermietung nicht beabsichtige, sondern selbst nutzen wolle. § 546a Abs. 1 2. Alt. BGB gelte allgemein für das Mietrecht, während § 558ff BGB für bestehende (laufende) Mietverhältnisse geltend würde, § 558 Abs. 2 BGB diene dem Schutz des Mieters, indem er Mietsteigerungen abfedert. Darauf käme es aber bei einem beendeten Mietverhältnis nicht an. Nach den Gesetzesmaterialien käme es im Rahmen des § 546a Abs. 1 2. Alt. BGB darauf an, was bei einer Neuvermietung erzielt werden könne.

Anmerkung: Der BGH hatte hier keine Veranlassung sich mit der sogenannten Mietpreisbremse nach §§ 556d ff BGB auseinanderzusetzen, die erst später in Kraft trat. Es ist anzunehmen, dass wohl diese in Zukunft auch berücksichtigt werden muss.


BGH, Urteil vom 18.01.2017 – VIII ZR 17/16 -