Donnerstag, 12. Juni 2014

Nachbarrecht: Schlammlawinen

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Starke Niederschläge, die sich häufen, führen auch immer wieder zu Problemen zwischen Nachbarn, die in Hanglange ihre Grundstücke haben. Insbesondere dann, wenn oberhalb der Bebauung auf einem abschüssigen Gelände Landwirtschaft (Ackerbau, Weinberge pp.) betrieben wird, kommt es zu Schlammlawinen, die dann zu Verwüstungen auf dem darunterliegenden bebauten Grundstück führen. Aber nicht immer führt dies zu einer Haftung des Grundstückeigentümers des Grundstücks, von dem der Schlamm abfloss. Ein Ausgleichsanspruch könnte sich aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ergeben. Der durch das Naturereignis hervorgerufene Schaden kann ihm aber nur dann zugerechnet werden, wenn er dies durch eigene Handlungen ermöglicht hat oder durch pflichtwidriges Verhalten herbeigeführt hat. Der BGH hat dies unter Bezugnahme auf seine Entscheidung in BGHZ 90, 255, 266 in seinem Urteil vom 17.10.2013 – V ZR 15/13 – bekräftigt. Er führte aus, dass der „Oberlieger“ nicht grundsätzlich verpflichtet ist, für einen ausreichenden Schutz des tiefer liegenden Grundstücks verpflichtet zu sein.  

BGH, Urteil vom 17.10.2013 - V ZR 15/13 -

Bauträger: Qualitätsmerkmale in Werbematerial sind bei Feststellung des Vertragssolls zu berücksichtigen

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Nicht nur der ausdrückliche Inhalt des notariellen Bauträgervertrages einschließlich der Bau- und Ausstattungsbeschreibung ist Grundlage für die Feststellung des Vertragssolls. Das OLG Brandenburg hat mit seinem Urteil vom 26.09.2013 – 12 U 115/12 – auch auf das Werbematerial abgestellt, welches der Bauträger verwandte. Nach diesem Werbematerial verkaufte er hochwertige Doppelhäuser in großzügiger Raumaufteilung und einer Bauqualität für anspruchsvolles Wohnen. Der Käufer hatte Sicherheitsmängel der Treppenanlage moniert. Auch wenn dies wohl nicht der Fall war, diese den Regeln der Technik (noch) entsprachen, gab das OLG auf die Berufung hin der Klage, soweit sie abgewiesen wurde,  statt:  Der Sachverständige stellte fest, dass die inneren Seiten der Treppe „an der Grenze der DIN sind“, weshalb nach seiner Einschätzung die Treppe als teilweise schwer begehbar empfunden werde. Weiterhin hat der Sachverständige festgehalten, welche Merkmale über der DIN hinaus vorliegen müssten, damit die Treppe bequemer zu begehen sei. Da dies der Bauträger nicht berücksichtigt habe, sei der in der Werbung dargestellte Qualitätsmaßstab nicht erreicht. 

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26.09.2013 - 12 U 115/12 -


Dienstag, 3. Juni 2014

Werkvertrag: Mängelrechte des Bestellers nach Kündigung ohne Abnahme

Der Werkvertrag wird vom Besteller vor Beendigung der Arbeiten gekündigt. Die Kündigung lässt die bis zu diesem Zeitpunkt fällig gewordenen  und nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen unberührt, was bedeutet, dass der Besteller Mängelrechte an dem bis zur Kündigung hergestellten Werk geltend machen kann, ohne dass es einer vorherigen Abnahme bedürfte. Macht er Mängelrechte
  1. nach § 634 Nr. 2 BGB (Selbstvornahme und Aufwendungsersatzanspruch)
  2. nach § 634 Nr. 3 BGB (Rücktritt vom Vertrag oder Minderung)
geltend, entsteht nach der Entscheidung des OLG Naumburg vom 10.10.2013 – 1 U 96/12 – ein
Abrechnungsverhältnis. Diese Mängelrechte kann er allerdings  - wie auch ei einem ungekündigten Werkvertrag -  nur nach Nachfristsetzung geltend machen. Macht er zulässig von den Mängelrechten nach § 634 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB nach Nachfristsetzung Gebrauch, lässt er danach gleichwohl Mängelbeseitigungsarbeiten noch oder wieder zu, geht das zunächst gewählte Recht des Bestellers nicht wieder unter. Das OLG Naumburg hat sich insoweit ausdrücklich einer in der Literatur vertretenen gegenteiligen Ansicht nicht angeschlossenen und stützt sich dabei auf ein Urteil des BGH vom 20.01.2006 – V ZR 124/05 -, wonach ein einmal begründetes Rücktrittsrecht selbst dann nicht untergeht, wenn der Gläubiger zunächst weiter Erfüllung begehrt. Die Grenze wäre sicherlich, wie auch das OLG Naumburg erkennt, im Einzelfall auf der Grundlage des § 242 BGB (Verstoß gegen Treu und Glauben) zu ziehen.   

In dem vom OLG Naumburg zu beurteilenden Fall war auch streitig, ob es sich um einen Werkvertrag handelte. Der Unternehmer war beauftragt gewesen, ein Badezimmer zu sanieren einschließlich der Gestellung des zugehörigen Materials. Das OLG nahm das Vorliegen eines Werkvertrages mit der wohl zutreffenden Erwägung an, den Parteien wäre es nicht in erster Linie um die Lieferung und den Kauf von Möbel und Keramik gegangen, sondern im Vordergrund habe die Werkleistung und Gestaltung des Bades gestanden. 

OLG Naumburg, Urteil vom 10.10.2013 - 1 U 96/12 -


Dienstag, 27. Mai 2014

Lohnsteuer: Ordnungsgeldelzahlung durch Arbeitgeber ist Arbeitslohn - Rechtsprechungsänderung

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Noch mit Urteil vom 07.07.2004 hat der 6. Senat des BFH entschieden, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, von ihm für seinen Arbeitnehmer gezahlte Geldbußen für Verkehrsverstöße (hier: Halten im Parkverbot des Paketzustellers) als Arbeitslohn zu behandeln und der Lohnsteuer sowie den Sozialabgaben zu unterwerfen (VI R 29/00). Doch ebenso wie die fehlende Voraussehbarkeit deutscher (Steuer-) Gesetzgebung und ihre fehlende Dauerhaftigkeit, hat nun auch der zuständige 6. Senat mit seinem Urteil vom 14.11.2013 - VI R 36/12 - eine Kehrtwende gemacht. Zwar ging es anders als bei der Entscheidung vom 07.07.2004 nicht um Verstöße gegen Halte-/Parkverbote, sondern um Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten. Weshalb allerdings der Paketzusteller im Interesse des Arbeitgebers gehandelt haben soll, weshalb das eigenbetriebliche Interesse einen Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabzug nicht erfordert, der doch auch als eigenbetriebliches Interesse anzusehende Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten allerdings anders gesehen wird, lässt sich rechtsdogmatisch nicht rechtfertigen. Dies sah auch der BFH und der Senat äußerte ausdrücklich, dass er an seiner Rechtsprechung gemäß Urteil vom 07.07.2004 nicht mehr festhält. Die Übernahme des Ordnungsgeldes erfolge im wesentlichen Interesse des Arbeitnehmers, weshalb die Zahlung Lohncharakter habe. Noch im Urteil vom 07.07.2004 stellte dieser Senat darauf ab, dass der ordnungsgeldbewährte Verstoß im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Die Ausgangslage hat sich nicht geändert  - nur die Rechtsprechung. 
Mithin: Auch auf die Steuerrechtsprechung ist kein Verlass.

BFH, Urteil vom 13.11.2013 - VI R 32/12 -

Freitag, 16. Mai 2014

Einkommensteuer: Keine Änderung des Steuerbescheides zu Lasten des Steuerpflichtigen bei Vorkenntnis des Finanzamtes

Der Steuerpflichtige hatte Bezüge aus einer Aufsichtsratstätigkeit bei einer Volksbank bezogen. Unter Beifügung einer Bescheinigung der Volksbank über die Höhe der tatsächlichen Bezüge deklarierte er allerdings in der Steuererklärung nur einen Teil davon. Das Finanzamt setzte die Steuer auf der Grundlage der Deklaration des Steuerpflichtigen fest. Nach Bestandskraft des Bescheides erfuhr das Finanzamt durch eine Kontrollmitteilung, dass der Steuerpflichtige mehr als deklariert eingenommen hatte und änderte den Bescheid zu seinen Lasten. Nach erfolglosen Einspruch erhob er Klage. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 19.07.2013 – 9 K 2541/11 – der Klage stattgegeben.

Vom FG wurde darauf hingewiesen, dass sich die richtige Höhe der Bezüge aus der Akte ergeben habe. Teil der Akte des Finanzamtes wären nicht nur die vom Steuerpflichtigen eingereichten und ausgefüllten amtlichen Vordrucke, sondern auch sämtliche Anlagen, die er mit seiner Steuererklärung dem Finanzamt überlässt. Damit habe der Sachbearbeiter schon zum Zeitpunkt der Verbescheidung positiv Kenntnis von der richtigen Höhe der Bezüge nehmen können. Damit greife § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, demzufolge Steuerbescheide nachträglich nur geändert werden dürfen, wenn Tatsachen oder Beweismittel, die zu einer höheren Steuer führen, nachträglich bekannt werden. Da hier der Sachbearbeiter aber Kenntnis hatte (hätte nehmen können), lag eine Nachträglichkeit nicht vor.

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2013 - 9 K 2541/11 -

Donnerstag, 15. Mai 2014

Mietrecht: Laufende Schönheitsrenovierung und Rückgabeverpflichtung in bezugsfertigen Zustand

Renovierungsklauseln werden ständig neu der AGB-Kontrolle unterworfen. „Schuld“ daran ist die Rechtsprechung, insbesondere auch des BGH, die hier ständig neue Anforderungen stellt. In seiner Entscheidung vom 12.03.2014 – XII ZR 108/13 – musste sich das Gericht mit einem Formularmietvertrag (AGB) auseinandersetzen, in dem zum einen der Mieter zur bedarfsabhängigen laufenden Schönheitsrenovierung verpflichtet wurde, ihm zum anderen auferlegt wurde die Räume zum Mietvertragende in einen “bezugsfertigen Zustand“ zu versetzen.
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Dass die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt werden dürfen ist bereits seit langem in der Rechtsprechung anerkannt. Nur wenn der Mieter (z.B. im Rahmen von starren Fristenplänen) zur Vornahme von Leistungen zu bestimmten Zeiten verpflichtet wird , wird die entsprechende Klausel (insgesamt) als ungültig angesehen. Da hier allerdings der Mieter nur „bedarfsabhängig“ verpflichtet wurde, stieß die Klausel beim BGH (vorhersehbar) auf keine Bedenken.
Allerdings hätte sich daran etwas aus der Summierung der Pflichten im Zusammenhang mit der Klausel über den Zustand bei Rückgabe ändern können, wie auch die Klausel über den Zustand bei Rückgabe für sich bedenklich ist. Letzteres vor dem Hintergrund, dass der BGH bereits entschieden hat, dass eine Endrenovierungsklausel (jedenfalls in Kombination mit laufenden Renovierungsverpflichtungen)  unzulässig ist (auch bei der Gewerberaummiete, zuletzt BGH vom 06.04.2005 – XII ZR 308/02 -).

Die Endrenovierungsverpflichtung, unabhängig vom Zustand der Mietsache zum Mietende, ist nach § 307 BGB unwirksam (BGH vom 03.06.1998 – VIII ZR 317/97 -).  Es wird darin, was auch vorliegend der BGH betont, eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gesehen. Allerdings enthalte die hier verwandte Klausel zum „bezugsfertigen Zustand“  keine verdeckte Endrenovierungsverpflichtung. Ausreichend wäre es vielmehr, wenn der Mieter die Räume an den Vermieter in einem Zustand zurückgibt, die es diesem ermöglichen, die Räume einem neuen Mieter in einem bezugsfertigen und vertragsgemäßen Zustand zu überlassen.  Daher wären nach dieser Klausel nur Renovierungsleistungen zu erbringen, wenn der Mieter in der Vergangenheit keine Schönheitsreparaturen vorgenommen hätte oder trotz auch eventuell zeitnaher Schönheitsreparaturen eine übermäßig starke Abnutzung vorliegt, die eine Weitervermietung hindert.
Die (danach) zulässigen Klauseln des Formularmietvertrages lauteten:
„Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in einem angemessenen Turnus auszuführen. Im Hinblick auf das Gewerbe des Mieters gehen die Parteien davon aus, dass alle drei Jahre Renovierungsbedürftigkeit eintreten kann. …“
„Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand und mit sämtlichen - auch vom Mieter selbst beschafften - Schlüsseln zurückzugeben.“
Auch wenn diese Entscheidung zu Gewerberäumen erging, kann man davon ausgehen, dass der BGH die entsprechenden Grundsätze auf Wohnraummietverhältnisse anwendet, da er seine Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen unabhängig von der Nutzungsart entwickelt hat.
BGH, Urteil vom 12.03.2014 - XII ZR 108/13 -

Mittwoch, 14. Mai 2014

Bauträger: Rechte des Käufers bei Verzug mit der Übergabe


Welche Rechte hat der Kunde eines Bauträgers, wenn dieser mit der Erstellung des Eigenheims / der Eigentumswohnung in Verzug gerät ? In dem vom BGH mit Urteil vom 20.02.2014 – VII ZR 172/13 – entschiedenen Fall machte der Kunde Nutzungsausfallentschädigung geltend.  Der BGH entschied, dass dem Kunden dies zusteht, wenn nicht der bauträger dem Kunden für die Zeit des Verzugs der Übergabe dem erworbenen Wohnraum etwa gleichwertigen Wohnraum zur Verfügung stellt. Die vereitelte Nutzungsmöglichkeit stellt, wie der BGH schon anderweitig (z.B. für die Nutzungsausfallentschädigung nach einem Verkehrsunfall) feststellte, einen Vermögenswert dar. Soweit  zwar anderweitiger Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, dieser aber nicht gleichwertig ist, ergibt sich ein Kompensationsanspruch.  Die Höhe des Anspruchs war im revisionsverfahren nicht streitig, weshalb sich der BGH damit nicht auseinander gesetzt hat. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass nach BGHZ 98, 212 Faktoren wie Gewinnmarge und Provision bei Zugrundelegung einer Vergleichsmiete für den fiktiven Ersatzwohnraum unberücksichtigt bleiben müssen.
BGH, Urteil vom 20.02.2014 - VII ZR 172/13 -