Dienstag, 22. März 2022

Britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland und Folgen des Brexit

Die Klägerin war eine Kapitalgesellschaft in Form der Rechtsform einer Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland (in der Wohnung des alleinigen Anteilseigners und „manager director“. Mit Körperschaftssteuerbescheid für 2018 setze das beklagte Finanzamt (FA) eine verdeckte Gewinnausschüttung an erhöhte so das Einkommen der Gesellschaft. Der Einspruch und die Klage dagegen wurden abgewiesen. Die Klägerin wandte sich gegen die Nichtzulassung der Revision. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem BFH wies das FA darauf hin, dass die Klägerin als britische Limited mittlerweile als Drittstaatengesellschaft zu qualifizieren sei.

Der BFH bestätigte die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin im Beschwerdeverfahren.

Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (UK) aus der Europäischen Union („Brexit“) habe sich der zivilrechtliche Status einer nach dem Recht des UK gegründeten Kapitalgesellschaft in Form der Limited geändert. Als Gesellschaft eines Drittstaates mit inländischen Verwaltungssitz könne sie sich nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union berufen, weshalb die sogen. Sitztheorie für die Bestimmung der Rechtsfähigkeit greife (BGH, Urteil vom 27.10.2008 - II ZR 158/06 -). Dies führe zum Verlust der Rechtsfähigkeit (BGH aaO.).  

Anmerkung: In einem Verfahren vor dem Kartellsenat des OLG München (Urteil vom 05.08.2021 -29 U 2411/21 Kart -) und die Rechts- und damit Parteifähigkeit der Limited nach § 50 Abs. 1 ZPO als Prozessvoraussetzung negiert. In den Leitsätzen der Entscheidung dazu heißt es:

„1. Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, nach der sogenannten milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder - bei nur einer Gesellschafterin - als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln.

2. Eine Fortgeltung der Gründungstheorie mit der Konsequenz der fortbestehenden Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited trotz tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland wie unter der Geltung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49, 54 AEUV folgt nicht aus dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vom 24. Dezember 2020 (ABl. L 444/2020 vom 31. Dezember 2020), weil es keine Vorschriften enthält, die ausdrücklich und unmittelbar die Niederlassungsfreiheit gewähren, sondern sich aus seinem Anhang SERVIN-1 Nr. 10 vielmehr ergibt, dass die Parteien des Abkommens die Niederlassungsfreiheit gerade nicht in Bezug nehmen oder vereinbaren wollten.“

Für die Beteiligungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des UK mit Verwaltungssitz in Deutschland sah dies der BFH etwas differenzierter. Zwar läge ein Verlust der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft vor, doch ließe dies ihre Qualifikation als Körperschaftsteuersubjekt iSv. §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 KStG unberührt, was auch von § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairen Steuerwettbewerb (StAbwG) in allen offenen Fällen nach § 34 Abs. 3c KStG für ertragssteuerliche Zwecke nachmals klargestellt sei. Für die körperschaftsteuerliche Behandlung einer ausländischen Gesellschaft käme es nicht auf die Rechtsfähigkeit derselben an, sondern auf den Typenvergleich. Aus diesem Vergleich folge aber, dass die britische Limited als Körperschaftsteuersubjekt zu behandeln sei.

Aus dieser Behandlung sei verfahrensrechtlich auch deren Fähigkeit, Beteiligte in einem finanzgerichtlichen Verfahren zu sein, zu bejahen. Im finanzgerichtlichen Verfahren richte sich die Beteiligtenfähigkeit nicht nach der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit, sondern nach der Steuerrechtsfähigkeit. Es entspräche der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass - selbst bei zivilrechtlicher Vollbeendigung einer Gesellschaft - die Beteiligtenfähigkeit bis zur Abwicklung der steuerrechtlichen Rechtsbeziehung andauere, weshalb hier die Klägerin als britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland auch die Beschwerde hätte einlegen können.

In der Sache wurde allerdings die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die rechtsgrundsätzliche Bedeutung sei nicht in einer den Anforderungen des § 117 Abs. 3 S. 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden.

BFH, Beschluss vom 13.10.2021 - 1 B 31/21 -

Freitag, 18. März 2022

Melderegisterauskunft: Gebühr ohne Beantwortung der Anfrage (Bestimmtheit der Gebührenorm) ?

Häufig sind Personen umgezogen und der Gläubiger muss die neue Anschrift in Erfahrung bringen. Nicht nur haben sich die Schuldner in vielen Fällen nicht umgemeldet, sondern eine Auskunft wird auch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erteilt. Aber auch wenn keine Auskunft erteilt wird, wird in vielen Fällen eine Gebühr für die (Nicht-) Auskunft erhoben. Der Kläger wandte sich gegen eine solche Gebühr und klagte, nachdem sein Widerspruch zurückgewiesen wurde. Seiner Klage wurde vom Verwaltungsgericht (VG) stattgegeben.

Das VG führte aus, der Gebührenbescheid beruhe auf §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 GebGBbg iVm. der VO über die Gebühren für öffentliche Leistungen im Geschäftsbereich des Ministers des Inneren und für Kommunales (kurz: GebOMIK) im Bundesland Brandenburg. Danach würden die gebühren für die schriftliche Erteilung einfacher Melderegisterauskünfte € 10,00 je nachgefragter Person betragen. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt mit der Angabe, die Auskunft könne aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erteilt werden.

Dabei bezog sich das VG auf Nr. 44.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Budnesmeldegestezes (BMGVwV), wobei es bei der Beantwortung einer Anfrage die Möglichkeiten gäbe, dass (a) die Auskunft erteilt wird, (b) die Auskunft abgelehnt wird und (c) eine neutrale Auskunft erteilt würde. Die neutrale Auskunft nach Nr. 44.1.3.3 BMGVwV habe den auch dem Kläger mitgeteilten Inhalt „Eine Auskunft kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder derzeit nicht erteilt werden“. Schon nach dem Wortlaut würde danach eine Auskunft nicht erteilt werden, was aber für den Anfall der Gebühr nach Nr. 2.1.1.1 des Gebührentarifs (GebOMIK) für das Entstehen der Gebühr erforderlich wäre.

Es sei im Hinblick auf die eindeutige Fassung des Gebührentatbestandes „Erteilung einer Auskunft“ nicht möglich, diesen auch dann als erfüllt anzusehen, wenn schriftlich mitgeteilt würde, dass eine Auskunft nicht erteilt wird. Eine derartige Auslegung sei mit dem Gebot der Bestimmtheit von Normen aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG nicht vereinbar. Der Normadressat müsse seine Normbetroffenheit und die Rechtslage aus der eindeutigen Fassung der Rechtsvorschrift erkennen und seine Verhalten danach ausrichten können. Er müsse daher aus der Fassung des Gebührentatbestandes erkennen können, für welche Leistung die Gebühr erhoben wird (VGH Mannheim, Urteil vom 16.08.2018 - 1 S 625/18 -). Nicht entscheidend sei, ob mit der neutralen Auskunft bzw. Bearbeitung Aufwand verursacht worden sei (a.A. VG Hannover, Urteil vom 29.09.2016 - 10 A 1739/16 -).

Nach § 1 Abs. 3 GebOMIK könnten zwar für öffentliche Leistungen, für die keine Tarifstelle vorhanden sei, wenn sie nicht im öffentlichen Interesse liege, eine Gebühr zwischen € 1,00 bis € 500,00 erhoben werden. Dabei handele es sich aber um eine für das Ob und die Höhe im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung. Weder im Gebührenbescheid noch im Widerspruchbescheid sei aber Ermessen ausgeübt worden (was dann auch entsprechend zu begründen wäre), weshalb auf diese Norm nicht abgestellt werden könne.

Der Beklagte habe allerdings im Prozess auf diese Norm hingewiesen, weshalb er möglicherweise im Verfahren nunmehr den angefochtenen Bescheid ändern wollte bzw. durch einen Ermessensentscheid ersetzt wollte. Dies aber hätte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden müssen; es hätte verdeutlicht werden müssen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handele, sondern um eine Änderung des Verwaltungsaktes selbst (BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 48.12). Das sei nicht erfolgt. Anmerkung: Diese Rechtsansicht ist zutreffend, da - sollte eine solche Erklärung im Prozess erfolgen und das Ermessen auch ausgeübt worden sein - der Kläger dann die Möglichkeit hätte, dies zu akzeptieren, die Hauptsache für erledigt erklären könnte und so die Kosten des Verfahrens der Behörde aufzuerlegen wären.

VG Potsdam, Urteil vom 25.11.2021 - 3 K 1596/18 -

Mittwoch, 16. März 2022

Haftung für Schädigung an Sporthalle bei und trotz regelgerechtem Spiel

Die Klägerin war Betreiberin einer Tennishalle, in der der Beklagte regelmäßig als Freizeitsportler einen Platz mietete. Am 16.10.2018 prallte in Ball gegen eine der Glasscheiben an der neben dem Platz mit einer Entfernung von 2,50 m liegenden Außenwand, die dabei zerbrach. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin wurde dieser vom Oberlandesgericht (OLG) zugesprochen, da nach seiner Ansicht der Ball bei einem regelgerechten Spiel gegen die Scheibe prallte und dies vom Spieler nicht mangels eines Verschuldens nicht zu vertreten sei. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtstreit an das OLG zurück. Die Begründung des OLG, mit der Ansprüche nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 535 BGB bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB verneint wurden, halte einer Prüfung nicht stand.

Der BGH geht von einem gewerblichen Mietverhältnis aus, bei dem der Vermieter Schäden an der Sachsubstanz der Mietsache auch nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend machen könne (BGH, Urteil vom 27.06.2018 – XII ZR 79/17 -). Bei der Pflicht, den Mietgegenstand in einem vertragsgemäßen Gebrauch iSv. § 538 BGB zu halten, und danach aus der aus der Besitzüberlassung folgenden Obhutspflicht den Mietgegenstand schonend und pfleglich zu behandeln und alles zu unterlassen, was zu einer durch § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen würde, handele es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB aus dem Mietverhältnis.  

Veränderungen und Verschlechterungen (einschl. Beschädigungen), die der Mieter durch vertragsgemäßen Gebrauch verursache, habe er aber nach § 538 BGB nicht zu vertreten.  Der Umfang des vertragsgemäßen Gebrauch ergäbe sich aus der Vereinbarung und dem Vertragszweck. Vertragsgemäß seien ausschließlich solche Auswirkungen, die auf dem üblichen Gebrauch im Rahmen des Vertragszwecks beruhen würden. Daher könne eine Beschädigung der Mietsache nur dann vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst sein, als sie vom Vertragszweck umfasst würde. Dass hier die Beschädigung der Glasscheibe vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst worden sei, ließe sich nicht erkennen. Der Vertragszweck umfasse die räumlichen Grenzen des für die Sportausübung verfügbaren Raums und damit nicht den Bereich der Glasscheibe an einer Außenwand neben dem Platz.

Fehlerhaft habe das OLG darauf abgestellt, es habe dem Beklagten an einem Verschulden gefehlt. Für ein Vertretenmüssen könne nicht alleine (wie es das OLG vornahm) darauf abgestellt werden, ob die Tennisregeln der International Tennis Federation (ITF) eingehalten wurden. Diese Wettkampfregeln seien beachtlich für Ansprüche bei Verletzungen von Spielen untereinander. Anders als das OLG meinte, können die entsprechenden Erwägungen hier nicht übertragen werden, da die Interessenslage zwischen Mieter und Vermieter nicht der Interessenslage zwischen den Teilnehmern eines sportlichen Wettkampfes entspräche. Vielmehr würde sich bei der Beschädigung der Mietsache keine Gefahr verwirklichen, die Vermieter und Mieter unter gleichen Bedingungen (ähnlich den am Wettkampf beteiligten Sportlern) gemeinsam in Kauf genommen hätten. Die Abgrenzung erfolge zwischen Mieter und Vermieter gerade über § 538 BGB.

Vor diesem Hintergrund schloss der BGH (anders als das LG) auch eine Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB nicht aus. Es sei anerkannt, dass bei Sachbeschädigungen, jedenfalls soweit sie nicht unmittelbar Leistungsgegenstand seien, vertragliche und deliktische Ansprüche nebeneinander bestehen.

Für das weitere Verfahren gab der BGH dem OLG auf, ein Mitverschulden der Klägerin als Vermieterin zu prüfen., welches sich daraus ergeben könnte, dass die Seitenlinie des Platzes von der Außenwand nur 2,50 m entfernt gewesen sei und (nach der Behauptung des Beklagten) dass die Glasscheibe als Fensterverglasung für eine Tennishalle nicht zulässig sei.

BGH, Urteil vom 02.02.2022 - XII ZR 46/21 -

Montag, 14. März 2022

Betreuung: Eigene Erstbeschwerde des Betreuers grds. Voraussetzung für Rechtsbeschwerde

Gegen eine Entscheidung des Landgerichts, mit der eine Beschwerde der Mutter (Betroffene) ihres die Rechtsbeschwerde führenden Sohnes betroffen war, legte der Sohn das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde im eignen Namen ein.  Die Rechtsbeschwerde wurde vom BGH als unzulässig verworfen.

Der Sohn der Betroffenen sei durch die Entscheidung nicht beschwert. Die Beschwerde vom 22.07.2017  gegen die angefochtene Entscheidung wurde von dem Sohn der Betroffenen durch eine von ihm beauftragten Rechtsanwältin unter Verweis auf eine vom 22.10.2016 datierende Vollmacht ausdrücklich im Namen der Betroffenen (Mutter) eingelegt. Der Sohn war Vorsorgebevollmächtigter seiner Mutter und hätte damit nach § 303 FamFG die Beschwerde auch im eigenen Namen einlegen können, davon aber keinen Gebrauch gemacht, sondern nach § 303 Abs. 4 S. 1 FamFG (zulässig als Vorsorgebevollmächtigter) die Beschwerde im Namen seiner Mutter als Betroffener eingelegt. Damit sei die Mutter selbst Beschwerdeführerin des Erstbeschwerdeverfahrens und somit auch nur sie selbst als Rechtmittelführerin von der Zurückweisung des Rechtsmittels formell beschwert.

Der Sohn als Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsbeschwerde sei durch die Entscheidung im Rahmen der Erstbeschwerde nicht selbst in seinen Rechten betroffen und damit in direkter oder entsprechender Anwendung der im Betreuungsrecht geltenden Sonderregelung in § 303 Abs. 2 FamFG rechtsbeschwerdeberechtigt. Anders wäre dies nur dann, wenn durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts (Landgericht) die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert worden wäre, was hier mit der Zurückweisung der (Erst-) Beschwerde der für die Mutter eingelegten Beschwerde nicht erfolgt sei. Fehle es aber an einer inhaltlichen Abänderung, durch die der Sohn als Rechtsbeschwerdeführer beschwert worden sein könnte, sei sein nunmehr im eigenen Namen eingelegtes Rechtsmittel unzulässig.

Dies wurde bereits in dem in der Entscheidung des BGH benannten Beschluss  vom 14.10.2020 - XII ZB 91/20 – ausgeführt, in dem auch darauf hingewiesen wurde, dass davon abweichend dann der Betreuer bzw. der Vorsorgebevollmächtigte selbst die Rechtsbeschwerde ohne eigene Beteiligung am Beschwerdeverfahren einlegen könne, wenn mit der Beschwerdeentscheidung erstmals in seinen Aufgabenbereich eingegriffen würde.

BGH, Beschluss vom 15.12.2021 - XII ZB 383/21 -

Samstag, 12. März 2022

Persönlichkeitsrechtsverletzung bei öffentlichen Bericht über Sexualleben des Partners

Der Kläger war der Lebensgefährte der Moderatorin S.K. Die Beklagte betrieb das Internetportal www.bild.de.  Am 28.11.2017 veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Internetseite unter voller Nennung von Vor- und Zunamen der Beteiligten „Promi-Ladys“  einen mit „Bei den Promi-Ladys herrscht Sex-Flaute !“  einen Artikel. In dem u.a. ausgeführt wurde, dass S.K. in einem Interview mit „Bunte“ über ihr „Sex-Leben mit ihrem Partner S…S…“ (dem Kläger) geklagt habe, dass sie meist zu müde seien, um zwischenmenschliche Zärtlichkeiten auszutauschen und  zwei Jungs im Alter von zwei und vier Jahren hätten, ferner, dass sie nicht nur Jungs wolle sowie „Mein Mann kann nur Jungs !“. Der Kläger begehrte von der Beklagten die Unterlassung der Nennung seines Namens im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Berichterstattung als Partner von S.K. . Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies sie ab. Auf die Revision stellet der BGH das landgerichtliche Urteil wieder her.

Anspruchsgrundlage auf Unterlassung sei § 823 Abs. 1, § 1004 (analog) BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art 2 Abs. 1 GG. Ausgangspunkt sei die überprüfbare Sinndeutung der angegriffenen Äußerung. Durch die Angabe einer „Sex-Flaute“, wonach es allenfalls noch selten zu sexuellen Kontakten käme, da bei „meistens viel zu müde“ seien, ergäbe sich der Sinngehalt. Der Kläger wolle im Zusammenhang mit dieser Aussage nicht als Partner von S.K, genannt werden und wende sich dagegen, mit den in den Aussagen enthaltenen Informationen auch zu seinem Sexualleben namentlich und damit für den Leser ohne weiteres identifizierbar in Verbindung gebracht zu werden.

Die namentliche Erwähnung greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein. Dies nicht nur in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses soll neben der ungewollten Preisgabe von Daten im Rahmen privater Rechtsbeziehungen vor deren intransparenter Verarbeitung und Nutzung durch Private schützen. Davon zu unterschieden sei der Schutz vor der Verarbeitung personenbezogener Berichte und Informationen als Ergebnis eines Kommunikationsprozesses. Dieser Schutzbedarf gründe in der sichtbaren Verbreitung bestimmter Informationen im öffentlichen Raum und die Gefährdung für die Persönlichkeitsentfaltung ergebe sich hier aus Form und Inhalt der Veröffentlichung selbst. Da sich der Kläger vorliegend nicht gegen eine Pflicht zur Preisgabe von Daten  wende, sondern gegen die Verbreitung von Informationen über sein Sexualleben im öffentlichen Raum, seien die äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts maßgebend.

Dahinstehen könne, ob die absolut geschützte Intimsphäre betroffen sei, da jedenfalls wegen der bestehenden Nähe zu dieser der innere Bereich seiner Privatsphäre betroffen sei. Das durch Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung der Privatsphäre gestehe jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen könne. Der Schutz sei thematisch als auch räumlich bestimmt. Er umfasse typischerweise als „privat“ eingestufte Informationen, etwa da die öffentliche Zurschaustellung als ungeschicklich geltem das Bekanntwerden als peinlich empfunden würde oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslösen würden. Entsprechendes würde bei Informationen zur Häufigkeit sexueller Kontakte in einer Paarbeziehung ohne weiteres der Fall sein, weshalb hier in die Privatsphäre des Klägers eingegriffen worden sei.

Der Umstand, dass S.K. als Lebenspartnerin des Klägers diese wiedergegebenen Informationen im angegriffenen Artikel von S.K. selbst preisgegeben worden seien, ändere daran nichts. Zwar sei der Schutz nicht gegeben bei einem Einverständnis des Betroffenen. Auch wäre zu erwägen, ob sich der Betroffene die Selbstbegebung durch einen anderen (Partner, minderjährige Kinder, Bevollmächtigte oder im Falle der freiwilligen Mitveranlassung) zurechnen lassen müsse. Vorliegend habe aber der Kläger selbst nicht eine „Sex-Flaute“ öffentlich gemacht und auch S.K. ihn nicht namentlich benannt. Dass der Kläger, wovon das Berufungsgericht ausgegangen sei, auch ohne Namensnennung als Partner von S.K. erkennbar sei, ändere hier aber daran nichts, dass er selbst nicht tätig wurde und nicht in die Nennung seines Namens eingewilligt habe. Die Selbstöffnung von S.K. gegenüber der Öffentlichkeit hinsichtlich ihres von der „Sex-Flaute“ mitbetroffenen Partners ergäbe sich aus den Äußerungen nicht, auch nicht daraus, dass er (z.B. über Wikipedia) als Partner von S.K. recherchierbar war.

 

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei auch rechtswidrig gewesen. Das Schutzinteresse des Klägers überwiege das durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art 10 Abs. 1 EMRK geschützte Recht zur Meinungsfreiheit der Beklagten. Als Rahmen recht liege die Reichweite des Persönlichkeitsrechts nicht absolut fest; es müsse durch Abwägung der widerstreitenden Interessen grundrechtlich geschützter Belange bestimmt werden. Eine Rechtswidrigkeit läge dann vor, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiege (BGH, Urteil vom 29.06.2021 - VI ZR 52/18 -).

Bei der Abwägung sei von entscheidender Bedeutung, ob die die Berichterstattung durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen ließe. Maßgeblich sei dabei, ob im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichen Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtert würde oder ob lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt würde (BGH, Urteil vom 10.11.2020 - VI ZR 62/17 -). Je größer der Informationswert sei, desto mehr müsse das Schutzinteresse des Betroffenen zurücktreten (und umgekehrt). Von erheblicher Bedeutung sei dabei auch, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukäme. Eine in der Öffentlichkeit unbekannte Person könne daher einen besonderen Schutz ihrer Privatsphäre beanspruchen, nicht aber eine Person des öffentlichen Lebens. Auch sei zwischen einer Berichterstattung über Tatsachen als Beitrag zur Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft (z.B. Wahrnehmung von Amtsgeschäften durch Politiker) und einer Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solche Ausgaben habe, zu unterscheiden.

Damit überwiege hier das Interesse des Klägers. Zwar könne es sein, dass die Abhandlung zu den Auswirkungen familiärer und beruflicher Belastungen auf das Beziehungsleben der Eltern von öffentlichen Interesse sei und von daher die Publikation der öffentliche Äußerung von S.K. bezogen auf ihre Person durch die Beklagte zulässig war. Alleine dies bedeute aber nicht, dass dies auch in Bezug auf den Kläger unter Benennung seines Namens zulässig sein müsste. Bei ihm handele es sich nicht um eine Person des öffentlichen Lebens; wie das Berufungsgericht  festgestellt habe, sei er in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Ein öffentliches Interesse, ihn seiner Anonymität zu entziehen und so die breite Öffentlichkeit auch über sein Sexualleben zu informieren, sei nicht zu erkennen.

BGH, Urteil vom 14.12.2021 - VI ZR 403/19 -

Mittwoch, 9. März 2022

Widerrufsrecht: Schuldbeitritt des Verbrauchers zu einem Darlehensvertrag

Die Ehefrau des Beklagten betrieb als Einzelunternehmen eine Wäscherei, an der der Beklagte eine stille Beteiligung hielt und bei der er auch angestellt war. Im Februar 2012 übernahm er für einen von der Klägerin mit seiner Ehefrau als Darlehensnehmerin (Unternehmerin iSv. § 14 BGB)  abgeschlossenen Kontokorrentkreditvertrag die gesamtschuldnerische Mithaft (Schuldbeitritt). Eine Widerrufsbelehrung durch die Klägerin erfolgte gegenüber dem Beklagten nicht. Im Oktober 2015 wurde über das Vermögen der Ehefrau des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin kündigte das Kontokorrentverhältnis und forderte vergeblich den Ausgleich des negativen Saldos Mit ihrer Klage nahm die Klägerin den Beklagten aus der Mithaftungserklärung in Anspruch. Klage und Berufung wurden mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte sei Verbraucher (§ 13 BGB) und ihm stehe ein Widerrufsrecht zu (§ 495 Abs. 1 BGB). Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.

Allerdings seien die Vorschriften der §§ 491ff BGB auf einen Schuldbeitritt, wie vom OLG angenommenen, entsprechend anzuwenden. Zwar handele es sich dabei nicht selbst um einen Verbraucherdarlehensvertrag, da der Beitretende selbst kein Darlehen erlangte, sondern lediglich ein Mithaft in Form des Schuldbeitrits übernommen habe. Nach der wertenden Betrachtung sei allerdings eine Gleichstellung geboten, wenn es sich wie hier um ein von einem Unternehmer gewährtes Darlehen handele (BGH, Urteil vom 08.11.2005 - XI ZR 34/05 -). Daran ändere sich auch dann nichts, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen zu gewerblichen Zwecken aufgenommen habe. Abzustellen sei darauf, ob der Beitretende zum Zeitpunkt der Abgabe der Mithaftungserklärung Verbraucher sei. Dies sei zutreffend vom OLG bejaht worden, da die stille Beteiligung des Beklagten an dem Einzelunternehmen seiner Ehefrau zur privaten Vermögensverwaltung des Beklagten gehöre.

Gleichwohl habe aber der Beklagte kein Widerrufsrecht (entsprechen der Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491ff BGB. Die entsprechende Anwendbarkeit der Schutzvorschriften sei damit begründet worden, dass der Beitretende den gleichen Schutz haben müsse, als wenn er den Darlehensvertrag selbst abgeschlossen hätte. Der Schutz könne daher weder geringer sein, aber auch nicht weitergehend als der Schutz desjenigen, der die Verbindlichkeit begründe.  Der Verbraucherschutz käme damit nur zum Tragen, soweit der Gesetzgeber einen solchen im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Verfügung stelle.

Damit aber käme hier ein Widerrufsrecht nicht zum Tragen, da es auch für den Beklagten bei eigenem Eingehen der Verbindlichkeit (als Verbraucher) nicht bestanden hätte: Das Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB bestünde nicht für Darlehensverträge, mit denen dem Darlehensnehmer in bestimmter Höhe eine Überziehungsmöglichkeit seines Kontos eingeräumt würde und die Laufzeit nach der Auszahlung höchstens drei Monate betrage oder der Darlehensnehmer ohne Einhaltung einer Frist den Vertrag kündigen könne. Dies war bei dem von der Ehefrau des Beklagten abgeschlossenen Kontokorrentkreditvertrag der Fall gewesen, weshalb für sie unabhängig von der fehlenden Verbrauchereigenschaft kein Widerrufsrecht bestanden hätte, weshalb auch dem Beklagten, wäre er selbst Darlehensnehmer dieses Vertrages gewesen, kein Widerrufsrecht trotz seiner Verbrauchereigenschaft zugestanden hätte.

BGH, Urteil vom 21.09.2021 - XI ZR 650/20 -

Sonntag, 6. März 2022

Elektrofahrzeugbatterie: Mietbedingungen zur (Fern-) Abschaltung durch Vermieter bei fristloser Kündigung

Das OLG musste sich mit der Zulässigkeit einer Klausel in Mietbedingungen für eine Batterie  für Elektrofahrzeuge (ob gekauft oder geleast) auseinandersetzen, in der es hieß:

"Im Falle der außerordentlichen Vertragsbeendigung infolge Kündigung wird die Vermieterin die Sperre der Wiederauflademöglichkeit der Batterie zunächst mit 14-tägiger Frist vorher ankündigen. Die Androhung kann auch zusammen mit der Kündigung erfolgen. Die Vermieterin ist in diesem Fall nach Ablauf der Ankündigungsfrist berechtigt, ihre Leistungspflicht einzustellen und die Wiederauflademöglichkeit der Batterie zu unterbinden. Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs bleibt hiervon unberührt."

Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverein. Die Klage war erstinstanzlich erfolgreich; die dagegen von der Beklagten eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen. Bei der Klausel handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB, die der Inhaltskontrolle nach §§ 307 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB unterfalle und nach §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei.

Voraussetzung dafür sei, dass die Interessen des Vertragspartners in einer vom Gesetz abweichenden Weise geregelt würden. Dies sei hier der Fall, da die Beklagte nach Beendigung des Vertrages aufgrund einer außerordentlichen Kündigung nach einer 14-tägigen Frist berechtigt sei, die Batterie mittels einen Fernzugriffs zu sperren und damit zu verhindern, dass der Mieter die Batterie laden kann.  Eine solche Möglichkeit sei vom Gesetz nicht vorgesehen. Zwar sei der Mieter nach der Kündigung verpflichtet die Batterie herauszugeben, §§ 546 iVm 985 BGB. Ein Zugriffsrecht des Vermieters im Wege der Selbsthilfe gem. § 229 BGB existiere aber nicht. Dieses Sperren stelle eine verbotene Eigenmacht der Beklagten nach § 858 Abs. 1 BGB dar. § 858 BGB verbiete die Entziehung oder Störung des Besitzes ohne den Willen des Besitzers und diene dem Schutz des staatlichen Gewaltmonopols, indem es eigenmächtige Eingriffe im Besitz eines Dritten befindlicher Sachen, unabhängig von der schuldrechtlichen Rechtslage, unterbinde. Es solle sichergestellt werden, dass ein derartiger Eingriff nur aufgrund eines staatlichen Vollstreckungstitels in einem geordneten Verfahren erfolgen dürfe.

Die Möglichkeit der Nutzung der Batterie sei Bestandteil der tatsächlichen Sachherrschaft des Besitzers. Die dadurch begründete Einwirkungsmacht würde durch das Sperren der Auflademöglichkeit eingeschränkt.

Der BGH (Urteil vom 06.05.2009 - XII ZR 137/07 -) habe entschieden, dass die Einstellung der Versorgung mit Heizleistung und Warmwasser durch den Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses über Gewerberäume nach Kündigung des Mieters wegen Zahlungsverzugs keine Besitzstörung gegenüber dem Mieter darstelle, und zur Begründung darauf verwiesen, dass die zur Nutzung des Mietobjekts erforderliche Energielieferung nicht Bestandteil des Besitzes sei und daher nicht dem Besitzschutz der §§ 985ff BGB unterfalle. Die Beklagte würde hier bei der Vermietung der Batterie nicht noch zusätzlich zur Übergabe der Mietsache die Erbringung der weiteren (Versorgungs-) Leistungen schulden. Sie müsse lediglich dem Mieter den unmittelbaren Besitz an der Batterie einräumen. Die Energie, die für das Aufladen der Batterie notwendig sei, müsse der Mieter selbst besorgen. Die Vorenthaltung der Batterie führe nicht dazu, dass der Beklagten ein weiterer Schaden drohe, wenn sie die Auflademöglichkeit nicht unterbinde. Anders als in dem vorgenannten Urteil des BGH, bei dem dem Vermieter durch den Gebrauch der Heiz- und Warmwasserleistung mangels von Vorauszahlungen darauf ein Schaden gedroht habe, was ihm nicht zumutbar sei, wäre hier ein solcher Schaden gerade nicht zu befürchten, wenn sie die Auflademöglichkeit nicht unterbinden würde. Soweit von der Beklagten geltend gemacht wurde, dass eine weitere Abnutzung der Batterie durch Aufladungen erfolge, läge darin lediglich das typische Risiko eines Vermieters bei Nichtrückgabe der Mietsache und Weiternutzung.

Zudem könne der Mieter nach Unterbindung der Auflademöglichkeit die Batterie nicht mehr bestimmungsgemäß zum Betrieb seines Elektrofahrzeugs nutzen, demgegenüber der Mieter der Gewerbeimmobilie diese weiterhin betreten und sich in ihr aufhalten könne. Für den Besitzer der Batterie würde der Besitz nach der Sperrung aber nutzlos. 

Auch das Recht der Mobilfunkanbieter im Rahmen von Mobilfunkverträgen (insbesondere im Prepaid-Bereich) Mobilfunkleistungen einzuschränken oder vollständig zu sperren, wenn der Mobilfunkkunde mir Zahlungen in Rückstand sei oder ein Kreditlimit überschritten habe, stehe hier der Annahme einer Besitzstörung nach § 858 BGB nicht entgegen. Zum Einen sei eine derartige Sperre durch Anbieter von Festnetztelefonleitungen gesetzlich vorgesehen (§ 62 Abs. 3ff TKG 2021) und diese Wertung des Gesetzgebers würde auch bei der Beurteilung auf Mobilfunkverträge übertragen (BGH, Urteil vom 17.02.2011 - III ZR 35/20 -). Zum Anderen würde der Mobilfunkanbieter davor geschützt, dem säumigen Kunden weiterhin kostenpflichtige Leistungen zur Verfügung zu stellen. Auch dieses Risiko bestünde bei der vermieteten Batterie nicht, da der Vermieter hier neben der Übergabe der Batterie keine weiteren Leistungen schulde.

Ob hier eine Unangemessenheit nach § 307 Abs. 1 BGB vorliege, bedürfe keiner Beurteilung, da alleine der Verstoß gegen § 858 Abs. 1 BGB verstößt bzw. eine unberechtigte Selbsthilfe iSv. § 229 BGB ermöglichen soll, sei sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen würde, unvereinbar.

Mittels der Einbeziehung der AGB in den Mietvertrag könne der Mieter auch nicht in die Sperrung und damit Besitzstörung einwilligen, da das Recht zur Selbsthilfe einer stark eingeschränkten Dispositionsbefugnis der Parteien unterliege (Reichsgericht, Urteil vom 30.01.1931 - II 219/30 - in RGZ 131, 213, 222). Selbst nähme man eine Zustimmung des Mieters bei Vertragsabschluss an, läge verbotene Eigenmacht vor, wenn bei dem Eingriff selbst in der Besitz der Wille des Besitzers, eine solche Maßnahme nicht zu gestatten, nicht mehr vorhanden sei (BGH, Urteil vom 06.07.1977 - VIII ZR 288/75 -).

Redaktioneller Nachtrag:

Die vom OLG zugelassene Revision war anhängig beim BGH zu XII ZR 89/21. Der BGH hat mit Urteil vom 26.10.2022 die Revision zurückgewiesen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.10.2021 - 20 U 116/20 -