Die Klägerin war eine Kapitalgesellschaft in Form der Rechtsform einer Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland (in der Wohnung des alleinigen Anteilseigners und „manager director“. Mit Körperschaftssteuerbescheid für 2018 setze das beklagte Finanzamt (FA) eine verdeckte Gewinnausschüttung an erhöhte so das Einkommen der Gesellschaft. Der Einspruch und die Klage dagegen wurden abgewiesen. Die Klägerin wandte sich gegen die Nichtzulassung der Revision. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vor dem BFH wies das FA darauf hin, dass die Klägerin als britische Limited mittlerweile als Drittstaatengesellschaft zu qualifizieren sei.
Der BFH bestätigte die Beteiligtenfähigkeit der Klägerin im Beschwerdeverfahren.
Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (UK) aus der Europäischen Union („Brexit“) habe sich der zivilrechtliche Status einer nach dem Recht des UK gegründeten Kapitalgesellschaft in Form der Limited geändert. Als Gesellschaft eines Drittstaates mit inländischen Verwaltungssitz könne sie sich nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union berufen, weshalb die sogen. Sitztheorie für die Bestimmung der Rechtsfähigkeit greife (BGH, Urteil vom 27.10.2008 - II ZR 158/06 -). Dies führe zum Verlust der Rechtsfähigkeit (BGH aaO.).
Anmerkung: In einem Verfahren vor dem Kartellsenat des OLG München (Urteil vom 05.08.2021 -29 U 2411/21 Kart -) und die Rechts- und damit Parteifähigkeit der Limited nach § 50 Abs. 1 ZPO als Prozessvoraussetzung negiert. In den Leitsätzen der Entscheidung dazu heißt es:
„1. Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, nach der sogenannten milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder - bei nur einer Gesellschafterin - als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln.
2. Eine Fortgeltung der Gründungstheorie mit der Konsequenz der fortbestehenden Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited trotz tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland wie unter der Geltung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49, 54 AEUV folgt nicht aus dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vom 24. Dezember 2020 (ABl. L 444/2020 vom 31. Dezember 2020), weil es keine Vorschriften enthält, die ausdrücklich und unmittelbar die Niederlassungsfreiheit gewähren, sondern sich aus seinem Anhang SERVIN-1 Nr. 10 vielmehr ergibt, dass die Parteien des Abkommens die Niederlassungsfreiheit gerade nicht in Bezug nehmen oder vereinbaren wollten.“
Für die Beteiligungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des UK mit Verwaltungssitz in Deutschland sah dies der BFH etwas differenzierter. Zwar läge ein Verlust der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit der Gesellschaft vor, doch ließe dies ihre Qualifikation als Körperschaftsteuersubjekt iSv. §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 KStG unberührt, was auch von § 8 Abs. 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairen Steuerwettbewerb (StAbwG) in allen offenen Fällen nach § 34 Abs. 3c KStG für ertragssteuerliche Zwecke nachmals klargestellt sei. Für die körperschaftsteuerliche Behandlung einer ausländischen Gesellschaft käme es nicht auf die Rechtsfähigkeit derselben an, sondern auf den Typenvergleich. Aus diesem Vergleich folge aber, dass die britische Limited als Körperschaftsteuersubjekt zu behandeln sei.
Aus dieser Behandlung sei verfahrensrechtlich auch deren Fähigkeit, Beteiligte in einem finanzgerichtlichen Verfahren zu sein, zu bejahen. Im finanzgerichtlichen Verfahren richte sich die Beteiligtenfähigkeit nicht nach der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit, sondern nach der Steuerrechtsfähigkeit. Es entspräche der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass - selbst bei zivilrechtlicher Vollbeendigung einer Gesellschaft - die Beteiligtenfähigkeit bis zur Abwicklung der steuerrechtlichen Rechtsbeziehung andauere, weshalb hier die Klägerin als britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland auch die Beschwerde hätte einlegen können.
In der Sache wurde allerdings die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die rechtsgrundsätzliche Bedeutung sei nicht in einer den Anforderungen des § 117 Abs. 3 S. 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden.
BFH, Beschluss vom
13.10.2021 - 1 B 31/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Beschwerde
der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des
Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 24.03.2021 - 1 K 84/20 wird als
unzulässig verworfen.
Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Unternehmensgegenstand
der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer britischen
Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Limited, ist ... Alleiniger
Anteilseigner und "managing director" ist M. In dessen inländischer
Wohnung befindet sich auch die Geschäftsleitung der Klägerin.
Die Klägerin
schloss mit M im April 2006 eine in englischer Sprache abgefasste Vereinbarung,
wonach die Klägerin dem M für dessen geplantes Studium ... eine finanzielle
Unterstützung gewährt. Die Ausgaben für das Studium und die Reisekosten von
geschätzt ... US-Dollar sollten von der Klägerin getragen beziehungsweise von
dieser erstattet werden, "when and as far this is possible", so der
Vertragstext. M absolvierte erfolgreich das Studium; er trug die damit
zusammenhängenden Kosten zunächst selbst. Erstattungszahlungen von Seiten der
Klägerin erfolgten nicht, vielmehr passivierte diese in ihren Bilanzen eine
entsprechende Verbindlichkeit.
Der Beklagte
und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte im streitigen
Körperschaftsteuerbescheid für 2018 eine verdeckte Gewinnausschüttung an und
erhöhte das Einkommen der Klägerin.
Einspruch und
Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass die im
April 2006 getroffene Vereinbarung weder dem formellen noch dem materiellen
Fremdvergleich standhalte. Die Kostenerstattungsregelung sei nicht klar und
eindeutig. Auch würde ein gesellschaftsfremder Vertragspartner keine
Vereinbarung akzeptiert haben, wonach er erhebliche Gelder zu verauslagen habe,
ohne dass klar geregelt sei, ob und wann eine Kostenerstattung erfolge (Urteil
des Schleswig-Holsteinischen FG vom 24.03.2021 - 1 K 84/20).
Das FG ließ die
Revision nicht zu. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde. Das
FA tritt dem diesbezüglichen Vorbringen entgegen. Es weist zudem auf den
Umstand hin, dass die Klägerin als britische Limited mittlerweile als
Drittstaatengesellschaft zu qualifizieren sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde
ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5
Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die
Klägerin ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren beteiligtenfähig.
Durch den
Austritt des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (UK) aus
der Europäischen Union ("Brexit") hat sich zwar der zivilrechtliche
Status einer nach dem Recht des UK gegründeten Kapitalgesellschaft in Form der
Limited geändert. Denn als Gesellschaft eines Drittstaats mit inländischem
Verwaltungssitz kann sich die Limited fortan nicht mehr auf die
Niederlassungsfreiheit berufen und die Frage ihrer Rechtsfähigkeit bestimmt
sich nach der sog. Sitztheorie (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom
27.10.2008 - II ZR 158/06, BGHZ 178, 192, Deutsches Steuerrecht
--DStR-- 2009, 59; vgl. Pfirrmann in Brandis/Heuermann, § 12 KStG
Rz 122). Dies führt zwar zum Verlust der (zivilrechtlichen)
Rechtsfähigkeit (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 178, 192, DStR 2009, 59, zu einer Schweizer
Aktiengesellschaft; Urteil des Oberlandesgerichts München vom 05.08.2021 -
29 U 2411/21 Kart, Der Betrieb 2021, 2349, zur britischen
Limited), lässt aber die Qualifikation einer britischen Limited als
Körperschaftsteuersubjekt i.S. der §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) unberührt, was von § 8 Abs. 1
Satz 4 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und
unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze (StAbwG) vom
25.06.2021 (BGBl I 2021, 2056, BStBl I 2021, 895) in allen offenen Fällen
(§ 34 Abs. 3c KStG i.d.F. des StAbwG) für ertragsteuerrechtliche
Zwecke nochmals klargestellt wird. Zur Begründung ist darauf hinzuweisen, dass
es für die körperschaftsteuerrechtliche Behandlung einer ausländischen Gesellschaft
nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht auf die zivilrechtliche
Rechtsfähigkeit, sondern auf den sog. Typenvergleich ankommt (Senatsurteile vom
20.08.2008 - I R 34/08, BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263; vom
24.10.2018 - I R 69/16, BFHE 263, 146, BStBl II 2019, 401, zur
britischen Limited). Aus diesem Vergleich folgt aber, dass eine britische
Limited als Körperschaftsteuersubjekt zu behandeln ist (vgl. Senatsurteil in
BFHE 263, 146, BStBl II 2019, 401; Pfirrmann in Brandis/Heuermann, § 12 KStG
Rz 124; Hackemann in Bott/Walter, KStG, § 12 Rz 82; Kolbe in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 12 KStG Rz 70, 73; Kudert/Kahlenberg,
Finanz-Rundschau 2019, 250).
Verfahrensrechtlich
folgt aus der Qualifizierung der Limited als Körperschaftsteuersubjekt deren Fähigkeit,
Beteiligte in einem finanzgerichtlichen Verfahren zu sein (vgl. FG Münster,
Beschluss vom 11.05.2011 - 9 V 3872/10 K, Entscheidungen
der Finanzgerichte 2011, 1443). Denn die Beteiligtenfähigkeit richtet sich
nicht nach der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit, sondern nach der
Steuerrechtsfähigkeit (Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl.,
§ 57 Rz 11, m.w.N.). Dabei entspricht es ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Beteiligtenfähigkeit --selbst bei
zivilrechtlicher Vollbeendigung einer Gesellschaft-- bis zur Abwicklung der
steuerrechtlichen Rechtsbeziehungen andauert (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom
28.01.2004 - I B 210/03, BFH/NV 2004, 670). Nach alledem kann
die Klägerin ihr rechtliches Begehren im vorliegenden Verfahren selbst geltend
machen.
2. Die
rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache wurde nicht in einer den Vorgaben aus
§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt. Es fehlt
bereits an der Formulierung einer bestimmten Rechtsfrage, die einer abstrakten
Klärung zugänglich ist (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom
10.05.2012 - X B 71/11, BFH/NV 2012, 1461).
Sollte das
Beschwerdevorbringen dahin zu verstehen sein, dass die Klägerin es als unklar
ansieht, ob und wie die Rechtsgrundsätze des Fremdvergleichs den Besonderheiten
eines "Neustartfalles" oder "Startup-Projekts" anzupassen
sind, so fehlen substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer
abstrakten Rechtsfrage. Dazu wäre eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung
und Literatur hierzu vertretenen Auffassungen --vorliegend insbesondere zu den
Anforderungen an den formellen und materiellen Fremdvergleich-- erforderlich
gewesen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20.04.2000 - V B 156/99,
BFH/NV 2000, 1347; vom 20.02.2008 - VIII B 53/07, BFH/NV 2008,
971). Eine solche Auseinandersetzung fehlt in der Beschwerdebegründung
vollständig. Dort legt die Klägerin im Wesentlichen die tatsächlichen
Besonderheiten "ihres" Falles dar, die ihres Erachtens eine
Fortschreibung der Rechtsprechung nahelegen. Damit wird aber nicht die
Bedeutung der Rechtsfrage für die Allgemeinheit, sondern lediglich das
individuelle Interesse der Klägerin an der Nachprüfung der vorinstanzlichen
Entscheidung aufgezeigt (vgl. allgemein BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2000, 1347,
und in BFH/NV 2008, 971). Das rechtfertigt die Revisionszulassung nicht. Denn
das Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein
die Richtigkeit finanzgerichtlicher Entscheidungen zu gewährleisten (vgl. z.B.
Senatsbeschlüsse vom 18.09.2012 - I B 10/12, BFH/NV 2013, 27;
vom 29.01.2013 - I B 181/12, BFH/NV 2013, 757).
Im Übrigen ist
der von der Klägerin dargestellte Gleichlauf ihrer Interessen und derjenigen
des M im Sinne eines "gemeinsamen Gesamtplanes" gerade der Grund,
Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihrem beherrschenden Anteilseigner
auf ihre Fremdüblichkeit hin zu überprüfen. Denn die Rechtsbeziehungen zwischen
Fremden sind typischerweise durch einen bestehenden Interessengegensatz
gekennzeichnet. Die im Streitfall zu beurteilende Kostenerstattungsregelung
("when and as far this is possible") ist unklar und ermöglicht es
einem Steuerpflichtigen, die Höhe und die zeitliche Zuordnung des Gewinns der
von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft nach Belieben zu steuern. Deshalb ist
in solchen Fällen ein formeller Fremdvergleich geboten (vgl. allgemein Gosch in
Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8 Rz 323).
3. Die
unter Ziffer 7. der Beschwerdebegründung erhobene Aufklärungsrüge ist
nicht ordnungsgemäß geltend gemacht worden. Dazu hätten nach der Rechtsprechung
zu mehreren Einzelpunkten substantiierte Ausführungen gemacht werden müssen
(vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21.05.2013 - III B 150/12, BFH/NV
2013, 1431), was vorliegend auch nicht ansatzweise geschehen ist.
4. Von
einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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