In der Teilungserklärung (TE) der
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) war geregelt, dass eine vorübergehende
oder wechselnde Vermietung der Wohnungen (z.B. an Feriengäste) gestattet sei. Ein
Öffnungsklausel in der TE sah vor, dass mit einer Mehrheit von 75% aller
Miteigentumsanteile die TE geändert werden kann. Mit einer entsprechenden
Mehrheit fassten die Eigentümer am 29.03.2017 den Beschluss zur Änderung der TE,
wonach nunmehr die Wohnungen nur noch zu Wohnzweken genutzt und vermietet werden
dürften und die Überlassung an täglich oder wöchentlich wchselnde Feriengäste
oder andere Personen zur kurzfristigen Beherbergung von Personen pp.
ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Der Kläger hatte diesen Beschluss angefochten.
Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten wurde
zurückgewiesen; auch der BGH wies die zugelassene Revision zurück.
Der Beschluss beinhalte keine
Gebrauchsregelung iSv. § 15 Abs. 2 WEG, sondern eine Änderung der Vereinbarung
iSv. § 15 Abs. 1 WEG. Würden Einheiten wie vorliegend zu Wohnzwecken dienen,
sei dies als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter anzusehen. Die
zulässige Wohnnutzung umfasse auch die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde
Feriengäste (BGH, Urteil vom 15.01.2010 - V ZR 72/09 -). Vorliegend sei auch
ausdrücklich geregelt gewesen, dass eine entsprechende Vermietung zulässig sei.
Die vorgenommene Änderung einer Vereinbarung durch Mehrheitsbeschluss bedürfe der
formellen Legitimation durch Kompetenzzuweisung, die im Gesetz geregelt sein
könne oder sich aus einer Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 S. 2 WEG) ergeben könne. Vorliegend
erlaube die in der Teilungserklärung enthaltene allgemeine Öffnungsklausel, die
Regelungen der Gemeinschaftsordnung (als Teil der Teilungserklärung) mit
qualifizierter Mehrheit zu ändern, weshalb eine Beschlusskompetenz gegeben sei.
Die Öffnungsklausel habe lediglich die
Funktion, zukünftige Mehrheitsentscheidungen formell zu legitimieren, ohne sie
materiell zu rechtfertigen. Daher sei ein Änderungsbeschluss auf der Grundlage
einer Öffnungsklausel nicht bereits deshalb rechtmäßig, da er die Anforderungen
der Ermächtigungsgrundlage erfülle. Vielmehr seien insbesondere zum Schutz der
Minderheit bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Diese ergäben
sich aus §§ 134, 138m 242 BGB und den zum Kernbereich des Wohnungseigentumsrechts zählenden
Vorschriften, wozu auch unentziehbare und unverzichtbare Individualrechte
gehören würden. Was nicht durch Vereinbarung geregelt werden könne, entziehe
sich auch einer Regelung im Beschlussweg aufgrund einer Öffnungsklausel.,
weshalb ein gleichwohl gefasster Beschluss aus materiellen Gründen nichtig sei
(BGH, Urteil vom 10.10.2014 - V ZR 315/13 -). Aber auch wenn es sich um ein
unentziehbares, wohl aber verzichtbares Mitgliedschaftsrecht handele, sei der
Beschluss aufgrund der Öffnungsklausel nur wirksam, wenn die hiervon nachteilig
betroffenen Wohnungseigentümer zustimmen würden (BGH, Urteil vom 10.10.2014 - V
ZR 315/13 - zur Überbürdung der bisher der Gemeinschaft obliegenden Instandhaltungspflicht
auf einen Sondernutzungsberechtigten).
Vorliegend würde es sich um ein
verzichtbares Individualrecht handeln, da die Wohnungseigentümer auf das ihnen
bisher eingeräumte Recht zur kurzzeitigen Vermietung verzichten könnten,
weshalb dies einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer zugänglich wäre.
Die Zweckbestimmung würde
vorgeben, wie die Einheit zulässigerweise genutzt werden dürfe. Daher träfen
Änderungen oder Einschränkungen in substanzieller Weise die Nutzung des
Sondereigentums. Sie würden deshalb der Zustimmung des Eigentümers der Einheit
bedürfen, deren Zweckbestimmung geändert werden soll, was sich aus einer
verfassungskonformen Auslegung der allgemeinen Öffnungsklausel ergäbe, die dem
Umstand Rechnung trage, dass das Sondereigentum als echtes Eigentum iSv. § 903
BGB und Art. 14 GG ausgestaltet sei. Gleiches gelte für Teileigentum.
Vermietungsverbote würden in die
Zweckbestimmung des Wohnungseigentums eingreifen. Es würde zu einer massiven
Einschränkung des in § 13 Abs. 1 WEG gewährleisteten Rechts jedes
Wohnungseigentümers eingreifen, mit dem in seinem Sondereigentum stehenden
Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren und sie insbesondere zu vermieten.
Dies Einschränkung könnte daher nur rechtmäßig sein, wenn nicht nur die aktuell
vermietetenden, sondern alle Wohnungseigentümer zustimmen würden, denn auch die
nicht vermietenden Eigentümer seien im Hinblick auf eine künftige Nutzung
eingeschränkt.
Dabei käme es nicht darauf an, dass zwar kein
generelles, sondern nur ein spezielles Vermietungsverbot beschlossen worden
sei. Auch dieses würde die zuvor weite Zwekbestimmung einschränken.
Das Eigentumsrecht der übrigen
Wohnungseigentümer sei auch nicht außer Acht gelassen. Diesen würden bei
Störungen durch Feriengäste durch Überbelegung, fortwährende Verstöße gegen die
Hausordnung oder Lärmbelästigung durch Feriengäste Unterlassungsansprüche gem.
§ 15 Abs. 3 WEG zur Seite stehen.
Auch der Hinweis der Beklagten,
die Regelung zu Feriengästen sei in die TE aufgrund eines „kollusivem Zusammenwirkens“
des Klägers mit dem Bauträger erst aufgenommen worden, verhelfe hier den
Beklagten nicht weiter, da auch ohne diese Regelung die entsprechende Vermietung
zulässig sei.
Damit sei der Beschluss rechtswidrig,
da der Kläger ihm nicht zugestimmt habe.
BGH, Urteil vom 12.04.2019 - V ZR 112/18 -