Donnerstag, 10. März 2016

Internet: Verantwortung für Links

Der BGH hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob der Betreiber einer Internetseite für den Inhalt von verlinkten Seiten verantwortlich ist und welche Maßnahmen er ergreifen muss, wenn ihm mitgeteilt wird, der Inhalt der verlinkten Seite enthalte Rechtsverletzungen.

Bild: pixabay
Grundlage der Entscheidung war die Internetseite (Homepage) eines Orthopäden (Beklagter), der für eine Implantat-Akupunktur auf seiner Seite warb, bei der dem Patienten im Bereich der Ohrmuschel winzige Nadeln subkutan implantiert werden. Für „weitere Informationen auch über die Studienlage“ fügte er am Ende seines Textes einen elektronischen Verweis (Link) auf die Seite eines Forschungsverbandes Implantat-Akupunktur e.V. ein. Die Unterseiten der über diesen Link erreichbaren Startseiten beinhalten nach Auffassung des Verbandes Sozialer Wettbewerb e.V. irreführende Inhalte.  Der Kläger mahnte den Beklagten ab, der daraufhin den Link entfernte, aber weder die Abmahnerklärung abgab noch die Abmahnkosten entrichtete. Das Landgericht verurteilte den Beklagten antragsgemäß; das OLG Köln wies auf die Berufung des Beklagten die Klage ab. Die vom Kläger eingelegte Revision hatte keinen Erfolg.

Im Rahmen seiner Entscheidung wies der BGH darauf hin, dass alleine der Umstand, dass das Setzen des Links eine geschäftliche Handlung darstelle, noch keine Haftung begründet würde. Zu unterscheiden wäre, ob sich derjenige, der den Link setzt, den Inhalt der verlinkten Seite zu eigen macht oder nicht.

Macht sich der Betreiber einer Internetseite mit dem Setzen des Links den Inhalt der verlinkten Seite zu eigen, haftet er selbst als Störer wie bei eigenen Informationen. Dies wurde vorliegend verneint. Alleine der elektronische Verweis wäre nicht wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells des Beklagten; über den Verweis wären auch nicht Inhalte zugänglich, in denen offen oder verdeckt für Produkte des  Beklagten geworben würde. Der Verweis hätte auch nicht zur Vervollständigung des eigenen Behandlungsangebotes des Beklagten gedient, noch konnte dies aus der Einbettung des Links im Text so verstanden werden. Es hätte sich hier nicht um einen sogen. Deeplink gehandelt, der direkt zu den beanstandeten Aussagen führt, sondern lediglich zu der unbedenklichen Startseite des Forschungsverbandes. Vielmehr handelt es sich um einen Verweis am Ende eines Textes, mittels dem dem Leser die Möglichkeit eröffnet wird, sich selbständig weitere Informationen zu einem bestimmten Thema zu beschaffen.

Auch wenn damit der Beklagte nicht als Störer haftet, käme noch eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Betracht. Diese kann sich auch aus dem Setzen eines Hyperlinks auf die Seite eines Dritten ergeben, da die Gefahr der Verbreitung rechtswidriger Inhalte dadurch vergrößert wird. Die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht konkretisiert sich als Prüfungspflicht, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob und inwieweit dem in Anspruch genommenen eine Prüfung nach den Umständen zumutbar ist. Dies orientiert sich, so der BGH, an dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwandt wird und danach, welche Kenntnis der den Link Setzende davon hat, dass auf rechtwidrige Inhalte verwiesen wird. Ist die Rechtswidrigkeit nicht ohne weiteres erkennbar, wie es hier angenommen wurde, kann eine Haftung nur noch dann begründet sein, wenn der Setzende den Hyperlink aufrechterhält, obwohl er eine Abmahnung erhält und von daher eine gesteigerte Prüfungspflicht hat. Zu berücksichtigen sei aber immer, dass nach dem GEBOT DER Meinungs- und Pressefreiheit Hyperlinks in Ansehung der Fülle von Informationen im Internet nicht als solche eingeschränkt werden dürfen. Das bedeutet, dass derjenige, der den Hyperlink setzt, nicht schon alleine deshalb eine Prüfung des Inhalts vornehmen muss.

Da hier der Beklagte nach Zugang der Abmahnung den Hyperlink gelöscht hat, spräche nichts dafür, dass er bereits vor der Abmahnung Kenntnis von möglichen Täuschungen auf der verwiesenen Seite hatte. Damit kommt eine Haftung nicht in Betracht und war er weder gehalten, die Abmahnerklärung abzugeben noch die Abmahnkosten zu zahlen.


BGH, Urteil vom18.06.2015 – I ZR 74/14 -

Dienstag, 8. März 2016

Steuerliche Wertbemessung: Satt Geld als Gegenleistung Sachgüter

Der Sachverhalt ist einfach und könnte sich nicht nur in dem hier fraglichen  Finanzbereich wiederholen, sondern bei Abschaffung von Bargeld in etlichen  Bereichen (mit anderen Produkten): Der Kläger veräußerte und übertrug ihre Beteiligung an der N-AG  von 47.992 Stückaktien an die U-AG, die dafür der Klägerin 174.194 Stückaktien  von ihr zu einem vereinbarten Ausgabekurs von € 24,00/Aktie. Die dafür notwendige Kapitalerhöhung wurde am 13.12.2002 im Handelsregister eingetragen; der Börsenkurs der U-Aktie betrug am 28.02.2002 € 18,69, am 13.12.2002 € 2,20.

Bild: pixabay
Der Kläger hat den Veräußerungsgewinn seiner Aktien an der N-AG mit € 2,20/Aktie bewertet, was das Finanzamt (FA) zunächst auch zugrunde legte. Nach einer Kontrollmitteilung in 2007 ändert das FA dies und bewertete nunmehr die Aktien mit € 18,69/Stück. Einspruch und Klage zum Finanzgericht hatten keinen Erfolg; auf die Revision gab der BFH der Klage statt.

Der BFH stellt auf den tatsächlich erzielten Veräußerungserlös ab, § 16 Abs. 2 EStG. Das würde bedeuten, dass später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis solange auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen sind, als der Erwerber noch nicht erfüllt hat (also nicht gezahlt hat). Der Grund für die dadurch bedingte Minderung oder Erhöhung ist dabei unbeachtlich. Diese Grundsätze gelten auch bei der Ermittlung des Veräußerungspreises, § 17 Abs. 2 EStG.

Die Grundsätze wären auch bei der Bewertung von Sachgütern beachtlich (und insbesondere würde nicht die Entscheidung des Großen Senats (BFHE 172,66) dagegen sprechen). Nach diesen Begründung und unter Berücksichtigung des Willens des historischen Gesetzgebers wären Wertveränderungen zwischen der Begründung der Forderung und ihrer Erfüllung zu berücksichtigen; insbesondere die punktuelle Erfassung des Veräußerungsgewinns und dessen Abgrenzung vom laufenden Gewinn würden es gebieten im Sinne einer sachgerechten und an der individuellen Leistungsfähigkeit ausgerichteten Besteuerung auf den tatsächlich erzielten Erlös abzustellen.


BFH, Urteil vom 13.10.2015 – IX ZR 43/14 -

Freitag, 26. Februar 2016

GmbH: Mischeinlage und deren Einbringung

Das Mindestkapital einer GmbH beträgt € 25.000,00, welches bei einer Ein-Mann-Gesellschaft zum Zeitpunkt des Eintragungsantrages zum Handelsregister vollständig eingelegt sein muss, demgegenüber bei einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern lediglich auf jede Einlage 25% tatsächlich eingezahlt sein müssen. Diese gesetzlichen Regelungen sind klar.


Was aber ist, wenn ein Gesellschafter einen Anteil von € 15.000,00 des Kapitals zum einen in Form hier der Einbringung eines PKW im Wert von € 9.725,00, im übrigen (also in Höhe von € 5.275,00) durch Bareinlage zu erbringen hat ? Die Beschwerdeführer vertraten die Auffassung, die Einbringung des PKW wäre ausreichend, die Bareinlage könne später erbracht werden. Dem folgten das AG Walsrode oder im Rahmen des Beschwerdeverfahrens das OLG Celle nicht. Das OLG Celle verweist auf § 7 Abs. 3 GmbHG, wonach die Sacheinlage vor Eintragung im Handelsregister zu erbringen ist (was hier auch geschah). Da allerdings § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG die Einzahlung von mindestens ¼ auf die Bareinlage vorsieht, soweit nicht Sacheinlagen zu erbringen sind, würde diese Norm auch bei einer Mischeinlage, wie hier, greifen.

Sowohl die fehlerhafte satzungsrechtliche Regelung als auch die unterlassene Einbringung hindern jeweils für sich die Wahrung der Gesellschaft im Handelsregister.


OLG Celle, Beschluss vom 05.01.2016 – 9 W 150/15 -

Donnerstag, 25. Februar 2016

Bauträger: Haftung bei Sichtbehinderung entgegen der Prospektangabe

Werbematerialien eines Bauträgers können eine Beschaffungsvereinbarung begründen (Brandenburgisches OLG vom 26.05.2013 – 12 U 115/12 -).  Dies gilt nicht nur für die Beschaffenheit des Bauobjekts als solchem. Das OLG Frankfurt hatte zu entscheiden, wie die Angaben des Bauträgers im Verkaufsprojekt bezüglich der Aussicht zu verstehen sind. Dort hatte der Bauträger ausgeführt, von einer Südterrasse wären die Türme der Stadt zu sehen und eine Wohnung im Erdgeschoss wurde mit den Worten beworben, von dort gäbe es einen unverbaubaren Skyline-Blick.

Die Angaben im Prospekt waren auch in Bezug auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Erstellung des Prospekts und des Verkaufs als auch noch bei Übergabe an den Käufer richtig gewesen. Allerdings erfolgte späterhin eine sichtbehindernde Bebauung. Die Käufer verlangten daher die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Klage war in beiden Instanzen erfolgreich.

Das OLG führte zur Begründung aus, die Sichtbehinderung stelle eine nachvertragliche Pflichtverletzung dar. Es verweist darauf, dass die Rechtsprechung eine nachvertragliche Pflichtverletzung z.B. darin sehen würde, dass der Bauträger das Restgrundstück bebaut wird oder anders bebaut wird als zugesagt. Daraus würde deutlich, dass das Integritätsinteresse des Käufers geschützt werden soll. Da hier der Bauträger selbst die Verbauung vorgenommen habe, hätte er dies auch nach § 280 Abs. 1 BGB zu vertreten.

Anmerkung: Wenn, wie hier, von „unverbaubar“ die Rede ist, muss m.E. nicht mehr geprüft werden, ob die Verbauung deshalb zu vertreten ist, da sie von dem Bauträger selbst vorgenommen wurde. Vorliegend hatte sich der Bauträger, nach den Entscheidungsgründen, auch darauf berufen, dass ein Dritter auch die Verbauung vorgenommen hätte. Das OLG wies lediglich diesbezüglich darauf hin, dass – sollte dies stimmen – weder eine ordnungsgemäße Aufklärung des Käufers vorläge noch das vermutete Verschulden beseitigt würde. Wenn, wie hier, der Bauträger auf den Skylineblick werbemäßig (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) abstellt, so muss er auch dafür einstehen. Er hätte mithin entweder bereits im Prospekt, spätestens aber bei Protokollierung darauf verweisen müssen, unter welchen Umständen (z.B. Abweichung von einem Bebauungsplan oder Änderung desselben pp.) diese Aussage keine Bedeutung hat.


OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.11.2015 – 3 U 4/14 -

Dienstag, 23. Februar 2016

Betriebskostenabrechnung: Zulässigkeit der Angabe der Gesamtkosten ohne Aufschlüsselung

Immer mehr Hürden hat die Rechtsprechung in den letzten Jahren für eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechung aufgestellt. Entspricht die Abrechnung nicht diesen Vorgaben, ist sie bereits formal fehlerhaft mit der Folge, dass daraus nicht nur kein Anspruch hergeleitet werden kann, sondern auch eine Berichtigung außerhalb der Jahresfrist des § 536 Abs. 3 BGB nicht mehr möglich ist.
Bild: pixabay

Nach der Entscheidung des BGH vom 14.02.2007 – VIII ZR 1/06 – musste der Vermieter die Gesamtkosten der einzelnen Kostenarten auch insoweit mitteilen, als sie nicht umlagefähig sind; im Rahmen der Abrechnung musste er darlegen, inwieweit die Gesamtkosten umlagefähig sind und diese dann entsprechend dem einschlägigen Umlageschlüssel umlegen. Begründet wurde dies damit, dem einzelnen Mieter müsse ersichtlich sein, ob und in welcher Höhe nicht umlagefähige Kosten vorab abgesetzt würden, da auch dies Einfluss auf die dem Mieter angelasteten Kosten habe.

Diese noch in der Entscheidung vom 12.10.2013 – VIII ZR 32/13 – vom BGH bestätigte Rechtsprechung änderte er nunmehr mit Urteil vom 20.02.2016 – VIII ZR 93/15 -. In dieser neuen Entscheidung wies der Senat darauf hin, dass er mehrfach betont habe, dass an die Abrechnungen der Betriebskosten nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden dürfen. Zu einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung gehöre danach nicht, diejenigen Zwischenschritte offen zu legen, mit denen der Vermieter aus kalenderübergreifenden Abrechnungen die auf das abzurechende Kalenderjahr entfallenden Betriebskosten ermittelt. Der Mieter könne ohnehin aus der Abrechnung nicht alle Rechenschritte ablesen, die für die Erstellung erforderlich waren, weshalb stets die Angabe der Gesamtkosten einer Kostenposition  ausreichend wäre. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat auch nicht für erforderlich, für „bereinigte“ Kosten eine Aufteilung der umlagefähigen und nicht umlagefähigen Kosten einer Kostenposition in die Abrechnung aufzunehmen, weshalb es ausreichend sei, wenn für die entsprechenden Kostenpositionen nur die Gesamtkosten benannt werden, die umgelegt werden.


BGH, Urteil vom 20.01.2016 – VIII ZR 93/15 -

Sonntag, 21. Februar 2016

Auseinandersetzung der zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Bild: pixabay
Streit bereitet immer wieder die Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, §§ 705ff BGB. Dabei sind für die zweigliedrige GbR (bestehend nur aus zwei Gesellschaftern) von der Rechtsprechung Sonderlösungen vorgesehen, die zu einer Vereinfachung führen sollen. So ist eine vereinfachte Geltendmachung eines Auseinandersetzungsguthabens möglich, wenn die Gesellschaft aufgelöst und kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist.

Der BGH bestätigt, dass eine Auseinandersetzungsbilanz in einem solchen Fall nicht notwendig ist. Der klagende Gesellschafter können den Mitgesellschafter direkt in Anspruch nehmen, wobei in diesem Verfahren dann über die Richtigkeit der Schlussrechnung zu entscheiden ist. Der Kläger müsse lediglich den Anspruch nachvollziehbar darlegen, wobei eine Hin- und Herzahlung vermieden werden muss und eine Durchsetzungssperre bezüglich einzelner Rechnungsposten nicht bestehen darf.


BGH, Urteil vom 13.10.2015 – II ZR 214/13 -

Freitag, 19. Februar 2016

Leistungsverweigerungsrecht und Verjährung

Die wechselseitigen Ansprüche eines Werkvertrages unterliegen keiner einheitlichen Verjährung. Was also ist, wenn die Mängelansprüche des Bestellers verjährt sind, der Werklohnanspruch des Unternehmers aber noch nicht ?

Das Oberlandesgericht war der Annahme gewesen, der Besteller habe wegen bestimmter Mängel kein Leistungsverweigerungsrecht, da bereits Verjährung der Ansprüche eingetreten sei. Dem folgt der BGH nicht. Er weist darauf hin, dass der Besteller wegen eines Mangels der Werkleistung auch nach Eintritt der Verjährung der Mängelansprüche gem. § 215 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen kann, wenn dieser Mangel bereits vor Ablauf der Verjährung in Erscheinung getreten ist und daher ein darauf gestütztes Leistungsverweigerungsrecht in nicht verjährter Zeit hätte gestützt werden können. Nicht erforderlich sei, dass noch in nicht verjährter Zeit das Leistungsverweigerungsrecht auch tatsächlich ausgeübt worden wäre.


BGH, Urteil vom 05.11.2015 – VII ZR 144/14 -